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Das Dokument des Grauens -49- Die Mythen: Im Labor von Dr. Frankenstein
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Ralf Ramge
2004-10-15 17:21:39 UTC
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Die Mythen: Im Labor von Dr. Frankenstein

Als Mary Wollstonecraft Shelley im Sommer des Jahres 1816 ihren ersten Entwurf
der Gestalt des Dr.s Frankenstein ersann, konnte sie nicht ahnen, welche
Lawine sie hiermit in Gang setzen würde. Ihr Dr. Frankenstein, ein
Wissenschaftler, welcher dem Tod ein Schnippchen schlagen wollte, deshalb aus
Leichenteilen eine Kreatur zusammensetzte und am Ende zusammen mit ihr den Tod
fand, wurde zum Prototypen des verrückten Wissenschaftlers, des "mad
scientist".
Doch was bedeutet dieses ständige Gerede von einem Prototypen überhaupt, was hat
dieser "mad scientist" bewirkt und was ist seine kulturelle Bedeutung? Wir werden
uns nun auf die Suche nach den Antwort begeben und uns ansehen, inwiefern der
verrückte Wissenschaftler Mary Shelleys für die Entwicklung des Films von
Bedeutung ist.

Aus heutiger Sicht betrachtet, fällt eine Definition des "mad scientist" relativ
leicht. Es handelt sich um einen klischeehaften, stereotypen und fiktiven
Charakter aus dem Gebiet der Belletristik und des Films. Hierbei befindet er
sich in bester Gesellschaft gleichartiger Charaktere wie der "femme fatale",
der "damsel in distress", weiser alter Männer mit langen Bärten oder
proletenhafter Privatdetektive in langen Trenchcoats, Zigaretten im Mundwinkel
und coolen Sprüchen auf der Lippe.
Wie all diese Charaktere von der Stange ist auch der "mad scientist" genauer
definierbar. Es handelt sich bei ihm stets um einen Wissenschaftler (ach was!),
allerdings von einer skurrilen Sorte. Er ist bösartig, sträflich leichtsinnig
oder ganz einfach völlig kirre. Er umgibt sich mit einer Vielzahl eigenartiger
Apparaturen, bei welchen nicht ihre Funktion das Ziel ist, sondern die
Erzeugung möglichst vieler brummender Geräusche, zuckender Blitze und in
Destillierapparaten vor sich hinblubbernder bunter Flüssigkeiten. Egal, was er
tut, er hält sich stets für einen Heilsbringer oder handelt zumindest im
Glauben, das Richtige zu tun; das Böse, welches er bewirkt, sieht er nicht
oder erst dann, wenn es zu spät ist.
Des weiteren haben "mad scientists" die Angewohnheit, am Ende eines Films zu
sterben - und wenn sie es hier nicht schaffen, dann wenigstens am Ende des
nächsten Sequels.
Doch dies war natürlich nicht immer so. Der "mad scientist", wie wir ihn heute
kennen, ist eine historisch gewachsene Figur, deren Ursprung bei Mary Shelley
liegt. Diese historische Entwicklung schauen wir uns nun an. Wir werden hier
eine Reihe von Beispielen bekloppter Wissenschaftler kennenlernen, was sie
bezweckten und wie miserabel ihr Tun endete. Ich heiße Sie willkommen im Labor
von Dr. Frankenstein!(338)


Die Anfänge

Drei Jahrzehnte nach "Frankenstein, or the Modern Prometheus" veröffentlichte
Nathaniel Hawthorne anno 1848 seine Kurzgeschichte "The Birthmark". Hawthorne
erzählt von Aylmer, einem profilierten Wissenschafter, der glücklich mit seiner
Frau Georgiana verheiratet ist. Georgiana hat auf ihrer linken Wange ein
Muttermal und irgendwann beginnt dieses, Aylmer zu stören. Das Muttermal muß
weg. Aylmer steigert sich zunehmend in einen Wahn hinein und das Problem
erscheint ihm so immer dringlicher. Dann macht er auch noch seine anfangs
skeptische Frau verrückt, bis sie das Mal selbst nicht mehr ertragen kann.
Aylmer verschwindet zusammen mit seiner Frau und seinem Golem Aminadab in seinem
Laboratorium und mixt ein Gebräu zusammen, welches das Muttermal bleichen soll.
Georgiana trinkt es - und stirbt.

Aylmer, eine Kreuzung aus Wissenschaftler und Magier (wobei die Grenze zwischen
ihnen damals wahrlich nicht immer sauber zu ziehen war), spielte hier mit
den Mächten der Natur herum und musste bitter dafür bezahlen. Sein Gebräu
bleichte nicht nur die Wange seiner Frau, sondern auch ihre Lebenskraft. Wie
bereits Dr. Frankenstein wusste Aylmer nicht, wo seine Grenzen sind und das
einzige, was ihn noch regierte, waren zwei für {\it mad scientists}
symptomatische Dinge: Übermut und Selbstzweck. Dr. Frankenstein dachte noch,
er betreibe seine Forschungen im Dienste der Allgemeinheit, aber Aylmer war
bereits ein Egomane, der an seiner Frau herumexperimentierte, weil ihm ihr
Aussehen nicht mehr passte, obwohl es ihm zum Zeitpunkt ihrer Heirat nichts
ausgemacht hatte - und dies alles nur, weil er es inzwischen nicht mehr
ertragen konnte, daß irgendetwas in seinem Leben nicht perfekt ist.


Dr. Frankenstein und Aylmers größte Fehler waren, daß sie versuchten, Gott in
sein Handwerk zu pfuschen. Die Geschichten über sie haben einen religiösen
Unterton. Der "mad scientist" aus Robert Louis Stevensons "The Strange Case of
Dr. Jekyll and Mr. Hyde", der im Jahr 1885 das Licht der Welt erblickte,
handelte aus weltlicheren Beweggründen.

Dr. Jekyll möchte beweisen, daß sich jeder Mensch aus einer guten und einer
bösen Seele zusammensetzt und daß die Dominanz einer der beiden Seiten über
den Charakter einer Person entscheidet. Daher mixt er ein Gebräu zusammen,
welches die passivere Seite zum Vorschein bringen soll. So weit, so gut, hier
kann man noch nicht meckern, aber Dr. Jekyll wird in dem Moment suspekt, als
er übermütig beschließt, das Experiment ohne Umschweife an sich selbst
durchzuführen. Die Grenzen der seriösen Wissenschaft läßt er in diesem
Augenblick hinter sich und es verwundert nicht, daß er süchtig nach seiner
selbstgeschaffenen Droge wird. Als Mr. Hyde streunt er durch das nächtliche
London und lebt unerkannt die Triebe aus, welche er sein ganzes Leben lang
unterdrückte. Der unbescholtene und angesehene Arzt wird in der Nacht zu
einem Verbrecher.

Dr. Jekyll war der erste "mad scientist" der Literaturgeschichte, welcher sich
nicht mit Gott anlegte, sondern zunehmend aus purem Egoismus handelte. Spaß an der
Freude war seine Motivation und auch, nachdem er sich der Konsequenzen seiner
Experimente bewußt wurde, dachte er nicht daran, mit ihnen aufzuhören. Dr.
Frankenstein versuchte wenigstens noch, seine Kreatur zu vernichten. Aylmer
hatte keine Zeit mehr, um zu reagieren und musste daher seine Strafe
akzeptieren. Dr. Jekyll hingegen zeigte in seinem Ehrgeiz vor allem Dummheit
in einer neuen Dimension. Er ist der Prototyp des schurkischen Wissenschaftlers,
der in seinem Wahn gegen menschliche Maßstäbe verstößt und nicht nur gegen
göttliche Gebote. Dr. Jekyll sorgt noch heute für Nachfahren in der Welt des
Films, die alle den Fehler begehen, ihr Wissen und ihr Talent für ihre eigenen
Ziele einzusetzen und nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, im Sinne des
Gemeinwohls.


Sechs Jahre nach der Veröffentlichung von Stevensons Roman erschien in Frankreich
Jules Vernes Erzählung "Le château des Carpathes". Verne plünderte hier Motive
Bram Stokers und siedelte die Handlung der Geschichte in dem titelgebenden
Karpathenschloß an. Die hiermit verbundene Assoziation mit dunkeln Schlössern
voller Fledermäuse und heulenden Wölfen war durchaus kalkuliert. Verne reicherte
dieses Ambiente dann noch mit etwas technischem Firlefanz an und plazierte
darüber hinaus noch einen "mad scientist" namens Orfanik in dem Gemäuer.

"Le château des Carpathes" erzählt, wie in einem verlassenen Schloß plötzlich
wieder die Lichter angehen und die Schornsteine zu qualmen beginnen. Wer wohnt
dort? Etwa Geister? Oder gar Dämonen? Der Förster Dic Neck und der Quacksalber
Patak machen sich auf den Weg, um das Geheimnis zu ergründen. Die Reise zum
Schloß endet in gruseligen Erfahrungen und die beiden brechen voller Angst ihre
Expedition ab. Der Reisende Franz von Telek interessiert sich jedoch sehr für
ihren Bericht.
In dem Schloß wohnt der exzentrische Rudolph von Gortz, ein Opernfanatiker der
extremsten Sorte. Um ungebetene Besucher abzuwehren, hat er zusammen mit dem bei
ihm lebenden Erfinder Orfanik eine Fassade aus technischen Spielereien um das
Schloß gezogen, welche ungebetenen Besuchern Angst einflößen und somit
abschrecken sollen.
Franz von Telek sieht sich das Gemäuer genauer an und trifft dort auf die
Operndiva "La Stilla". Diese war ihm einst versprochen, bis sie auf tragische
Art und Weise während eines Auftrittes verstarb. Doch nun steht sie vor ihm!
Rudolph von Gortz muß sie entführt haben!
Doch am Ende findet er heraus, daß "La Stilla" lediglich das Werk von Orfanik
ist. Im Auftrag von Rudolph von Gortz, der die Diva euphorisch verehrt,
konservierte er ihre Stimme auf einer Tonwalze und mit Hilfe komplizierter
technischer Apparaturen wie einer holographischen Kamera schaffte Orfanik es,
lebensechte Bilder der Diva zu erzeugen. Und zum Schluß legt eine Explosion
das Karpathenschloß in Schutt und Asche, wie es sich für das Heim eines "mad
scientists" gehört, denn schließlich dürfen keine Ergebnisse seiner Forschung
der Nachwelt erhalten bleiben.

Im Jahr 1896 verlieh H.G. Wells dem "mad scientist" ein noch nie dagewesenes
Maß an Grauen. In "The Island of Dr. Moreau" wurschtelt Dr. Moreau auf einer
idyllischen Südseeinsel an einem ungeheuren Experiment vor sich hin. Er kreuzt
Eingeborene mit Tieren, um so eine neue Art von Untermenschen zu schaffen.
Der Schiffbrüchige Edward Prendick kommt Dr. Moreau und seinen bestialischen
Experimenten auf die Schliche.
H.G. Wells war ebenso wie Jules Verne ein Autor, welcher stets die aktuellsten
wissenschaftlichen Ideen benutzte, um seine eigenen Visionen der Zukunft zu
entwickeln. In "The Island of Dr. Moreau" brachte er viele Fragen der
Wissenschaft seiner Zeit unter einen Hut. Er behandelte die Gefahren, welche im
unverantwortlichen Umgang mit der Forschung lauern, er stellte die Frage nach
den moralischen Grenzen von Wissenschaftlern und erforschte auf seine Weise
die menschliche Identität und Darwins Evolutionstheorie. Sein Schöpfung des
Dr. Moreau ist die konsequente Weiterentwicklung von Shelleys Dr.
Frankenstein; er verfolgt nicht die Schöpfung neuen Lebens, sondern gleich die
Erschaffung einer neuen Art von Lebewesen. Auch hier kommen wieder religiöse
Motive zum Tragen, die in Kontrast zu Darwins Forschungsergebnissen stehen.
Hat Gott das Leben geschaffen? Oder war es Evolution? Wenn nicht Gott, darf
der Mensch dann eingreifen? Dr. Moreau erhält seine Antwort in Form des
unabwendbaren Niedergangs.


