Post by Cornelia SchneiderIn der Kunsthochschule Besançon.
Eigentlich ist das keine Demo, sondern ein Auftritt (anlässlich einer
Vernissage), und es ist auch nicht ausschließlich musikalisch sondern halt
<http://dl.free.fr/tesUHa63U/divx_i_learned_to_run_in_da_forest_with_my_tou
tou.zip> (465 MB, DivX 6.8 inside)
(Sorry, es gibt keine Übersetzung des (autobiographischen) Textes meiner
Co-Performerin.)
Mein Ziel dabei war, möglichst "abstrakten" Klang zu erzeugen, keinen
"figurativen", also keine erkennbaren Harmonien, Progressionen, Melodien,
usw. Weshalb ich das ganze auch eher Klangskulptur als Musik nenne.
Benutzt habe ich eine E-Gitarre, einen Amp, ein Kabel, ein eingeschleiftes
altes Analogdelay, meine Finger, ein Plektrum und einen Messingslide. Alles
voll analog also :-)
Cornelia
Mein erster spontaner Eindruck ist, dass mit diesem Werk ganz neue
Wege in der Musik oder der Kunst beschritten werden.
In diesem Werk werden die Grenzen zwischen Musik und Geräusch,
zwischen erhabener Kunst und der alltäglichen Profanität, zwischen
Wohlklang und Qual nicht nur aufgezeigt, sondern sogar über-schritten.
Dieses Werk rüttelt auf und lässt den Zuschauer oder Zuhörer nicht in
der passiven Rolle des bloßen Genießens erwarteter Wohlklänge zurück,
sondern fordert ganz im Gegenteil zum nachdenken, vordenken und
über-denken im Sinne der abstraktiven Destruktion bekannter
Erwartungshaltungen heraus.
Auf der Metaebene metamorphisiert sich das Seiende in das allenfalls
asymptotisch Aspirierende im konstruktiven Diskurs der Destruktion des
universellen Zeichenvorats im Sinne eines permanenten Prozesses einer
Metamorphose der Bedeutungsebenen weg vom Diktat der auch im
patriachalischen Kontext konnotierten Potenz im kommerziellen
Kunstbetrieb hin zu einer amorphen Form des unmittelbaren Ausdrucks
des gemeinsamen Subjektivismus. Bezeichnend für diesen Vorgang ist,
dass die westliche Dur-Moll-Tonalität der 12 Halbtöne nicht nur
lediglich überschritten, sondern sogar vollkommen negiert wird.
Insofern bieten sich Parallitäten zur Fluxus-Bewegung nicht nur an,
sondern zwängen sich geradezu auf.
Durch die oszilierende Negation der Erwartungshaltungen und
Erwartungsansprüche nach Wohlklang, Schönheit oder auch nur nach
Perfektion ergibt sich aber auch eine politisch-anti-kommerzielle,
anti-kapitalistische Bedeutungsebene, die sich dadurch manifestiert,
dass sich dieses Werk einer kapitalistisch-kommerziellen Auswertung
durch den materiell-konsumorientierten Komplex nicht nur entzieht,
sondern sogar diametral entgegenstellt und entgegenstemmt.
Interessant ist auch die Ambivalenz der kontextuellen Realität des
Werkes, charakterisiert durch die antagonistischen Konzepte der
Negation kommerzialistischer Strukturen und Implikationen gegenüber
der Verwendung von industriell gefertigten Geräten und
Musikinstrumenten und kommerziell hergestelltem elektrischem Strom zur
Generation der Klänge, von unendlich differenzierter und
differenzierbarer analoger Klangerzeugung gegenüber digitaler
Null-Eins-Aufzeichnung und -Übertragung der Aufführung des Werkes, und
des Charakters des Werkes als amorphe Form eines umittelbaren
universellen Subjektivismus gegenüber der Aufführung als Bühnenwerk im
Kontext einer Kunstschule. Die Parallelen zum Dadaismus sind in diesem
Kontext deutlich sichtbar.
Die Frage nach dem "was will uns der Künstler damit sagen", oder nach
dem "was hat sich der Künstler dabei gedacht" disqualifiziert sich
dabei ganz von selbst. Vielmehr stellt sich ganz im Sinne des
unmittelbaren Subjektivismus die Frage nach dem "was habe ich bei der
Rezeption empfunden" oder nach dem "was habe ich dabei gedacht".
Insofern fordert diese Performance auch die spirituelle Emotionalität
des ehemals passiven Zuhörers oder Zuschauers im Prozeß der
Metamorphose vom reinen Konsumenten zum aktiv Handelnden heraus.
Ein Werturteil entzieht sich deshalb ganz dem Gegenstand der
Betrachtung. Ganz im Gegenteil, oder besser gesagt, vielmehr können
nur momentane emotionell empfundene Eindrücke der ganzen Komplexität
des Werkes gerecht werden. Insbesondere sind der Ort und die Zeit der
Performance von besonderem Interesse. Schließlich muß auch eine Kritik
in ihrer Form dem Werk gerecht werden! Ein Werk dieser Komplexität
kann nicht noch ein zweites Mal aufgeführt werden, und das ist auch
gut so.
MfG