Am Sat, 18 Aug 2018 14:44:55 GMT schrieb
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblWie man in Kalifornien bei über 40 Grad in der prallen Sonne durch die
Wüste fährt, interessiert mich eigentlich weniger. Hingegen kann ich aus
eigener kürzlicher Erfahrung berichten, daß man in unseren Breiten bei
Temperaturen zwischen 30 und 40 Grad gut zurechtkommen kann, wenn man
sich an ein paar Regeln hält.
Deine Ratschlaege sind nach meiner Erfahrung teilweise daneben, und
diese Erfahrung schliesst sowohl unsere Breiten als auch die
Mojave-Wueste in Kalifornien Mitte Juni bei (laut Wetterbericht) 35
Grad im Schatten (aber es gab lange keinen Schatten) ein.
Meine "paar Regeln" waren in erster Linie ein Erfahrungsbericht und der
enthielt nicht ohne Grund eine Reihe von einschränkenden Bemerkungen.
Radfahren in der Majove-Wüste war da ganz explizit nicht mit abgedeckt.
Oder wie verstehst Du "in unseren Breiten"?
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblWichtig ist, ausreichend zu trinken. Dabei kommt es nicht darauf an,
sich mit Wasser zuzuschütten. Normalerweise komme ich auch bei
mehrstündigen Fahrten ganz ohne Wasser aus, wenn die Temperaturen zivil
sind, wenn ich ab und zu im Schatten anhalten kann und wenn ich
ansonsten _nicht_ in der Sonne anhalten muß.
Das wuerde ich aber nicht empfehlen; lieber mehr trinken als weniger,
gerade bei Hitze. In der Mojave Mohave-Wueste habe ich an einem Tag
8l Wasser gebraucht.
Das ist zwar als Ergänzung recht interessant, aber in Bezug auf meine
Regeln irrelevant, weil explizit und mehrfach ausgeschlossen. Bei
mehreren ganztägigen Radfahrten durch die kalifornische Wüstenregionen
wird man wohl noch ganz andere Probleme berücksichtigen müssen als bloß,
wie viel Trinkwasser man verbraucht und wie man das mitnimmt.
Ich schränke aber gerne noch weiter ein. Meine Regeln beziehen sich
darauf, was man im gemäßigten europäischen Klima berücksichtigen sollte,
wenn man mit Hitzewellen wie der kürzlichen konfrontiert wird, die hier
mit einem hiesigen Spitzenwert von 38 Grad am 8.8. ihr vorläufiges Ende
gefunden hat, die an den paar heißen Tagen davor um die 35 Grad
Lufttemperatur pendelten, und bezogen auf Fahrten von zwei bis vier
Stunden Dauer.
Ich empfahl _ausreichend_ zu trinken, dazu gehört auch, ein Gefühl dafür
zu entwickeln, wie viel man tatsächlich braucht. Unter anderem kann man
sich dann seinen Vorrat besser einteilen. _Rechtzeitig_ trinken und
häufiger kleine Mengen trinken ist IMHO wichtiger als wie viel man als
absolute Menge durchlaufen läßt. Meinen relativ geringen Bedarf bei
Fahrten von wenigen Stunden führe ich auch darauf zurück, daß ich
allgemein recht viel Wasser trinke und deswegen beim Radfahren nicht so
früh Bedarf habe, wieder aufzufüllen.
Ratschläge für Marathons, sportlichen Trainingsfahrten, Rennen und
Fahrten durch die Wüste bei unklarer Versorgungslage sind eine andere
Baustelle, da kann ich nicht mitreden.
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblLetztlich kommt es darauf an, genügend Wasservorrat im Körper zu haben,
um schwitzen zu können, und darauf, den Schweiß möglichst vollständig zu
verdunsten.
Ja, auch deswegen kann ich trinken nur empfehlen. An dem 8l-Tag haben
sind wir um 13h zu einer Autobahnbruecke gekommen, und haben uns da im
Schatten 2h hingelegt. Am Anfang, als ich noch geschwitzt habe, kam
mir der Wind noch kuehl vor, nach den 2h, in denen ich nichts
getrunken habe, heiss. Dann habe ich getrunken, und schon bald wurde
der Wind wieder kuehler. Offenbar hatte der Koerper in den 2h auf
Wassersparen geschaltet, und dann wieder auf Abkuehlen durch
Schwitzen, als wieder Wasser zur Verfuegung stand.