Auch Hanns Heinz Ewers bediente sich des Frankenstein-Motivs, als er im Jahr
1911 "Alraune" erdachte. Ewers war ein von grundauf unbequemer Schriftsteller,
welcher stets darauf erpicht war, die Abgründe der Seele zu erforschen. Ewers
wurde bereits zu Lebenszeiten tabuisiert. Erst wegen seiner ausschweifenden
Drogen- und Alkoholexzesse, doch auch Werke wie "Alraune" und "Horst Wessel"
schufen ihm nicht nur Freunde. 1934 erhielt er totales Schreibverbot und
verfasste von nun an vornehmlich Satiren auf das Dritte Reich. "Alraune" ist
sein bestes Werk.
Der Student Frank Braun, sein Onkel der Geheimrat und der exzentrische
Wissenschaftler Jakob ten Brinken stoßen auf eine Alraunewurzel und den sie
begleitenden Mythos und beschließen, künstliches Leben zu schaffen. Sie
befruchten mit dem Samen eines Lustmörders die Hure Alma Raune. Das Produkt
dieser künstlichen Befruchtung ist Alraune, die Verkörperung dieses Mythos.
Wie auch bereits Dr. Frankenstein gehen Alraunes Schöpfer und ihre
unmittelbare Umwelt durch sie zugrunde.
Als aufmerksamer Leser erinnern Sie sich wohl daran, daß "Alraune" bis zum
Jahr 1930 vier Verfilmungen des Stoffes nach sich zog. Auf Details der Handlung
müssen wir daher wohl nicht weiter eingehen. Falls Sie mehr über dieses Frühwerk
des erotischen Horrors erfahren möchten, dann lesen Sie am besten gleich den
originalen Roman. Er ist locker geschrieben, unterhaltsam und sollte in keiner
Sammlung der Horrorliteratur fehlen.


Die weitere Entwicklung des "mad scientists" lag von nun an hauptsächlich in
den Händen der Filmindustrie. Und dort gab man sich durchaus Mühe, den
durchgeknallten Wissenschaftler in den Genres des Horrors und der Science
Fiction zu etablieren. Der erste Film, welcher einen "mad scientist" einem
großen Publikum nahebrachte, war "DAS CABINET DES DR. CALIGARI" (1919).
Sicher, es gab schon zuvor Kurzfilme, welche verrückte Wissenschaftler
zeigten, allen voran natürlich "FRANKENSTEIN" (1910) und fünf Adaptionen von
"The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde". Aber diese Filme transportieren
entweder den verrückten Wissenschaftler nicht auf die Leinwand, es mangelt
aufgrund schlecht oder gar nicht ausgearbeiteter Charaktere an dem notwendigen
psychologischen Tiefgang oder sie sind schlichtweg zu kurz, um sich auf den
Wissenschaftler so zu konzentrieren, wie es notwendig wäre, um ihn als Bösewicht
zu etablieren.
"DAS CABINET DES DR. CALIGARI" (1919) hingegen machte Caligari zur heimlichen
Hauptperson des Films. Caligari ist ein Hypnotiseur, welcher mit dem
Schlafwandler Cesare durch die Lande zieht und diesen auf Jahrmärkten
präsentiert. Einst ein angesehener Mediziner, fühlt sich Caligari nun zu
dem Verbrechen hingezogen und veranlaßt Cesare, Diebstähle und Morde zu begehen.
Dr. Caligari liefert jedoch nur das Grundgerüst des "mad scientists". Verrückt
ist er und ein Wissenschaftler ist er auch, aber er ist etwas zu verbrecherisch
orientiert und forscht nicht aktiv. Man könnte ihn auch durch einen Gangsterboß
wie Dr. Fu-Manchu ersetzen, es würde genauso funktionieren. Doch Dr. Caligari
wurde zu einer Kultfigur und sein Name zu einem geflügelten Wort. Als der
psychotische ehemalige Irrenarzt mit kriminellen Anwandlungen stand er für eine
ganze Reihe von Superschurken Pate und galt während der Stummfilmzeit als Symbol
für die Fehltritte der Wissenschaft.


Ein Jahr später schlug die Stunde von Dr. Jekyll in "DR. JEKYLL AND MR. HYDE"
(1920,I). Auf diesen Film werden wir zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zu
sprechen kommen, weshalb wir ihn jetzt locker und flockig überspringen. Denn im
Jahr 1925 wartet ein weiteres Exemplar aus der Gattung des "mad scientists" auf
uns. Dieser Physiker hat sich der Science Fiction verschrieben, aber verrückt
ist er allemal.

In René Clairs "Paris qui dort" (1925) erwacht eines Tages ein junger Mann
namens Albert. Alles sieht völlig normal aus, bis er die Straßen von Paris
betritt. Sie sind wie ausgestorben und es scheint, als sei er der einzige Mensch
in der Stadt. Albert irrt einige Zeit verwundert umher. Nach einiger Zeit trifft
er zwar noch auf einige andere Personen, genauer gesagt einen reichen Mann,
einen Piloten und eine Flugreisende, aber Paris ist wie leergefegt. Da sie nichts
besseres mit ihrer Zeit anzufangen wissen, nisten sich Albert und seine neuen
Bekanntschaften in der luftigen Höhe des Eiffelturmes ein.
Der Grund für die ausgestorbene Stadt ist, wie könnte es anders sein, ein "mad
scientist". Der etwas wirre Physiker hat in seinem Haus ein Strahlenexperiment
durchgeführt und hierbei aus Versehen die Zeit eingefroren. Aus diesem Grunde
steht Paris still.
"Paris qui dort" (1925) war Vorbild für einige Filme, welche sich des Motivs der
entvölkerten Großstadt bedienen. Die bekanntesten Nachzieher sind "THE OMEGA
MAN" (1971) und "28 DAYS LATER" (2002). Doch in keinem von ihnen liegt die
Ursache in einem trotteligen Wissenschaftler, der einen Hebel umlegt, ohne
sich vorher über die Konsequenzen Gedanken zu machen.


Noch im gleichen Jahr präsentierte Roland West seinen Film "THE MONSTER" (1925).
In diesem Film spielt Lon Chaney den psychotischen Irrenarzt Dr. Ziska, welcher
sich in einem verlassenen Irrenhaus einnistet und dort mit der Unterstützung
seiner Gehilfen Caliban und Rigo seine ganz privaten Forschungen betreibt.
Als Nachschub für seine Experimente bedient sich Dr. Ziska der Einwohner eines
nahegelegenen Örtchens und Durchreisender, welche Rigo mit skurrilen Methoden
wie einem auf die Straße herabgelassenen riesigen Spiegel, der Autos in den
Graben fahren läßt, für ihn einsammelt.
Als Dr. Ziska die hübsche Betty und ihren Begleiter Amos entführt, ruft er
Johnny auf den Plan, der Betty ziemlich anhimmelt. Johnny wird Zeuge, wie
Dr. Ziska versucht, die Seelen von Betty und Amos die Körper tauschen zu lassen.
Doch Ziska hat die Rechnung ohne Johnny gemacht. Nach einigen atemberaubenden
Abenteuern wie zum Beispiel ein Kampf zwischen Johnny und Rigo auf
Telegraphenmasten, wird Dr. Ziska von Johnny ausgetrickst, auf einem
elektrischen Stuhl festgeschnallt und gegrillt.

Hier haben wir ihn endlich, den bösen und gemeinen "mad scientist" par
excellence! Lon Chaneys Dr. Ziska sollte Heerscharen von Nachfolgern hinter sich
herschleppen. Dies liegt nicht unbedingt in der Qualität dieses Films begründet,
denn "THE MONSTER" (1925) war lediglich erfolgreich und kein legendäres
Meisterwerk des Kinos und früher oder später wäre diese Entwicklung auch
anderweitig vollzogen worden, aber "THE MONSTER" (1925) gehört hier zu den
großen Pionieren.


Was Dr. Ziska noch fehlte, lieferte Fritz Lang eineinhalb Jahre später mit
"METROPOLIS" (1926) nach: einen "mad scientist" mit wirrem Haar und irrem Blick.
In diesem Film lernen wir den Erfinder Rotwang kennen, ein völlig verrücktes
Genie. Rotwang ist besessen von seiner vergangenen Liebe zu einer Frau namens
Hel. Diese wurde ihm von Joh Fredersen, dem Magistraten von Metropolis,
ausgespannt und starb bei der Geburt ihres Sohnes Freder. Hel bestimmt Rotwangs
Leben immer noch so sehr, daß er einen Roboter baut, welcher Hel ersetzen soll.
Auf Anweisung Joh Fredersens verleiht er dem Roboter das Antlitz von Maria, der
Leitfigur einer stillen Revolution, welche gegenseitiges Verständnis zwischen
der Oberschicht und der Arbeiterklasse propagiert. Hel soll als Doppelgänger
Marias einen beruhigenden Einfluß auf die Arbeiter der Stadt ausüben. Wie jede
Arbeit eines "mad scientist" geht dies jedoch gehörig schief; Hel erweist sich
als unkontrollierbar und hat nur Chaos und Zerstörung im Sinn.


Diese grundsteinlegenden "mad scientists" fanden durchaus ihre Trittbrettfahrer
in anderen Filmen der Stummfilmzeit, keine Frage. Aber dies waren dann wirklich
nur Kopien. So richtig los ging es dann in den 30er Jahren, in welchen die
alten Forscherlegenden und auch ein Neuankömmling dann so richtig loslegten und
die Welt des Films dauerhaft prägten. Diese drei gemeingefährlichen Weißkittel,
nämlich Dr. Frankenstein, Dr. Jekyll und Jack Griffin, sind bis heute einfach
nicht totzukriegen. Und gegen Ende der 50er Jahre kam dann noch André Delambre
mit ins Spiel, der einen komplett neuen Einfall hatte, und mit diesem ebenfalls
heftig gegen die Wand lief - aber nicht, ohne sich vorher noch Erben seines
aberwitzigen Einfalls zu suchen, welche den Irrsinn noch weiterhin am Leben
erhalten. Jetzt ist es an der Zeit, Ihnen diese gebildeten Herrschaften einzeln
vorzustellen.



Curriculum Vitae: Baron Frankenstein

Victor Frankenstein wurde in Neapel geboren, als jüngster Sproß einer
traditionsreichen und angesehenen Familie. In seinem väterlichen Stammbaum finden
sich vor allem Beamte und auch sein Vater war noch im Dienste des Staates tätig,
bis er die Tochter eines verstorbenen Freundes, Caroline, heiratete. Caroline
war von kränklicher Natur und so begaben sich die Frankensteins auf häufige
Reisen und auf einer solchen erblickte der kleine Victor das Licht der Welt.
Victor wuchs mit Elisabeth Lavenza auf, der Tochter eines Adeligen aus Mailand.
Elisabeths Mutter war im Kindbett gestorben und ihr Vater, ein glühender
Revoluzzer, fand einen gewaltsamen Tod. Die Frankensteins nahmen die verwaiste
und verarmte Elisabeth in ihre Familie auf und im Laufe der Jahre entwickelten
sich zwischen Victor und Elisabeth die zarten Bande gegenseitiger Zuneigung.

