Post by Stefan Schmitz"Wie der Sprecher erklärte, ist/sei das Gutachten günstig ausgefallen."
Ist das eine indirekte Rede, die den Konjunktiv nach sich zieht? Bei
"Der Sprecher erklärte, das Gutachten sei günstig ausgefallen."
ist die Sache klar. Aber diese Wie-Konstruktion scheint mir die Aussage zur
feststehenden Tatsache zu machen, auch wenn man über sie streiten kann.
Da inzwischen verschiedene Fragen zur indirekten Rede gestellt wurden,
poste ich hier einen Text, der das meiste abdeckt.
"*Indirekte Rede*
*1. <allgemein>* /Klaus sagt, es regne nicht mehr/ bzw. /daß es nicht mehr/
/regne/ od. /Klaus sagt: "Es regnet nicht mehr."/ Mit dem Satz /Klaus/
/sagt: "Es regnet nicht mehr."/ stellt der Sprecher die Rede einer anderen
Person mehr oder weniger genau dar (-> Direkte Rede). Mit der indirekten
Rede (/Klaus sagt, es regne nicht mehr/ od. /daß es nicht mehr regne/) gibt
der Sprecher das, was andere sagen, in einer schon verarbeiteten Form
wieder. Auf dieselbe Weise kann der Sprecher auch darstellen, was er selbst
oder jemand anderes denkt, glaubt oder fühlt: /Klaus denkt, es sei noch/
/viel Zeit/ od. /daß noch viel Zeit sei/; /ich hatte das Gefühl, nun sei/
/es genug/ od. /daß es nun genug sei/. Wenn Äußerungen oder Gedanken in
indirekte Rede umgesetzt werden, ändert sich das Bezugssystem der Personen.
So entspricht z. B. der 1. Peron in der direkten Rede die 3. Person in der
indirekten: /sie sagte: "Ich brauche Ruhe." – sie sagte, sie brauche Ruhe/
(-> /auch/ 2.1., 2.2.). Aber auch die räumlichen oder zeitlichen
Beziehungen können sich ändern (-> 2.3., 2.4.). Zur Verarbeitung gehört
weiter, daß der Sprecher die fremden Aussagen, die er nur weitergibt,
gegenüber den eigenen kenntlich macht. Dazu dient in der Regel der
Konjunktiv I (-> 3.) In alltäglicher Rede tritt statt dessen meist der
Indikativ, in einigen Fällen auch der Konjunktiv II ein (-> 3.1., 3.2.).
Hauptsächlich dient der Konjunktiv I dazu, indirekte Rede über mehrere
Sätze hinweg kenntlich zu machen (-> 3.3., 3.4.). Bei bestimmten Verben,
die das Gedachte von sich aus schon als Tatsache kennzeichnen (/wissen/ u.
a.), ist nur der Indikativ zulässig: /sie weiß, daß ihr das Kleid steht,/
nicht: /stehe/ (-> 3.5.). Der Konjunktiv II kommt bei indirekter Rede
seltener vor (-> 4.). Er kann mitunter einen Zweifel an den wiedergegebenen
Gedanken oder Aussagen ausdrücken (-> 4.1., 4.2.). Werden irreale
Konditionalsätze in indirekter Rede wiedergegeben, bleibt der Konjunktiv II
erhalten (-> 4.3.). Manchmal ist der Konjunktiv II nur ein formaler Ersatz
für den Konjunktiv I (-> 4.4.).
*2. <zur Veränderung der Beziehungen von Person, Ort, Zeit durch die*
*indirekte Rede> 2.1.* /sie sagte: "Ich brauche Ruhe." od. /sie sagte, sie/
/brauche Ruhe/. Bei direkter Rede ist dieselbe Person einmal durch /sie/
(3. Person) und einmal durch /ich/ (1. Person) wiedergegeben: /sie sagte:/
/"Ich brauche Ruhe"/. Im Gesamtsatz ist diese Person jemand, über den man
spricht. Dem entspricht die 3. Person (/sie/). In der als direkte Rede
wiedergegebenen Äußerung spricht diese Person von sich selbst in der 1.
