Discussion:
...kleiner Fisch
(zu alt für eine Antwort)
Bernd Schwegmann
2017-09-06 10:43:10 UTC
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aus der NZZ von heute:

Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?

https://www.nzz.ch/doppelbuerger-werden-fuer-banken-zum-risiko-1.18155809

Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.

Ja, nein oder anything goes?


BS+
H.-P. Schulz
2017-09-06 12:18:54 UTC
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Post by Bernd Schwegmann
Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?
https://www.nzz.ch/doppelbuerger-werden-fuer-banken-zum-risiko-1.18155809
Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.
Ja, nein oder anything goes?
Entweder: Er bezeichnet sich als (einen) kleinen Fisch.
Oder: Er bezeichnet sich als "Kleiner Fisch".

So unterscheide ich die Fall-Fälle.
Martin Gerdes
2017-09-06 17:32:47 UTC
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Post by H.-P. Schulz
Post by Bernd Schwegmann
Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?
https://www.nzz.ch/doppelbuerger-werden-fuer-banken-zum-risiko-1.18155809
Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.
Ja, nein oder anything goes?
a) ja b) anything goes, das liest man ja.
Post by H.-P. Schulz
Entweder: Er bezeichnet sich als (einen) kleinen Fisch.
Oder: Er bezeichnet sich als "Kleiner Fisch".
... wobei man, wie heute üblich, Adjektive großschreibt. Sind wir nicht
alle ein bißchen Wikipedia?
H.-P. Schulz
2017-09-06 19:01:49 UTC
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Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
Entweder: Er bezeichnet sich als (einen) kleinen Fisch.
Oder: Er bezeichnet sich als "Kleiner Fisch".
... wobei man, wie heute üblich, Adjektive großschreibt. Sind wir nicht
alle ein bißchen Wikipedia?
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
geschrieben, oder?
Martin Gerdes
2017-09-08 23:30:03 UTC
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Post by H.-P. Schulz
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
Entweder: Er bezeichnet sich als (einen) kleinen Fisch.
Oder: Er bezeichnet sich als "Kleiner Fisch".
... wobei man, wie heute üblich, Adjektive großschreibt. Sind wir nicht
alle ein bißchen Wikipedia?
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
geschrieben, oder?
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
Helmut Richter
2017-09-09 08:37:52 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
geschrieben, oder?
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------

... ist eine Marotte der Wikipedia.
--
Helmut Richter
U***@web.de
2017-09-09 09:05:17 UTC
Permalink
Moin,
Post by Helmut Richter
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
Die haben es womöglich von angelsächsischen
Zeitungsleuten, wobei die Partikeln dann
doch klein schreiben, vgl. http://nymag.com/daily/intelligencer/2016/02/bring-welfare-back.html

Gruß, ULF
Detlef Meißner
2017-09-09 09:11:10 UTC
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Post by U***@web.de
Moin,
Post by Helmut Richter
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
Die haben es womöglich von angelsächsischen
Zeitungsleuten, wobei die Partikeln dann
doch klein schreiben, vgl. http://nymag.com/daily/intelligencer/2016/02/bring-welfare-back.html
Oder von den Titeln der Schallplatten.

"All You Need Is Love"
https://www.google.de/search?q=all+you+need+ist+love&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&dcr=0&ei=DbCzWfmALIa6ap-Qp9gE

Detlef
Helmut Richter
2017-09-09 09:35:31 UTC
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Post by U***@web.de
Post by Helmut Richter
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
Die haben es womöglich von angelsächsischen
Zeitungsleuten, [...]
Nein, ich meinte die Großschreibung des ersten Wortes der Überschrift,
auch wenn es kein Substantiv ist. Die ist m.W. überall üblich, wo es
Groß- und Kleinschreibung gibt. Auch in der Wikipedia, außer wenn das
Lemma Kleinschreibung erfordert (wie bei "pH-Wert").
--
Helmut Richter
Martin Gerdes
2017-09-09 22:35:15 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
^^^^^^^^^^^^^^^^
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
geschrieben, oder?
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
Die Großschreibung von (angeblich) festen Wendungen ist eine Marotte der
Wikipädianten. Einen "stellvertretenden Vorsitzenden" beispielsweise
mußt Du suchen unter all den Stellvertretenden Vorsitzenden.

Äh: Was sind "Proverbialen"?
H.-P. Schulz
2017-09-10 09:20:07 UTC
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Post by Martin Gerdes
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
^^^^^^^^^^^^^^^^
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
geschrieben, oder?
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
Die Großschreibung von (angeblich) festen Wendungen ist eine Marotte der
Wikipädianten. Einen "stellvertretenden Vorsitzenden" beispielsweise
mußt Du suchen unter all den Stellvertretenden Vorsitzenden.
Äh: Was sind "Proverbialen"?
Ohne n

Das ist eine ad hoc Erfindung von mir. Soll heißen: sprichwörtliche
oder allgemein sprichwörtlich aufgefasste Wendungen; auch aus Zitaten
"destillierte" Wendungen. Überwiegend dürfte sich das im Komischen,
Ironischen, also Uneigentlichen abspielen.