Victors Leidenschaft für die Wissenschaft wurde bereits geweckt, als er gerade
mal 13 Jahre alt war. Er war zutiefst beeindruckt von der Arbeit klassischer
und belächelter Alchemisten wie Paracelus, Cornelius Agrippa und Albertus
Magnus. Er verschlang ihre Bücher und folgte ihren Motiven, doch als er Zeuge
eines Blitzschlages wurde, welcher eine alte Eiche in Brand setzte, wandte er
sich diesen alten Idolen ab. Es war die Zeit der Aufklärung und die Elektrizität
und der Galvanismus waren eines der aufregendsten neuen Themen der
zeitgenössischen Forschung. Victor war von diesen Beobachtungen fasziniert.

Als Victor 17 Jahre alt wurde, schickten seine Eltern ihn zur Universität im
bayerischen Ingolstadt. Der Gedanke hinter dieser Ausbildung war, Victor etwas
liberalere Wissenschaft zu vermitteln. Doch dieser Versuch schlug fehl. Victors
Studienzeit war geprägt von Konflikten und Auseinandersetzungen mit seinen
Professoren, welchen er des öfteren seine Ansichten von Wissenschaft und
Forschung unterbreitete und sie aufforderte, ihr eigenes Verständnis der
Naturwissenschaften gründlichst zu überdenken.

Die Aufklärung war eine noch junge Form der Wissenschaft und Reibungspunkte mit
seinen in der traditionellen Forschung verwurzelten Professoren unvermeidlich,
doch einer von ihnen erwies sich hier als toleranter. Professor Waldmans
Forschung war unter den Kollegen äußerst umstritten, denn er erforschte die
Natur und Gottes Schöpfung und hinterfragte sie, anstelle sie als Gegebenheit zu
betrachten. Er erforschte den Blutkreislauf, die Atmung und die Luft, welche wir
atmen. Er kollidierte somit regelmäßig mit der alteingesessenen religiösen
Philosophie, welche in den Hörsälen verbreitet wurde, doch in Victor fand er
einen willigen Gehilfen. Waldman begann, Victor aktiv zu fördern, denn er war
stark interessiert an einer Verbindung der alchemistischen Philosophien mit
der aufgeklärten modernen Wissenschaft. Victor stürzte sich voller Begeisterung
in die Arbeit - zu sehr, denn nach zwei Jahren der Forschung begann er, das
Gefühl für die richtige Relation zwischen Wissenschaft und Moral zu verlieren.
Während es noch durchaus als angemessen erscheint, elektrische Experimente mit
Froschschenkeln durchzuführen, trieb ihn sein Ehrgeiz so sehr an, daß er begann,
Gott ins Handwerk zu pfuschen und sich somit auch von den Zielen der
Wissenschaft seiner Zeit abzuwenden. Es ging ihm nicht mehr darum, das Leben zu
verstehen. Stattdessen wollte Frankenstein den Tod besiegen und neues Leben
aus totem Gewebe erschaffen.


Victor Frankenstein war erstmals in "FRANKENSTEIN" (1910) auf der Leinwand zu
sehen, aber seinen ersten großen und seiner Person gerecht werdenden Auftritt
hatte er in James Whales "FRANKENSTEIN" (1931). Nun war er nicht mehr zu einem
Auftritt als Randfigur verdammt, sondern konnte die Bühne endlich für sich
selbst und seine Experimente, und später seinen Wahnsinn, nutzen.

Für "FRANKENSTEIN" (1931) änderte er seinen Namen in Dr. Henry Frankenstein.
Zusammen mit seinem Assistenten Fritz plünderte er Friedhöfe und schleppte
frisch beerdigte Leichname in sein Laboratorium, um aus ihren Körperteilen den
perfekten, künstlichen Menschen zu formen. Für einen perfekten Menschen benötigt
man jedoch ein perfektes Gehirn und so befahl Frankenstein seinem Assistenten,
aus der Universität ein solches zu stehlen. Doch Fritz beschädigte das Gehirn und
brachte somit jenes eines abnormalen Verbrechers zurück. Der nichtsahnende
Frankenstein implantierte dieses Gehirn und mit Hilfe eines Gewittersturms
gab er seiner zusammengenähten Kreatur das Leben.

Frankenstein beging hier einen kapitalen Fehler. Dieser Fehler war, daß
Frankenstein viel zu zweckorientiert arbeitete, als er seine Kreatur
zusammensetzte. Er war sich nicht darüber im Klaren, daß ein sauberes Design
ebenso wichtig ist wie ein reibungsloses Funktionieren des Produkts, wenn es
nicht nur Entsetzen unter den Mitmenschen verbreiten soll. Doch seine Kreatur
war genau das Gegenteil einer charismatischen Gestalt. Ein massiger, mit
Narben bedeckter Körper, ein schon beinahe rechteckiger Kopf und zwei Elektroden
an seinem Hals erweckten nicht den Eindruck, als ob dieser Geselle ein
angenehmer Umgang wäre. Nachdem die Kreatur aus Frankensteins Laboratorium
ausgebrochen war und sich in der näheren Umgebung Morde ereigneten, stand
die Schuldfrage ohne Umschweife fest. In einer alten Windmühle kam es zu
der vorerst letzten Begegnung zwischen Frankenstein und seiner Kreatur, während
sich vor der Mühle der Mob versammelte und das Gebäude in Brand steckten.

Henry Frankenstein zeigte von Anfang an, daß er der bis dahin übelste "mad
scientist" sein würde. Er trug nicht nur die Verantwortung für die Toten,
welche auf das Konto seiner Kreatur gingen, sondern er hätte das Experiment nie
durchführen dürfen - zumindest nicht auf diese Art und Weise. In dem Moment,
in welchem Frankenstein den Beschluß fasste, eine solche Kreatur zu erschaffen,
verließen ihn jegliche Skrupel. Seine persönlichen Ziele waren ihm von Beginn an
wichtiger als die Werte der Gesellschaft und somit erschien es ihm
fälschlicherweise als gerechtfertigt, Leichen aus ihren Gräbern zu puhlen und
Gehirne zu stehlen. Frankenstein fühlte sich jedoch nicht nur im Recht, sondern
auch noch als Heilsbringer. Dummerweise sahen seine Mitbürger dies jedoch
anders und so trat der Lynchmob in Aktion, um das Problem Frankenstein ein für
allemal aus der Welt zu schaffen. Aber sie sollten sich gehörig verschätzen.


Vier Jahre nach dem vermeintlichen Tod Frankensteins und seiner Kreatur erfuhr
die Welt in "BRIDE OF FRANKENSTEIN" (1935), daß sich beide aus den rauchenden
Überresten der Windmühle befreien konnten. Henry Frankenstein schien durch
die Geschehnisse zur Besinnung gekommen zu sein und sein Interesse an
zusammengenähten Leichnamen hielt sich seit seinem grandiosen Fehlschlag in
Grenzen. Die Kreatur selbst irrte durch den Wald und schloß Freundschaft mit
einem blinden Einsiedler. Eigentlich hätte Frankensteins Biographie nun wieder
ein glückliches Ende erhalten können.
Aber dies wurde durch einen anderen "mad scientist" vereitelt, der noch einen
ganzen Schlag verrückter als Frankenstein war. Dr. Pretorius experimentierte
selbst mit der Erschaffung von Leben und hatte sich bereits erfolgreich ein
Sortiment klitzekleiner Menschen, sogenannter "Homunculi", gebastelt. Doch
mit diesen menschlichen Püppchen war Dr. Pretorius nicht zufrieden. Er strebte
nach dem ganz großen Ding.
Als Dr. Pretorius Frankensteins Kreatur begegnete, die sich erneut vor den
Menschen verstecken mußte, schmiedeten die beiden eine Allianz. Die Kreatur war
völlig alleine und sehnte sich nach Gesellschaft, Pretorius wollte ebenfalls
eine eigene Kreatur erschaffen - da hatten sich also die beiden Richtigen
getroffen.
Aber Dr. Pretorius war sich bewußt, daß er ohne die Kenntnisse Frankensteins
hier völlig aufgeschmissen sein würde. Doch Frankenstein verweigerte ihm die
Zusammenarbeit, denn gebrannte Kinder scheuten schon damals das Feuer. Deshalb
wies Dr. Pretorius die Kreatur an, Frankensteins geliebte Braut Elizabeth zu
entführen.
Durch diese Geiselnahme sah Henry Frankenstein keine andere Wahl, als mit Dr.
Pretorius die Arbeit an einer Braut für die Kreatur zu beginnen. Doch kaum
waren die ersten Schritte getan, verfiel Henry Frankenstein erneut in das
Delirium eines Forschers, der seine eigenen Grenzen nicht mehr wahrnimmt. Die
künstliche Braut wurde erneut zu seiner großen Vision und dieses Mal schaffte
Frankenstein es auch, die groben Designfehler seiner ersten Arbeit zu vermeiden.

Doch auch jetzt blieb ihm das Glück nicht hold und er musste erneut für seine
Verfehlung bezahlen. Als die Braut ihren zukünftigen Lebenspartner erblickte,
brach sie in Schreie des Entsetzens aus. Diese Abweisung war zuviel für die
hoffnungsfrohe männliche Kreatur und der darauf folgende Anfall von Rage endete
in mehreren Explosionen, welche die beiden unnatürlichen Geschöpfe und Dr.
Pretorius unter den Trümmern des Laboratoriums begruben. Henry Frankensteins
Leiche wurde in den Ruinen jedoch nie gefunden. Er und Elizabeth schafften es
in letzter Sekunde, dem Ort des Grauens zu entfliehen.


Nun sollte eigentlich wieder alles in Ordnung sein. Frankenstein hatte nun die
Nase wohl endgültig voll und war mit seiner Elisabeth in ein normales Leben
zurückgekehrt. Dr. Pretorius und die beiden Kreaturen verwesten unter dem
Schutt. Aber war die heile Welt nicht auch bereits nach dem Abfackeln der
Windmühle in "FRANKENSTEIN" (1931) verhießen worden? Die Einwohner der kleinen
Stadt am Fuße von Frankensteins Schloß blieben skeptisch. Dementsprechend waren
sie nicht gerade entzückt, als in "SON OF FRANKENSTEIN" (1939) plötzlich ein
junger Mann in der Stadt eintraf, der sich als Baron Wolf von Frankenstein
ausgab und das Erbe seines Vaters antreten wollte. Im Gegenteil, die
Alarmglocken schellten sofort in den Köpfen der älteren Dorfbewohner. Aber
darf man einen Sohn für die Taten seines Vaters verantwortlich machen?

