Post by Dennis GrevensteinUm hier fair zu sein, werden Trends wie der "reversed Flynn effect"
auf die Allgemeinbevölkerung bezogen und studentische samples sind
natürlich keine Allgemeinbevölkerung, sondern allgemein mit mehr
Intelligenz versorgt.
Zum Thema Studenten bzw. Akademiker fallen mir ein paar Sachen ein:
- Der Anteil der Abiturienten an der Gesamtschülerzahl stieg ab den
frühen 1970er Jahren (das hing mit der Verräterpartei in Bonn zusammen,
AFAIR) kontinuierlich an. Der Anstieg dieses Anteils war allerdings
nicht durch die entsprechende IQ-Zunahme gedeckt.
- Die Anforderungen in den Abituraufgaben sanken kontinuierlich. Das
gilt natürlich nur für die Fächer, in denen eine Vergleichbarkeit
möglich ist, also tendentiell die heute MINT genannten. Konkret:
Mathe-Abituraufgaben der frühen 1970er waren selbst für Leistungskurs
Mathe um 1980 bereits ziemlich schwer. Die heutigen Abiturienten wären
dagegen nicht mal ansatzweise in der Lage das 1980er Abitur zu schaffen.
Und das liegt nicht nur an G8.
- Die Folge: Die Hochschulen beginnen heute mit Stoff, der vor 40Jahren
Bestandteil des (deutschen) Abiturs war.
- Studenten aus anderen Bildungssystemen absolvierten vor 40Jahren ein
oder zwei Vorsemester, damit nicht nur sprachlich alles klappte, sondern
auch das Niveau des deutschen Abitur erreicht wurde. Heute bräuchten
deutsche Abiturienten ebenso aus sprachlichen wie aus thematischen
Gründen solche Vorsemester. Also beginnen die Hochschulen auf anderem
Niveau. Und das zieht sich als Zeitverlust durch das gesamte Studium
durch. Über Bachelor/Master im Vergleich zu Diplom verliere ich besser
keine Worte, weil ich sonst vielleicht Sarrazin zitieren würde ...
- Heute studieren ungefähr 50% aller Schulabgänger AFAIK. Und das liegt
auch an der Verlagerung von Ausbildungsangeboten von der Industrie zum
Staat. Das spart der Industrie enorm Kosten und "sozialisiert" diese.
Das geht natürlich nur wg. ausreichend niederen Anforderungen.
Aus https://de.wikipedia.org/wiki/Flynn-Effekt ein paar markante Zitate:
"So sinke nach 10 Jahren Exposition mit Privatfernsehen der IQ um 1,8
Punkte." [1]
"Ein weiterer Faktor könne Immigration sein. So zeigen niederländische
Daten, dass Kinder von Immigranten schlechter bei Intelligenztests
abschneiden als ethnisch niederländische Kinder"
"2017 revidierte Flynn seine Aussagen und stellte ein Sinken des IQ in
vielen westlichen Ländern fest, nachdem er erneut Daten aus
verschiedenen Ländern gesammelt hatte. Er führte das auf das
"Verschwinden anspruchsvoller Bücher" zurück. Dieser Umstand wirke sich
negativ auf das logische Denken aus."
Der Herr Flynn könnte sich ggf. noch ein paar Gedanken zum heutigen
Einfluß von Facebook, Instagramm, Youtube [2] u.ä. machen.
Fazit: Ein Vergleich zwischen Gesamtbevölkerung und Akademikern ist über
die Zeit nicht trivial möglich. Der Abstand dürfte allerdings nicht mehr
sehr groß sein.
Post by Dennis GrevensteinUm einen schönen reversed Flynn effect signifikant
zu bekommen, muss man z.B. das Alter der Personen und die Art des
samples (studentisch vs. allgemein vs. mixed) statistisch kontrollieren,
sonst kommt da nichts brauchbares raus.
ACK
Gruß, Ralf
[1] Der Unterschied zum haushaltszwangsabgabenfinanzierten Fernsehen
dürfte gering ausfallen, IMHO.
<www.ralf-kiefer.de/TEMP/Zeiten.JPG>
[2] Wenn ich mir z.B. den Youtube-Held "Rezo Lol Ey" anschaue und
bedenke, welchen Einfluß der mit seiner Darstellung sogar auf
Wahlergebnisse hat, wird's mir übel. Dabei meine ich ausdrücklich nicht
seine Ziele und Inhalte (denen ich teilweise ausdrücklich zustimme),
sondern die Form.