Post by Andy AngererNur akzeptierst Du meine Argumente nicht als Butter & Fische, sondern
interpretierst sie als "eigene äußere Maßstäbe"; eine Einstufung, der ich
nicht folgen kann.
Jedes fiktionale Werk, welches nicht in der Realität
verankert ist, führt üblicherweise eigene Logik, Physik,
etc. ein. Z.B. das man durch ein Wurmloch fliegen kann, oder
halt die Dinge die dann noch später im Film kommen und Du
dann nicht mehr gesehen hast.
Der Vorteil davon ist, das dadurch Dinge möglich sind die es
in der Realität nicht gibt. Regenbogenbrücken nach Asgard z.B.
oder spitzorige Elfen.
Der Nachteil ist das berühmte deus ex machina. In einer Welt
in der ich frei Dinge behaupten kann, hindert mich ja nichts,
jederzeit den Protagonisten zu retten oder zu behindern.
Völlig willkürlich.
Das Künststück besteht nun darum, als für den Konsumenten
nicht als völlig willkürlich erscheinen zu lassen, sondern
eben eine innere Schlüssigkeit der Geschehnisse zu haben.
(In erfundenen Welten ist natürlich genauso Zufall erlaubt,
wie auch die Realität unglaublich willkürlich ist.)
Wenn wir das Handlungsgeschehen bewerten (im Sinne von: aber
ich hätte das jetzt anders gemacht) dann müssen wir halt
aufpassen ob wir dabei äußeres Wissen und eben Logik, etc.
ins Spiel bringen.
Äußeres Wissen beinhaltet auch den Umstand, das wir als
Rezipient (je nach Werk natürlich) üblicherweise mehr Wissen
haben als die Protagonisten selbst. Je nach Genre ist es
sogar Absicht, das wir z.B. explizit wissen, das der
Protagonist jetzt in sein Unglück laufen wird.
Aber das hält natürlich den ein oder anderen Zeitgenossen
nicht davon ab, dann zu kritisieren, warum der da jetzt in
das Zimmer geht, wo da doch der Mörder hinter der Tür
wartet.
SciFi kann man nur dann "Verstöße" gegen die Physik
vorwerfen, wenn das Werk entsprechend verankert seien will.
Bei "explorativer SciFi" ist es viel spannender zu schauen
ob das, was man sich dort so propagiert mit der uns bisher
bekannten Physik vereinbar wäre und wo es sich unterscheidet.
Interstellar bietet da etliche Momente, insbesondere dem
Umstand geschuldet, das man sich wissenschaftliche Beratung
geholt hat um nicht völlig frei von Grundlagen den Film zu
gestalten.
(Hier muss natürlich auch immer der aktuele Stand der
Wissenschaft berücksichtigt werden. Man werfe z.B. einen
Blick auf die Darstellung der Atomkraft im Laufe der Zeiten)
Und wenn es dann um die Bewertung von Entscheidungsfindung
geht, wird es richtig "schwierig", denn was sind dort bitte
die Grundlagen?
Am offensichtlichsten ist natürlich *Wissen*. Was genau weiß
die Figur und berücksichtigt sie dieses Wissen bei der Ent-
scheidungsfindung. Wobei man natürlich auch hier gleich
festhalten muss, das es ja mitnichten so ist, das wir selbst
nie dumme Entscheidungen treffen. Also wider besseres Wissen
und ohne andere Umstände.
Resp. wie gehen wir damit um, das Figuren Dinge verursachen,
die wir selbst nie machen würde. Ist mir jemals etwas runter-
gefallen? Aber ausgerechnet jetzt fällt dem Protagonisten
genau etwas runter, was dann in Folge die Handlung voran-
treibt.
Für diesen Fall sagen wir uns halt, ja das kann passieren,
kein Problem.
Aber problematisch wird es halt immer, wenn wir uns anderes
entschieden hätten als der/die Protagonist(en). Und spannend
wird es, wenn es dann um die Frage geht: *Warum*?
Es ist offensichtlich nicht hilfreich für einen Stoff, wenn
der Protagonist ständig Dinge tut die wir nicht nur nicht
nachvollziehen können, sondern sogar ablehnen. Aber in
solchen Fälle ist eben nicht automatisch der Film unlogisch
oder so. Da tickt halt nur eine Figur völlig anders als wir,
resp. gibt es keinerlei empathische Ansätze diese Anders-
artigkeit zuminderst für einen gewissen Zeitraum hinzunehmen.