Nun, dürfen vielleicht nicht, aber sinnvoll wäre es in diesem Falle allemal
gewesen.
Wolf von Frankenstein hatte zwar Kenntnis von den Experimenten seines Vaters und
daß damals nicht alles so optimal verlaufen ist wie von diesem erhofft. Und er
hatte auch mit diesen Experimenten nichts am Hut. Aber der Apfel fällt nicht
weit vom Stamm. Als Wolf von Frankenstein das alte Laboratorium seines Vaters
besichtigte, stieß er auf einen zwielichtigen Buckligen namens Ygor. Ygor
berichtete, daß die Kreatur keineswegs gestorben war, sondern in seiner Obhut
in einem tiefen Koma liege. Und Wolf von Frankenstein sah sich genötigt, das
Monster erneut zum Leben zu erwecken.
Doch Wolf von Frankenstein vermasselte den Versuch. Das glaubte er zumindest,
aber er hatte die Rechnung ohne Ygor gemacht. Ygor war nämlich einst zum Tod
durch Erhängen verurteilt worden und nun wurden diejenigen, welche Ygor einst
fassten und verurteilten, einer nach dem anderen ermordet.
Natürlich lag der Gedanke nahe, daß Wolf von Frankenstein irgendetwas mit den
Morden zu tun haben müsste und ein Inspektor begann mit Ermittlungen. Es stellte
sich heraus, daß die Kreatur in der Tat wieder aktiv war und von Ygor gelenkt
wurde.
Baron Wolf von Frankenstein erschoß daher Ygor. Die Kreatur indes verlor
hierdurch jeden noch so kleinen Funken von Verstand, denn Ygor war ihr einziger
Freund gewesen. In einem Anflug von Rache entführte sie Wolfs kleinen Sohn. Doch
Wolf von Frankenstein gab sich nicht geschlagen und versenkte die Kreatur
schließlich in einer Schwefelgrube.


Baron Wolf von Frankenstein war ein Skeptiker, welcher einen Fehler beging und
diesen wieder gutmachte. Eigentlich ist er ein tragischer Held, der nur
ausbadete, was sein durchgeknallter Vater einst angerichtet hatte. Aber seine
Korrektur des Fehlers seines Vaters hatte gleich mehrere Schönheitsfehler:

1. Mittlerweile hätte ihm klar sein müssen, daß die Kreatur erst dann tot ist,
wenn er ihre Leiche vor sich sieht.
2. Ygor war nicht wirklich tot, er schlief nur.
3. Wo ein Sohn ist, ist manchmal auch ein Bruder. Dieser Bruder hieß Dr. Ludwig
Frankenstein.

Das Unheil nahm dementsprechend umgehend seinen Lauf, als Ygor in "GHOST OF
FRANKENSTEIN" (1942) seinen malträtierten Sklaven zu Ludwig brachte.
Ludwig, der sich in einer anderen Stadt niedergelassen hatte, um dem Ruf
seiner Familie zu entgehen, war darüber auch nicht sehr erfreut. Ygor begann,
Ludwig zu erpressen, damit er der Kreatur helfe. Ludwig erkannte, daß das
Monster venichtet werden müsse, aber er war ein nach strengen ethischen
Maßstäben lebender Mensch, der nie und nimmer ein Leben zerstören würde, und
sei es auch nur jenes eines Untoten.
Schließlich fand Ludwig eine vermeintliche Lösung. Der hochintelligente Dr.
Kellering war der Kreatur zum Opfer gefallen und Ludwig kam auf die Idee, das
böse Gehirn der Kreatur durch jenes Dr. Kellerings zu ersetzen.
Doch Ygor hatte einen anderen Plan. Seines deformierten Körpers überdrüssig
beschloß er, sein Gehirn in den mächtigen Körper der Kreatur verpflanzen zu
lassen. Mit Hilfe des auf Ludwig neidischen Dr. Bohmer vertauschte er Kellerings
Gehirn mit seinem eigenen. Somit erwachte die Kreatur zu neuem Leben und war
bösartiger als je zuvor.
Zum Glück versammelte sich vor dem Haus Frankensteins bereits der
allgegenwärtige Mob auf der Straße.


Ein "mad scientist", eine Braut, zwei Söhne ... was fehlt da noch? Genau!
Eine Tochter!

Die Art und Weise, wie diese ins Spiel kam, war jedoch recht skurril.
In "FRANKENSTEIN MEETS THE WOLF MAN" (1943) öffneten Grabräuber die letzte
Ruhestätte von Larry Talbot, der in den beiden Jahren zuvor als Wolfsmensch
durch die Nacht streifte. Eigentlich sollte Talbot tot sein, aber der Fluch
der Zigeuner, welcher auf ihm lastete, erweckte ihn wieder zum Leben. Talbot
war jedoch alles andere als glücklich darüber, denn der Zwang, sich bei Vollmond
in einen Werwolf zu verwandeln und unschuldige Menschen zu töten, bereitete ihm
psychische Probleme. Daher ist es durchaus verständlich, daß er diesen Fluch
unbedingt loswerden wollte, aber warum in aller Welt konnte ihm nichts
dämlicheres einfallen, als ausgerechnet den Fachmann in Sachen lebender Toter,
Dr. Henry Frankenstein, um Hilfe bitten zu wollen?

"FRANKENSTEIN MEETS THE WOLF MAN" (1943) zeigte unmißverständlich auf, daß sich
der Horrorfilm in einer Krise befand. In den 30er Jahren hatte Universal mit
seinen ungeheuer erfolgreichen Filmserien über Frankenstein, Dracula, die Mumie
und den Unsichtbaren Mann den Markt dominiert und eine große Menge Sequels auf
den Markt geworfen, aber nun war die Luft raus. Dr. Frankenstein traf es
besonders hart, denn seine gefürchtete Kreatur war inzwischen zu einer Ikone
des Horrors geworden, zu einer festen Institution in der Welt des Films. Doch
Dr. Frankenstein war mehr oder weniger zu Grabe getragen, seine Nachkommen
hatten bereits zwei Auftritte und den Autoren gingen die Ideen aus. Um noch
weiterhin mit den großartigen Horrorgestalten Geld verdienen zu können,
entschloß sich Universal zum ersten Mal in der Firmengeschichte zu einem
radikalen Schritt und legte zwei Franchises zu einem Film zusammen. Man verband
damit die Hoffnung, mit der schwindenden Anziehungskraft zweier Filmmonster noch
einmal die Kasse klingeln zu lassen. Mit dieser Aktion leitete Universal
den Untergang der Horrorgestalten und des ganzen Horrorgenres ein, denn im Laufe
der nächsten Jahre degenerierten die ehemaligen Alpträume der Leinwände immer
weiter, bis sie schließlich als scheintote Statisten in Slapstick-Komödien ein
Schattendasein fristeten(338).


Ein Jahr später wurde Frankensteins Monster erneut zum Leben erweckt, diesmal
jedoch ohne die Beteiligung eines Familienmitglieds der Frankensteins, aber
dafür durften ein anderer "mad scientist", ein Buckliger, der Wolfsmensch und
auch gleich noch Graf Dracula nach Kräften mitmischen. In "HOUSE OF
FRANKENSTEIN" (1944) hegte Dr. Niemann den Plan, seinem berühmten Kollegen
Dr. Frankenstein nachzueifern. Niemann hatte jedoch ein ernstzunehmendes
Problem: er saß im Knast. Dort verbrachte er seine Zeit damit, seinen Wächtern
irgendwie Kreide abzuluchsen und die Wände seiner Zelle mit wilden,
geheimnisvollen Formeln vollzukritzeln, welche heute jedes Schulkind würde lösen
können, aber die auf geheimnisvolle Art und Weise mittlerweile in Vergessenheit
geraten sind.
Doch eines Tages gelang Dr. Niemann und seinem buckligen Diener die Flucht aus
ihrem Gefängnis. Wieder in Freiheit trafen sie auf den mysteriösen Professoren
Bruno Lampini, der als Schausteller die Lande bereiste und als seine
Hauptattraktion den Sarg des Grafen Dracula nebst sauber gepfähltem Inhalt mit
sich führte. Dr. Niemann brachte Daniel dazu, Professor Lampini abzumurksen und
nahm fortan die falsche Identität des Schaustellers an. Denn Dr. Niemann wollte
sich an all jenen rächen, welche ihn einst ins Gefängnis brachten und es liegt
ja wohl auf der Hand, daß er hierzu, quasi als Grundvoraussetzung, zuerst die
unheiligen Überreste des Grafen Draculas, des Wolfsmenschen und natürlich
Frankensteins Kreatur wieder zum Leben erwecken musste!
Es ist offensichtlich: Dr. Niemann hatte einen gewaltigen Dachschaden. Umso
befremdlicher wirkt im Rückblick, daß sein eigenartiges Treiben durchaus
ernstgenommen wurde. Aber die Geschichte endete wie alle bisherigen Abenteuer,
zu welchen "mad scientists" aufbrechen, nämlich mit einer für sie unangenehmen
Überraschung. Nachdem sich diverse Beteiligte der Geschichte nicht so
verhielten, wie sich das Dr. Niemann ursprünglich vorgestellt hatte, packte er
seine Sachen zusammen und verschwand auf Nimmerwiedersehen.


Graf Dracula fand diese Begegnung mit Frankensteins jämmerlichem Nachahmer
jedoch offenbar recht spaßig, denn schon im Jahr darauf lud er zu einem erneuten
Zusammentreffen im "HOUSE OF DRACULA" (1945).
Graf Dracula befand sich damals in einer Lebenskrise und mochte einfach kein
böser Vampir mehr sein. Zumindest erweckte Graf Dracula den Anschein, daß dem
so wäre, als er in die Praxis von Dr. Edelman marschierte und ihn um Hilfe
anflehte. Aber Dracula war schon immer ein durchtriebenes Kerlchen gewesen
und natürlich war dies nur ein Trick, um mit möglichst geringem Aufwand seine
Beißerchen in den Hals von Dr. Edelmans knackiger Assistentin schlagen zu können.
Diese Masche hatte sich Graf Dracula offensichtlich von Larry Talbot, dem
Wolfsmenschen, abgeschaut, denn dieser irrte immer noch durch die Gegend und
suchte nach einem Mittel, um seinen unkontrollierbaren Hang zur Lykanthropie
loszuwerden. Und wie es der Zufall so will, landete auch Talbot in Dr. Edelmans
Praxis. Doch dessen Heilungsversuch schlug fehl und somit beschloß Talbot,
das Problem zu lösen, indem er sich von einer hohen Klippe stürzte.
Und erneut schlug der Zufall zu, denn in seinem Zustand erhöhter Depressionen
stolperte Talbot in einem Geflecht aus unterirdischen Höhlen über die im
Tiefschlaf befindliche Kreatur Frankensteins. Und erneut kam es wie es kommen
musste und die drei Geschöpfe der Dunkelheit machten sich gegenseitig die Hölle
heiß.


Es hatte also nicht lange gedauert, bis Frankensteins Kreatur nach dem
Verschwinden ihres Schöpfers zu einem Statisten auf der Bühne verkam. "HOUSE
OF DRACULA" (1945) war der erste Film, in welchem Frankenstein nicht mehr
im Titel aufgeführt wurde.
Aber es sollte noch schlimmer kommen. Drei Jahre dauerte es, bis er den zwei
größten Trotteln zum Opfer fiel, welche die Leinwände bevölkerten, denn dann
hieß es "BUD ABBOTT AND LOU COSTELLO MEET FRANKENSTEIN" (1948).
Durch Universals Firmenpolitik und die Schrecken des zweiten Weltkrieges war
zu diesem Zeitpunkt das Horrorgenre so gut wie tot. Nur noch kleine Studios
wie Republic Pictures blieben dem Genre treu, aber die großen Filmfabriken
Hollywoods zeigten dem Horrorfilm bis auf wenige und eher zufällige Ausnahmen
die kalte Schulter. Was das amerikanische Publikum jetzt sehen wollte, waren
Komödien. Und die einstigen Ikonen des Horrors mussten dies ebenfalls ausbaden.
Frankensteins Monster, Graf Dracula und Larry Talbot erwischte es natürlich
wieder als erste.