Porentief Rein, Richtige Männer, Rauf wie Runter, Falscher Fuffziger,
Verlorene Seele, engl. Silly Walks, Drei Grazien,

Das sind oft nur lokal, ja nur in einer Gruppe gebrauchte Wendungen.
Außerhalb meiner Erzählungsgruppe weiß doch kein Mensch, was z.B.
Unser Knüller meint.

In fast allen diesen Fällen geht natürlich auch Kleinschreibung an;
oder eben Anführungszeichen.

Ich finde, wo es sie nun mal gibt, sollten Großbuchstaben, sollte
Großschreibung ruhig kreativ eingestzt werden. Ich denke, solche
Kreativität ist im Ergebnis von schlichter Unkenntnis leicht und klar
unterscheidbar. Und wenn nicht, darf man mich auch gern für ungebildet
halten. Das halte ich aus, - und schließlich liegt man damit so doll
verkehrt auch nicht.
Helmut Richter
2017-09-10 09:54:18 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
^^^^^^^^^^^^^^^^
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
geschrieben, oder?
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
Die Großschreibung von (angeblich) festen Wendungen ist eine Marotte der
Wikipädianten. Einen "stellvertretenden Vorsitzenden" beispielsweise
mußt Du suchen unter all den Stellvertretenden Vorsitzenden.
So mühsam ist die Suche nicht: Volltextsuche in WP findet 91 unter den
ersten 100 Vorkommen von "stellvertretenden vorsitzenden". Bei den 9
tatsächlich großgeschriebenen sind vor allem -- aber nicht
ausschließlich -- Titel wie "Erster Stellvertretender Vorsitzender des
Ministerrats der UdSSR". Bei sowas nehme ich an, dass das nicht der
zufällig erste (nach welcher Ordnung auch immer) unter vielen ist, die
den Vorsitz auch stellvertretend übernehmen können, sondern dass das
ganze ein Titel ist, den man komplett haben oder nicht haben kann. Da
ist die Großschreibung vertretbar.
--
Helmut Richter
JaWo
2017-09-10 11:51:01 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Die Großschreibung von (angeblich) festen Wendungen ist eine Marotte der
Wikipädianten.
nicht nur...
Post by Helmut Richter
So mühsam ist die Suche nicht: Volltextsuche in WP findet 91 unter den
ersten 100 Vorkommen von "stellvertretenden vorsitzenden". Bei den 9
tatsächlich großgeschriebenen sind vor allem -- aber nicht
ausschließlich -- Titel wie "Erster Stellvertretender Vorsitzender des
Ministerrats der UdSSR". Bei sowas nehme ich an, dass das nicht der
zufällig erste (nach welcher Ordnung auch immer) unter vielen ist, die
den Vorsitz auch stellvertretend übernehmen können, sondern dass das
ganze ein Titel ist, den man komplett haben oder nicht haben kann. Da
ist die Großschreibung vertretbar.
Das dürfte eine ehrfürchtige DDR-Großschreibung sein, die meistens das,
was vom großen Bruder kam, gerne prophylaktisch auch groß schrieb. Im
Normalfall jedoch nicht mal in der SU mit Majuskeln:
первые заместители и заместители председателя Совета Министров СССР

https://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%A1%D0%BE%D0%B2%D0%B5%D1%82_%D0%BC%D0%B8%D0%BD%D0%B8%D1%81%D1%82%D1%80%D0%BE%D0%B2_%D0%A1%D0%A1%D0%A1%D0%A0#.D0.A1.D0.BE.D1.81.D1.82.D0.B0.D0.B2
Manfred Hoß
2017-09-10 20:13:49 UTC
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Post by JaWo
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Die Großschreibung von (angeblich) festen Wendungen ist eine Marotte der
Wikipädianten.
nicht nur...
Post by Helmut Richter
So mühsam ist die Suche nicht: Volltextsuche in WP findet 91 unter den
ersten 100 Vorkommen von "stellvertretenden vorsitzenden". Bei den 9
tatsächlich großgeschriebenen sind vor allem -- aber nicht
ausschließlich -- Titel wie "Erster Stellvertretender Vorsitzender des
Ministerrats der UdSSR". Bei sowas nehme ich an, dass das nicht der
zufällig erste (nach welcher Ordnung auch immer) unter vielen ist, die
den Vorsitz auch stellvertretend übernehmen können, sondern dass das
ganze ein Titel ist, den man komplett haben oder nicht haben kann. Da
ist die Großschreibung vertretbar.
Das dürfte eine ehrfürchtige DDR-Großschreibung sein, die meistens das,
was vom großen Bruder kam, gerne prophylaktisch auch groß schrieb.
Das war nicht nötig, schließlich schrieb der Ost-Duden Folgendes vor:

