Frank Bügel
2004-07-17 22:00:34 UTC
Professor Dr. Werner Maser lehrte Geschichte und Völkerrecht in München,
Helsinki, Tokio und Halle. Mit seinen Veröffentlichungen über Hitler,
das Dritte Reich und den Nürnberger Prozess wurde er weltbekannt.
Jetzt ist sein neuestes Buch "Fälschung, Dichtung und Wahrheit über
Hitler und Stalin" erschienen. Darin konfrontiert Maser ohne politische
Rücksichten Historikerkollegen, die als Fachwissenschaftler von Rang
gehandelt werden, mit Dokumenten und Quellen. Gerhard Frey jr. hat mit
Maser gesprochen.
"Verfälschungen um der politischen Korrektheit willen"
National-Zeitung: Herr Professor Maser, Sie haben sich seit mehr als
einem halben Jahrhundert mit Adolf Hitler befasst. Gibt dieser Mann
heute weniger Rätsel auf als früher?
Maser: Die frühen Hitler-Biographen, der Oxford-Historiker Alan Bullock
zum Beispiel, hatten sehr wenige Dokumente, hauptsächlich die Unterlagen
des Internationalen Militärtribunals in Nürnberg, die in sehr vielen
Fällen nicht tatsachengerechte Darstellungen enthalten (!!, F.B.). Hinzu
kommt, dass in Nürnberg entlastende Argumente kaum vorgetragen werden
durften.
Soweit die Biographen namhaft waren, schrieben andere von ihnen
kurzerhand ab, ohne die Dokumente zu kennen. Und das ist sehr, sehr
lange so geblieben. Es ist einfach beschämend, wie Historiker noch
Jahrzehnte später immer wieder die gleichen Verfälschungen verbreiten.
National-Zeitung: Die Sekundär-, Tertiär- und Quartärliteratur
wuchert...
Maser: ...und die Verfälschungen werden ohne weiteres übernommen und um
der politischen Korrektheit willen beibehalten. (!!, F.B.)
Ich erhalte häufig Anrufe von jungen Rezensenten, die mir sagen: "Gott
sei Dank ist endlich einmal aufgezeigt worden, was mit der
Zeitgeschichtsschreibung los ist." Aber sie wagen es nicht, das zu
schreiben, weil diejenigen, die den Ton angeben, ihre Karriere schädigen
könnten.
National-Zeitung: Spiegel-Autor Fritjof Meyer hat über Ihr neues Buch
gesagt: "Maser berichtet, wie es wirklich war. Um äußerste Objektivität
bemüht, darum frei von allen unglaubhaften Übertreibungen..."
Maser: Inzwischen gibt es eine Reihe von positiven Rezensionen meines
Buches, unter anderem von Dr. Heinz Magenheimer von der
Forschungsabteilung der Österreichischen Landesverteidigungsakademie und
von Professor Konrad Löw.
"Hitler kam Stalin nur ganz kurz zuvor"
National-Zeitung: Wäre die Geschichte anders verlaufen, wenn sich die
beiden Zentralgestalten Ihres Buches, Hitler und Stalin, 1939 oder 1940
einmal selbst getroffen hätten? Und warum kam es nicht zu einer solchen
Begegnung?
Maser: Aus Unterlagen des Auswärtigen Amts geht hervor, dass Ribbentrop
sich im Auftrag Hitlers bemühen sollte, eine Zusammenkunft zwischen
Hitler und Stalin zu arrangieren. Aber in Moskau winkte man ab.
Stalin war der Weitsichtigste, Geschmeidigste, aber auch der Perfideste
von allen. Er hat 1939 den deutsch-sowjetischen Pakt geschlossen, um
sich Sicherheit für einen Überfall auf Deutschland zu verschaffen.
Nachher haben die Sowjets den Vertrag mehrfach gebrochen. Im Gegensatz
zu den Deutschen.
National-Zeitung: Immerhin sind noch bis in die Nacht zum 22. Juni 1941
sowjetische Güterzüge vereinbarungsgemäß Richtung Deutschland gefahren.
Maser: Richtig. Stalin ging es darum, den Schein zu wahren.
National-Zeitung: Sie schreiben, im Juni 1941 seien die sowjetischen
Streitkräfte an der deutsch-sowjetischen Grenze zum Angriff auf
Deutschland bereitgestanden. Sie benennen im Einzelnen die Armeen.
Maser: Beide Seiten waren zwar Paktpartner, aber sie organisierten auch
den Angriff aufeinander. Hitler kam Stalin nur ganz kurz zuvor. Die Rote
Armee hatte so genannte Autobahnpanzer, die ohne Ketten auf den
deutschen Autobahnen fahren konnten und schnell in Berlin gewesen wären,
wenn die Deutschen nicht vorbereitet gewesen wären.
