Post by Rainer ZenzWenn ich den Reprint einer gemeinfreien Abbildung einscanne und
bearbeite (im Sinne von optimieren) dürfte weder überprüfbar sein,
was genau meine Vorlage war noch eine unlautere Verwendung dahinter
stehen.
Ja klar, Du kannst das Bild dann noch kontern, verzerren und kolorieren.
Irgendwann kann man dann tatsächlich den Ursprung nicht mehr
nachvollziehen. Bei eingescannten Bildern aus einer aktuellen
Buchpublikation wird aber *garantiert* irgendwann jemand kommen, der
anfragt, woher das Bild stammt (ich sage das nicht einfach so; ich habe
mal ein Fotoprojekt gemacht, wo ich alte Stiche von Berliner
Strassenszenen mit aktuellen Aufnahmen aus demselben Blickwinkel
gegenüber gestellt habe und habe das dann aufgegeben, weil ich die Scans
der Vorlagen (Stiche und Postkarten von 1870 ff.) aus verschiedenen
Buchpublikationen (1980er/90er Jahre) nicht verwenden durfte). Bei einer
privaten Homepage kann man das Risiko vielleicht eingehen, bei der
Wikipedia oder eine eigenen Buchpublikation jedoch nicht (jeder Verlag
wird dich im Autorenvertrag fragen, ob Du die vollen Bildrechte an
eventuellen Abbildungen hast).
Post by Rainer ZenzDas Einscannen eines alten Stiches vom Original z.B. ist sicher keine
schöpferische Leistung, die ein Urheberrecht nach sich zöge.
Das sehen Reprofotografen anders.
Post by Rainer Zenzwürde ich durch das erneute Einscannen der daraus erstellten
Reproduktion ja wieder ein Recht an der Reproduktion der Reproduktion
erwerben. Das hätte was absurdes.
Da stimme ich Dir zu. Das ändert aber an der Rechtslage nichts: Wenn Du
Abbildungen aus Büchern übernehmen willst, muss das Urheber-/ Nutzungs-/
Verwertungsrecht dieser Publikation abgelaufen sein. Wie das bei
Nachdrucken gehandhabt wird, weiss ich nicht; vermutlich verlängert sich
das Urheberrecht bei einem Reprint nicht, das weiss ich aber nicht.
Ich habe das ja schon mehrfach an anderer Stelle betont: Selbst wenn in
einem Museum, das 4000 Jahre alte Objekte ausstellt, das Fotografieren
erlaubt ist oder Du sogar Geld für eine Fotoerlaubnis bezahlt hast, gilt
dieses Nutzungsrecht ausschliesslich für die rein private Verwendung; Du
darfst die Bilder ohne Genehmigung des Museums nicht veröffentlichen.
Ich handhabe das folgendermassen (Beispiele siehe
http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Asb/Fotogalerie), wie ich hoffe
möglichst pragmatisch; man beachte dabei auch die Implikationen durch
die für Bilder völlig ungeeignete GNU FDL, was die "Quellen" von
Bilddaten angeht:
* Generelle Regel: Alles, wes ich im Web publiziere, hat Auflösungen von
320 bis maximal 640 Pixeln in an der längeren Seite. Erstens sind die
Datenmengen sonst nicht mehr zu bewältigen (meine private Website
verbrät knapp 10 GB Festplattenplatz), zweitens kann dann niemand
behaupten, bei zehnfacher Ausschnittsvergrössung der linken unteren
Bildecke ein geschütztes Warenzeichen, seine Visage oderähnlichen Mist
entdeckt zu haben.
* Luftbildfotos - in Nahost (Israel/Ägypten) generell verboten, da
militärisch relevant, m.W. in Deutschland seit einigen Jahren erlaubt;
ich gebe daher für Deutschland präzise an, was das Bild zeigt, für
Nahost reicht mir ein "Sahara" bzw. im Falle von einer gewissen
osteuropäischen Region "Balkan". Wer auch immer den Drang verspürt,
diesen Fotos hinterherzurecherchieren, wird es dadurch schwerer haben,
da er begrifflich durch eine Recherche kaum "rankommt". Für den Zweck
des Bildes -- Beispiele für Luftbildfotos -- reicht mir das, für einen
anderen Artikel zur Geographie einer bestimmten Region aber sicherlicht
nicht.
* Bilder von Objekten aus Museen in Ägypten: Das Fotografieren ohne
Blitz war erlaubt; die Bilder haben eine zu geringe Auflösung, um in
kommerziellen Print-Veröffentlichungen wiederverwendet zu werden; ich
gehe hierbei einfach davon aus, dass ich dadurch eine urheberrechtliche
Abmahnung abbiegen kann.
* Bilder aus dem Ägyptischen Museum Berlin: Prinzipiell ähnliche
Handhabung, aber volle Credits; ich hoffe hierbei auf den guten Willen
der SMPK, eine schriftliche Genemigung zur Veröffentlichung habe ich
aber nicht, das wäre angesichts hunderter Museen und der Arbeit für ein
nichtkommerzielles Projekt nicht zu leisten.
Die Wikipedia bewegt sich m.E. in einem extrem komplizierten Rechtsraum;
dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle:
* der Serverstandort von wikipedia.org (USA) sowie die Domain
wikipedia.de (BRD),
* wir sind nichtkommerziell und vielleicht bald sogar gemeinnützig;
wettbewerbsrechtliche Abmahnungen sind vermutlich nicht ganz einfach,
* wir sind weder wissenschaftlich legitimiert, noch sind wir eine
private Homepage, d.h. Sonderregelungen wie das wissenschaftliche
Grosszitaz sind für uns nicht zulässig,
* wir sind kein Kunstwerk oder Kunstprojekt, und die in der Wikipedia
veröffentlichten Bilder sind definitv keine Kunstwerke, an denen wir
irgendwelche Nutzungsreche hätten (bestenfalls technische Reproduktionen
der Kunstwerke von Dritten), die grundgesetzlich garantierte
Kunstfreiheit betrifft uns also nicht,
* wir arbeiten nach dem Wiki-Prinzip, zu dem es m.W. in Deutschland noch
überhaupt keine urheberrechtlichen Präzedenzfälle gibt, d.h. wir
betreiben ohnehin rund um die Uhr Russisch Roulette.
Urheberrecht kann der Wikipedia das Genick brechen, ich sehe das auch
als Hauptbedrohung, viel mehr als Vandalismus. Einen Fall wie die
SCO-Posse bei Linux wird die Wikipedia möglicherweise nicht überleben,
weil wir nie eine Lobby wie IBM im Rücken haben werden.
Momentan haben wir noch so etwas wie "Narrenfreriheit", weil sich bisher
kein kommerzieller Lexikonverlag an uns stört; irgendwann *wird* die
Wikipedia aber eine Qualität erreicht haben, wo Brockhaus & Co
aufhorchen werden, ebenso wie das beim Linux-Kernel passiert ist, als er
kommerzielle Relevanz bekam. Und *dann* wird die Hatz nach
Urheberrechtsverletzungen losgehen, weil das einfach die nächstliegende
Schwachstelle eines grossen Wikis ist.
Gruss, -asb