"*stellvertretend;* /K 119:/ der stellvertretende Vorsitzende; /aber als/
/Teil eines Titels K 258:/ der Stellvertretende Ministerpräsident..."
(Quelle: Der Große Duden : Wörterbuch und Leitfaden der deutschen
Rechtschreibung. - 5., durchgesehende Auflage (der 18. Neubearbeitung). -
Leipzig : Bibliographisches Institut, 1989)

Gruß
Manfred.
JaWo
2017-09-11 08:05:14 UTC
Permalink
Post by Manfred Hoß
Post by JaWo
Post by Helmut Richter
So mühsam ist die Suche nicht: Volltextsuche in WP findet 91 unter den
ersten 100 Vorkommen von "stellvertretenden vorsitzenden". Bei den 9
tatsächlich großgeschriebenen sind vor allem -- aber nicht
ausschließlich -- Titel wie "Erster Stellvertretender Vorsitzender des
Ministerrats der UdSSR".
Das dürfte eine ehrfürchtige DDR-Großschreibung sein, die meistens das,
was vom großen Bruder kam, gerne prophylaktisch auch groß schrieb.
"*stellvertretend;* /K 119:/ der stellvertretende Vorsitzende; /aber als/
/Teil eines Titels K 258:/ der Stellvertretende Ministerpräsident..."
Die Bezeichnung "Erster Stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats
der UdSSR" zeigt ferner beispielhaft, wie stark das russische Vorbild
das DDR-Deutsch (v.a. der Medien) beeinflusst hat. Hier dominiert
auffallend der Nominalstil mit vielen Substantivierungen und
aneinandergereihten Genitivketten, eine klare Übernahme des russischen
Strukturmodells in diesem Bereich der Syntax.
Ein Beispiel: "Hannelore P. ...Elektrikerin in der Volkswerft Stralsund,
Mitglied der Kreisleitung Stralsund der SED, Mitglied der Zentralen
FDJ-Leitung der Werft, Bezirkstagsabgeordnete, Trägerin der
Artur-Becker-Medaille in Bronze und Gold, Mitglied eines Kollektivs
der DSF.", usw.usf.

Auch auf den Wortschatz war der Einfluss des Russischen nicht unerheblich,
auch bei uns im Westen bekannte Beispiele dafür waren Sputnik,
Natschalnik und Subbotnik. Häufig waren da auch indirekte Entlehnungen
wie Lehnübersetzungen (Fünfjahrplan, Haus des Kindes, Haus des Volkes).
U***@web.de
2017-09-11 12:24:42 UTC
Permalink
Moin,
Post by JaWo
Die Bezeichnung "Erster Stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats
der UdSSR" zeigt ferner beispielhaft, wie stark das russische Vorbild
das DDR-Deutsch (v.a. der Medien) beeinflusst hat. Hier dominiert
auffallend der Nominalstil mit vielen Substantivierungen und
aneinandergereihten Genitivketten, eine klare Übernahme des russischen
Strukturmodells in diesem Bereich der Syntax.
Die Sofjets machten es einem aber auch nicht gerade einfach.

Für eine Immatrikulation an einer deutschen Uni
hatte ich einst "Ордена Ленина Государственный университет
имени Ленинского Комсомола"

zu übersetzen...

Gruß, ULF
JaWo
2017-09-12 06:18:31 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by JaWo
Die Bezeichnung "Erster Stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats
der UdSSR" zeigt ferner beispielhaft, wie stark das russische Vorbild
das DDR-Deutsch (v.a. der Medien) beeinflusst hat. Hier dominiert
auffallend der Nominalstil mit vielen Substantivierungen und
aneinandergereihten Genitivketten, eine klare Übernahme des russischen
Strukturmodells in diesem Bereich der Syntax.
Die Sofjets machten es einem aber auch nicht gerade einfach.
Für eine Immatrikulation an einer deutschen Uni
hatte ich einst "Ордена Ленина Государственный университет
имени Ленинского Комсомола"
zu übersetzen...
Das war die 'Auszeichnung' der Uni in Voronež.

