Post by Horst Nietowskihttp://www.hss.de/downloads/051011_Nagel_Bringschuld_der_Muslime.pdf
Ein Zitat von dieser Seite:
| Es ist meines Erachtens dringend geboten, die im Entstehen
| begriffene Vereinigung [von islamischen Verbänden in
| Deutschland, U.G.] an die Bringschuld der hier lebenden
| Muslime zu erinnern, nämlich bereit und fähig zur Aufnahme
| in die pluralistische Mehrheitsgesellschaft zu werden. Diese
| Bringschuld läßt sich nur einlösen, indem man sich einer
| historisierenden Auslegung der islamischen Heilsbotschaft
| öffnet, die, wie gezeigt, anderswo schon lebhaft diskutiert wird.
Eine von den historischen Zusammenhängen abgelöste Auslegung des Korans
finde ich eher bei Christen und Islamhassern, weniger aber bei Muslimen.
Ich hänge mal ein paar Auszüge von Nachrichtenmeldungen an:
Nov 02
Scheich Mohammed Tantawi aus Kairo, einer der führenden Geistlichen des
Islam, rechtfertigt die Selbstmordattentate von Palästinensern als
Märtyrertum, selbst der Tod von Kindern sei dafür in Kauf zu nehmen.
Kizilkaya: Was Scheich Tantawi sagt, ist in keiner Weise für alle Muslime
verbindlich.
Rolf Koppe: Ich bin erschüttert über seine theologische Legitimation von
Terror.
Tibi: ... und sie steht im Gegensatz zum sunnitischen Islam, der Selbstmord
verbietet.
Kizilkaya: Wir Muslime in Deutschland haben unsere eigenen Institutionen
aufgebaut und bestimmen unter Berücksichtigung unserer hiesigen
Lebenssituation unsere Werte selbst.
[EZ]
Juni 03
In Nigeria würde von den europäischen Muslimen eine Einmischung
gefordert, in Palästina sei sie unerwünscht, brachte Nadeem Elyas,
Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland, das Unbehagen
sinngemäß auf den Punkt - berichtete aber auch, dass sein Zentralrat
islamische Organisationen angeschrieben und sie um Intervention im Fall
der Nigerianerin Amina Lawal gebeten habe.
http://derstandard.at/?id=1331861
(leider nur mit Anmeldung)
Dez 03
Die Distanzierung ist eindeutig. "Antisemitismus ist mit dem Islam nicht
vereinbar", sagen Nadeem Elyas und Ali Kizilkaya einhellig. Die
Vorsitzenden von zwei der größten islamischen Interessenverbände in
Deutschland hat eine Studie der Wiener EU-Beobachtungsstelle für Rassismus
aufgeschreckt, die für den wachsenden Antisemitismus in Europa nicht
zuletzt junge Moslems und radikale Islamisten verantwortlich macht. Elyas
und Kizilkaya fürchten eine Zunahme des Antiislamismus im Sog der
Untersuchung. Zugleich mühen sie sich nach innen um Abgrenzung von
antijüdischen Positionen. Kein leichtes Geschäft.
Elyas etwa, der dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) vorsteht,
räumt ein, dass antijüdisches Gedankengut in arabisch-islamischen Kreisen
"latent schon immer präsent war". Der ZMD vertritt etwa 500
Moscheegemeinden und hat 19 Mitgliedsorganisationen - auch mehrere mit
arabischem Hintergrund, die der Nahostkonflikt besonders umtreibt. Kritik
an der Politik von Israels Regierung müsse erlaubt sein, sagt Elyas im
FR-Gespräch, "aber nicht pauschalisierende Vorwürfe gegen ,die Juden' ".
Gegen judenfeindliche Äußerungen etwa in Freitagsgebeten sei der Zentralrat
wiederholt vorgegangen.
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/deutschland/?cnt=
353072
http://f1.parsimony.net/forum1257/messages/32158.htm
Dez 03
Elyas: Wir haben die Charta nicht herausgebracht, damit man ewig darüber
redet. Sondern wir wollten, dass aus dieser unserer definierten Haltung
Konsequenzen gezogen werden. Wir erwarten, dass das Gespräch mit uns auf
der Grundlage unseres Bekenntnisses zum Grundgesetz geführt wird; da hat
die Charta doch schon einiges bewirkt. Jedes Gespräch, das unterhalb dieser
Basis geführt wird, lehnen wir ab. Wir wollen nicht mehr darüber
diskutieren, ob wir das Grundgesetz akzeptieren oder nicht, das ist für uns
eine Selbstverständlichkeit.
[http://www.welt.de/data/2003/12/23/214991.html?prx=1 ]
Juni 04
Ridvan Cakir, Vorsitzender der größten islamischen Organisation
Deutschlands (DITIB), erklärt in der ZEIT, seine Organisation werde jede
Entscheidung des Staates in Fragen des Kopftuchs akzeptieren. Das Gebot an
die Frauen, die Haare zu bedecken, sei "nur eine von vielen Vorschriften.