Person (/ich/). Ähnlich: /er fragte mich/ (1. Pers.): /"Fährst du/ (2.
Person) /nach Dessau?"/ Wenn die fremden Äußerungen in indirekter Rede
wiedergegeben werden, werden die Personalpronomina eindeutig gebraucht: Die
1. Person (/ich/) gilt immer und ausschließlich für den Sprecher der
Gesamtäußerung: /er fragte mich, ob ich nach Dessau fahre;/ die 2. Person
(/du/) gilt immer und ausschließlich für den Angesprochenen: /du dachtest,/
/ich habe dich vergessen;/ die 3. Person (/er, sie, es/) bezieht sich stets
und ausschließlich auf Personen oder Gegenstände, von denen die Rede ist:
/sie sagte mir, daß sie Ruhe brauche (= /sie sagte mir: "Ich brauche/
/Ruhe."/),/ aber: /sie sagte mir, daß ich Ruhe brauche/ (= /sie sagte mir:/
/"Du brauchst Ruhe."/) - *2.2.* /sie fragte: "Wo ist mein Gepäck?"/ od.
/sie fragte, wo ihr Gepäck sei/. Auch das Possessivpronomen bezieht sich
bei direkter Rede auf die Redepersonen der wiedergegebenen Äußerung: /mein/
(1. Pers.) bezieht sich auf den Sprecher dieser Äußerung: /sie fragte: "Wo/
/ist mein Gepäck?"/; /dein/ (2. Pers.) bezieht sich auf den, an den sich
die wiedergegebene Äußerung richtet; /sie sagte zu ihm: "Dein Koffer/
/fehlt."; /sein, ihr/ (3. Pers.) bezieht sich auf Personen oder Sachen, die
in der wiedergegebenen Rede besprochen werden: /sie dachte: "Jetzt hat er/
/seinen Koffer vergessen."/ Anders verhält es sich bei indirekter Rede.
Hier bezieht sich /mein/ stets auf den Sprecher der Gesamtäußerung, und nur
auf ihn: /sie fragte mich, ob das mein Gepäck sei/; /dein/ kann sich immer
nur auf die Person beziehen, an die sich die gesamte Äußerung richtet;
/sie wird dich fragen, wo dein Gepäck ist/; /sein/ und /ihr/ weisen dagegen
stets auf eine besprochen Person oder Sache zurück; /sie fragte, wo ihr
Gepäck sei/; /er fragte sie, ob sie ihr Gepäck nicht aufgeben wolle/ -
*2.3.* /Klaus rief: "Wirf mir das Seil her!" od. /Klaus rief, ich solle ihm
das Seil hinwerfen/. Bei direkter Rede heißt es: /"Wirf mir das Seil/
/her!",/denn /her/ hat die Bedeutung 'in Richtung auf den Sprecher', und
als Sprecher der Teiläußerung gilt Klaus. Bei indirekter Rede (/…, ich/
/solle ihm das Seil hinwerfen/) darf /her/ nicht verwendet werden. Als
Sprecher gilt nicht mehr Klaus, sondern der Sprecher der Gesamtäußerung
(/ich/). Deshalb wird /hin/ verwendet (/hin/ = 'vom Sprecher weg'). Ähnlich
verhält es sich mit /hier/ und /da/ bzw. /dort/ in den Sätzen /er sagte:/
/"Hier war früher eine Tür."/ od. /er sagte, da/ bzw. /dort sei früher/
/eine Tür gewesen/. Das Adverb /hier/ bezeichnet den Ort des Sprechakts.
Bei direkter Rede (/"Hier war früher eine Tür."/) ist das der Ort der
Teiläußerung. Wenn nun die Gesamtäußerung an einem anderen Ort stattfindet,
heißt es: /er sagte, da/ bzw. /dort sei früher eine Tür gewesen/ - *2.4.*
/gestern hat man mir gesagt: "Die Karte ist heute noch gültig."/, aber:
/gestern hat mir gesagt, die Karte sei heute noch gültig/. Es ist leicht zu
sehen, daß die beiden Sätze nicht dasselbe bedeuten; /heute/ bedeutet 'an
dem Tag, an dem der Sprechakt stattfindet'. Bei direkter Rede ist das die
Zeit der Teiläußerung. /"Die Karte ist heute noch gültig."/ Diese Äußerung
hat gestern stattgefunden: die Karte galt also noch für den gestrigen Tag.
