Peter Veith
2021-06-26 13:18:56 UTC
Klartext von einem sowjetischen Afghanistan-General a.D.:
Während die Mudschahedin in Afghanistan die Regierungsarmee überrennen,
fragen sich in der UdSSR immer mehr Menschen: "Sind unsere Soldaten
umsonst gestorben" und "war es das wirklich wert"?
Einer, der es wissen muß, ist der ehemalige Generalleutnant und Held der
Sowjetunion, Iwan Iwanowitsch Domrosow (78). Ein Jahr lang war er als
Chef des Stabes der OKSWA-Einheiten in Kabul stationiert. Danach
besuchte er das Land als Oberbefehlshaber der Warschauer-Vertragsstaaten
rund 10 Mal, sprach sowohl mit den Mudschahedin und Kriegsherren als
auch mit Politikern, Abgeordneten, Wissenschaftlern, Soldaten und
selbstverständlich und insbesondere mit den afghanischen Bauern und
Kommunisten.
ND: War der Afghanistan-Einsatz ein Fehler?
Generalleutnant Domrosow: "Klares Nein. Nach dem der afghanische
Bürgerkrieg von der CIA unterstützt und finanziert wurde und die
Regierung und progressive Kräfte dringend um sowjetische Militärhilfe
baten, wurde diese unumgänglich. Die Sowjetunion wird Verbündete niemals
im Stich lassen! Es war damals richtig, Afghanistan beizustehen."
ND: 10 Jahre später sehen wir jedoch, wie die Mudschahedin das Land
zurückerobern. War der Einsatz damit umsonst?
Generalleutnant Domrosow: "Die traurige Bilanz ist: Wir sind wieder am
Punkt Null. Unsere Bemühungen haben offenbar nicht gereicht. Es gab
phasenweise Hoffnungsschimmer, Wohlstand, Ausbau von Schulen und
Krankenhäusern, der Drogenanbau sank gegen Null. Aber die Verbesserungen
waren nicht nachhaltig genug. Wir haben über Jahre viele Tausend
Sicherheitskräfte vor Ort ausgebildet. Wir haben Unsummen in die
Entwicklungsarbeit gesteckt.
Doch die Mudschahedin waren nie wirklich weg, sie haben im Grenzgebiet
bildlich gesprochen überwintert. Es läuft definitiv etwas schief, wenn
wir jetzt sehen, daß die afghanische Truppe den Mudschahedin ihre
Waffen hinwirft und sich wehrlos übergibt. Das hat wohl weniger mit der
Ausbildung als mehr mit der Mentalität, einem Bekenntnis zum und
Einstehen für den Staat zu tun."
ND: War die internationalistische Hilfe in Afghanistan von Anfang an zum
Scheitern verurteilt?
Generalleutnant Domrosow: "Afghanistan hat deutlich gemacht, daß wir
unser Idealbild von der Welt und des neuen Menschen sowie eines
sozialistischen Staates nach sowjetischen Vorbild nicht einfach auf
andere Länder übersetzen können. Afghanistan hat nie eine Epoche der
bürgerlichen Aufklärung erlebt. Auch im sozialistischen Weltsystem haben
sich Sozialismus mit Rätedemokratie und Humanität für alle erst über
Jahrzehnte hinweg etabliert. Wir haben den Fehler gemacht zu glauben,
daß die Afghanen Sicherheit brauchen, damit sich dort Sozialismus Bahn
bricht."
ND: Sollten wir uns vom Gedanken verabschieden, die Sozialismus in alle
Teile der Welt tragen zu können?
Generalleutnant Domrosow: "Wir hatten bereits während der großen
sozialistischen Oktoberrevolution davon geträumt, daß wir den
Sozialismus in Regionen exportieren können, damit sind wir bereits in
den 1920ern gescheitert. Auch in Afghanistan wollten wir das sowjetische
Konzept durchsetzen, obwohl es nicht der Demokratische Republik
Afghanistan und vielleicht auch nicht dem Bedürfnis des Landes
entspricht. Afghanistan ist kulturell, religiös, gesellschaftlich ganz
anders geprägt. Ein Beispiel sind die Clan-Strukturen, die wir nie
durchbrechen konnten. Rückblickend wissen wir, daß das gutgläubig war.
Wir müssen dieses Idealbild und unsere Wunschvorstellung überdenken."