Yep. Und genau deswegen schrieb ich, nach Bedarf zu trinken und daß
_ich_ rechtzeitig merke, wenn ich Bedarf habe. Ich merke es u.a. daran,
daß ich weniger schwitze und trinke dann so rechtzeitig, daß ich mich
nicht zwei Stunden hinlegen muß, sondern nach kurzer Trink- und
Schattenpause wieder weiterfahren kann und das auch tue.
Ein gern gemachter Fehler ist, zu lange in der Sonne zu fahren, erst
dann zu trinken, wenn man mangels Schweiß schon überhitzt ist, und dann
längere Zeit unbeweglich zu bleiben. Im Stehen kühlt einen der Schweiß
mangels Fahrtwind erheblich weniger als schon bei langsamer Fahrt. Vor
allem bei langen Fahrten mit Kindern muß man aufpassen, diesen Fehler
nicht zu machen. Umgekehrt ist, wie Du ja auch richtig schreibst, der
Kühleffekt, wenn man nach einer Pause wieder weiterfährt.
Dies liegt übrigens nicht bzw. nicht nur am Trinken, sondern auch daran,
daß sich während einer rechtzeitigen (!) kurzen Pause im Schatten der
Schweiß ansammelt, die tretleistungs- und sonnenbedingte Erwärmung aber
wegfällt. Die Abkühlung Losfahren ist auffällig und recht angenehm.
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblAlso: rechtzeitig vor einer Fahrt ausreichend trinken, während der Fahrt
aber sparsam, je nach Bedarf.
Es gibt in den meisten Faellen keinen Grund zur Sparsamkeit, zumindest
in unseren Breiten.
Ich habe nur einen Flaschenhalter am Rad, das ist schon ein Grund, mit
den ca 0.7 l auszukommen zu versuchen. Und warum denn nicht, so lange
das so funktioniert?
Post by Anton ErtlIst ja nicht so, dass man hier in der Wueste
waere, und man nicht weiss, wo die naechste Wasserstelle ist (in der
Mojave-Wueste haben wir dagegen alle Flaschen und die Wassersaecke
vollgefuellt, und hatten pro Person 10l dabei). Da zuwenig sehr
unangenehme Folgen haben kann, und es unter diesen Bedingungen kaum
ein Zuviel gibt, empfehle ich eher mehr als weniger.
Yep. Deswegen hatte ich, als es wirklich heiß wurde, die 0.5-Sigg durch
die 0.7l fassende ersetzt.
Post by Anton ErtlUnd obwohl ich
wesentlich mehr trinke als Du, muss ich nach einer Tour bei warmem
Wetter noch den einen oder anderen Liter nachtrinken, also zuviel
trinke ich da bestimmt nicht.
Ganz grob geschätzt verliere ich bei schneller Fahrt auf meiner
60km/700hm-Runde etwa 0.7-1 Liter Flüssigkeit, egal ob ich bei normal
warmen Temperaturen gar nichts trinke oder in der zurückliegenden
Hitzewelle die ganze 0.7-l-Flasche. Nach der Fahrt trinke ich dann
normalerweise ziemlich bald etwa so viel Mineralwasser, wie ich an
Gewicht verloren habe. Insgesamt also 0.7 bis 1.7 l Durchsatz, wovon
etwa die Hälfte aus dem Puffer kommt. Dementsprechend würde ich für
eine doppelt so lange einfache Strecke einen Bedarf von gut drei Litern
ansetzen, in der Annahme, daß das am Ziel benötigte Wasser mitgeführt
werden muß. Eine solche Distanz habe ich aber zuletzt 2010 zurückgelegt
und das war eine einmalige Angelegenheit, unsere Urlaubsfahrten davor
waren meist im Bereich von unter 80 km am Stück.
Wie typisch oder untypisch das ist, weiß ich nicht, es ist halt ein
Datenpunkt, mehr nicht.
Viel früher, mit den Kindern, und auch davor sind wir weiter, langsamer
aber auch viel länger gefahren, typischerweise eher bei schlechtem
Wetter, da war zu wenig Wasser eher nicht das Problem. :-/.
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblInhalt ist Mineralwasser mit hohem Magnesiumanteil,
halbe halbe gemischt mit Kranenburger.
Bei mir einfach Leitungswasser.
