Werner Holtfreter
2017-10-01 01:20:14 UTC
Hallo,
hier wie angekündigt der von mir per Foto, OCR und manueller
Nachbearbeitung erzeugte Text einer Mitteilung, die uns als
Mitglieder eines Briefwahlvorstandes übergeben wurde.
----------------------------------------------------------------
Ergänzende Information zu Wahlscheinen und Wahlbeobachtung
Sehr geehrte Wahlvorstände,
die Landeswahlleiterin bat darum, Sie über die u.a. Punkte zu
informieren. Wir bitten daher um Beachtung:
1. Es wurde bekannt, dass Personen mit beglaubigten Kopien von
Wahlscheinen wählen möchten. Dies ist unzulässig. Sollte ein
solcher Fall bekannt werden, ist der Wähler/Wahlbrief
zurückzuweisen und das Wahlbüro zu informieren.
2. Betreffend des angenommenen Rechts auf fotografische Aufnahme von
Wahlunterlagen gilt ergänzend folgendes:
- Das Recht auf Zutritt und Beobachtung umfasst schon vom Wortlaut
her grundsätzlich nicht das Recht auf fotografische Bildaufnahmen.
- Das Aufnehmen/Fotografieren vom Auszählen der Stimmen sowie das
gezielte Aufnehmen vieler Stimmzettel ist - auch unter dem
Gesichtspunkt der Geheimheit der Wahl - vom Wahlvorsteher
grundsätzlich zu untersagen.
- Weder das (L)Verwaltungsverfahrensgesetz noch das
(L)Informationsfreiheitsgesetz finden auf Wahlorgane Anwendung.
Dementsprechend haben Wahlbeobachter auch kein Recht darauf vom
Wahlvorstand eine Kopie oder ein Foto der Stimmzettel,
Wählerverzeichnisse oder der Niederschriften einschließlich der
Schnellmeldungen u. a. zu erhalten/zu machen.
- Die Bundeswahlordnung sieht nur eine mündliche Ergebnisverkündung
vor, die im Anschluss an die Ergebnisfeststellung erfolgt und damit
das Ende der Öffentlichkeit der Ergebnisfeststellung markiert
(§ 70 BWO).
- Erst im Anschluss daran erfolgt die Schnellmeldung nach § 71 BWO,
die sich somit außerhalb der öffentlichen Ergebnisermittlung
und -feststellung durch die Wahlvorstände vollzieht, was die
Erstellung der Schnellmeldung selbst einschließt.
- Die Wahlvorsteher haben darüber hinaus sicher zu stellen, dass die
Wahlniederschriften mit den Anlagen Unbefugten nicht zugänglich
sind (§ 72 Abs. 4 BWO).
Ihr Team vom Wahlbüro
----------------------------------------------------------------
Dieses Fotoverbot halte ich für eine rechtswidrige Verletzung des
Öffentlichkeitsprinzips der Wahlen und möchte das an den einzelnen
Punkten des Textes zeigen:
| Das Recht auf Zutritt und Beobachtung umfasst schon vom Wortlaut
| her grundsätzlich nicht das Recht auf fotografische Bildaufnahmen.
Das grundsätzlich Recht auf fotografische Bildaufnahmen ist durch
die allgemeine Handlungsfreiheit gegeben: Was nicht verboten ist,
ist erlaubt.
| Das Aufnehmen/Fotografieren vom Auszählen der Stimmen sowie das
| gezielte Aufnehmen vieler Stimmzettel ist - auch unter dem
| Gesichtspunkt der Geheimheit der Wahl - vom Wahlvorsteher
| grundsätzlich zu untersagen.
Weder die Aufnahme "vom Auszählen" noch von "vielen Stimmzetteln"
beeinträchtigt das Wahlgeheimnis, da die Stimmzettel keine Merkmale
enthalten, die auf den Wähler schließen lassen.
| Weder das (L)Verwaltungsverfahrensgesetz noch das
| (L)Informationsfreiheitsgesetz finden auf Wahlorgane Anwendung.
| Dementsprechend haben Wahlbeobachter auch kein Recht darauf vom
| Wahlvorstand eine Kopie oder ein Foto der Stimmzettel,
| Wählerverzeichnisse oder der Niederschriften einschließlich der
| Schnellmeldungen u. a. zu erhalten/zu machen.
Das Informationsfreiheitsgesetz muss nicht bemüht werden, wenn der
Vorgang und die Ergebnisse des Vorgangs per Gesetz öffentlich sind.