ND^^^Bild, 26.06.2021 - 09:56 Uhr
https://bit.ly/2U7ZENp (kapitalistische Zahlmauer)
Veith
Während die Mudschahedin in Afghanistan die Regierungsarmee überrennen,
fragen sich in der UdSSR immer mehr Menschen: "Sind unsere Soldaten
umsonst gestorben" und "war es das wirklich wert"?
Einer, der es wissen muß, ist der ehemalige Generalleutnant und Held der
Sowjetunion, Iwan Iwanowitsch Domrosow (78). Ein Jahr lang war er als
Chef des Stabes der OKSWA-Einheiten in Kabul stationiert. Danach
besuchte er das Land als Oberbefehlshaber der Warschauer-Vertragsstaaten
rund 10 Mal, sprach sowohl mit den Mudschahedin und Kriegsherren als
auch mit Politikern, Abgeordneten, Wissenschaftlern, Soldaten und
selbstverständlich und insbesondere mit den afghanischen Bauern und
Kommunisten.
ND: War der Afghanistan-Einsatz ein Fehler?
Generalleutnant Domrosow: "Klares Nein. Nach dem der afghanische
Bürgerkrieg von der CIA unterstützt und finanziert wurde und die
Regierung und progressive Kräfte dringend um sowjetische Militärhilfe
baten, wurde diese unumgänglich. Die Sowjetunion wird Verbündete niemals
im Stich lassen! Es war damals richtig, Afghanistan beizustehen."
ND: 10 Jahre später sehen wir jedoch, wie die Mudschahedin das Land
zurückerobern. War der Einsatz damit umsonst?
Generalleutnant Domrosow: "Die traurige Bilanz ist: Wir sind wieder am
Punkt Null. Unsere Bemühungen haben offenbar nicht gereicht. Es gab
phasenweise Hoffnungsschimmer, Wohlstand, Ausbau von Schulen und
Krankenhäusern, der Drogenanbau sank gegen Null. Aber die Verbesserungen
waren nicht nachhaltig genug. Wir haben über Jahre viele Tausend
Sicherheitskräfte vor Ort ausgebildet. Wir haben Unsummen in die
Entwicklungsarbeit gesteckt.
Doch die Mudschahedin waren nie wirklich weg, sie haben im Grenzgebiet
bildlich gesprochen überwintert. Es läuft definitiv etwas schief, wenn
wir jetzt sehen, daß die afghanische Truppe den Mudschahedin ihre
Waffen hinwirft und sich wehrlos übergibt. Das hat wohl weniger mit der
Ausbildung als mehr mit der Mentalität, einem Bekenntnis zum und
Einstehen für den Staat zu tun."
ND: War die internationalistische Hilfe in Afghanistan von Anfang an zum
Scheitern verurteilt?
Generalleutnant Domrosow: "Afghanistan hat deutlich gemacht, daß wir
unser Idealbild von der Welt und des neuen Menschen sowie eines
sozialistischen Staates nach sowjetischen Vorbild nicht einfach auf
andere Länder übersetzen können. Afghanistan hat nie eine Epoche der
bürgerlichen Aufklärung erlebt. Auch im sozialistischen Weltsystem haben
sich Sozialismus mit Rätedemokratie und Humanität für alle erst über
Jahrzehnte hinweg etabliert. Wir haben den Fehler gemacht zu glauben,
daß die Afghanen Sicherheit brauchen, damit sich dort Sozialismus Bahn
bricht."
ND: Sollten wir uns vom Gedanken verabschieden, die Sozialismus in alle
Teile der Welt tragen zu können?
Generalleutnant Domrosow: "Wir hatten bereits während der großen
sozialistischen Oktoberrevolution davon geträumt, daß wir den
Sozialismus in Regionen exportieren können, damit sind wir bereits in
den 1920ern gescheitert. Auch in Afghanistan wollten wir das sowjetische
Konzept durchsetzen, obwohl es nicht der Demokratische Republik
Afghanistan und vielleicht auch nicht dem Bedürfnis des Landes
entspricht. Afghanistan ist kulturell, religiös, gesellschaftlich ganz
anders geprägt. Ein Beispiel sind die Clan-Strukturen, die wir nie
durchbrechen konnten. Rückblickend wissen wir, daß das gutgläubig war.
Wir müssen dieses Idealbild und unsere Wunschvorstellung überdenken."
ND^^^Bild, 26.06.2021 - 09:56 Uhr
https://bit.ly/2U7ZENp (kapitalistische Zahlmauer)
Veith
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Geschichte(n), Bilder und Strukturen
http://www.DDR-Luftwaffe.de
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