National-Zeitung: Sie meinen, dass es Hitler auch subjektiv darum ging,
einem Angriff Stalins zuvorzukommen?
Maser: Ja, im Gegensatz zum Generalstab, der das zum Teil abwiegelte.
Hitler und die Katastrophe von Stalingrad
National-Zeitung: Ihre Dissertation, mit der Sie 1954 zum Dr. phil.
promovierten, beschreibt Die Organisierung der Führer-Legende. Ist
eigentlich bekannt, ob Hitler allzu übertriebene Darstellungen seines
Wissens und Könnens, wie sie etwa Robert Ley (1933-45 Chef der Deutschen
Arbeitsfront; Anm. d. Red.) hervorbrachte, peinlich oder unangenehm
waren?
Maser: Peinlich waren sie ihm nicht. Dazu war er zu sehr von sich
überzeugt. Allerdings bescheinigten ihm noch im Nürnberger Prozess die
Generale, dass er mehr gewusst habe als sie.
National-Zeitung: Es ist merkwürdig. Selbst Hans Speidel, späterer
Oberbefehlshaber der NATO-Landstreitkräfte in Mitteleuropa und einer der
Verschwörer des 20. Juli, hat in seinen Memoiren über Hitlers
Paris-Besuch am 23. Juni 1940 festgehalten: "Als ich ihm herausragende
Bauwerke erklären wollte, stellte ich erneut fest, dass er die Stadt
genau kannte."
Maser: Lesen Sie das Kapitel über Stalingrad in "Fälschung, Dichtung und
Wahrheit über Hitler und Stalin"! Hitler war der Einzige, der im Sommer
1942 die Gefährdung Stalingrads erkannte. Und er behielt Recht. Trotzdem
nahm er, nachdem es zur Katastrophe von Stalingrad gekommen war, die
Schuld auf sich, um seine Generale zu entlasten.
National-Zeitung: Sie haben 1977 mit der Mitteilung Aufsehen erregt,
dass aus einer Liebschaft Hitlers mit einer französischen Tänzerin ein
im März 1918 geborener Sohn hervorgegangen sei. Das haben Sie nun noch
einmal bekräftigt.
Maser: Jean-Marie Loret er ist inzwischen gestorben war eindeutig
Hitlers Sohn. Das ist in Frankreich auch von behördlicher Seite
anerkannt worden. Ab der 12. Auflage enthält mein Buch "Adolf Hitler
Legende, Mythos, Wirklichkeit" einen umfassenden Anhang zu diesem Thema.
Es ist die am meisten übersetzte Hitler-Biographie der Welt.
National-Zeitung: Was halten Sie für das Bemerkenswerteste an Ihrem
neuem Buch?
Maser: Das Kapitel über den Holocaust zum Beispiel. Im Kapitel über
Haffners Geschichtsfälschungen stehen einem die Haare zu Berge.
Sehr interessant dürfte auch der Abschnitt über die Aussagen der
gefangenen Hitler-Ärzte sein, die den Amerikanern 1945 Rede und Antwort
stehen mussten. Da wird alles, aber auch alles widerlegt, was über
Hitlers Geisteszustand gesagt worden ist. Er war bis zum Schluss
glasklar.
Ein englisches Team macht mit mir gerade einen Film über Morell (Prof.
Dr. Theo Morell, Hitlers Leibarzt; Anm. d. Red.) und seine Behandlung
Hitlers. Man will nach Möglichkeit zeigen, dass Hitler Drogen genommen
habe, was niemals der Fall war.
In meinem Buch zähle ich alle Arzneien auf, die Hitler bekam. Zum ersten
Mal wird das vollständige "Morell-Protokoll" mit den Aussagen der vom
US-Geheimdienst vernommenen Hitler-Ärzte veröffentlicht. Es war
verschwunden. Der englische und der amerikanische Geheimdienst suchten
danach, bis herauskam: Der Maser hat es. Kempner (Dr. Robert M. W.
Kempner gehörte während des Nürnberger Prozesses der US-Anklagebehörde
an; Anm. d. Red.) hatte es sich unter den Nagel gerissen und es mir 1970
gegeben.
...
National-Zeitung: Was muss sich in der Zeitgeschichtsschreibung ändern?
Maser: Man muss jetzt zurück zu den Quellen. Das gilt vor allem für
Leute wie Jäckel oder Knopp. Laien halten *Knopps
Hollywood-Darstellungen* für wahr, weil sie im Fernsehen gezeigt werden.
Aber schlimmer kann man mit Geschichte gar nicht umgehen.
http://www.dsz-verlag.de/Artikel_04/NZ30_2.html
Das Buch sollte man sich wohl mal zu Gemüte führen...
