Salut!
Post by Lars PötterDie Technik entwickelt sich auch weiter. Geschwindigkeitsanpassungen als
Reaktionen sind nur die ersten Beispiele. Klar aber ist das der Zug
immer einen "Notausgang" braucht. Wenn die Elektronik gestört ist und
nicht mehr weiter weiß wird der sichere Zustand eingenommen
(Stillstand). In solchen Situationen kann dann immer noch ein Mensch per
Video Übertragung sich die Lage anschauen und dann entscheiden wie es
weiter gehen soll.
Ja, aber wie will jemand per Video das Laufwerk untersuchen wenn zb.
Flachstellen entstanden sind? Wie will jemand per Video feststellen ob
ein herunterhängendes Bauteil/Kabel ein Problem oder ein
Schönheitsfehler ist? Wie will man reagieren, wenn der Zug von
Fahrgästen beschädigt wird? Wer erkennt zerstörte Scheiben, die zb.
Zugbegegnungen in Tunnels ausschließen könnten? Wie reagiert die
Fahrsteuerung auf den Ausfall der Streckenbeobachtungskameras (Nehmen
wir mal Vandalismus: Farbbeutel) und wer will jetzt noch mit welcher
Kamera irgendwas beobachten/kontrollieren? In einer idealen Welt hätte
man diese Probleme nicht, aber unsere Welt entfernt sich
bedauerlicherweise immer mehr vom Idealzustand ..
Post by Lars PötterEs wird / muss anders kommen. So ein Automatisierter Zug kann nur fahren
wenn alle Komponenten funktionieren. Diese Züge werden also im Depot
stehen bleiben bei kleineren Defekten. Bei den Defekten mit denen ein
erfahrener Lokführer umgehen kann kommt so ein Zug halt gar nicht mehr
auf die Strecke.
Auf die Strecke ist nicht das Thema. Bis dahin sitzen keine Kunden
drin. Von der Strecke zu kommen ist der interessante Punkt. Da sitzen
Leute drin, die für eine Leistung bezahlt haben und die beim
eigenmächtigen Ausstieg in der Pampa akut gefährdet sein können. Da
sitzen Leute drin, die nicht irgendwann mal ankommen wollen, sondern
möglichst zeitnah um die versprochene Ankunftszeit. Da kann man einen
Zug nicht eben eine Stunde warten lassen, bis jemand vor Ort sein kann,
wenn die Video/Telemetrie-Show scheitert.
Post by Lars PötterIch will nicht behaupten das es so was schon gibt. Aber Vibrationen und
akustische Signale zu erkennen das können moderne Sensoren inzwischen
Besser. Man muss die Sensoren also nur noch verbauen, und die Software
schreiben zur Auswertung, dann noch die Software die Entscheidet wie mit
diesem erkannten Zustand umzugehen ist,...
Ja, aber zu scharf eingestellt hat man viele elektronische
"Phantomschmerzen" und zu lasch eingestellt wirkt es nicht als Schutz.
Dazu kommt, dass es immer mal wieder neues gibt, mit dem man gar nicht
rechnet. Wer käme auf die Idee, dass regelmäßiges Klopfen auf dem Dach
nicht vom Stromabnehmer sondern von einer gelösten Gummiregenrinne
kommt? Oder war es der Schlauch der Stromabnehmerpneumatik? Oder ein
hochgeworfener Gegenstand? Reste eines toten Vogels im Fahrtwind? Es
gibt so viele Möglichkeiten, die man automatisch nur schwer erfassen
kann, besonders, wenn es sich um einmalige Erscheinungen handelt, mit
denen keiner je gerechnet hat.
Man kann schlicht nicht alle Fälle automatisch abdecken, und
vergleichbare Ergebnisse wie mit einem Lokführer bekommen. Die Kernfrage
die sich stellt ist einfach: Wieviele Verspätungen und Ausfälle möchte
man Inkaufnehmen, durch unerwartete und aus der Ferne unlösbare
Probleme, die sich bei näherer Betrachtung als Pipifax rausstellen?
Um mal eine Zahl in den Raum zu stellen: bei einer solchen Störung je
10.000 Zugfahrten heißt das bei derzeit rund 39.000 Zugfahrten immer
noch rund 4 Ausfälle/größere Verspätungen pro Tag. Ohne die anderen
Vorkommnisse, rein durch die für solche Fälle unzureichende Technik. Da
wird sicher wer mit spitzem Bleistift rechnen und eine Rate x für
billiger wie die nötige Technik erachten.
Post by Lars PötterGerade "präventive Wartung" ist ja eines der Buzz Words dieses Internet
of Things Hype,..
Präventive Wartung ist auch das Schreckgespenst der BWLer. Präventive
Wartung heißt Verschwendung von Restlauf- und Arbeitszeit. ;)
Post by Lars PötterPost by Helmut BarthEinfach entweder ganz, oder gar nicht.
Eine ganz oder gar nicht Lösung kann es nicht geben. Es wird ein Prozess
werden der wahrscheinlich Jahrzehnte dauert.