Bei der indirekten Rede ist die Zeit für die gesamte Äußerung einheitlich:
/gestern/ (= 'an dem Tag vor dieser meiner Äußerung') /hat man mir gesagt,/
/die Karte sei heute/ (= 'am Tage dieser meiner Äußerung') /noch gültig/.
Wollte man das in wörtlicher (direkter Rede) ausdrücken, hieße es:
/gestern hat man mir gesagt: "Die Karte gilt morgen [auch] noch."/
*3. <zum Konjunktiv I in der indirekten Rede> 3.1.* /sie behaupten, daß/
/das Treibgas die Ozonhülle zerstört/ od. /zerstöre/ (?); /man nimmt an,/
/daß sich der Pol verschiebt/ od. /verschiebe/ (?) Vor allem in gehobener
Schreib- und Sprechweise steht bei indirekter Rede das Verb im Konjunktiv I
(-> Konjunktiv [2.1.]): /sie behaupten, daß das Treibgas die Ozonhülle der/
/Erde zerstöre/; /man nimmt an, daß sich der magnetische Pol weiter nach/
/Norden verschiebe/; /man glaubte, daß die Erde eine Scheibe sei/; /er/
/lehrte, es gebe keine Antipoden/; /man fragte sie, ob sie die Täter/
/kenne/. Mit dem Konjunktiv I zeigt der Sprecher an, daß er die Äußerung
bzw. den Gedanken nur wiedergibt. Die Funktion des Konjunktivs zeigt sich
vor allem, wenn sich die indirekte Rede über mehrere Sätze erstreckt (->
3.4.). Wenn der Konjunktiv I mit dem Indikativ in der Form gleich ist (->
Konjunktiv [2.1.]), dann kann ihn der Konjunktiv II vertreten (-> 4.4.). In
alltäglicher Ausdrucksweise tritt – mündlich wie schriftlich – statt des
Konjunktivs I der Indikativ Präsens oder der Konjunktiv II auf. Der
Indikativ Präsens ist stets möglich, wenn der ganze Satz im Präsens steht:
/sie behaupten, das Treibgas zerstört die Ozonhülle/; /man nimmt an, daß/
/sich der Pol nach Norden verschiebt/; /er telegrafiert, daß das Zimmer/
/frei ist/; /sie sagt, der Stoff läuft ein/. Der Indikativ läßt offen, ob
der Sprecher die Aussagen bestätigt oder ob er sich distanziert. Will er
sich distanzieren, verwendet er den Konjunktiv II: /… daß das Zimmer frei/
/wäre/ (-> 4.2.). Wenn der Satz aber im Präteritum steht, durchbricht der
Indikativ Präsens den Bericht bzw. die Erzählung (-> Präteritum). Deshalb
kann der Indikativ Präsens nur für das in den Augen des Sprechers dauernd
Gültige, Wahre verwendet werden: /er lehrte, daß sich die Erde auf einer/
/elliptischen Bahn um die Sonne bewegt/; /man glaubte nicht, daß die Sonne/
/viel größer ist als die Erde/; /die Zeugen sagten übereinstimmend aus,/
/daß die Treppe E fast nie benutzt wird/ usw. Es heißt aber nicht: /man/
/glaubte, daß die Erde eine Scheibe ist/; /sie teilten uns mit, daß das/
/Zimmer zur Verfügung steht/; /der Pförtner meldete, daß ein Besucher/
/kommt/. Hier wird vielmehr der Konjunktiv II verwendet: /…, daß die Erde/
/eine Scheibe wäre/; /…, daß das Zimmer zur Verfügung stände/ od. /stünde/;
/…, daß ein Besucher käme/. Der Konjunktiv II drückt hier nur aus, daß der
Sprecher zu der Aussage nicht Stellung nimmt. Schriftsprachlich ist jedoch
in jedem Fall der Konjunktiv I – *3. 2.* /die Behauptung, daß das Treibgas/
/die Ozonhülle zerstört/ od. /zerstöre/; /die Annahme, daß sich der Pol/
/nach Norden verschiebt/ od. /verschiebe/. Indirekte Rede kann auch von
Substantiven abhängen, die Mitteilungsakte, Gedanken oder Gefühle
bezeichnen. Vielfach sind Verb und Substantiv parallel: /man teilte uns/
/mit, das Zimmer sei frei – die Mitteilung, daß das Zimmer frei ist/ od.