Ich präsentiere den beliebten Satz:
"Warum macht der/die das jetzt?"
Und damit sind wir dann auch wieder bei den äußeren Maßstäben.
Im direktesten Fall bin ich das selbst. Meine Ethik und
Moral, mein Wissen, meine Erfahrungen, meine Vorurteile.
Ich wende das auf das Erlebte des Protagonisten an und
überlege wie ich mich entschieden hätte.
Eine weitere Stufe ist der Vergleich mit Leuten die ich
kenne. Wenn es z.B. um Frauenbelange geht, überlege ich
vielleicht wie Bekannte aus meinem Umfeld in so einer
Situation reagieren würde. Und wenn die da alle ein Ver-
halten gezeigt haben, was von dem abweicht was ich da jetzt
sehe, kann mich das dazu verleiten auszurufen "aber so
verhält sich doch keine Frau, das ist unlogisch!"
Aber das ist auch weiterhin nur ein äußerer Maßstab.
Irgendwann kommt man beim "Das macht man doch nicht" an.
Aber auch das ist noch kein Argument sondern am Ende wieder
nur die eigene Wahrnehmung und Verarbeitung der Realität und
daraus abgeleiteter "Gesetzmäßigkeiten".
Vereinen wir das nun mit dem Dilemma von Fiktion: Alles ist
möglich, ein "aber das macht man doch nicht" kann durch den
Federzug der Autorin widerlegt werden, in dem der Protagonist
es einfach tut. Fiktionalistisch faktisch.
Ist es deswegen unlogisch, falsch, whatever?
Es ist zuerst einmal nicht nachvollziehbar!
Falsch kann es werden, wenn es gegen *innere* Gesetzmäßig-
keiten verstößt. Aber das wird es halt superschnell
schwammig wenn es um menschliche Verhalten geht.
Post by Andy AngererPost by Cornell BinderIm Gegensatz zu mir, der sich bei jeder Erklärung dessen was
im Film geschieht ein "aber das ist doch unlogisch" abholen
muss, ohne das Du in irgendeiner Form ausführst.
Ich führe es doch aus; sogar recht ausführlich.
Aber Du gehst immer von Dir aus. Warum es für Dich falsch
ist. Du verwendest Deine Maßstäbe, resp. gehst davon aus,
das das was sich für dich als intuitiv (un)logisch darstellt
auch für jeden anderen und damit explizit auch die Macher
so seien muss.
Ich verweise ja bei meinen Ausführungen nicht grundlos auf
das was wir im Film sehen und hören. Die nächste Stufe sind
dann Dinge die wir daraus ableiten (passiert ja völlig
automatisch) und da muss man dann schon aufpassen ob man da
eher wohlwollend interpretiert oder eben nicht.
Es ist ja offensichtlich das man sich den größten Quark
immer noch schon konstruieren kann und umgekehrt.
Du hast bisher Deine äußeren Maßstäbe ausgeführt und auch
viele Beispiele konstruiert. Nur was hat das mit dem Film zu
tun? Das man sich auch anders hätte entscheiden können,
steht doch ausser Frage.
Du aber sagst doch, das man sich anders hätte entscheiden
müssen. Kannst das aber eben nur mit äußeren Maßstäben und
Logik ausführen.
Spannend wird es, wenn es im Film konkrete Aussagen, Settings,
etc. gibt die klar den Handlungen widersprechen. (Und damit
meine ich jetzt nicht, das Captain Picard die erste Direktive
überschreitet.)
Ich hoffe ich konnte vermitteln was der unterschied zwischen
Innen und Aussen bei fiktionalen Werken ist. Wenn Du das
nicht nachvollziehen kannst, dann reden wir zwangsläufig an-
einander vorbei, da es für mich hier einen klaren Unterschied
gibt und ich die Unterschiedung auch für notwendig erachtet.
Ob einen ein Film oder was für ein Werk auch immer unterhält
ist sowieso durch viele andere Faktoren mitbestimmt.
CoBi
--
recently seen in a cinema near me:
War Dogs .............................................................. 2480
Die glorreichen Sieben ................................................ 2479
Welcome to Norway ..................................................... 2478