Die beiden etwas exzentrischen veranlagten Frachtarbeiter Wilbur Grey und Chick
Young stießen bei ihrer Arbeit auf einige Kisten aus dem fernen und dunklen
Europa. In diesen Kisten, welche für ein Gruselkabinett bestimmt waren, ruhten
Graf Dracula und Frankensteins Monster. Dracula erwachte und schaffte es, in
Begleitung des stark geschwächten Monsters zu entfleuchen.
Wo Graf Dracula und die Kreatur auftauchten, war damals Larry Talbot nicht
weit entfernt. Talbot war erneut recht sauer auf den blutdürstenden Grafen
und gedachte, diesem den Garaus zu machen. Doch Graf Dracula hatte andere
Pläne. Draculas Plan war, Frankensteins inzwischen doch schon recht
angeschlagener Kreatur durch ein neues Gehirn zu alter Frische zu verhelfen
und, welch Teufel den Grafen hier nun wieder geritten haben mag, ausgerechnet
der tollpatschige Wilbur sollte hierfür als Organspender herhalten.
Graf Dracula versuchte sich hier als "mad scientist" und beging natürlich
die gleichen Anfängerfehler wie seine Vorgänger und schlimmer noch, er suchte
sich für den Gehirntransfer ausgerechnet eine Vollmondnacht aus. Larry Talbot
vermasselte ihm dementsprechend die Show und es kam zu einem letzten Gefecht
zwischen den drei Horrorgestalten.

Es gibt kaum einen von Horrorfans mehrgehassten Film als "BUD ABBOTT AND LOU
COSTELLO MEET FRANKENSTEIN" (1948). Universal hatte in den sechs Jahren zuvor
seine Horror-Franchises erst zu Tode malträtiert und mit diesem Film wurden
sie, und letztlich auch das Horrorgenre, zu Grabe getragen. Mit Horrorfilmen
konnte man kein Geld mehr verdienen. Nur einige kleinere Labels schlugen sich
noch damit durch, produzierten aber fast ausschließlich billige und in der
Regel auch miese B-Pictures. Universal war von der Unbrauchbarkeit der alten
Horrorgestalten derart überzeugt, daß sie die Filmrechte an den Figuren
des Grafen Dracula, Frankensteins und der Mumie etwa gegen Mitte der 50er Jahre
für einen Apfel und ein Ei an eine kleine englische Firma verkauften, die
Hammer Studios. Und es dauerte nicht lange, bis Victor Frankenstein erneut
auf die Leinwand zurückkehren durfte. Doch dieses Mal sollte er im Mittelpunkt
stehen und nicht nur sein Geschöpf.

In "THE CURSE OF FRANKENSTEIN" (1957) kehrte Victor Frankenstein zurück. Dieses
Mal durfte er seinen tatsächlichen Vornamen tragen, ein echter Baron sein und
noch mehr als das, denn nun erstrahlte er in prachtvoller Farbe und im
Breitwandformat.
Nach dem Tod all seiner Familienmitglieder widmete sich Baron Victor
Frankenstein der Forschung. Er lernte Dr. Paul Krempe kennen, der die Rolle seines
Lehrers und Mentoren übernahm. Im Laufe der Zeit wurde aus der beiden Verhältnis
eines Schülers zu seinem Lehrer eine echte Zusammenarbeit unter gleichwertigen
Kollegen. Ihr wissenschaftliches Interesse lag, ganz in Frankensteins bisheriger
Tradition, in der Verlängerung des Lebens.
Doch nachdem sie erfolgreich einem Haustier neues Leben eingehaucht hatten,
erkannte Dr. Krempe die Verwerflichkeit derartiger Experimente und zog sich aus
dem Projekt zurück. Dr. Frankenstein hingegen wurde nicht von Skrupeln geplagt
und betrieb die Forschungen alleine weiter.
Dr. Krempe wurde zu einem Gegenspieler Frankensteins, als dessen Cousine
Elizabeth eintraf, um Dr. Frankenstein zu ehelichen. Selbst von Elizabeth
angetan, beschloß Dr. Krempe daher, in Frankensteins Anwesen zu verbleiben, um
Elizabeth vor dessen unheiligen Experimenten zu schützen. Denn Dr. Frankenstein
war inzwischen von der fixen Idee besessen, einen künstlichen Menschen zu
erschaffen.
Hierbei ging Dr. Frankenstein auch über Leichen. Er tötete einen Mann, um ein
geeignetes Gehirn zu erhalten. Doch dieses Gehirn wurde beschädigt. Nachdem
Dr. Frankenstein sein Geschöpf erwachen ließ, erwies es sich als gefährliches
Monstrum und tötete das Zimmermädchen Justine. Daraufhin griff Dr. Krempe in
das Geschehen ein und die Ereignisse eskalierten, bis auch Elizabeths Leben
bedroht war. Doch die Kreatur wurde vernichtet und Dr. Frankenstein entging
seiner gerechten Strafe nicht; am Ende saß er in seiner Zelle und wartete auf
seine Hinrichtung durch die Guillotine.


Doch Frankentein entkam, wie wir in "THE REVENGE OF FRANKENSTEIN (1958)"
erfahren. Seine Flucht hatte er geschickt eingefädelt, denn der Mann, der auf
die Guillotine gezerrt und enthauptet wurde, sah zwar wie Frankenstein aus,
aber er war es nicht. Als zwei Trunkenbolde sein Grab öffneten, fanden sie
darin die Leiche eines Priesters.
Victor Frankenstein ließ sich derweil unter dem einfallsreichen Decknamen "Dr.
Stein" in einem anderen Ort namens Carlsbruck nieder. Dort baute er ein Hospital
für Arme auf und genoß schnell hohes Ansehen unter der Bevölkerung. Doch die
Idylle wurde zerstört, als ein junger Student namens Hans Kleve sich ihm näherte.
Er kannte Frankensteins wahre Identität und erzwang sich hierdurch Frankensteins
Vertrauen. Doch die vermeintliche Erpressung war keine solche, denn Victor
Frankenstein war ein wahrer Wahnsinniger und wurde weiterhin von seiner
Obsession angetrieben. Frankenstein experimentierte die ganze Zeit in seinem
stillen Kämmerchen unerkannt weiter!
Hans Kleve erlag der Faszination dieses Mannes und verdingte sich als dessen
zweiter Assistent. Der erste Assistent war ein verkrüppelter Zwerg mit dem Namen
Carl, der aufgrund seiner Behinderung unter schweren Depressionen litt und in
Frankenstein seine letzte Hoffnung sah. Frankenstein hatte mit dem naiven
Krüppel auch leichtes Spiel und Carl war nur allzu bereit, sein Gehirn zu
spenden. Er erhoffte sich durch diese Gehirntransplantation einen gesunden,
starken Körper.
Dieser erneute Versuch Frankensteins, ein braves Monster zu erschaffen, schien
zuerst erfolgreich zu sein. Wäre da nicht das Zimmermädchen gewesen, welches
Mitleid mit der armen Kreatur hatte und sie dementsprechend in die Freiheit
entließ. Doch Carl wollte jede Spur seiner früheren Existenz vernichten und
schlich sich in Frankensteins Laboratorium, um seinen alten Körper zu
verbrennen. Hierbei wurde er jedoch überrascht und im darauffolgenden Kampf
wurde Carls Gehirn irreparabel beschädigt. Unbrauchbare Gehirne waren schon
stets ein Problem in Frankensteins Forschung, doch inzwischen schien es sich um
einen Fluch zu handeln.
Frankensteins Kreatur wurde hierzu erneut zu einem mordenden Monstrum und
Frankenstein, der aus seinen Fehlern durchaus lernte, setzte alles daran, sein
Geschöpf zu vernichten. Doch in seinem letzten Atemzug verpetzte das Monstrum
seinen Meister und offenbarte dessen wahre Identität.
Daraufhin begang das alte Spiel auf's Neue. Der Mob versammelte sich auf der
Straße, um Frankenstein zu lynchen. Doch sie hatten die Rechnung ohne Hans
Kleve gemacht, der seinem Chef einen besonderen Coup ermöglichte. Er verpflanzte
Frankensteins Gehirn in eine exakte Nachbildung dessen Körpers. Erneut schaffte
Victor Frankenstein es, unterzutauchen. Und wieder wechselte er den Ort seines
Aufenthalts und ließ sich unter einem äußerst kreativen Pseudonym in London
nieder: "Dr. Franck".


Sechs Jahre später entwickelte Frankenstein ein ausgeprägtes Gefühl des Heimwehs
und zog mit seinem Assistenten Hans zurück zu in sein Heimatdorf. Doch
inzwischen war Victor Frankenstein völlig wahnsinnig geworden, wie "EVIL OF
FRANKENSTEIN (1964)" deutlich machte.
Nach seiner Rückkehr fand Frankenstein sein altes Schloß völlig leer vor. Alle
Gegenstände wurden entweder konfisziert oder fielen Plünderern in die Hände.
Aber das Wichtigste gab es noch, nämlich eine frühe Kreatur Frankensteins,
sehr unperfekt und klobig, tiefgekühlt in einem Eisblock lagernd.
Frankenstein taute das Monster auf und erweckte es wieder zum Leben. Um nicht
wieder einen Mißerfolg zu erleiden, kam Frankenstein jedoch auf eine wahre
Schnapsidee, welche alle guten Vorsätze wieder zunichte machen sollte.
Dieses Mal nahm sich Frankenstein vor, seiner Kreatur nicht nur das Leben zu
schenken, sondern auch eine Erziehung. Daher heuerte Frankenstein den
zwielichtigen Hypnotiseur Zoltan an - und liefert spätestens hier den
endgültigen Beweis, daß er zu diesem Zeitpunkt völlig verrückt war, denn selbst
ein Blinder hätte Zoltan angesehen, daß dieser nicht ganz geheuer war.
Wie schon einst sein Sohnemann in "SON OF FRANKENSTEIN" (1939) fiel diesmal der
Vater auf einen zwielichtigen Gesellen herein, der die Kreatur unter seinen
Willen brachte. Und auch wie seinerzeit der bucklige Ygor benutzte Zoltan das
Monster, um sich an den lokalen Staatsdienern zu rächen. Doch Zoltan war
gewiefter als sein Vorgänger und schaffte es, Frankenstein als den Mörder
erscheinen zu lassen.
Doch dieses Mal wehrte sich die Kreatur und tötete Zoltan. Sie kehrte zu
Frankenstein zurück, doch da sie nicht besonders schlau war, verwechselte sie
eine Flasche Chloroform mit Branntwein und trank diese leer. In den daraufhin
einsetzenden Qualen startete das Monster ein Feuer, in welchem es und sein
Schöpfer verbrannten.


Frankenstein verbrannt? Nein, natürlich nicht, der berühmteste aller "mad
scientists" stirbt niemals! Und dementsprechend kehrte er in "FRANKENSTEIN
CREATED WOMAN" (1967) in alter Frische zurück - und präsentierte einen radikalen
Designwechsel seines Produkts. Es ist nicht nur bemerkenswert, daß seine neueste
Kreatur hübsch und makellos war, sondern auch, daß er sich inzwischen damit
beschäftigte, die Seelen frisch Verstorbener in einem Kraftfeld einzufangen,
zu konservieren und sie später bei Bedarf in einen anderen Körper zu
verpflanzen. Tja, Wahnsinn kann auch kreativ sein.