/sei/. Entsprechend: /die Lehre, daß die Erde um die Sonne kreist/ od.
/kreise/; /der Glaube, daß die Erde eine Scheibe ist/ od. /sei/; /das/
/Gefühl, daß etwas nicht stimmt/ od. /nicht stimme/. Indirekte Rede kann
auch von Substantiven abhängen, zu denen es kein paralleles Verb gibt:
/das Gerücht, daß die Abteilung umziehen wird/ od. /werde/; /die/
/Hypothese, daß es sich um Kalzium- und Natriummassen handelt/ od. /handle/
usw. Die indirekte Rede erscheint hier meist als daß-Satz. In gehobener
Ausdrucksweise kann sie stets im Konjunktiv I stehen. Er zeigt an, daß
Äußerungen oder Gedanken nur wiedergegeben werden. Bei Formgleichheit mit
dem Indikativ (/das Gefühl, daß wir anhalten/) kann der Konjunktiv II dafür
eintreten: /…, daß wir anhielten/ (-> 4.4.). Wenn die indirekte Rede nicht
durch /daß/ eingeleitet ist, steht sie meist im Konjunktiv I, in
alltäglicher Rede im Konjunktiv II: /die Mitteilung, das Zimmer sei/ od.
/wäre frei,/ nicht: /die Mitteilung, das Zimmer ist frei/; /die Meldung,/
/der Zug fällt aus/; /die Warnung, der Stoff läuft ein/ - *3.3.* /der Arzt/
/könne ihr auch nicht viel helfen/. Sätze mit nichteingeführter indirekter
Rede sind nur möglich, wenn ein vorangehender Satz die Einführung enthält
(-> 3.4.). Ohne Einführung stehen Sätze mit /sollen/. Sie erlauben es, auf
fremde Aussagen Bezug zu nehmen, ohne die Quelle anzugeben: /sie soll sehr/
/krank sein/; /der Arzt soll ich auch nicht viel helfen können/ (Konjunktiv
[3.1.3.]) - *3.4.* /Helga schreibt, daß es ihr schlecht gehe. Sie sei/
/gestern beim Arzt gewesen/. Das erste Beispiel enthält indirekte Rede
(/…, daß es ihr schlecht gehe/). Sie wird durch ein Verb der Mitteilung
(/schreiben/) eingeführt und durch den Konjunktiv I (/gehe/ gegenüber
/geht/) deutlich gekennzeichnet. Der zweite Satz enthält keine Einführung,
er setzt aber die indirekte Rede fort: /sie sei gestern beim Arzt gewesen/.
In dieser Weise kann der Text, immer noch gestützt auf das einführende Verb
/schreiben/ im ersten Satz, in indirekter Rede weitergeführt werden: /Der/
/(der Arzt) könne ihr auch nicht helfen. Er habe ihr Ruhe verordnet …/ usw.
Das ist allgemein zulässig. An einen Satz, der ein einführendes Verb (->
3.1.) oder Substantiv (-> 3.2.) enthält, können weitere Sätze in indirekter
Rede angeschlossen werden. Voraussetzung ist, daß die indirekte Rede durch
den Konjunktiv I gekennzeichnet und damit vom übrigen Text abgegrenzt wird
(zur Verwendung des Konjunktivs II -> 4.). Steht der ganze Text im
Indikativ, weiß der Leser oder Hörer nicht, wo die indirekte Rede endet.