Lediglich ein Fotoverbot des Wählerverzeichnis und anderer
personenbezogener Unterlagen käme im Sinne des
Persönlichkeitsrechts in Frage. Andere Unterlagen, insbesondere die
Wahlniederschrift, unterliegen keiner Geheimhaltung.
| Die Bundeswahlordnung sieht nur eine mündliche Ergebnisverkündung
| vor, die im Anschluss an die Ergebnisfeststellung erfolgt und
| damit das Ende der Öffentlichkeit der Ergebnisfeststellung
| markiert (§ 70 BWO).
Der § 70 BWO sagt im Gegenteil, dass diese mündliche
Ergebnisverkündung erst erfolgen darf, wenn die Wahlniederschrift
gefertigt und unterzeichnet ist. Die Wahlniederschrift erfolgt
demnach noch im öffentlichen Teil der Ergebnisfeststellung.
| Die Wahlvorsteher haben darüber hinaus sicher zu stellen, dass die
| Wahlniederschriften mit den Anlagen Unbefugten nicht zugänglich
| sind (§ 72 Abs. 4 BWO).
Diese Vorschrift bezweckt offensichtlich die Sicherstellung der
Integrität der Unterlagen im Falle einer möglichen Wiederholung der
Auszählung und nicht ihre Geheimhaltung während der öffentlichen
Auszählung.
Sowohl die allgemeine Handlungsfreiheit wie insbesondere auch das
Öffentlichkeitsprinzip nach § 54 BWO erlauben Fotoaufnahmen, soweit
das Wahlgeheimnis und Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden,
was bei der Aufnahme von Stimmzetteln oder Niederschriften nicht
der Fall ist.
Im Übrigen gibt es zum Thema bereits ein Urteil, was sich zwar nur
auf eine IHK-Wahl bezieht, die Bundeswahlordnung aber als
Rechtsgrundlage aufgreift:
www.compact-online.de/bundes-und-landeswahlleiter-warnen-vor-wahlbeobachtung-ordnungsgemaesse-durchfuehrung-bedroht
Neben eurer juristischen Bewertung würde mich interessieren, was das
Motiv für das Fotoverbot sein könnte.
XPost --> de.soc.recht.misc
hier wie angekündigt der von mir per Foto, OCR und manueller
Nachbearbeitung erzeugte Text einer Mitteilung, die uns als
Mitglieder eines Briefwahlvorstandes übergeben wurde.
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Ergänzende Information zu Wahlscheinen und Wahlbeobachtung
Sehr geehrte Wahlvorstände,
die Landeswahlleiterin bat darum, Sie über die u.a. Punkte zu
informieren. Wir bitten daher um Beachtung:
1. Es wurde bekannt, dass Personen mit beglaubigten Kopien von
Wahlscheinen wählen möchten. Dies ist unzulässig. Sollte ein
solcher Fall bekannt werden, ist der Wähler/Wahlbrief
zurückzuweisen und das Wahlbüro zu informieren.
2. Betreffend des angenommenen Rechts auf fotografische Aufnahme von
Wahlunterlagen gilt ergänzend folgendes:
- Das Recht auf Zutritt und Beobachtung umfasst schon vom Wortlaut
her grundsätzlich nicht das Recht auf fotografische Bildaufnahmen.
- Das Aufnehmen/Fotografieren vom Auszählen der Stimmen sowie das
gezielte Aufnehmen vieler Stimmzettel ist - auch unter dem
Gesichtspunkt der Geheimheit der Wahl - vom Wahlvorsteher
grundsätzlich zu untersagen.
- Weder das (L)Verwaltungsverfahrensgesetz noch das
(L)Informationsfreiheitsgesetz finden auf Wahlorgane Anwendung.
Dementsprechend haben Wahlbeobachter auch kein Recht darauf vom
Wahlvorstand eine Kopie oder ein Foto der Stimmzettel,
Wählerverzeichnisse oder der Niederschriften einschließlich der
Schnellmeldungen u. a. zu erhalten/zu machen.
- Die Bundeswahlordnung sieht nur eine mündliche Ergebnisverkündung
vor, die im Anschluss an die Ergebnisfeststellung erfolgt und damit
das Ende der Öffentlichkeit der Ergebnisfeststellung markiert
(§ 70 BWO).