Die Geschichte beginnt mit einem Selbstexperiment Frankensteins. Er ließ sich
töten und seinen Kadaver eine halbe Stunde herunmliegen, bevor sein Assistent
Hans mit Hilfe des exzentrischen Dr. Hertz mit der Reanimation begann. Das
Experiment klappte, es sollte gefeiert werden, Schampus wurde gebraucht. Also
machte sich Hans auf den Weg zur nächsten Kneipe, um Fusel einzukaufen.
Hans war in die entstellte Tochter des Wirtes, Christina, verliebt. Als Hans
in der Kneipe eintraf, wurde er Zeuge, wie Christina von drei jungen
Dorfproleten gehänselt wurde. Hans schaffte Klarheit und die Romanze köchelte
nun auf stärkerer Flamme.
Doch die drei Männer kehrten in der Nacht zurück und töteten Christinas Vater.
Der Mord wurde Hans angehängt. Hans konnte jedoch nicht verraten, daß er diese
Nacht mit Christina verbracht hatte, und so wurde er zum Tode verurteilt. Nach
seiner Hinrichtung ergab sich Christina ihrer Gram und ertränkte sich.
Frankenstein fand diese Entwicklung nicht okay. Man kann doch nicht einfach
seinen Assistenten einen Kopf kürzer machen! Also buddelte er die Leichen von
Hans und Christina aus, übertrug die Seele von Hans in Christinas Körper und
korrigierte dabei auch gleich noch Christinas verunstaltetes Gesicht. Jawohl,
Frankenstein dachte praktisch, denn so behielt er nicht nur seinen Assistenten,
sondern gab diesem auch gleich noch einen sexy Körper!
Natürlich begann die Kreatur umgehend mit einem Rachefeldzug. Sie besuchte jeden
der tatsächlichen Mörder, verführte sie mit ihren weiblichen Reizen und murkste
sie dann ab. Nach getaner Arbeit kehrte sie in die Umarmung des Wassers zurück.


"FRANKENSTEIN MUST BE DESTROYED" (1969) legte unmißverständlich fest, daß sich
Dr. Frankenstein mittlerweile in einen mörderischen Wissenschaftler verwandelt
hatte, in einen Bösewicht. Er enthauptete seinen Kollegen Dr. Otto Heideke mit
einer Sichel, weil er einen Kopf für seine neueste Kreatur brauchte. Doch nach
der Rückkehr in sein Laboratorium stellte Frankenstein fest, daß ein Kleinganove
eingebrochen war. Diesem gelang die Flucht und Frankenstein sah sich genötigt,
seine neue Kreatur und säntliche Beweise in einem Abwasserkanal zu versenken und
erneut zu fliehen.
Er mietete sich bei Anna Spengler ein, welche eine Pension betrieb. Frau
Spengler war die Verlobte von Dr. Carl Holst, einem jungen Irrenarzt, der in
einem nahegelegenen Sanatorium arbeitete. Dort saß Dr. Brandt ein, ein
ehemaliger Kollaborateur Frankensteins. Brandt hatte einen Durchbruch bei
Gehirntransplantationen erzielt, aber noch bevor er Frankenstein davon berichten
konnte, wurde er verrückt.
Frankenstein musste Brandts Geheimnis um jeden Preis erfahren. Als er Carl beim
Medikamentendiebstahl erwischte, erpresste er ihn und Anna Spengler zur
Zusammenarbeit. Frankensteins Plan: den todkranken Dr. Brandt aus der Klapsmühle
zu entführen, sein Gehirn in einen neuen Körper zu transplantieren, dann Brandts
Wahnsinn zu heilen und schließlich das Geheimnis aus ihm herauszupressen.
Natürlich schlug auch dieses Vorhaben fehl, wie immer. Frankenstein verpflanzte
Brandts Gehirn in den Körper des eigens ermordeten Dr. Richter und heilte ihn.
Aber Brandt zeigte sich davon wenig begeistert.
Im Gegenteil, er machte Frankenstein für seinen Wahnsinn verantwortlich und
suchte Rache.
Brandt lockte Frankenstein in eine Falle und erneut endete dieses Kapitel in
Frankensteins Leben damit, daß er hilflos in den Armen seiner Kreatur lag,
während diese den gemeinsamen Tod in den Flammen suchte. Zuletzt wurden sie
gesehen, als der Körper Dr. Richters mit dem über die Schulter geworfenen,
zappelnden Frankenstein über der Schulter in das brennende Haus stapfte, in
welchem Dr. Brandt einst lebte.



Nach Frankensteins Verschwinden verwischte sich seine Spur erneut. Was
Frankenstein in den folgenden Jahren trieb, kann nur vermutet werden. Bereits
ein Jahr nach Frankensteins unrühmlichem Abgang tauchte dann in "THE HORROR OF
FRANKENSTEIN" (1970) auch prompt ein Hochstapler auf, welcher sich als Dr.
Frankenstein ausgab. Auch er war definitiv wahnsinnig, denn er tötete seine
ganze Familie, um seine Kreatur erschaffen zu können. Als er seine Kreatur
zum Leben erweckte, benutzte er sie letztlich nur, um seine Gegner zu
eliminieren. Doch auch hier war der kriminelle Höheflug nur von kurzer Dauer
und endete damit, daß das Monster von einem kleinen Mädchen durch ein Säurebad
beseitigt wurde.
Dieser angebliche Dr. Frankenstein war unkreativ und stillos. Unkreativ, weil er
letztlich nur seinem Vorbild nacheiferte und das Geschehen aus "THE CURSE OF
FRANKENSTEIN" (1957) wiederholte. Stillos war er, weil es sich bei ihm letztlich
nur um einen Kriminellen handelte, der lieber mit weiblichen Brüsten spielte,
als ernsthaft seine Ziele der Wissenschaft zu verfolgen und mehr Sex im Kopf
hatte, als er verkraften konnte. Aber dennoch fiel man seinerzeit auf ihn
herein, denn seine Herkunft konnte nicht in Zweifel gezogen werden.
Doch vier Jahre später kehrte der echte Dr. Frankenstein in "FRANKENSTEIN AND
THE MONSTER FROM HELL" (1974) wieder zurück.

Zu unserer Verwunderung wird hier davon berichtet, Dr. Frankenstein sei vor
Jahren festgenommen und für den Rest seines Lebens in eine psychiatrische Anstalt
eingewiesen worden, in welcher er dann schließlich auch verstorben sei.
Aber nur schlichte Gemüter glauben an Frankensteins Tod, ohne seine Leiche
gesehen zu haben, Plagiatoren hin oder her. Dr. Frankenstein hatte in
"FRANKENSTEIN MUST BE DESTROYED (1969)" bereits positive Erfahrungen als
Erpresser gesammelt und diese nutzte er nach seiner Einlieferung in die
Irrenanstalt, um sich dort eine zweite Identität zu verpassen. Frankenstein
wurde darauf aufmerksam, daß der dortige Direktor ein lüsterner Vergewaltiger
war, der sich nur zu gerne an weiblichen Insassen verging und auch nicht davor
zurückschreckte, seine eigene Tochter zu mißbrauchen. Frankenstein wäre nicht
er selbst gewesen, hätte er dieses Wissen nicht ausgenutzt, um seinen Tod
vorzutäuschen und sich selbst eine Stellung als Arzt innerhalb der Anstalt zu
verschaffen. Und da Frankenstein bei der Wahl von Pseudonymen schon immer
sehr erfinderisch war, legte er sich auch nun einen Namen zu, welcher vor
Unauffälligkeit nur so strotzte: "Dr. Franck".

Der Schwindel flog auf, als ein weiterer Frankensteinimitator namens Dr. Simon
Helder verhaftet und in die gleiche Irrenanstalt eingeliefert wurde, in welcher
sein großes Vorbild seinen Dienst verrichtete. Natürlich dauerte es nicht lange,
bis Dr. Helder zum Assistenten Dr. Francks aufstieg und auch von dessen wahrer
Identität erfuhr.
Helder war ungeheuer verblüfft, als er herausfand, daß Frankenstein erneut an
einer Kreatur arbeitete. Weniger erfreut zeigte er sich jedoch über
Frankensteins Methoden. Frankenstein benutzte hierzu Leichenteile seiner
Patienten, die er bei Bedarf auch unauffällig in den Selbstmord trieb.
Auch dieses Mal wurde eine hektisch zusammengezimmerte Kreatur wiederbelebt,
die Frankenstein nicht unter Kontrolle halten konnte.
Bemerkenswert ist hier Frankensteins finale Einsicht, daß dieses Experiment ein
Fehlschlag war und daß er das Monster besser beseitigen solle. Solche
Gedanken lagen Frankenstein bislang fern, normalerweise betrachtete er sein
Mißlingen stets als Pech und nicht als Versagen. Doch es blieb bei dem Versuch,
die Kreatur zu töten. Wie zu erwarten war, zeigte diese sich von Frankensteins
Absichten nicht begeistert und startete einen Amoklauf. Dieser wurde dann
letztlich durch die Insassen des Irrenhauses gestoppt - die Irren zerissen das
Monster in seine Einzelteile.

Dr. Frankenstein zeigte sich durch diese Überreaktion seiner Patienten offenbar
beeindruckt und verschwand erneut von der Bildfläche. Seitdem wurde er nicht
mehr gesichtet. Sein Mythos lebte jedoch weiter und viele Filmwerke widmeten
sich den Geschichten, welche sich um ihn rankten. Keiner von Frankensteins
Nachfahren entwickelte die Figur des übergeschnappten Barons jedoch weiter. Man
beschränkte sich vornehmlich auf Zitate dessen, was Victor Frankenstein während
seiner Glanzzeiten tat.


Dr. Frankensteins Nachfahren

In den 70er Jahren wurden Spin-Offs um die Motive Mary Shelleys enorm populär.
Unzählige Filme trugen plötzlich Frankensteins Namen im Titel, obwohl sie mit
diesem "mad scientist" nichts zu tun hatten. Der in Deutschland bekannteste
dieser Auswüchse waren die Titel der Filme aus der japanischen
"Gojira"-Reihe wie beispielsweise "Frankensteins Monster jagen
Godzillas Sohn" (1967) ("Kaijûtô no kessen: Gojira no musuko" (1967)),
"Frankenstein und die Monster aus dem All" (1968) ("Kaijû sôshingeki" (1968))
oder auch der phänomenale Umwelt-Horrortrip "Frankensteins Kampf gegen die
Teufelsmonster" (1971) ("GOJIRA TAI HEDORA" (1971)). Filme, die nach diesem
Strickmuster benannt wurden, damit sie mehr Geld an der Kinokasse einspielen
würden, blieben zumeist regional beschränkte Erscheinungen, aber dies keineswegs
immer. Die 70er Jahre waren der Höhepunkt einer Frankenstein-Vermarktungswelle,
welche auch vor Originaltiteln nicht halt machte. Seien Sie also bitte
vorsichtig und kaufen Sie nicht jeden Mist, nur weil Sie ihre
Frankenstein-Sammlung komplettieren möchten und über einen Film stolpern, der
von sich behauptet, ein Frankenstein-Film zu sein. Die wichtigen
Frankenstein-Derivate aus der Zeit nach Universals und Hammers
Frankenstein-Serien stelle ich ihnen hier vor; um den Rest können sie ruhig
einen weiten Bogen schlagen. Falls Sie genauere Informationen zu diesen Filmen
und Plagiaten wünschen, können Sie diese Details im entsprechenden Kapitel ihres
Herstellungsjahres nachlesen. Hier finden nur die wichtigsten Filme nach
Frankenstein-Motiven Erwähnung.