Daher vermeide man Fälle wie /Helga schreibt, daß es ihr schlecht geht./
/Sie ist gestern beim Arzt gewesen. Der kann ihr auch nicht viel helfen …/
Wenn die indirekte Rede im Indikativ steht, kann sie nur durch ständig
erneuerte Einführung kenntlich gemacht werden: /Helga schreibt, daß es ihr/
/schlecht geht. Sie schreibt, sie ist gestern beim Arzt gewesen. Der kann/
/ihr, meint sie, auch nicht viel helfen …/ Eine solche erneute Einführung
ist auch nötig, wenn der Ablauf der indirekten Rede durch eigene
Ausführungen des Sprechers unterbrochen wird: /Helga schreibt, daß es ihr/
/schlecht gehe. Das ist kein Wunder, denn sie hat sich ja schon seit/
/Ostern nicht wohl gefühlt. Sie sei gestern beim Arzt gewesen, schreibt/
/sie, aber …/ Die Wiederholung /…, schreibt sie, …/ ist notwendig, weil die
eingeschobene Aussage des Sprechers (/Das ist kein Wunder, denn …/) die
Verbindung zu /Helga schreibt/ im ersten Satz unterbrochen hat. Ohne
erneute Einführung zulässig sind allenfalls kleine Einschübe: /Helga/
/schreibt, daß es ihr schlecht gehe. Kein Wunder! Sie sei gestern beim/
/Arzt gewesen, aber …/ - *3.5.* /sie glaubt, daß ihr das Kleid gut steht/
od. /gut stehe/; aber nur: /sie weiß, daß ihr das Kleid gut steht/. Bei
Verben wie /glauben, denken, annehmen, vermuten, meinen, sich einbilden/ u.
ä. steht der Nebensatz, der das Gedachte, Geglaubte usw. bezeichnet, bei
gehobener Ausdrucksweise im Konjunktiv I, während in alltäglicher der
Indikativ zulässig ist (-> 3.1.). Bei /wissen/ ist generell nur der
Indikativ zulässig. Es heißt stets: /sie weiß, daß ihr das Kleid gut steht/
(nicht: /…, daß ihr das Kleid gut stehe/). So auch: /sie ist sich bewußt,/
/daß sie eine schwere Aufgabe übernommen hat/ (nicht: /… habe/); /ihm ist/
/bekannt, daß das Zimmer leer steht/ (nicht: /… stehe/); auch nach den
entsprechenden Substantiven (-> 3.2.): /die Tatsache, daß die Lärmbelästi-/
/gung ständig zunimmt/ (nicht: /… zunehme/). Verben wie /wissen, ahnen/,
Adjektive wie /bekannt, bewußt/ oder Substantive wie /Tatsache/ wendet der
Sprecher nur an, wenn er die Aussage des Nebensatzes als gültig betrachtet.
Während er in /sie glaubt, daß ihr das Kleid gut stehe/ die fremde
Überzeugung neutral wiedergibt, drückt er in /sie weiß, daß ihr das Kleid/
/gut steht/ zugleich auch seine eigene aus. Hier wäre der Konjunktiv nicht
angemessen.
*4. <zum Konjunktiv II in der indirekten Rede> 4.1.* /sie sagte, darüber/
/schweige/ od. /schwiege sie lieber/(?) In alltäglicher Ausdrucksweise
(mündlich wie schriftlich) wird der Konjunktiv I meist durch den Indikativ
ersetzt: /sie sagt, darüber schweigt sie lieber und denkt sich ihr Teil/
(statt: /… schweige sie lieber und denke sich ihr Teil/). Wenn der ganze
Satz aber im Präteritum steht, erscheint nicht der Indikativ Präsens statt
des Konjunktivs I, sondern der Konjunktiv II: /sie sagte, darüber schwiege/
/sie lieber und dächte sich ihr Teil/ (nicht: /… darüber schweigt sie/
/lieber und denkt sich ihr Teil/); -> /auch/ 3.1. – *4.2.* /er behauptet,/
/das Boot wäre 15 000 Mark wert (aber das ist übertrieben/). Wenn der
Sprecher durch die indirekte Rede Aussagen oder Gedanken anderer
wiedergibt, die er bezweifelt, wendet er vorzugsweise den Konjunktiv II an:
/der Fahrer des Lieferwagens sagt zwar mit Recht, daß die Radfahrerin/
/plötzlich abgebogen sei. Er behauptet aber weiter, er wäre nicht zu/
/schnell gefahren und hätte rechtzeitig gebremst (das kann aber nicht/
/stimmen/). Ebenso mit Indikativ und Konjunktiv II: /er erzählt, daß er/
/ein Boot hat. Es wäre 15 000 Mark wert, und er hätte schon Wettfahrten/
/gewonnen (das ist gewiß übertrieben/). Es ist jedoch zu beachten, daß auch
der Konjunktiv I wie eine Distanzierung wirken kann, weil er ausdrücklich
anzeigt, daß die wiedergegebenen Aussagen nicht die des Sprechers sind.