Die Etymologie des Namens, die von dem damals in Oxford tätigen
Friedrich M. Müller 'gefunden' wurde:
https://de.wikipedia.org/wiki/Woronesch#Etymologie
erscheint einem aber doch ziemlich abenteuerlich.
x***@gmail.com
2017-09-11 19:08:12 UTC
Permalink
Post by JaWo
Die Bezeichnung "Erster Stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats
der UdSSR" zeigt ferner beispielhaft, wie stark das russische Vorbild
das DDR-Deutsch (v.a. der Medien) beeinflusst hat. Hier dominiert
auffallend der Nominalstil mit vielen Substantivierungen und
aneinandergereihten Genitivketten, eine klare Übernahme des russischen
Strukturmodells in diesem Bereich der Syntax.
Ein Beispiel: "Hannelore P. ...Elektrikerin in der Volkswerft Stralsund,
Mitglied der Kreisleitung Stralsund der SED, Mitglied der Zentralen
FDJ-Leitung der Werft, Bezirkstagsabgeordnete, Trägerin der
Artur-Becker-Medaille in Bronze und Gold, Mitglied eines Kollektivs
der DSF.", usw.usf.
"Kellektiv der DSF" gab's meinem Erinnern nach nicht, nur "K. d.
sozialistischen Arbeit".
Post by JaWo
Auch auf den Wortschatz war der Einfluss des Russischen nicht unerheblich,
auch bei uns im Westen bekannte Beispiele dafür waren Sputnik,
Natschalnik und Subbotnik. Häufig waren da auch indirekte Entlehnungen
wie Lehnübersetzungen (Fünfjahrplan, Haus des Kindes, Haus des Volkes).
Natschalnik hat keen Mensch jesacht, Datsche nur sehr selten -
Freitag tun wa uff Grundstück fahn, wa.
Allgemeiner Beliebtheit erfreute sich die Soljanka, mit einem
Klecks saurer Sahne, so verfügbar.
Öfter gehört: Prassnik, von russ. prasdnik, was Feiertag bedeutet.
Ej, Alta, Sonnabend mach'n wa Prassnik - bedeutete Grillabend
uff Grundstück mit Fressen und Sauffen über die Maßen.

FR
Manfred Hoß
2017-09-11 19:53:06 UTC
Permalink
Post by x***@gmail.com
Post by JaWo
Die Bezeichnung "Erster Stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats
der UdSSR" zeigt ferner beispielhaft, wie stark das russische Vorbild
das DDR-Deutsch (v.a. der Medien) beeinflusst hat. Hier dominiert
auffallend der Nominalstil mit vielen Substantivierungen und
aneinandergereihten Genitivketten, eine klare Übernahme des russischen
Strukturmodells in diesem Bereich der Syntax.
Ein Beispiel: "Hannelore P. ...Elektrikerin in der Volkswerft Stralsund,
Mitglied der Kreisleitung Stralsund der SED, Mitglied der Zentralen
FDJ-Leitung der Werft, Bezirkstagsabgeordnete, Trägerin der
Artur-Becker-Medaille in Bronze und Gold, Mitglied eines Kollektivs
der DSF.", usw.usf.
"Kellektiv der DSF" gab's meinem Erinnern nach nicht, nur "K. d.
sozialistischen Arbeit".
Birgit Wolfs Wörterbuch "Sprache in der DDR" kennt ein "Kollektiv der
deutsch-sowjetischen Freundschaft".

Gruß
Manfred.
Frank Hucklenbroich
2017-09-12 06:19:21 UTC
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Post by JaWo
Auch auf den Wortschatz war der Einfluss des Russischen nicht unerheblich,
auch bei uns im Westen bekannte Beispiele dafür waren Sputnik,
Natschalnik und Subbotnik.
Wo im Westen hat man denn sowas gesagt? Den Sputnik kannte man ja noch,
aber die anderen Ausdrücke waren mir bis nach der Wiedervereinigung
gänzlich unbekannt. Möglicherweise war das in Berlin anders.

Grüße,

Frank
Martin Gerdes
2017-09-10 21:36:29 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Die Großschreibung von (angeblich) festen Wendungen ist eine Marotte der
Wikipädianten. Einen "stellvertretenden Vorsitzenden" beispielsweise
mußt Du suchen unter all den Stellvertretenden Vorsitzenden.
So mühsam ist die Suche nicht: Volltextsuche in WP findet 91 unter den
ersten 100 Vorkommen von "stellvertretenden vorsitzenden".
Manchmal macht erst die Überhöhung den Punkt.

Nach den Regeln der BRaZ schreibe man "seltene Erden" (kleines s). Schau
mal in der Unaussprechlichen nach, wie die Wipädianten die Wendung
schreiben.

