Am Wed, 11 Apr 2018 13:34:57 -0000 (UTC) schrieb Bernhard Kraft
Post by Bernhard Kraft(Sehr interessanter Beitrag, wo ich einiges Neues erfahren haben, über das
ich erst einmal nachdenken muss)
Post by Wolfgang StroblAm Thu, 05 Apr 2018 19:22:34 +0200 schrieb Martin Gerdes
Post by Martin GerdesMessen solche Fahrzeuge überhaupt die Leistungsabgabe des Fahrers? Das
ließe sich ggf. leicht herausbekommen, man müßte nur schauen, ob ein
Leistungssensor verbaut ist.
Ja, mach doch mal. Warum muß immer ich ran, wenn es schwierig wird? :-)
Wir können dann ja unsere Ergebnisse vergleichen.
Post by Martin GerdesWenn ich sehe, wie so mancher Senior
daherkommt (flink, mit minimaler Kadenz und -- der Körperhaltung nach --
mit minimaler Anstrengung), könnte ich mir vorstellen, daß das Pedelec
lediglich prüft, ob die Kurbelgarnitur aktiv bewegt wird (aber nicht,
wie schnell und mit welcher Kraft das passiert).
Meine Erfahrung aus zwei längeren Probefahrten: Sie messen nur die Kraft.
Wenn sie die denn wenigstens richtig messen würden. Die Trittfrequenz
haben sie bei den verbreiteten Tretlagermotoren ja schon, insgesamt
würde das dann zur Leistungsmessung reichen. Der Yamaha-Motor an dem
Teil, das ich mir näher angeschaut habe, misst aber m.E. eher wie ein
Drehmomentschlüssel, bei dem man ein festes Drehmoment eingestellt hat,
kann also nur feststellen, ob mit einer gewissen Mindestkraft getreten
wird. Damit ergibt sich in der Tat das von Dir (und auch von mir, ich
hatte es bloß nicht so im Detail ausgeführt) beobachtete Verhalten.
Post by Bernhard KraftWenn mit zu viel Kraft auf die Pedale getreten wird, geht der Motor aus.
Wenn mit zu wenig getreten wird, auch. Auch mir ist auch aufgefallen,
daß sich das System ziemlich leicht bescheißen läßt, indem man mit
unnötig hoher Trittfrequenz, aber gerade nur so kräftig tritt, daß der
Drehmomentschalter betätigt wird, man kann das fühlen. An dem Punkt wird
entsprechend dem eingestellten Faktor für den Antrieb, es wird je nach
Einstellung von 0.5 über 1, 1.9 (STD!) bis 2.8 zu irgend einem
Schätzwert zugegeben, der unterhalb von 25 km/h m.E. merklich höher ist
als das, was tatsächlich getreten wird. Hauptschwierigkeit, man ist dann
ohne nennenswerte Eigenleistung derart rapide bei 25, daß man wie gegen
eine Gummiwand fährt. Ich habe es mangels Interesse nicht weiter
ausgelotet, bin aber sicher, daß man, wenn man deutlich unter 25 km/h
bleibt, mit etwas Geschick praktisch ohne Eigenleistung auskommt. Jetzt
verstehe ich auch, warum ich im Stadtwald so viele Pedelecfahrer sehe,
die unmotiviert schnell kurbeln. Die haben das auch rausgefunden.
Umgekehrt wird in der Tat ein kräftiger Antritt massiv bestraft. Ich
hatte das darauf zurückgeführt, daß viel mehr Drehmoment oberhalb der
recht niedrig liegenden Schwelle bei entsprechend reduzierter
Trittfrequenz oberhalb von 6 km/h als "kaum Leistung", wenn nicht sogar
als versuchtes Bremsen interpretiert wird.
Unter dem Strich ist das eine Trainingsmaschine für pessimales
Radfahren. Wer sich von so etwas formen läßt, ist fürs Radfahren im
Wortsinne verloren. Das eine knochentrockene technische Bewertung, keine
ideologische.
