Ralf Joerres
2018-07-10 10:44:26 UTC
Gestern stand ich im Unterricht auf dem Schlauch und wusste nicht,
wie man einen Kellner oder eine weibliche Bedienung in einem Lokal
verbal angemessen auf sich aufmerksam macht. Da zeigt sich wieder mal,
dass wir eigentlich einen dringenden Bedarf nach einem neutralen
Anredewort haben, wie die französischen 'Monsieur' und 'Madame'.
Ich kann ja kaum den Kellner mit einem jovial gemeinten 'hallo
Sportsfreund' herbeirufen. Und unsere auch nicht sehr gelungenen
Verlegenheitslösungen 'junger Mann' bzw. 'junge Frau' kommen im
Restaurant je nachdem noch deplatzierter rüber.
Das ist auch ein interessantes Phänomen, dass sich nicht beliebige
Personenbezeichnungen als Anredewörter eignen. Meinen DaF-Schülern
versuche ich beizubringen, dass die Anrede 'Lehrer' ohne 'Herr' davor
unhöflich und mit 'Herr' ebenfalls nicht üblich ist, was in ihren
Herkunftssprachen jedoch teilweise geht, so sagen sie zumindest.
Wenn man im Deutschen ins saloppe Register schwenkt, kann man zwar
sagen 'hey Cowboy', aber nicht 'hey, Verkäufer' oder 'hallo Mitmensch'.
Was mir da gerade so eingefallen war, hatte ich mal in
https://www.openthesaurus.de/synonyme/edit/948 zusammengestellt, ist
ne seltsame Mischung, und es gibt sicherlich noch mehr. Weibliche
und Plural-Anreden sind da als Assoziationen verlinkt.
Noch ne Schublade tiefer gibt's dann 'ey du da' oder 'hey Sie da vorne'.
Bei uns im Ruhrgebiet haben wir den Anrede-Akkusativ 'ey, Kurzen,
komma hier!' - wie ja auch den prädikativen Akkusativ 'ich weiß, du
bissen Töften, abber dat hättße dir gezz sparn könn.' Im Germanistik-
Seminar in Bochum sagte mal einer 'wat so'n richtigen Ruhrgebietsmensch
is...' - großer Lacherfolg, dabei sprach der Jung nur so, wie alle hier
aus der Gegend. Der Akkusativ ist ja hier so'ne Art Obliquus und steht
oft auch für den Dativ: Hey, Sie da mitte fettige Haare. Stirbt langsam
aus, ich hör's nur noch selten, von deutschen Unterschichtlern.
Gruß Ralf Joerres
wie man einen Kellner oder eine weibliche Bedienung in einem Lokal
verbal angemessen auf sich aufmerksam macht. Da zeigt sich wieder mal,
dass wir eigentlich einen dringenden Bedarf nach einem neutralen
Anredewort haben, wie die französischen 'Monsieur' und 'Madame'.
Ich kann ja kaum den Kellner mit einem jovial gemeinten 'hallo
Sportsfreund' herbeirufen. Und unsere auch nicht sehr gelungenen
Verlegenheitslösungen 'junger Mann' bzw. 'junge Frau' kommen im
Restaurant je nachdem noch deplatzierter rüber.
Das ist auch ein interessantes Phänomen, dass sich nicht beliebige
Personenbezeichnungen als Anredewörter eignen. Meinen DaF-Schülern
versuche ich beizubringen, dass die Anrede 'Lehrer' ohne 'Herr' davor
unhöflich und mit 'Herr' ebenfalls nicht üblich ist, was in ihren
Herkunftssprachen jedoch teilweise geht, so sagen sie zumindest.
Wenn man im Deutschen ins saloppe Register schwenkt, kann man zwar
sagen 'hey Cowboy', aber nicht 'hey, Verkäufer' oder 'hallo Mitmensch'.
Was mir da gerade so eingefallen war, hatte ich mal in
https://www.openthesaurus.de/synonyme/edit/948 zusammengestellt, ist
ne seltsame Mischung, und es gibt sicherlich noch mehr. Weibliche
und Plural-Anreden sind da als Assoziationen verlinkt.
Noch ne Schublade tiefer gibt's dann 'ey du da' oder 'hey Sie da vorne'.
Bei uns im Ruhrgebiet haben wir den Anrede-Akkusativ 'ey, Kurzen,
komma hier!' - wie ja auch den prädikativen Akkusativ 'ich weiß, du
bissen Töften, abber dat hättße dir gezz sparn könn.' Im Germanistik-
Seminar in Bochum sagte mal einer 'wat so'n richtigen Ruhrgebietsmensch
is...' - großer Lacherfolg, dabei sprach der Jung nur so, wie alle hier
aus der Gegend. Der Akkusativ ist ja hier so'ne Art Obliquus und steht
oft auch für den Dativ: Hey, Sie da mitte fettige Haare. Stirbt langsam
aus, ich hör's nur noch selten, von deutschen Unterschichtlern.
Gruß Ralf Joerres