Frank
Helsinki, Tokio und Halle. Mit seinen Veröffentlichungen über Hitler,
das Dritte Reich und den Nürnberger Prozess wurde er weltbekannt.
Jetzt ist sein neuestes Buch "Fälschung, Dichtung und Wahrheit über
Hitler und Stalin" erschienen. Darin konfrontiert Maser ohne politische
Rücksichten Historikerkollegen, die als Fachwissenschaftler von Rang
gehandelt werden, mit Dokumenten und Quellen. Gerhard Frey jr. hat mit
Maser gesprochen.
"Verfälschungen um der politischen Korrektheit willen"
National-Zeitung: Herr Professor Maser, Sie haben sich seit mehr als
einem halben Jahrhundert mit Adolf Hitler befasst. Gibt dieser Mann
heute weniger Rätsel auf als früher?
Maser: Die frühen Hitler-Biographen, der Oxford-Historiker Alan Bullock
zum Beispiel, hatten sehr wenige Dokumente, hauptsächlich die Unterlagen
des Internationalen Militärtribunals in Nürnberg, die in sehr vielen
Fällen nicht tatsachengerechte Darstellungen enthalten (!!, F.B.). Hinzu
kommt, dass in Nürnberg entlastende Argumente kaum vorgetragen werden
durften.
Soweit die Biographen namhaft waren, schrieben andere von ihnen
kurzerhand ab, ohne die Dokumente zu kennen. Und das ist sehr, sehr
lange so geblieben. Es ist einfach beschämend, wie Historiker noch
Jahrzehnte später immer wieder die gleichen Verfälschungen verbreiten.
National-Zeitung: Die Sekundär-, Tertiär- und Quartärliteratur
wuchert...
Maser: ...und die Verfälschungen werden ohne weiteres übernommen und um
der politischen Korrektheit willen beibehalten. (!!, F.B.)
Ich erhalte häufig Anrufe von jungen Rezensenten, die mir sagen: "Gott
sei Dank ist endlich einmal aufgezeigt worden, was mit der
Zeitgeschichtsschreibung los ist." Aber sie wagen es nicht, das zu
schreiben, weil diejenigen, die den Ton angeben, ihre Karriere schädigen
könnten.
National-Zeitung: Spiegel-Autor Fritjof Meyer hat über Ihr neues Buch
gesagt: "Maser berichtet, wie es wirklich war. Um äußerste Objektivität
bemüht, darum frei von allen unglaubhaften Übertreibungen..."
Maser: Inzwischen gibt es eine Reihe von positiven Rezensionen meines
Buches, unter anderem von Dr. Heinz Magenheimer von der
Forschungsabteilung der Österreichischen Landesverteidigungsakademie und
von Professor Konrad Löw.
"Hitler kam Stalin nur ganz kurz zuvor"
National-Zeitung: Wäre die Geschichte anders verlaufen, wenn sich die
beiden Zentralgestalten Ihres Buches, Hitler und Stalin, 1939 oder 1940
einmal selbst getroffen hätten? Und warum kam es nicht zu einer solchen
Begegnung?
Maser: Aus Unterlagen des Auswärtigen Amts geht hervor, dass Ribbentrop
sich im Auftrag Hitlers bemühen sollte, eine Zusammenkunft zwischen
Hitler und Stalin zu arrangieren. Aber in Moskau winkte man ab.
Stalin war der Weitsichtigste, Geschmeidigste, aber auch der Perfideste
von allen. Er hat 1939 den deutsch-sowjetischen Pakt geschlossen, um
sich Sicherheit für einen Überfall auf Deutschland zu verschaffen.
Nachher haben die Sowjets den Vertrag mehrfach gebrochen. Im Gegensatz
zu den Deutschen.
National-Zeitung: Immerhin sind noch bis in die Nacht zum 22. Juni 1941
sowjetische Güterzüge vereinbarungsgemäß Richtung Deutschland gefahren.
Maser: Richtig. Stalin ging es darum, den Schein zu wahren.
National-Zeitung: Sie schreiben, im Juni 1941 seien die sowjetischen
Streitkräfte an der deutsch-sowjetischen Grenze zum Angriff auf
Deutschland bereitgestanden. Sie benennen im Einzelnen die Armeen.
Maser: Beide Seiten waren zwar Paktpartner, aber sie organisierten auch
den Angriff aufeinander. Hitler kam Stalin nur ganz kurz zuvor. Die Rote
Armee hatte so genannte Autobahnpanzer, die ohne Ketten auf den
deutschen Autobahnen fahren konnten und schnell in Berlin gewesen wären,
wenn die Deutschen nicht vorbereitet gewesen wären.