Wir haben beide gelegentlich mit Muskelkrämpfen zu kämpfen, Magnesium
hilft dem anscheinend ab. Außerdem schmeckt es besser, wenn ein wenig
Kohlensäure und Salz drin ist.
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblKopfbedeckung. Mit ausreichend voluminöser Mähne braucht man keine.
Normalerweise fahre ich ohne, aber dort habe ich mir einen Stohhut
https://www.complang.tuwien.ac.at/anton/usa03/usa2003-small/img_0358.jpg
Wie hält so etwas denn auf dem Kopf? Mir fliegt ja selbst die gezeigte
enge Kappe gelegentlich davon, wenn der Wind drunterfährt.
In Frankreich habe ich mir dieses Frühjahr auch erstmalig einen solchen
Strohhut gegönnt, den aber nur beim Rumlaufen getragen. Hinterhergerannt
bin ich trotzdem. :-)
Post by Anton ErtlDas ist m.E. das Optimum: Beschattet nicht nur den Schaedel, sondern
auch Gesicht, Ohren und Hals, ist aber gleichzeitig luftig und dadurch
Ab ca. 40km/h schlug die Krempe um; und da ich einige Abfahrten
gemacht habe, war der Hut dann irgendwann dadurch an der Knickstelle
gebrochen.
Mein Eindruck ist, die brechen da alle ziemlich bald. Der empfohlene
Trick des Verkäufers, die Knickstelle rechtzeitig und immer mal wieder
einzuweichen, um sie biegsam zu machen, hat ein wenig, aber auch nicht
lange geholfen. Sieht blöd aus, tut der Funktion aber keine Abbruch.
Post by Anton ErtlAls er nach ueber 2000km unbrauchbar wurde, war ich schon
in Wyoming, und habe ihn nicht ersetzt, sondern bin oben ohne
weitergefahren.
Kommt drauf an, wie viel Haare man noch hat und, soweit es nicht um
Hitze, sondern Sonnenbrand geht, wie pigmentiert man ist.
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblDaß man bei 36 aufwärts Grad eine Kappe braucht, muß einem niemand
sagen.
Ist bei mir anderswo (z.B. suedliches Australien im Februar, oder
Griechenland Anfang August) immer ohne gegangen, aber in den
Kalifornischen Wuersten im Juni knallt die Sonne schon heftig rein, da
hat's der Strohhut schon gebracht. Und andere Leute sind da
vielleicht empfindlicher.
Meine Haare lassen inzwischen ziemlich viel Sonne durch, weniger, dünner
und vor allem inzwischen ziemlich weiß. Ich brauche die Kappe oder den
Hut, wenn meine Frau noch lange und problemlos ganz ohne Kopfbedeckung
rumläuft.
Post by Anton ErtlPost by Wolfgang StroblSchwitzen. Wenn man die Wahl hat, sucht man sich im Sommer für Routen
solche mit mindestens sporadischem Baumbestand oder sonstigen
Schattenspendern. Mein typischer Rhythmus bei großer Hitze besteht in
zügig gefahrenen Teilstrecken von Schattenspender zu Schattenspender.
Baumgruppe suchen, Mütze runter, einen Schluck trinken, die Route
kontrollieren, vielleicht ein Foto machen, weiterfahren.
Kann ich nicht nachvollziehen. Klar mache ich bei Hitze die Pausen
dort, wo Schatten ist (wenn es ueberhaupt Schatten gibt, aber
abgesehen von der Mojave-Wueste war das auf meinen Fahrten kein
Problem). Deswegen bleibe ich aber nicht bei jeder schattigen
Gelegenheit stehen, sondern dann, wenn ich aus anderen Gruenden eine
Pause machen will.
Mißverständnis. Ich schrieb nicht "bei jeder schattigen Gelegenheit
stehenbleiben", sondern davon, die nötigen Pausen mit vorhandenen
Schattenspendern zu synchronisieren. Je nach Bedarf und Dichte mag das
durch Auslassen zu realisieren sein, ansonsten durch Schieben, also
etwas früheres oder etwas späteres Pausieren.
Und so klar ist das nicht. Ich habe in der letzten Zeit viel Gelegenheit
gehabt, Leute dabei zu beobachten, wie man es falsch macht.
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Wir danken für die Beachtung aller Sicherheitsbestimmungen