"DRACULA VS. FRANKENSTEIN" (1970) eröffnete einen wahren Regen von trashigen
Filmen aus dem Bereich der Exploitation mit drei simplen Grundprinzipien: Gewalt,
Titten und Ärsche, möglichst billig produziert. Normale Cineasten meiden diese
Filme, denn sie finden das niedrige intellektuelle Niveau, die meist miserablen
Leistungen vor und hinter der Kamera und natürlich die Zurschaustellung von Sex
und Gewalt abstoßend. Trash-Gourmets hingegen sind völlig verrückt nach ihnen
und Liebhaber von Exploitationfilmen sowieso. Für sie haben diese Filme, welche
ihr Geld einzuspielen versuchten, indem sie moralische und cineastische Grenzen
niederrannten, einen eigenen Flair und spiegeln den Zeitgeist der 70er Jahre
wieder, wie es kein wissenschaftlich orientiertes Pamphlet es zu tun vermag.
Einer dieser Filme war "LA FIGLIA DI FRANKENSTEIN" (1971). Hier wurden Elemente
der Hammer-Produktionen mit einem schlechten Drehbuch, krudem Schauspiel und
lächerlichen Effekten zu einem naiven Machwerk aufgeblasen, welches die
Strömungen des filmischen Undergrounds dieser Zeit in sich verinnerlicht.
Das Filmplakat suggeriert, Lady Frankenstein würde sich in diesem Film eine
Kreatur schaffen, weil kein normaler Mann ihre sexuellen Wünsche erfüllen
könne - oha, das hört sich für Männer nicht nur interessant an, sondern drückt
in einem Satz aus, worum es in diesen Filmen letztlich ging, nämlich
Horrorgeschichten mit stereotypen Männerwunschgedanken zu verbinden.
In "LA FIGLIA DI FRANKENSTEIN" (1971) wird behauptet, der originale Dr.
Frankenstein sei von seinem Monster getötet worden. Frankensteins Tochter liebt
den Laborassistenten Marshall, doch er ist nicht mehr der fitteste aller
potentiellen Liebhaber. Der geistig zurückgebliebene Diener Stephen hingegen hat
zwar den Verstand einer Stubenfliege, aber einen Körper wie Adonis. Also
beschließt das Tochterherz, Marshalls Hirn in Stephens Körper zu verpflanzen.
Hierdurch könnte in Tochterherzens Bett jetzt richtig die Post abgehen, allerdings
ist da noch das originale Monster ihres Vaters. Dieses killt inzwischen die
Grabräuber, welche Leichenteile an Dr. Frankenstein verhökerten und wendet sich
nach getaner Arbeit Frankensteins Tochter und ihrem Lover zu ...

Weitere Filme dieser Periode waren Jess Francos "LES EXPERIENCES EROTIQUES DE
FRANKENSTEIN" (1972), in welchem Dr. Frankenstein von dem nach der
Weltherrschaft strebenden Dr. Cagliostro mittels einer nackten geierartigen Frau
in Stücke gerissen wird und "DRACULA CONTRA FRANKENSTEIN" (1972), der von Franco
als Hommage an James Whale beworben wurde, aber letztlich nur eine wirre
Geschichte um Frankensteins Monster, Graf Dracula und den Wolfsmenschen spinnt.
Ebenfalls interessant ist ein Beitrag zu der damals in den USA hochschwappenden
Welle emanzipatorischer Filme der afroamerikanischen Bevölkerung, der
"Blaxploitation": "BLACKENSTEIN" (1972), eine wirre Geschichte voll dunkler
Haut und ausufernder Frisuren um einen Vietnamveteranen, der neue Gliedmaßen
erhält, aber der durch eine DNA-Manipulation zu einer tumben Killermaschine
umfunktioniert wird. Wenn Sie bereits denken sollten, all dies sei völliger
Blödsinn und der Gipfel des Schwachsinns bereits erklommen, dann haben Sie
jedoch "TERROR! IL CASTELLO DELLE DONNE MALEDETTE" (1974) noch nicht gesehen,
einem Potpourri aus Frankenstein, Neanderthalern, einem bösartigen Zwerg, einem
üblen Monster namens "Hulk" und den obligatorischen nackten Frauen.

Ein Film jener umstrittenen Epoche gehört jedoch in das Portfolio jedes
Horrorfans: "FLESH FOR FRANKENSTEIN" (1973). Die Erwähnung dieses Titels läßt
noch heute Zensoren nach frischer Luft schnappen, doch inzwischen ist er als
Kunstwerk ebenso anerkannt wie sein nicht minder umstrittener Nachfolger,
"BLOOD FOR DRACULA" (1974).
Die beiden angesehen New Yorker Künstler Andy Warhol und Paul Morrissey hatten
an einem Konzept gearbeitet ... oder somindest so getan, eigentlich hatten sie
nur eine Idee und diese auf einem Stapel Blätter fixiert. Der Produzent Carlo
Ponti erkannte, daß das technische Wissen der beiden Künstler nicht ausreichen
würde, diesen Film zu bewerkstelligen, zumal er auch in 3D gedrehte Szenen
beinhalten sollte. Also heuerte Ponti den wohl talentiertesten Regisseur aus
seinem Bekanntenkreis an, den Bava-Schüler Antonio Margheriti. Das Ergebnis
dieser Zusammenarbeit sprengte dann in der Tat Grenzen, vor allem aber auch
jene der Exploitation. Was immer man sich damals nicht zu zeigen wagte, in
Frankenstein war es drin. Selbst vor Inzest und Nekrophilie machten Morrisey
und Margheriti nicht halt und paarten diese Themen mit einer gesalzenen Prise
schwarzen Humors.
Baron Frankenstein, der mit seiner eigenen Schwester zwei Kinder zeugte, hat in
diesem Film bereits ein weibliches Monster erschaffen. Alles, was ihm nun noch
fehlt, ist ein männliches Gegenstück, denn Frankenstein hat ein großes Ziel
vor Augen: er möchte eine neue menschliche Rasse erschaffen!
Zur Fertigstellung des männlichen Wesens fehlt ihm noch ein geeigneter Kopf.
Den findet er auf den Schultern eines Serben, welchen er in einem Bordell
beobachtet. Dieser Typ sieht nicht nur toll aus, sondern er beweist seine Potenz
auch gleich noch hierdurch, daß er zwei Huren braucht! Frankenstein ist
begeistert, den Kopf muß er haben.
Was Frankenstein nicht weiß: Der Serbe hatte sich entschlossen, ein Mönch zu
werden und fortan in Keuschheit zu leben. Er war lediglich ein letztes Mal im
Puff, um von seinem alten Leben Abschied zu nehmen. Dumm gelaufen, aber da
Frankenstein hiervon keine Ahnung hat, glaubt er natürlich, jemand habe ihm ins
Handwerk gepfuscht.
Frankensteins Frau und Schwester Katrin ist hingegen sexhungrig wie keine
andere. Sie hält sich einen Stalljungen als Sexspielzeug und auch der Anblick
von Frankensteins Kreatur bringt sie in Wallung. Frankenstein willigt ein
und läßt sie die Kreatur besteigen, denn vielleicht wird hierdurch der vermisste
Sextrieb seines Übermenschen geweckt, aber während des Aktes bricht das Monster
zufällig Katrins Rückgrat.
Währenddessen macht sich Frankensteins Assistent Otto an der weiblichen Kreation
zu schaffen - immerhin ist es eine Frau, welche sich nicht wehrt. Aber er ist
ein Tollpatsch und aus Versehen reißt Otto ihr den Bauch auf und verteilt ihre
Innereien über den Boden. Frankenstein tötet daraufhin Otto in Rage und vögelt
zum letzten Mal die Überreste der künstlichen Frau. Doch dann kehrt das
männliche Monstrum zurück, scheucht Frankenstein durch das Labor und spießt
ihn schließlich auf einem Stab auf, von dessen Ende in prächtigem 3D
Frankensteins Leber baumelt. Danach reißt sich das Monster die eigenen Organe
aus dem Leib und begeht somit Selbstmord aus Reue und Depression.
Packen Sie in diese Handlungsfragmente noch schwarzen Humor mit hinein und schon
hört sich "FLESH FOR FRANKENSTEIN" (1973) nach einem ziemlich frechen und
spaßigen Film an. Das ist er auch, aber mehr darüber später in einem eigenen
Kapitel. Die Figur des Dr. Frankenstein brachte der Film nicht weiter, er
interpretierte ihn lediglich als notgeilen Sexprotz. Aber selten war ein "mad
scientist" so durchgeknallt wie dieser.

Noch während sich die Filmwelt kollektiv über "FLESH FOR FRANKENSTEIN" (1973)
entsetzte, drehte ein Amerikaner eine als Hommage an James Whales
"Frankenstein"-Filme verkappte Slapstick-Komödie mit Gene Wilder, Teri
Garr und Marty Feldman in den Hauptrollen: "YOUNG FRANKENSTEIN" (1974).
Frederick Frankenstein, ein in den USA ansässiger Dozent, erbt das Schloß seines
berüchtigten Vorfahren und reist nach Transylvanien, um sein Erbe anzutreten.
Dort findet er ein Buch Victor Frankensteins mit dem Titel "How I did it".
Und auch Großvaters Laboratorium scheint noch intakt zu sein! Also beginnt
Frederick mit der Hilfe seiner sexy Assistentin Inga und des schielenden
Buckligen Ygor damit, sich eine eigene Kreatur zu basteln.
Der Film ist sehr liebevoll im Stil der 30er Jahre inszeniert, von den Bauten
über die Lichtgebung bis hin zur Regie. Die erste Hälfte des Films ist somit
auch eine Augenweide und wunderbares Futter für jeden Cineasten. Nach der
Erweckung des Monsters driftet der Film allerdings zu sehr in eine typische
Slapstick-Komödie des regieführenden Komikers Mel Brooks ab, bis hin zu einem
Musical-Auftritt Frankensteins und seiner Kreatur und einem verheirateten
Monster, welches das "Wall Street Journal" liest. Aber darüber kann man
hinwegsehen, denn die Hommage dominiert den Film zum Glück so sehr, daß "YOUNG
FRANKENSTEIN" (1974) noch heute als eine der besten Horrorkomödien bezeichnet
werden kann.
Inhaltlich bietet der Film nichts neues, jedenfalls vom Komödienfaktor mal
abgesehen. Es handelt sich um ein Potpourri aus "FRANKENSTEIN" (1931), "BRIDE OF
FRANKENSTEIN" (1935) und "SON OF FRANKENSTEIN" (1939). Aber das macht der Film
wirklich gut.