National-Zeitung: Sie meinen, dass es Hitler auch subjektiv darum ging,
einem Angriff Stalins zuvorzukommen?
Maser: Ja, im Gegensatz zum Generalstab, der das zum Teil abwiegelte.
Hitler und die Katastrophe von Stalingrad
National-Zeitung: Ihre Dissertation, mit der Sie 1954 zum Dr. phil.
promovierten, beschreibt Die Organisierung der Führer-Legende. Ist
eigentlich bekannt, ob Hitler allzu übertriebene Darstellungen seines
Wissens und Könnens, wie sie etwa Robert Ley (1933-45 Chef der Deutschen
Arbeitsfront; Anm. d. Red.) hervorbrachte, peinlich oder unangenehm
waren?
Maser: Peinlich waren sie ihm nicht. Dazu war er zu sehr von sich
überzeugt. Allerdings bescheinigten ihm noch im Nürnberger Prozess die
Generale, dass er mehr gewusst habe als sie.
National-Zeitung: Es ist merkwürdig. Selbst Hans Speidel, späterer
Oberbefehlshaber der NATO-Landstreitkräfte in Mitteleuropa und einer der
Verschwörer des 20. Juli, hat in seinen Memoiren über Hitlers
Paris-Besuch am 23. Juni 1940 festgehalten: "Als ich ihm herausragende
Bauwerke erklären wollte, stellte ich erneut fest, dass er die Stadt
genau kannte."
Maser: Lesen Sie das Kapitel über Stalingrad in "Fälschung, Dichtung und
Wahrheit über Hitler und Stalin"! Hitler war der Einzige, der im Sommer
1942 die Gefährdung Stalingrads erkannte. Und er behielt Recht. Trotzdem
nahm er, nachdem es zur Katastrophe von Stalingrad gekommen war, die
Schuld auf sich, um seine Generale zu entlasten.
National-Zeitung: Sie haben 1977 mit der Mitteilung Aufsehen erregt,
dass aus einer Liebschaft Hitlers mit einer französischen Tänzerin ein
im März 1918 geborener Sohn hervorgegangen sei. Das haben Sie nun noch
einmal bekräftigt.
Maser: Jean-Marie Loret er ist inzwischen gestorben war eindeutig
Hitlers Sohn. Das ist in Frankreich auch von behördlicher Seite
anerkannt worden. Ab der 12. Auflage enthält mein Buch "Adolf Hitler
Legende, Mythos, Wirklichkeit" einen umfassenden Anhang zu diesem Thema.
Es ist die am meisten übersetzte Hitler-Biographie der Welt.
National-Zeitung: Was halten Sie für das Bemerkenswerteste an Ihrem
neuem Buch?
Maser: Das Kapitel über den Holocaust zum Beispiel. Im Kapitel über
Haffners Geschichtsfälschungen stehen einem die Haare zu Berge.
Sehr interessant dürfte auch der Abschnitt über die Aussagen der
gefangenen Hitler-Ärzte sein, die den Amerikanern 1945 Rede und Antwort
stehen mussten. Da wird alles, aber auch alles widerlegt, was über
Hitlers Geisteszustand gesagt worden ist. Er war bis zum Schluss
glasklar.
Ein englisches Team macht mit mir gerade einen Film über Morell (Prof.
Dr. Theo Morell, Hitlers Leibarzt; Anm. d. Red.) und seine Behandlung
Hitlers. Man will nach Möglichkeit zeigen, dass Hitler Drogen genommen
habe, was niemals der Fall war.
In meinem Buch zähle ich alle Arzneien auf, die Hitler bekam. Zum ersten
Mal wird das vollständige "Morell-Protokoll" mit den Aussagen der vom
US-Geheimdienst vernommenen Hitler-Ärzte veröffentlicht. Es war
verschwunden. Der englische und der amerikanische Geheimdienst suchten
danach, bis herauskam: Der Maser hat es. Kempner (Dr. Robert M. W.
Kempner gehörte während des Nürnberger Prozesses der US-Anklagebehörde
an; Anm. d. Red.) hatte es sich unter den Nagel gerissen und es mir 1970
gegeben.
...
National-Zeitung: Was muss sich in der Zeitgeschichtsschreibung ändern?
Maser: Man muss jetzt zurück zu den Quellen. Das gilt vor allem für
Leute wie Jäckel oder Knopp. Laien halten *Knopps
Hollywood-Darstellungen* für wahr, weil sie im Fernsehen gezeigt werden.
Aber schlimmer kann man mit Geschichte gar nicht umgehen.
http://www.dsz-verlag.de/Artikel_04/NZ30_2.html
Das Buch sollte man sich wohl mal zu Gemüte führen...
Frank