PS: Unmäßige Großschreibung findet sich nicht nur in der Wikipädie,
sondern auch sonst an Vielen Stellen des Täglichen Lebens.
Helmut Richter
2017-09-11 08:11:25 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Die Großschreibung von (angeblich) festen Wendungen ist eine Marotte der
Wikipädianten. Einen "stellvertretenden Vorsitzenden" beispielsweise
mußt Du suchen unter all den Stellvertretenden Vorsitzenden.
So mühsam ist die Suche nicht: Volltextsuche in WP findet 91 unter den
ersten 100 Vorkommen von "stellvertretenden vorsitzenden".
Manchmal macht erst die Überhöhung den Punkt.
Nach den Regeln der BRaZ schreibe man "seltene Erden" (kleines s). Schau
mal in der Unaussprechlichen nach, wie die Wipädianten die Wendung
schreiben.
PS: Unmäßige Großschreibung findet sich nicht nur in der Wikipädie,
sondern auch sonst an Vielen Stellen des Täglichen Lebens.
In diesem speziellen Fall empfinde ich die BRaZ-Regelung, die
anscheinend gleichzeitig die Vor-BRaZ-Regelung ist, als unmäßige
Kleinschreibung, und nicht die naheliegende Großschreibung als unmäßig.
Ich halte das für einen ähnlichen Fall wie die "Erste Hilfe", die man
vor-BRaZ-mäßig groß geschrieben hat, anders als die "seltenen Erden".
Hinsichtlich dieser beiden Ausdrücke hat die BRaZ also eine gewisse
Vereinheitlichung gebracht, auch wenn sie der gefühlten -- aber nicht
wirklich enthaltenen -- Regel "alles immer groß" widerspricht.

Ich fühle mich allerdings weder der BRaZ noch der Wikipedia
verpflichtet. Mich wundert jedoch, dass sich dort klare BRaZ-Verstöße so
lange halten, und das bei der großen Anzahl Korinthenkacker, denen ich
mich auch nicht zugehörig fühle. Kurz: mir geht in solchen Fällen, in
denen es für beide Schreibungen gute Gründe gibt, die für korrekt
erklärte Schreibung am A.... vorbei, in der Wikipedia und sonstwo.
--
Helmut Richter
Martin Gerdes
2017-09-11 20:43:48 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
PS: Unmäßige Großschreibung findet sich nicht nur in der Wikipädie,
sondern auch sonst an Vielen Stellen des Täglichen Lebens.
In diesem speziellen Fall empfinde ich die BRaZ-Regelung, die
anscheinend gleichzeitig die Vor-BRaZ-Regelung ist, als unmäßige
Kleinschreibung, und nicht die naheliegende Großschreibung als unmäßig.
Das Ziel der BRaZzler war: Kleinschreibung aller Adjektive.

Das konnte der gut katholische bayrische Kultusminister Zehetmair
natürlich nicht zulassen, hätte man nach dieser Regel den Heiligen Vater
als heiligen Vater geschrieben. Nit möööööchlich!

Zehetmair hat die (regelwidrige) Großschreibung solcher Begriffe
durchgesetzt, seitdem proliferiert sie ungehemmt.
Post by Helmut Richter
Ich halte das für einen ähnlichen Fall wie die "Erste Hilfe", die man
vor-BRaZ-mäßig groß geschrieben hat, anders als die "seltenen Erden".
Hinsichtlich dieser beiden Ausdrücke hat die BRaZ also eine gewisse
Vereinheitlichung gebracht,
Welche denn?
Post by Helmut Richter
auch wenn sie der gefühlten -- aber nicht
wirklich enthaltenen -- Regel "alles immer groß" widerspricht.
Nach dem aktuellen Regelwerk schreibe man "Erste Hilfe" (groß) und
"seltene Erden" (klein).
Post by Helmut Richter
Ich fühle mich allerdings weder der BRaZ noch der Wikipedia
verpflichtet. Mich wundert jedoch, dass sich dort klare BRaZ-Verstöße so
lange halten, und das bei der großen Anzahl Korinthenkacker, denen ich
mich auch nicht zugehörig fühle.
Neulich ist mir mal wieder ein BRaZ-widriges ß aufgefallen, und das nach
all den Jahren! Offensichtlich sind die Rechtschreibwikipädianten
weniger konsequent (und/oder schlagkräftig) als z.B. die
Chemiewikipädianten ("Estrogen", "Ether", "Cobalt", "Bismut",
"Silicium").
Ralf Joerres
2017-09-11 09:58:16 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
geschrieben, oder?
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
... und nennt sich gelegentlich Wikicase / Wiki Case / WikiCase:
http://wiki.c2.com/?WikiCase