Dass es eine Umstellungsphase geben muss ist klar. Aber über
Jahrzehnte auf dem Bock zu sitzen und nur noch zuzuschauen, oder andere
Tätigkeiten ausführen und noch noch bei Störungen vorne einzugreifen ist
für mich indiskutabel. Das lasse ich mir maximal 2 Jahre gefallen, bis
die Kisten zuverlässig laufen. Und dann mache ich mich auf die Suche
nach diesen neuen herausfordernden Tätigkeiten, die für die Tf
vorgesehen sind ;).
Post by Lars PötterBeim Energieverbrauch dürfte die Technik besser sein als der Mensch. Im
Vergleich zum Motor verbraucht die Elektronik nichts. Dafür ist sie aber
immer 100% konzentriert auf die Steuerung und kann blitzschnell auf die
kleinsten Veränderungen reagieren.
Für sparsames Fahren ist 100% Konzentration auf die Fahrweise nicht
nötig, genausowenig wie Reaktionen auf kleinste Veränderungen. Im
Gegenteil: Diese ständigen Korrekturen sind das reinste Gift für einen
niedrigen Energieverbrauch.
Da ist eine ebenso fundierte wie beherzte Pi*Popometer- Entscheidung,
die dann mal eben zu 20-30km Schwungfahrt führt, absolut überlegen. Den
Unterschied merkt man heute schon an den Fahrempfehlungen im
elektronischen Fahrplan. Da gibt es zu früh Abschaltempfehlungen und
später muss man mit viel Energie versuchen noch an den Fahrplan
heranzukommen. Oder man bekommt eben erst nach 30km Schwungfahrt die
Abschaltempfehlung.
Klar kann man da viele Zahlen in Variablen packen und dann aufwendig
eine sparsame Fahrtaktik berechnen. Die Frage ist dann eben, wie weit
man gehen will. Eine brauchbare Berechnung müsste zb. das höhere
Reisendenaufkommen an Freitagnachmittagen berücksichtigen und dort
Energiesparen geringer bewerten wie einen kleinen Zeitpuffer bei der
Ankunft, ohne dabei ggf. auftretende Konflikte mit anderen Fahrten und
Baustellen zu vernachlässigen. Unmöglich ist das natürlich nicht, aber
eben auch nicht mal so nebenbei zu realisieren.
Post by Lars PötterDas wirklich große Problem bei dieser Idee ist eher das EBA. Dem sind
die Lohnkosten ja egal, wenn es zum Unfall kommt können sie die Herren
aber vor Gericht wiederfinden. Wenn also das EAB für die Sicherheit
sorgt dann kann sparen nur zu einer geringeren Zuverlässigkeit führen.
Und wenn Die neuen Züge dann nur im Depot stehen und nie fahren, dann
wird wohl eine Neubetrachtung der Entscheidung anstehen.
Was uns wieder zur Betrachtung zurückführt, wieviele technikbedingte
Verpsätungen und Ausfälle man akzeptieren kann und will.
Post by Lars PötterBleibt auch noch der Punkt "Beobachtungen an Strecke und deren nähere
Umgebung" das mit dann wirklich in der Gesellschaft diskutiert und
gesetzlich geregelt sein. Andererseits wenn man vorne schöne Panorama
Fenster hin macht und gleich neben die Sitze deutlich sichtbare
Notbremsen installiert, dann übernehmen das vielleicht sogar die
Fahrgäste ;-)
Die Gleichung Unregelmäßigkeit = Notbremse greift viel zu kurz. Es
gibt erheblich mehr meldenswertes neben den Gleisen, als der normale
Fahrgast denkt.
Ich wurde zb. vor vielen Jahren nachts Zeuge eines Pkw- Unfalls auf
einer abgelegenen Landstraße. Es stellte sich hinterher zwar als "nur"
Blechschaden heraus, aber man war trotzdem froh, dass die Einsatzkräfte
schnell und präzise informiert wurden. Ein Kollege hat neulich einen
Brand in einem Bahnwärterhaus gemeldet. Andere Kollegen haben im
Vorbeifahren einen Suizidversuch in einem Pkw bemerkt und Einsatzkräfte
informiert. Alles Dinge die einen Halt nicht erfordern und mit etwas
Aufmerksamkeit auffallen und mit möglichst präzisen Informationen ein
rasches Eingreifen ermöglichen. Um die Kette noch mit weiteren
Beispielen zu erweitern: Freilaufende Pferde, Kühe, Schafe,
Sturmschäden, Überschwemmungen, Illegale Müllentsorgung, kaputte
Hochspannungsleitungen neben der Strecke, Leute die auf
Hochspannungsmaste oder Güterwagen klettern und viele andere Dinge mehr,
die nicht unbedingt direkt mit der Bahn und der Zugfahrt zu tun haben,
aber im Rahmen einer Schadens- oder Gefahrenabwehr sehr hilfreich sind.
Klar, in vielen Fällen hilft die 110 oder 112 auch weiter, aber das
setzt voraus, dass irgendwer irgendwas wahrnimmt und als meldenswert
erachtet. In Zeiten wo Menschen ein Handy zücken um Bilder zu machen,
aber Angst davor haben den Notruf zu wählen längst keine
Selbstverständlichkeit mehr.
Der Suizidversuch mit dem Pkw war übrigens nicht erfolgreich. Die
Einsatzkräfte waren schneller als die Abgase.
Grüßle, Helmut