Post by Bernhard KraftIch habe mir aber sagen lassen, dass es auch raffiniertere Steuerungen
gibt.
Erzählt wird viel. M.E. ist die Aufgabenstellung nicht klar definiert
und das, was die meisten Leute darunter verstehen, so gar nicht
umsetzbar.
Post by Bernhard KraftIch kenne jemanden, der aus diesen Grund eine besonders kurze
Übersetzung hat und deshalb eine Kettenschaltung. Ich habe mir aber ein
7-Gang Pedelec ausgeliehen und war dann frustriert, dass ich keine Chance
hatte mitzuhalten. Er kurbelte rasant schnell im kleinem Gang an jeder
Kreuzung und an jedem Berg los und ich war einerseits nicht so geschickt im
Runterschalten und andererseits hatte ich erst gar nicht so kleine Gänge.
Das Haibike hat eine 1:1-Übersetzung, vorne und hinten 36 Zähne, insg.
20 Gänge.
Post by Bernhard KraftWenn ich versuchte ihn durch kräftige Reintreten bergauf einzuholen, war
ich gekniffenen, weil dann der Motor aus ging. So lernt man, dass sich
(Eigen-)Leistung nicht lohnt.
Mit dem von mir gefahrenen Teil geht es schon, wenn man es sich vorher
überlegt und durchzuhalten versucht, ich habe aber in den letzten 15
Jahren bis auf eine Ausnahme niemanden gesehen, der mit einem Pedelec so
fährt, und halte es wie gesagt auch für eine Schnapsidee, ein Fahrzeug
so zu bauen, daß es solche Verrenkungen trainiert.
Mein Hausberg direkt um die Ecke hat ein Stück, auf dem es mit 4 % über
2.5 km exakt 100 m hoch geht, von dem habe ich aus alten Zeiten eine
ganze Reihe von Aufzeichnungen mit dem Navi. 620 m davon bin ich lt.
Aufzeichnung mit dem Garmin das Haibike mit Schnitt von 26 km/h
hochgefahren. PyBikepwr rechnet mir für die konkreten Daten ca. 500 W
aus, Kreuzotter kommt für Hollandrad usw. auf einen ähnlichen Wert.
Über die ganze Strecke liege ich, wenn ich einen kurzen Ampelstopp (ca
30 s) rausrechne, auf unter 6 Min und 25 km/h. Mit dem Rennrad bin ich
vor Jahren diese Steigung mit 15 km/h hochgefahren, da war ich
allerdings noch etwas fitter und habe aus der Zeit keine Pulsdaten
(hatte mich nie interessiert).
Kreuzotter wirft mir für die Fahrleistung (4%, 2.5 km mit RR) 160 W aus.
Auf der besagten Pedelecfahrt hatte ich den Pulsgurt um, mittlere HF war
124 Schläge. Aus aktuellen Heimtrainerdaten kann ich ablesen: 164 W über
45 Minuten ergibt typischerweise auch etwa diese 124 Schläge, passt
also.
Was sagt das nun über die Tretunterstützung? Folgendes.
Wenn ich von der gemessenen Herzfrequenz ausgehe, ergibt sich auch
jenseits von 25 km/h noch eine "Tretunterstützung" vom Doppelten der
selber aufgebrachten Leistung.
164 W * 3 = 492 W, d.h. ~ 500 W. Für jedes Watt der eigenen
Tretleistung werden bei 25 km/h zwei Watt Zusatzantrieb zugegeben, aus
164 W werden durch Zugabe von 328 W also 492 W. Nicht nur liegen 328
W deutlich über den nominalen 250 W des Motors, auch würde ich etwas,
das mit 2/3 PS die klassische Pferdestärke zwar nicht ganz, aber doch
fast erreicht, nicht mehr "Unterstützung" nennen, sondern z.B.
"Übernahme", der Motor übernimmt den größten Teil des Antriebs.
