myter om folkemord.
blev helten?" GLISTRUP-SVAR: " Der ville ikke have været stor forskel. Hele
for, hvad der sker under en krig, er den rene parodi. Det er bare afhængig
af, hvem der vinder. Når en krig er forbi, er Churchill en helt og Hitler en
Post by Per VadmandAlle reden von Hitler, wir reden von Hitler-Deutschland
von Götz Aly
Der Film über Hitlers letzte Tage ist kein "Zeichen der Emanzipation", wie
eine deutsche Zeitung vermutete. Umgekehrt besteht kein Anlass zur Sorge,
die Deutschen könnten es sich mit ihrem bedeutendsten Massenmörder
gemütlich machen und ihn ins Allzumenschliche herunterschunkeln. "Der
Untergang" zeigt den Potentaten in der untypischen Situation des
Scheiterns. Dank der sowjetischen Soldaten hatte er jeden
Handlungsspielraum eingebüßt - bis auf die Wahl zwischen Gift und Kugel.
Wer den Führer-Grusel liebt, der kommt im Bunker auf seine Kosten. Doch
analytisch weist der Film ins Nichts, erzeugt Kopfschütteln,
Unverständnis, Ferne.
Weder Hitler noch der mit einem Dokumentarstreifen bedachte Goebbels waren
für sich genommen besonders aufregend. Interessant ist nur, wie und warum
sie für die Deutschen zu Medien des politischen Willens wurden. Fragt man
so, dann rücken einem die Nazi-Gespenster plötzlich unangenehm nah, egal
ob man zu den Altachtundsechzigern zählt, zu den Anti-Hartz-Demonstranten,
zur CSU oder zum alerten Management eines Medienbetriebs.
Wie alle Revolutionäre erzeugten Hitlers überaus junge Gefolgsleute die
Aura des Jetzt-oder-nie. Zum Zeitpunkt der Machtübernahme 1933 war
Goebbels 35 Jahre alt, Heydrich 28, Speer 27, Eichmann 26, Mengele 21,
Himmler und Frank waren 32. Göring - einer der Älteren - hatte gerade den
40. Geburtstag gefeiert. Der 1915 geborene, spätere Arbeitgeberpräsident
Hanns Martin Schleyer mokierte sich als 27-jähriger Besatzungsfunktionär
in Prag über die zögerlichen Alten, die den Aufbruch in den "wirklichen
Nationalsozialismus" störten: "Die uns in jungen Jahren in der Kampfzeit
anerzogene Bereitschaft, Aufgaben zu suchen und nicht auf sie zu warten,
haben uns früher als üblich in die Verantwortung gestellt."
Hans Schuster - ebenfalls Jahrgang 1915 und den älteren SZ-Lesern als
Leitender Redakteur dieser Zeitung in Erinnerung - wurde im Mai 1941
Wirtschaftsattache an der Deutschen Gesandtschaft in Zagreb (Agram). Zuvor
hatte er, prädestiniert durch seine Leipziger Dissertation "Die Judenfrage
in Rumänien", an der Deutschen Botschaft in Bukarest gearbeitet. Er
schrieb 1942 im Rückblick auf das Vorjahr: "... fast zu glatt ist vieles
gelungen - wenn auch unter großen Anspannungen und wochenlangen Gefahren.
Das war der Staatsstreich in Belgrad und dann der Krieg und unser
Staatsstreich hier in Agram. Dann das Glück, unter einem hervorragenden
Menschen wie der Gesandte Kasche (SA-Obergr.-Führer!) an dem mühseligen
Aufbau dieses Staates unter großer Eigenverantwortung ein gutes halbes
Jahr teilnehmen zu können ..."
Für die Mehrzahl der jungen, keineswegs monströsen Männer bedeutete der
Nationalsozialismus Freiheit und Abenteuer, ein körperliches und geistiges
Anti-aging-Programm. Sie suchten Herausforderung, Spaß und den letzten
Kick im modernen Bewegungskrieg. Sie betrieben die nachpubertäre
Identitätssuche im Vollgefühl der Omnipotenz. Ihnen fehlte die
Sozialisationsinstanz Anpassung. Sie errichteten das im zerstörerischen
Sinn erfolgreichste Generationsprojekt der Neueren Geschichte.
