Markus Luft wrote:
[Ich haette gemeint, dass das Gefaehrlichreden des Fahrradfahrens
deutlich juengeren Datums ist]
In der leider nicht mehr online verfügbaren Arbeit von Prof. Briese
finden sich ebenfalls Hinweise aus jener Zeit. So wurde im dritten Reich
behauptet, Radfahren im Mischverkehr sei 15fach gefährlicher als auf
Radwegen, schon damals eine Phantasiezahl ohne jeglichen Beleg. Und es
war kein reines Gefährlich-Reden, die Fahrradunfälle nahmen mit dem
aufkommenden Autoverkehr tatsächlich stark zu. Ein deutlicher Beleg
übrigens dafür, dass die Fahrweise der damaligen Radfahrer völlig
ausreichte, um einigermaßen sicher täglich von A nach B und zurück zu
kommen, solange es keine Autos gab. Weil schon in den 1930ern (früher?)
gedönst wurde, Radfahrer würden fahren wie die Hottentotten und sich an
keine Regeln halten.
Post by Markus Luft<http://www.xn--recht-fr-radfahrer-s6b.de/Historisches.html#Mischverkehr%20oder%20Separierung?>
| 1928 macht sich Polizeimajor Walter Borchert Gedanken über die
| Gefahren des Mischverkehrs und die Abhilfe durch Separierung (Walter
| Borchert, Radfahrwege, Deutsches Autorecht 1928, 273f). Die allgemeine
| Verkehrslage werde "durch das Anwachsen des Automobilverkehrs ständig
| schwieriger". Es solle daher "nach Möglichkeit eine Trennung des
| Radfahrverkehrs von dem übrigen Verkehr durchgeführt" werden, "ein
| Ziel, das ohne große finanzielle Mehrbelastung erreicht werden kann".
| Schon damals hat man also geglaubt, die Separierung brächte
| Sicherheitsvorteile, obwohl man sich spätestens an der nächsten
| Kreuzung wiedertrifft. Und die finanziellen Mehrbelastungen waren
| entgegen Borcherts Behauptungen immerhin doch so groß, dass bis heute
| nur eine verschwindend kleine Minderzahl der Straßenkilometer einen
| Radweg hat...
| [...]
Von 1921 bis 1928 hatte sich der KFZ-Bestand fast versechsfacht und
dazu gab es ja auch noch viele unmotorisierte Fahrzeuge.
Die gab es in Form von bis zu 80% Radverkehrsanteil sowieso. Aber es gab
außerdem noch jede Menge Pferdewagen. ;-)
Post by Markus LuftIm Vergleich zu heute natürlich lächerlich.
Aber auch oben erkennt man wieder ein bekanntes Muster, der
KFZ-Verkehr wächst, also müssen Radwege her.
Zu damaliger Zeit wäre es sogar logisch gewesen, *deswegen* Radwege zu
fordern. Mit dem aufkommenden Kfz-Verkehr stieg die Zahl der
Fahrradunfälle drastisch an, das hat V. Briese in seiner Arbeit sogar
mit einigen Zahlen unterlegt. Dass man *damals* die gefährlichen
Auswirkungen von "Radwegen" noch nicht erkannt hatte, kann ich halbwegs
nachvollziehen. Heute, nachdem zigtausend radwegtypische Unfälle
passiert sind, dagegen nicht mehr. Der Zusammenhang mehr Unfälle, mehr
Radwege ist aber nicht so eindeutig, wie Du annimmst: Radwege wurden
lange vorher gefordert, von Radfahrern selbst, wegen der scheußlichen
Pflasterstraßen. Umgekehrt scheint die Separation schon zu Zeiten der
Pferdefuhrwerke Thema gewesen zu sein, also vor über 100 Jahren. Nur
dass die kaum Probleme mit dem toten Winkel hatten. ;-)
Post by Markus LuftEs geht nicht nach dem
Verursacherprinzip. Nicht die Störer müssen weichen, sondern die
angeblich Gefährdeten.
ACK, sonst hätten Fahrbahnen heute noch durchweg Katzenköppe und Radwege
wären durchgängig asphaltiert. Wer die Störer sind, war gerade in den
1920ern/1930ern klar erkennbar: mit dem Aufkommen von Autos nahmen
schwere Fahrradunfälle drastisch zu.
Post by Markus LuftHeute beobachten wir in bestimmten Regionen der Welt ein umgekehrtes
Muster. Der Radverkehr wächst, also müssen Radwege her.
Immer dann, wenn Radfahrer dem KFZ-Verkehr lästig werden, müssen
Radwege her.
Dafür müssen sehr wenige Radfahrer ausreichen. Wozu werden in den USA
"Radwege" gebaut, obwohl Radfahrer nach wie vor eine Winz-Minderheit sind?
Post by Markus LuftWenn man ehrlich um die Radfahrer besorgt wäre, würde man natürlich
dem KFZ-Verkehr geeignete Verkehrsbeschränkungen auferlegen.
Und Radwege grundsätzlich in Fahrbahnqualität oder besser bauen, kürzer
führen als Fahrbahnen u.a.m., wenn man sie schon als Lösung des Problems
ansieht.
--
CU Chr. Maercker.