Schließlich zeigt auch der Indikativ Präsens nicht unbedingt an, daß der
Sprecher die wiedergegebenen Aussagen oder Gedanken bestätigt (-> 3.1.). –
*4.3.* /sie sagt, wenn sie jünger wäre, würde sie den Beruf wechseln/. Der
Konjunktiv II (/wäre, würde wechseln/) ist hier die einzig richtige Form.
Die als indirekte Rede wiedergegebene Äußerung /…, wenn sie jünger wäre,/
/würde sie den Beruf wechseln/ ist ein sogenannten irreales Konditionalge-
füge (-> Konditionalsatz [3.1.]). Derartige Gefüge stehen immer im
Konjunktiv II. Er findet sich in der direkten Rede (/sie sagt: "Wenn ich/
/jünger wäre, würde ich den Beruf wechseln."/) und geht aus ihr in die
indirekte Rede über: /sie sagt, wenn sie jünger wäre, würde sie den Beruf/
/wechseln/. Der Konjunktiv I ist hier nicht zulässig (falsch: /…, wenn sie/
/jünger sei, werde sie den Beruf wechseln/). Ähnliche Fälle: /er glaubt,/
/daß er Meister geworden wäre, wenn er die Partie gewonnen hätte/; /sie/
/denkt, daß es leichter gewesen wäre, wenn sie die Kinder allein großgezo-/
/gen hätte/; /er sagte, daß das Zimmer ruhiger wirken würde, wenn die/
/Tapete nicht so bunt wäre/. Zu den Formen mit /würde/ -> Konjunktiv (4.) –
*4.4.* /sie sagte, wir schreiben/ od. /schrieben ihr so selten/(?) Beide
Formen sind gleichermaßen zulässig. Bei den meisten Verben stimmen nämlich
einige Formen des Konjunktivs I mit den Formen des Indikativ Präsens
überein (-> Konjunktiv [2.1.]): /er glaubt, er kenne das Stück nicht/ (1.
Person Singular Präsens und Konjunktiv I); (/sie sagte, wir schreiben ihr/
/so selten/ (1. Person Plural Präsens und Konjunktiv I). Wenn der Sprecher
Verwechslungen des Konjunktivs mit dem Indikativ vermeiden möchte, kann er
statt der doppeldeutigen Formen des Konjunktivs I den Konjunktiv II wählen:
/Helga sagt, wir seien schlechte Freunde. Wir dächten nicht an sie und/
/schrieben ihr zu selten/ (statt: /Wir denken nicht an sie, und wir/
/schreiben ihr zu welten/); -> 3.4. In manchen Fällen ist jedoch der
Konjunktiv II ungebräuchlich oder selbst mehrdeutig: /sie dachte, wir/
/schöben den Besuch auf/; /sie glaubte, wir lachten darüber/. Hier ist die
Mehrdeutigkeit in Kauf zu nehmen: /sie dachte, wir schieben …;/ /sie/
/glaubte, wir lachen darüber/. Zum Ersatz durch /würde/-Formen -> Konjunk-
tiv (4.)"
(Quelle: Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten. Zweifelsfälle, Normen und
Varianten im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch / hrsg. Von Joachim
Dückert und Günter Kempcke. – Leipzig : VEB Bibliographisches Institut,
1984. – S. 238ff.)
Gruß
Manfred.