gelegentlich auch CamelCase: http://wiki.c2.com/?CamelCase

Ralf Joerres
Helmut Richter
2017-09-11 10:33:48 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
geschrieben, oder?
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
http://wiki.c2.com/?WikiCase
gelegentlich auch CamelCase: http://wiki.c2.com/?CamelCase
Nein, CamelCase ist etwas anderes. Hier gings um groß geschriebene
Adjektive in feststehenden Wendungen, bei denen nicht jeder WP-Autor
anhand der Wörterliste zur AR überprüft, welche davon zu Recht groß
geschrieben werden. Wenns jemanden stört -- mich wie gesagt nicht -- ist
er frei, das zu ändern und bei der Änderung auf den entsprechenden
Paragraphen der AR hinzuweisen, statt sich hier über die WP lustig zu
machen, weil sie nur 91 statt 100 Prozent klein geschriebene
stellvertretende Vorsitzende aufweist.
--
Helmut Richter
Ralf Joerres
2017-09-11 11:07:46 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Ralf Joerres
Post by Helmut Richter
Post by Martin Gerdes
Post by H.-P. Schulz
In festen Wendungen, Proverbialen u.ä. wird doch m.W. alles groß
geschrieben, oder?
Hier gehts aber um Überschriften.
Post by Martin Gerdes
Klar. Und Im Grunde Ist Doch Alles Irgendwie Feste Wendung, Oder?
die Großschreibung von Überschriften
------------------------------------
... ist eine Marotte der Wikipedia.
http://wiki.c2.com/?WikiCase
gelegentlich auch CamelCase: http://wiki.c2.com/?CamelCase
Nein, CamelCase ist etwas anderes. Hier gings um groß geschriebene
Adjektive in feststehenden Wendungen, bei denen nicht jeder WP-Autor
anhand der Wörterliste zur AR überprüft, welche davon zu Recht groß
geschrieben werden. Wenns jemanden stört -- mich wie gesagt nicht -- ist
er frei, das zu ändern und bei der Änderung auf den entsprechenden
Paragraphen der AR hinzuweisen, statt sich hier über die WP lustig zu
machen, weil sie nur 91 statt 100 Prozent klein geschriebene
stellvertretende Vorsitzende aufweist.
Mag sein, dass man auch da noch feiner unterscheiden kann. Ich hatte
bislang jegliche irritierende Großschreibung in Fällen, in denen
ich Kleinschreibung erwartet hätte, schlagworthaft und mit polemischem
Unterton, den Du ja auch monierst, unter 'WikiCase' subsumiert, was
aber nicht großartig verbreitet zu sein scheint.
Z.B. war ich in Wikipedia mal auf folgenden Satz gestoßen:
"Unter Schlagworten wie Rechtsextremismus und Esoterik, Rechte Esoterik,
Braune Esoterik oder Völkische Esoterik werden gelegentliche Bezüge und
Überlappungen zwischen esoterischen und rechtsextremen Strömungen diskutiert."
( https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsextremismus_und_Esoterik )

Keine Ahnung, auf welche Rechtschreibregel auch immer diese Schreib-
weise zurückgeführt werden kann, aber das Thema an sich ist in diesem
Fall für sich allein genommen bereits dermaßen abstrus, dass ich keine
Veranlassung habe, dem nachzugehen.

Gruß Ralf Joerres
Martin Gerdes
2017-09-11 20:43:49 UTC
Permalink
Hier gings um groß geschriebene Adjektive in feststehenden
Wendungen, bei denen nicht jeder WP-Autor anhand der Wörterliste
zur AR überprüft, welche davon zu Recht groß geschrieben werden.
Wenns jemanden stört -- mich wie gesagt nicht -- ist er frei, das
zu ändern und bei der Änderung auf den entsprechenden Paragraphen
der AR hinzuweisen, statt sich hier über die WP lustig zu
machen, weil sie nur 91 statt 100 Prozent klein geschriebene
stellvertretende Vorsitzende aufweist.
Im Fall der "seltenen Erden" haben schon mehrere Leute* versucht, die
BRaZ-gerechte Kleinschreibung in die Wikipädie hineinzukorrigieren,
allerdings vergeblich.

*ich übrigens nicht.
Christian Weisgerber
2017-09-06 19:31:40 UTC
Permalink
Post by Bernd Schwegmann
Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?
Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.
| Bei _sich bezeichnen als_ steht der dem _als_ folgende Nominalausdruck
| gewöhnlich im Nominativ, d.h., er wird auf das Subjekt bezogen:
| Er bezeichnete sich als der Retter der Kinder. Der Akkusativ (Er
| bezeichnete sich als den Retter...) ist seltener.

Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 7. Auflage, 2011.
--
Christian "naddy" Weisgerber ***@mips.inka.de
Martin Gerdes
2017-09-08 23:30:14 UTC
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Post by Christian Weisgerber
Post by Bernd Schwegmann
Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?
Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.
| Bei _sich bezeichnen als_ steht der dem _als_ folgende Nominalausdruck
| Er bezeichnete sich als der Retter der Kinder. Der Akkusativ (Er
| bezeichnete sich als den Retter...) ist seltener.
Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 7. Auflage, 2011.
Na ja.

Für idiomatisch halte ich den Satz: "Er bezeichnete sich als Retter der
Kinder." -- und da läßt sich nicht bestimmen, ob "Retter" Nominativ oder
Akkusativ ist.