Man ist frei, ihr zu folgen. Das Kopftuch ist kein Symbol des Islam,
weshalb eine Frau auch dann eine gläubige Frau ist, wenn sie keines trägt."
Die DITIB vertritt nach eigenen Angaben rund 60 Prozent der mehr als 3
Millionen Muslime in Deutschland. Cakir gab zum ersten Mal einer deutschen
Zeitung ein Interview. Cakir spricht sich für einen Islam "fernab aller
politischen Ideologien" aus.
[ZEIT
vgl. http://www.presseportal.de/story.htx?nr=562157&firmaid=9377]
Jan 05
Muhammad Kalisch ...
Der Studiengang ist auf sechs Semester angelegt und relativ vollgepackt.
Wir erwarten, daß die arabische Sprache in einem Mindestmaß erlernt wird.
Dann werden wir islamisches Recht, Rechtsmethodik, Theologie, Philosophie,
Mystik erarbeiten. Die einzelnen Rechtsgebiete und die Methodik in ihrer
historischen Entwicklung und in aktuellen Debatten werden eine große Rolle
spielen. Dasselbe gilt für den gesamten Bereich der Theologie, Philosophie,
Mystik. Beim Recht geht es insbesondere darum, eine grundgesetzkonforme
Auslegung zu bieten. Hinzu kommen allgemeine universitäre Fragen,
wissenschaftliches Arbeiten, speziell islamwissenschaftliches Arbeiten,
historischer Überblick. Im fortgeschrittenen Studium werden wir
Religionspädagogen hinzunehmen, die die Unterrichtsdidaktik vermitteln. Wir
hoffen, daß der Studiengang auf längere Sicht zu einem zweiten Hauptfach
weiterentwickelt werden kann.
...
Alle traditionellen islamischen Schulen sagen, daß ein Abtrünniger
hingerichtet werden muß, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist
bereut. Viele Muslime in traditionellen Ländern fordern, daß das als
Rechtsprechung eingeführt wird. Aber seit mehreren Jahrzehnten wird unter
islamischen Juristen auch darüber diskutiert, ob diese traditionelle
Ansicht eigentlich richtig ist - und ob sie zwangsläufig ist. Im Koran
steht nichts darüber; es wird mit bestimmten Traditionen begründet, die auf
den Propheten zurückgehen.
Aber sind diese Traditionen authentisch? Traditionalisten sagen, darüber
gibt es keinen Zweifel und keine Diskussionen. Aber unter dem Dach einer
deutschen Universität besteht die Freiheit, danach zu fragen, hier gibt es
keine Tabus. Man kann historisch-kritisch herangehen und fragen, ob der
Prophet das wirklich gesagt hat und ob es nicht im Widerspruch zum Koran
steht. Man muß auch generell die Frage nach der Flexibilität des
islamischen Rechts stellen: etwa inwieweit eine bestimmte Rechtsmethodik im
Umgang mit den Quellen einen bestimmten Zeitgeist reflektiert.
Ein anderes Beispiel: Für fast alle Muslime ist der Exodus eine historische
Tatsache, weil der Koran ihn erwähnt. In der heutigen alttestamentlichen
Wissenschaft ist es dagegen keine Frage, daß er so nicht stattgefunden hat
oder sogar nur eine symbolische Erzählung ist. Für viele Muslime ist das
eine Ungeheuerlichkeit, die einem Austritt aus dem Islam gleichkäme. Man
kann sich persönlich dazu unterschiedlich verhalten, etwa indem man fragt,
was die Offenbarung eigentlich mitteilen will und sie
symbolisch-allegorisch interpretiert. Oder man betrachtet die Erkenntnisse
der Archäologie und der historisch-kritischen Forschung als irrelevant für
den persönlichen Glauben. Letzteres tun auch manche Christen, nehmen Sie
den Ansatz von Karl Barth oder der Evangelikalen.
Aber ein Universitätstheologe muß über solche Dinge kontrovers diskutieren,
allein schon wegen der archäologischen Erkenntnisse, die gegen den Exodus
sprechen. Sonst führen wir die theologischen Diskussionen des 15. oder 16.
Jahrhunderts, als es diese Erkenntnisse noch nicht gab. Es gibt keinen
sakrosankten Bereich, den man akademisch nicht antasten dürfte.
http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E42CF98A4D0024
819A6D7F8419FCAB419~ATpl~Ecommon~Scontent.html#top
Faszit: Die Bringschuld ist längst beglichen, zumindest von den maßgebenden
Vertretern der Muslime in unserem Land. Die Frage lautet für mich: Warum
nimmt es keiner zur Kenntnis?
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Mit freundlichen Grüßen, Ulf
E-Mail: Ulf <Punkt> Gerkan <at> gmx <Punkt> net
http://home.arcor.de/gerkan/index.htm