Hitler agierte als klassischer Stimmungspolitiker. Er fragte sich fast
stündlich, wie er die Zufriedenheit der deutschen Mehrheitsbevölkerung
sicherstellen könnte. Auf der Basis von Geben und Nehmen errichtete er
einen Umverteilungsstaat par excellence. Das Ehegattensplitting, das die
Konservativen während der Kabinettsbildung im Jahr 2002 so mannhaft
verteidigten, stammt von 1934. Die Kilometerpauschale, die der Bayerischen
Landesregierung am Herzen liegt, findet sich in demselben
Steuerreform-Gesetz mit der Begründung: "Es ist der Grundsatz des
Nationalsozialismus, die Bevölkerung im eigenen Heim und in der freien
Natur anzusiedeln ..." Seit 1941 sind die deutschen Rentner automatisch
krankenversichert und nicht länger auf die öffentliche und kirchliche
Fürsorge verwiesen. Unter Hitler verdoppelte sich die Zahl der
Urlaubstage.
Die Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit waren in Deutschland
bis zum 2. Oktober 1940 steuerpflichtig. Doch dann schaffte die
NS-Regierung diese Steuern mit einem Federstrich ab. Selbst der
Reichsfinanzminister hatte zugestimmt, "vorausgesetzt natürlich, dass der
Krieg im Jahr 1940 zu Ende geht". Nicht zu Unrecht freute er sich auf den
"starken Eindruck", den eine solche soziale Wohltat auf die deutsche
Öffentlichkeit mitten in einem "gigantischen Krieg" machen werde.
Wer den destruktiven Erfolg des Nationalsozialismus verstehen will, der
sollte sich die Schauseite der Vernichtungspolitik ansehen - den modernen,
sozialpolitisch warmgehaltenen Gefälligkeitsstaat. Die deutschen
Soldatenfrauen erhielten im Zweiten Weltkrieg das Doppelte an
Familienunterhalt wie ihre britischen und US-amerikanischen Kolleginnen.
Sie verfügten über mehr Geld als im Frieden. Da das Lohnabstandsgebot
nicht gewahrt worden war, sahen die Frauen keinen Grund zur Arbeit.
Deshalb kam 1942 der Vorschlag auf, die staatlichen Transferleistungen
einzuschränken und zu besteuern. Das scheiterte an Hitler, der
Stimmungseinbrüche befürchtete. "Wir haben im Krieg zu opulent
gewirtschaftet", bemerkte Reichswirtschaftsminister Funk dazu trocken,
"aus dieser Entwicklung ist schwer herauszukommen."
80 Prozent der Deutschen zahlten bis zum 8. Mai 1945 keinerlei direkte
Kriegssteuern. Die indirekten hielten sich in Grenzen. Sie erstreckten
sich auf Tabak, Branntwein und Bier. Die volksverbundene Vorsicht des
Regimes zeigt sich dabei in jedem Detail. "Im südostdeutschen
Verbrauchergebiet" machte die Steuer für einen Liter Vollbier ("positives
Stimmungselement", Goebbels) 10 Reichspfennige aus, im Norden knapp 30
mehr. Auf die Weinsteuer wurde verzichtet, weil sie "mittelbar auch den
Winzerstand treffen würde, dessen wirtschaftliche Lage im Allgemeinen
nicht günstig ist".
Vom Kündigungs- über den Mieter- bis zum Pfändungsschutz bezweckten
Hunderte fein austarierte Gesetze das sozialpolitische Appeasement. Hitler
regierte nach dem Prinzip "Ich bin das Volk" und er zeichnete damit die
politisch-mentalen Konturen des späteren Sozialstaats Bundesrepublik vor.
Die Regierung Schröder/Fischer steht vor der historischen Aufgabe des
langen Abschieds von der Volksgemeinschaft.