Würdest Du in diesem Satz den Artikel setzen? (Wenn ich ihn setzen
würde, würde ich "den" setzen, etwa: "... den besten Freund der
Kinder.")
Ralf Joerres
2017-09-11 10:37:27 UTC
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Post by Christian Weisgerber
Post by Bernd Schwegmann
Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?
Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.
| Bei _sich bezeichnen als_ steht der dem _als_ folgende Nominalausdruck
| Er bezeichnete sich als der Retter der Kinder. Der Akkusativ (Er
| bezeichnete sich als den Retter...) ist seltener.
Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 7. Auflage, 2011.
Merkwürdig, ich hätte gedacht, dass die Kasusverteilung beim
reflexiven 'Gebrauch' der Rektion des nicht-reflexiv verwendeten
Verbs entspricht (?... bezeichnete mich als Idiot; für mich besser:
als Idioten). Noch deutlicher wird's vielleicht mit adjektivisch
zu deklinierenden Nomen: In der Ermittlungskommission bezeichnete
man den anonymen Hinweisgeber allgemein als 'großen Unbekannten'
(und eher nicht: ?als 'großer Unbekannter'). Die Duden-Einschätzung
erklärt sich vielleicht durch eine Parallelsetzung von 'sich
bezeichnen' mit 'heißen', die ich jedoch im vom Duden angegebenen
Beispiel für fraglich halte; dort würde ich 'sich bezeichnen'
eher als 'sich selbst nennen' auffassen, den 'Retter der Kinder'
also als klares Objektprädikativ.

Ralf Joerres
Heinz Lohmann
2017-09-12 02:06:02 UTC
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Post by Christian Weisgerber
Post by Bernd Schwegmann
Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?
Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.
| Bei _sich bezeichnen als_ steht der dem _als_ folgende Nominalausdruck
| Er bezeichnete sich als der Retter der Kinder. Der Akkusativ (Er
| bezeichnete sich als den Retter...) ist seltener.
Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 7. Auflage, 2011.
Ich tendiere auch eher zum Akkusativ, da "Retter der Kinder" direkt mit
"sich" zusammenhängt.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Christina Kunze
2017-09-12 05:35:10 UTC
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Post by Heinz Lohmann
Post by Christian Weisgerber
Post by Bernd Schwegmann
Warum dieses harte Vorgehen gegen einen harmlosen Kunden, der sich mit
einem Kontostand von rund 10 000 Fr. selbst als kleiner Fisch bezeichnet?
Meine "Schulweisheit" meinte sich zu erinnern, er müßte sich als kleinen
Fisch bezeichnen.
| Bei _sich bezeichnen als_ steht der dem _als_ folgende Nominalausdruck
| Er bezeichnete sich als der Retter der Kinder. Der Akkusativ (Er
| bezeichnete sich als den Retter...) ist seltener.
Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 7. Auflage, 2011.
Ich tendiere auch eher zum Akkusativ, da "Retter der Kinder" direkt mit
"sich" zusammenhängt.
Ich auch, vor allem wegen der Sonderrolle, die hier die reflexive
Verwendung bildet.
Zudem nur in der dritten Person, oder? "Du bezeichnest dich als der
Retter der Kinder" ist nicht vorgesehen.

Und wenn ich jemand anderen bezeichne, dann führt doch wohl am Akkusativ
kein Weg vorbei.

Wieso soll das Verb bezeichnen plötzlich einen anderen Kasus verlangen,
nur weil das Subjekt und die bezeichnete Person identisch ist und
außerdem in der dritten Person steht?

Mir scheint, der Fehler liegt darin, dass "sich bezeichen" als
reflexives Verb gesehen wird. Es ist aber nur ein transitives Verb mit
reflexiver Verwendung (falls das so richtig ausgedrückt ist).

chr
Gunhild Simon
2017-09-12 09:36:32 UTC
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Am Dienstag, 12. September 2017 07:35:15 UTC+2 schrieb Christina Kunze:
...
Wieso soll das Verb bezeichnen plötzlich einen anderen Kasus verlangen, ...
Ich finde hier zur Kennzeichnung des Infinitivs
ein "zu" erforderlich, um die grammatische
Konstruktion von einem substantivierten Verb
abzugrenzen.

Im Nachbarthread hat zwar H.P. Schulz einen
Infinitiv ohne "zu" für zulässig erklärt,
aber das finde ich in diesem Fall nicht
machbar.
... nur weil das Subjekt und die bezeichnete Person identisch ist und
außerdem in der dritten Person steht?
Mir scheint, der Fehler liegt darin, dass "sich bezeichen" als
reflexives Verb gesehen wird. Es ist aber nur ein transitives Verb mit
reflexiver Verwendung (falls das so richtig ausgedrückt ist).
Ich finde das so richtig.

Ich habe mich allerdings gefragt, ob reflexiver
Gebrauch nicht den Gebrauch eines transitiven
Verbs, oder seltener: den Gebrauch eines Verbs
mit Dativ-Objekt, nur den selbstbezüglichen
Aspekt eines Tuns ausdrückt.