Es erfordert allerdings eine ziemliche Konzentration, die Wahl des
richtigen Ganges, vor allem aber Präzision bei der Annäherung an den
Abregelpunkt irgendwo oberhalb von 26 km/h. Zum Glück ist die Straße gut
aspaltiert, breit und - zumindest zu der Zeit, Freitags nach Feierabend
- ziemlich verkehrsarm. Vielleicht geht auch noch mehr, es war immerhin
mein erster und bislang einziger Versuch.
Fazit. Ein nicht getuntes Pedelec liefert am Berg zwar weit mehr
Antrieb, als der Begriff Tretunterstützung suggerieren möchte, aber nur
bei entsprechend angepasster Fahrweise. Ohne die Abregelung würde es
eventuell Spaß machen können, so ist es nur nervig und bei allem Aufwand
auch ziemlich nutzlos, da die gewonnenen paar Minuten dann in der Ebene
und bei leichtem Gefälle bald auch wieder aufgefressen werden. Bei
deutlich weniger eigenem Einsatz dürfte es anders aussehen, für einen
entsprechenden Versuch fehlte mir aber die Gelegenheit.
Im übrigen fährt niemand so. Um einen der ersten Treffer bei der Suche
nach technischen Daten zu zitieren:
"
Yamaha
Herausragend ist das BluePed mit den wohl vielfältigsten Möglichkeiten.
Dieses Modul bietet Ihnen nicht nur außergewöhnlich vielfältige
Einstellungsoptionen - über die Smartphone-App und auf dem E Bike
Display wird stets die korrekte Geschwindigkeit angezeigt. Bewährt ist
auch das BlackPed Modul - das erste Yamaha E Bike Tuning Tool, das sich
per Smartphone-App steuern lässt! Der Klassiker Sx2 Tuning Dongle ist
auch bei Yamaha Mittelmotoren anwendbar und wie gehabt sehr zuverlässig.
Die Badass Box V3.4 ist ebenfalls kompatibel. Neu hinzugekommen ist die
Speedbox 2, das PearTune MSO und das ASA eSpeed Y25.01 mit jeweils
korrekten Werten im Display und einfacher Aktivierung über das Display !
Inzwischen ermöglciht auch das SpeedChip Zugriff auf das E Bike mit dem
PC und Micro USB. Nahezu alle Yamaha Powerdrive Motoren und Yamaha
Syncdrive Motoren, wie auch die neuen PW-X und PW-SE Motoren sind
optimierbar."
"BluePed: Tuning Modul für E Bikes mit Yamaha Mittelmotoren
BluePed (www.blueped.bike) ist ein innovatives Tuning Modul exklusiv für
Yamaha Powerdrive E Bikes (Hersteller: Haibike, Bulls...), bei dem das
LCD- oder LED-Display die korrekten Geschwindigkeitswerte anzeigt (auch
bei aktiviertem Tuning). Sie haben dabei die Möglichkeit, das Modul ganz
bequem über eine praktische Smartphone-App zu steuern (Android &
iPhone). Das BluePed hebt die Geschwindigkeitsbegrenzung des Yamaha
Motors komplett auf, so dass Sie bis zu 75 km/h mit vollem Motorsupport
fahren können. Sie können die Höhe des maximalen Motorsupports übrigens
ganz nach Belieben auf einen individuellen Wert von 15 bis 75 km/h
einstellen. Dank der (kostenlosen) BluePed App haben Sie bei diesem
Yamaha Tuning Tool deutlich mehr Einstellungsoptionen als bei den
meisten vergleichbaren Tuning-Vorrichtungen"
usw. usf.
Wenn Dich also am Berg ein Fahrer oder eine Fahrerin auf einem Pedelec
mühelos mit hohem Tempo überholt, ohne in einer Weise zu kurbeln, die
ein wenig an Training im Ministry of Silly Walks erinnert, ...
--
Wir danken für die Beachtung aller Sicherheitsbestimmungen