Hitler gewann die massenhafte Unterstützung dank seiner Politik des
Schuldenmachens und dank der regelmäßigen Hinweise, es würden andere sein,
die dafür aufzukommen hätten. Er versprach den Deutschen alles und mutete
ihnen wenig zu. Das konstante Gerede vom Volk ohne Raum, von Weltgeltung,
wirtschaftlichen Ergänzungsräumen und so genannter Entjudung bezweckte am
Ende immer das eine: die Aussicht auf eine nicht selbst zu erarbeitende
Steigerung des allgemeinen deutschen Wohlstands. Dieses Ziel und nicht die
Interessen der Herren Flick, Krupp oder Abs bildeten die entscheidende
Triebkraft für die Politik des Verbrechens. Finanzwirtschaftlich
funktionierte der NS-Staat als betrügerisches Schneeballsystem, politisch
als ungeheuerliche, von den einfachen Volksgenossen aufgepustete
Spekulationsblase.
Natürlich gab es Skeptiker en masse. Die meisten, die sich auf die
Volkspartei NSDAP einließen, taten das wegen eines der reichlich
verwaschenen Programmpunkts. Die einen folgten ihr, weil es gegen den
Erbfeind Frankreich ging, die anderen, weil die Staatsjugend massiv mit
den überkommenen Moralvorstellungen brach; katholische Geistliche segneten
die Waffen für den Kreuzzug gegen den gottlosen Bolschewismus und wehrten
sich gleichzeitig gegen die Euthanasie-Verbrechen; dagegen begeisterten
sich sozialistisch vorgeprägte Volksgenossen für die antiklerikalen und
antielitären Züge des nationalen Sozialismus. Das folgenschwere, punktuell
begründete Mitläufertum von Millionen Deutschen ließ sich hinterher
spielend in - historisch allerdings unwirksamen - "Widerstand" umdeuten.
Hitler hielt das labile Gemenge aus den unterschiedlichsten Interessen und
politischen Haltungen allein im Tempo des Handelns stabil. Darin bestand
die politische Alchemie seiner Herrschaft. In der Politik des permanenten
Rucks baute sich überall dort eine hochgradige Grundspannung auf, wo die
NSDAP das Widerstreitende verband: die Pflege des angeblich
Althergebrachten mit der technisch-modernen Lust an allem Machbaren, die
antiautoritäre Freude am Umsturz mit der autoritär-utopischen Ausrichtung
auf den deutschen Sonnenstaat. Hitler kombinierte die nationale
Wiedergeburt mit dem Risiko des Untergangs, die gemeinschaftsselige
Klassenharmonie mit arbeitsteiliger Vernichtungsgewalt.
In ihrer Mehrheit gerieten die Deutschen zuerst in einen Taumel, dann in
den Rausch historischer Hochgeschwindigkeit, später - mit Stalingrad,
unterstützt von Flächenbombardements und nun merklichem exemplarischem
Terror im Inneren - in einen ebenfalls betäubenden Schüttelzustand. "Es
kommt mir immer alles wie Kino vor", bemerkt Victor Klemperers Kaufmann
Vogel mitten in der Sudetenkrise 1938. Ein Jahr später, neun Tage nach dem
Beginn des Feldzuges gegen Polen, versicherte Göring den Arbeitern der
Rheinmetall-Borsigwerke in Berlin, sie könnten sich auf eine Führung
verlassen, "die selber vor Energie, ich möchte sagen, rast". In seinem
Tagebuch sekundierte Goebbels: "Am ganzen Tag ein tolles Tempo."
Oft deutete Hitler im engeren Kreis die Möglichkeit seines baldigen Todes
an, um damit das für die politische Balance erforderliche überdrehte Tempo
seines Regierens zu wahren. Er bewegte sich ähnlich einem dilettierenden
Seiltänzer, der sein Gleichgewicht nur mit Hilfe immer weiterer, dann
immer schnellerer, schließlich hastig-zielloser Ausgleichsbewegungen
halten kann - und zuletzt doch stürzt. Im Film "Der Untergang" werden die
letzten Meter des Absturzes im Zeitlupentempo gezeigt. Hinweise für die
Gründe finden sich darin nicht.
Der Text ist erstmals am 1.9.2004 in der Süddeutschen Zeitung erschienen.
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