- Erst im Anschluss daran erfolgt die Schnellmeldung nach § 71 BWO,
die sich somit außerhalb der öffentlichen Ergebnisermittlung
und -feststellung durch die Wahlvorstände vollzieht, was die
Erstellung der Schnellmeldung selbst einschließt.
- Die Wahlvorsteher haben darüber hinaus sicher zu stellen, dass die
Wahlniederschriften mit den Anlagen Unbefugten nicht zugänglich
sind (§ 72 Abs. 4 BWO).
Ihr Team vom Wahlbüro
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Dieses Fotoverbot halte ich für eine rechtswidrige Verletzung des
Öffentlichkeitsprinzips der Wahlen und möchte das an den einzelnen
Punkten des Textes zeigen:
| Das Recht auf Zutritt und Beobachtung umfasst schon vom Wortlaut
| her grundsätzlich nicht das Recht auf fotografische Bildaufnahmen.
Das grundsätzlich Recht auf fotografische Bildaufnahmen ist durch
die allgemeine Handlungsfreiheit gegeben: Was nicht verboten ist,
ist erlaubt.
| Das Aufnehmen/Fotografieren vom Auszählen der Stimmen sowie das
| gezielte Aufnehmen vieler Stimmzettel ist - auch unter dem
| Gesichtspunkt der Geheimheit der Wahl - vom Wahlvorsteher
| grundsätzlich zu untersagen.
Weder die Aufnahme "vom Auszählen" noch von "vielen Stimmzetteln"
beeinträchtigt das Wahlgeheimnis, da die Stimmzettel keine Merkmale
enthalten, die auf den Wähler schließen lassen.
| Weder das (L)Verwaltungsverfahrensgesetz noch das
| (L)Informationsfreiheitsgesetz finden auf Wahlorgane Anwendung.
| Dementsprechend haben Wahlbeobachter auch kein Recht darauf vom
| Wahlvorstand eine Kopie oder ein Foto der Stimmzettel,
| Wählerverzeichnisse oder der Niederschriften einschließlich der
| Schnellmeldungen u. a. zu erhalten/zu machen.
Das Informationsfreiheitsgesetz muss nicht bemüht werden, wenn der
Vorgang und die Ergebnisse des Vorgangs per Gesetz öffentlich sind.
Lediglich ein Fotoverbot des Wählerverzeichnis und anderer
personenbezogener Unterlagen käme im Sinne des
Persönlichkeitsrechts in Frage. Andere Unterlagen, insbesondere die
Wahlniederschrift, unterliegen keiner Geheimhaltung.
| Die Bundeswahlordnung sieht nur eine mündliche Ergebnisverkündung
| vor, die im Anschluss an die Ergebnisfeststellung erfolgt und
| damit das Ende der Öffentlichkeit der Ergebnisfeststellung
| markiert (§ 70 BWO).
Der § 70 BWO sagt im Gegenteil, dass diese mündliche
Ergebnisverkündung erst erfolgen darf, wenn die Wahlniederschrift
gefertigt und unterzeichnet ist. Die Wahlniederschrift erfolgt
demnach noch im öffentlichen Teil der Ergebnisfeststellung.
| Die Wahlvorsteher haben darüber hinaus sicher zu stellen, dass die
| Wahlniederschriften mit den Anlagen Unbefugten nicht zugänglich
| sind (§ 72 Abs. 4 BWO).
Diese Vorschrift bezweckt offensichtlich die Sicherstellung der
Integrität der Unterlagen im Falle einer möglichen Wiederholung der
Auszählung und nicht ihre Geheimhaltung während der öffentlichen
Auszählung.
Sowohl die allgemeine Handlungsfreiheit wie insbesondere auch das
Öffentlichkeitsprinzip nach § 54 BWO erlauben Fotoaufnahmen, soweit
das Wahlgeheimnis und Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden,
was bei der Aufnahme von Stimmzetteln oder Niederschriften nicht
der Fall ist.
Im Übrigen gibt es zum Thema bereits ein Urteil, was sich zwar nur
auf eine IHK-Wahl bezieht, die Bundeswahlordnung aber als
Rechtsgrundlage aufgreift:
www.compact-online.de/bundes-und-landeswahlleiter-warnen-vor-wahlbeobachtung-ordnungsgemaesse-durchfuehrung-bedroht
Neben eurer juristischen Bewertung würde mich interessieren, was das
Motiv für das Fotoverbot sein könnte.
XPost --> de.soc.recht.misc
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Gruß Werner
Gruß Werner