- ich fordere dich heraus - ich fordere mich heraus
- ich vertraue dir - ich vertraue mir

Gruß
Gunhild
Christina Kunze
2017-09-12 10:31:37 UTC
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Post by Gunhild Simon
...
Wieso soll das Verb bezeichnen plötzlich einen anderen Kasus verlangen, ...
Ich finde hier zur Kennzeichnung des Infinitivs
ein "zu" erforderlich, um die grammatische
Konstruktion von einem substantivierten Verb
abzugrenzen.
Das verstehe ich nicht. So würde man doch nie sprechen (oder etwa doch?)
Zur Abgrenzung könnte ich mir eher Anführungszeichen vorstellen:

Wieso soll das Verb "bezeichnen" plötzlich einen anderen Kasus verlangen

Oder worauf hast Du Dich bezogen?
Post by Gunhild Simon
Mir scheint, der Fehler liegt darin, dass "sich bezeichen" als
reflexives Verb gesehen wird. Es ist aber nur ein transitives Verb mit
reflexiver Verwendung (falls das so richtig ausgedrückt ist).
Ich finde das so richtig.
Ich habe mich allerdings gefragt, ob reflexiver
Gebrauch nicht den Gebrauch eines transitiven
Verbs, oder seltener: den Gebrauch eines Verbs
mit Dativ-Objekt, nur den selbstbezüglichen
Aspekt eines Tuns ausdrückt.
Was ich meinte, war, dass es nicht ein "echtes" reflexives Verb ist wie
z.B. "sich freuen" - jemanden anders kann ich ja nicht freuen -, sondern
nur eine Konstruktion, in der das Akkusativobjekt mit dem Subjekt des
Satzes identisch ist.

chr
Gunhild Simon
2017-09-12 21:05:42 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
Post by Gunhild Simon
...
Wieso soll das Verb bezeichnen plötzlich einen anderen Kasus verlangen, ...
Ich finde hier zur Kennzeichnung des Infinitivs
ein "zu" erforderlich, um die grammatische
Konstruktion von einem substantivierten Verb
abzugrenzen.
Das verstehe ich nicht. So würde man doch nie sprechen (oder etwa doch?)
Wieso soll das Verb "bezeichnen" plötzlich einen anderen Kasus verlangen
Oder worauf hast Du Dich bezogen?
Ich sehe jetzt, daß ich dich mißverstanden habe.
Ich habe den Satz ohne gedachte Anführungsstriche
gelesen.Deshalb hat sich der Sinn verändert.
Post by Christina Kunze
Post by Gunhild Simon
Mir scheint, der Fehler liegt darin, dass "sich bezeichen" als
reflexives Verb gesehen wird. Es ist aber nur ein transitives Verb mit
reflexiver Verwendung (falls das so richtig ausgedrückt ist).
Ich finde das so richtig.
...
Post by Christina Kunze
Was ich meinte, war, dass es nicht ein "echtes" reflexives Verb ist wie
z.B. "sich freuen" - jemanden anders kann ich ja nicht freuen -, sondern
nur eine Konstruktion, in der das Akkusativobjekt mit dem Subjekt des
Satzes identisch ist.
Danke.
Darüber hatte ich nicht lange genug nachgedacht, und
es fielen mir keine passenden Verben ein, wie:
- sich ergeben
- sich übernehmen
- sich konzentrieren
- sich beeilen
- sich zusammennehmen
- sich verlassen auf
- sich kümmern um
- sich scheuen

Gruß
Gunhild

U***@web.de
2017-09-12 10:52:39 UTC
Permalink
Moin,
Post by Christina Kunze
Mir scheint, der Fehler liegt darin, dass "sich bezeichen" als
reflexives Verb gesehen wird. Es ist aber nur ein transitives Verb mit
reflexiver Verwendung (falls das so richtig ausgedrückt ist).
Da müßte man diskutieren, ob es auch bei historisierender
Betrachtung überhaupt aechte Reflexivverben gibt.

Freuen scheidet schon mal aus.

Gruß, ULF
JaWo
2017-09-12 13:31:43 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Christina Kunze
Mir scheint, der Fehler liegt darin, dass "sich bezeichen" als
reflexives Verb gesehen wird. Es ist aber nur ein transitives Verb mit
reflexiver Verwendung (falls das so richtig ausgedrückt ist).
Da müßte man diskutieren, ob es auch bei historisierender
Betrachtung überhaupt aechte Reflexivverben gibt.
Im Indogermanischen gab es die aechten wohl noch nicht sondern nach
Szemerényi
http://www.indogermanistik.uni-freiburg.de/seminar/historia.html
nur die Diathesen Aktiv - Medium. Und aus diesem Medium entwickeln
dann die Einzelsprachen ihre passiven, reflexiven, reziproken u.a. Formen.

Cf. auch K. H. Schmidt, Präteritum und Medio-Passiv, in: Sprache 9,
p. 14-20
Szemerényi, Einf. in die vergl. SprachWiss, p.213-25.
--
Omnem crede diem tibi diluxisse supremum.
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