Im gleichen Jahr wurde die wohl anspruchsvollste Verfilmung von Mary Shelleys
Roman aufgeführt, "Frankenstein: The True Story" (1974). Doch wie es das
Schicksal will, handelt es sich hierbei nicht um einen Kinofilm, sondern um
einen TV-Mehrteiler. Aus diesem Grund fällt diese Verfilmung aus dem Rahmen
dieses Buches und er ist hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Über eine
Gesamtlaufzeit von 240 Minuten, welche in Deutschland in der zweiten Hälfte der
70er Jahre auf die Adventssonntage verteilt wurden, spielen hier bekannte
Schauspieler wie James Mason, Michael Sarrazin, Leonard Whiting, Jane Seymour,
Agnes Moorehead und John Gielgud eine recht ambitionierte Romanverfilmung
nach. Leider ist der Film auf TV-Niveau inszeniert und läßt daher eine
effiziente Dramaturgie und Kinofilmen entsprechende Ressourcen vermissen. Aber
aus dem Blickwinkel einer "Frankenstein"-Verfilmung handelt es sich hierbei
um das bisher beste Ergebnis.


Wenige Monate, nachdem "YOUNG FRANKENSTEIN" (1974) große Erfolge gefeiert hatte,
zog der Prinz der "mad scientists" in die Kinos ein - und dieses Mal war es
auch gleich noch ein "bisexual mad scientist from outer space". Der Knabe trug
gerne Frauenkleider, den Namen Frank N. Furter und seine Bühne war "THE ROCKY
HORROR PICTURE SHOW" (1975).
Die beiden spießbürgerlichen und frisch getrauten Eheleute Brad und Janet
stranden mitten in einer verregneten Nacht in der Einöde. Plötzlich sehen sie
ein Licht im Fenster eines geisterhaften Gemäuers. Vor Nässe triefend klopfen
sie mal und landen ruckzuck in der Mitte einer Party, welche der Hausherr Frank
N. Furter veranstaltet. Als Höhepunkt des Geschehens wird seiner Kreatur Rocky
das Leben verliehen. Nach dem Ende dieser Show führt Frank N. Furter sowohl
Janet als auch Brad in die hohe Kunst der Liebe ein, Janet erlebt ein sexuelles
Abenteuer mit Rocky und schließlich gibt's noch eine Orgie in einem
Swimming-Pool. Doch Frank N. Furter und seine lustigen Gesellen sind Aliens, die
den spießigen Erdbewohnern mal so richtig zeigen wollen, worauf es im Leben
wirklich ankommt und nach einer Meuterei, in Folge welcher Frank N. Furter sein
Leben aushaucht, verschwinden die Aliens mitsamt dem ganzen Haus wieder dahin,
woher sie gekommen sind: in den Weltraum.
"THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW" (1975) war ein Film, wie er nur in den 70ern
entstehen konnte. Pure sexuelle Exploitation, verpackt in ein Musical mit
hübsch anzuhörenden Melodien und vielen Strapsen, der ultimative Gegenpol zu
dem verknöchert wirkenden und mit Ausnahme einer Vergewaltigungssequenz in
"FRANKENSTEIN MUST BE DESTROYED" (1969) völlig asexuell erscheinenden Dr.
Frankenstein der Produktionen aus dem Hause Hammer Films. Der bisher verhaltene
und primär kriminelle Wahnsinn eines verrückten Wissenschaftlers hob mit Frank
N. Furter nicht nur ab, sondern schoß geradewegs durch die Decke. Noch nie hatte
es so viel Spaß gemacht, einem beklopptem Genie zuzusehen! Und Frank N. Furters
revolutionäres Auftreten erhitzte damals die Gemüter genug, um diesen "mad
scientist", und Frank N. Furter legte Wert darauf, ein solcher zu sein, zum Idol
einer großen Anzahl Menschen aus der Zeit der sexuellen Revolution werden zu
lassen. Frank N. Furter musste sterben, weil er versuchte, die kleinbürgerliche
Gemeinschaft mit ihren engstirnigen Vorstellungen von Moral und Zusammenleben
durch die Neugründung einer neuen Rasse zu ersetzen, welche ein Leben in
vollständiger sexueller Freiheit führt. In der realen Welt waren diese
ideologischen Ansätze mittlerweile etwas erfolgreicher. "THE ROCKY HORROR
PICTURE SHOW" (1975) war vor allem dank ihres bestrapsten Wissenschaftlers
hierfür einer der wichtigsten Beiträge der Filmzunft. Frank N. Furter ist somit
einer der wenigen "mad scientists" geblieben, deren Tun eine nachhaltige Wirkung
mit sich brachte. Was Mary Shelley wohl gedacht hätte, hätte sie gewußt, daß
ihre Figur des Dr. Frankenstein einst in einem Plädoyer für die freie und auch
gleichgeschlechtliche Liebe enden würde?


Wesentlich keuscher ging es dann in "THE BRIDE" (1985) zur Sache. Nach über 10
Jahren war dies endlich wieder ein großer Frankenstein-Film, modisch aufgemacht
und mit zwei Idolen der Jugend der 80er Jahre in den Hauptrollen, dem Popstar
Sting und Jennifer Beals.
Obwohl der Film an der Kinokasse floppte und heute weitgehend in Vergessenheit
geraten ist, handelt es sich bei ihm um die seit den den Universal-Klassikern
interessanteste und beste Variation des Frankenstein-Themas. "THE BRIDE" (1985)
ist eine stil- und anspruchsvolle Forsetzung von "THE BRIDE OF FRANKENSTEIN"
(1935) und knüpft fast nahtlos an den berühmten Vorgänger an. Dort lehnte die
künstliche Braut ihren zusammengenähten Verehrer ab, woraufhin dieser ausrastete
und Frankensteins Labor in Schutt und Asche legte. Es wurde angenommen,
Frankenstein und seine Kreaturen seien tot, aber wie wir mittlerweile
ausreichend gewohnt sind, vergeht Unkraut nicht. Frankenstein und die Braut
überleben die Explosion des Labors ebenso wie die männliche Kreatur. Letztere
flieht in die nahen Wälder, während die Braut in Frankensteins Obhut verbleibt.
Ab dieser Stelle teilt sich die Geschichte in zwei parallele Handlungsstränge.
Frankenstein, diesmal lautet sein Vorname übrigens Charles, versucht, die Braut,
wlcher er den Namen Eva gab, zu erziehen und das klappt auch. Frankenstein
erzieht die intellektuelle Eva zunehmend zu einer von ihm unabhängigen und
gesellschaftsfähigen Person.
Das Monster hingegen erfährt kein derart angenehmes Leben. Es begegnet dem
Zwergen Rinaldo, einem Zirkusartisten. Auch Rinaldo erzieht seinen unheimlichen
Freund, dem er den Namen Viktor gibt. Rinaldo lehrt ihm ein Leben der
Bescheidenheit und der Güte. Doch in der Welt des Zirkus sind Intrigen nicht
weit und es kommt zu einer Tragödie, als der tyrannische Zirkusdirektor sich
weigert, Rinaldos und Viktors Lohn zu zahlen. Sein Gehilfe, dessen Name übrigens
sinnigerweise Bela lautet, läßt Rinaldo in den Tod stürzen. Viktor tötet
daraufhin den Mörder.
Von Eva scheinbar magisch angezogen, begibt sich Viktor auf die Reise zu ihr.
Eva hingegen beginnt, ihre Herkunft zu hinterfragen. Als ein adretter junger
Mann beginnt, ihr eifrig den Hof zu machen, erwacht in Frankenstein die
Eifersucht. Er hat Eva erschaffen, also gehört sie auch alleine ihm!
Er konfrontiert Eva mit ihrer Herkunft und versucht, sie zu vergewaltigen.
Doch dann stürmt Viktor in das Schloß und wirft Frankenstein von den Zinnen des
Turmes hinab in den Tod.

"THE BRIDE" (1985) ist ein ungewöhnlicher Film, vor allem aus dem Blickwinkel
der bis dahin erschienen großen Frankenstein-Filme. Viktor ist nicht so extrem
entstellt wie einst Boris Karloff, sondern erweckt vielmehr den Eindruck eines
geistig zurückgebliebenen, aber liebenswerten Mannes. Der Film selbst ist
wunderbar inszeniert und zeigt letztlich vor allem eine romantische Geschichte
im Stil der klassischen "Gothic Novels". Dies hat ihm aber letztlich das Genick
gebrochen; "THE BRIDE" (1985) war wesentlich anspruchsvoller als sein Publikum.
Aber nichtsdestotrotz ist "THE BRIDE" (1985) ein wunderschönes und zeitloses
Kunstwerk auf Zelluloid und einer der wichtigsten Beiträge zu den Filmfassungen
von Mary Shelleys Erzählung, deren direkter Verfilmungen und natürlich auch den
weitergesponnenen Gedanken.


Einen weiteren interessanten Pfad beschritt die amerikanische B-Picture-Legende
Roger Corman in seiner letzten Regiearbeit, "FRANKENSTEIN UNBOUND" (1990).
Eigentlich ist dieser Film gnadenloser Trash, aber er verfolgt einen Ansatz,
der, aus welchem Grund auch immer, bisher vernachlässigt wurde, nämlich die
Behauptung, die Erzählung Mary Shelleys sei eine wahre Geschichte.
Basierend auf einer Erzählung des renommierten Science Fiction-Autors Brian W.
Aldiss beginnt Corman seinen Film im Jahr 2031. In diesem Jahr testet der
Wissenschaftler Dr. Joseph Buchanan eine Laserwaffe, welche er erfunden hat.
Unbeabsichtigt erzeugt er damit einen Riß im Raum-Zeit-Kontinuum und wird
in die Schweiz des Jahres 1817 geschleudert.
Dort trifft er auf Dr. Victor Frankenstein, der gerade seine Kreatur zum Leben
erweckt hat und sich mit den gewohnten Problemen konfrontiert sieht. Das Monster
ist ausgebrochen und hat Frankensteins Bruder ermordet. Doch nicht Frankenstein
steht nun am Pranger, sondern man verdächtigt das Mädchen Justine der Tat. Bei
deren Prozeß begegnet Buchanan auch Mary Wollstonecraft Godwin, welche sich von
dem Vorfall zu ihrer im Geheimen entstehenden Erzählung inspirieren läßt, doch
auch Percy Shelley und Lord Byron sind nicht weit.
Das Monster ist jedoch völlig unkontrollierbar geworden. Gleiches gilt für
Buchanans Experiment. Der Fluß von Zeit und Raum droht völlig durcheinander
zu geraten. Nachdem Frankenstein auch eine Braut erschaffen hat, geraten
die Beteiligten in einen weiteren Zeittunnel und werden weit in die Zukunft
transportiert, in eine Zeit, in welcher Frankensteins Schloß in Ruinen liegt.
Frankenstein hat genug von dem ganzen Hokuspokus, zieht seine Waffe und schießt
auf Buchanan ...

Viele Zuschauer hätten dies auch gerne getan und auf Roger Corman
höchstpersönlich gezielt. Nach 19 Jahren Abstinenz vom Regiestuhl wollte Corman
es erneut wissen und machte aus Aldiss' intelligenter Romanvorlage einen Film
in bester "Pulp"-Manier, sowohl was den Stil des Films als auch dessen Qualität
betrifft. In diesem Film schwirren zu viele Ideen und geklaute Elemente aus
bekannteren Produktionen wie "Back to the Future" (1985) herum, selbst bei der
für ihr niedriges Niveau berüchtigten TV-Serie "Knight Rider" (1982) bediente
sich Corman. Er schreckte sogar nicht davor zurück, Joseph Buchanan und Mary
Shelley miteinander vögeln zu lassen. Sehenswert ist der Film eigentlich nur
wegen seiner Idee und den beiden Darstellern John Hurt und Bridget Fonda.

Daß Corman den Film letztlich verhunzte, tut dem grundliegenden Gedanken jedoch
keinen Abbruch. Wenn wir genau darüber nachdenken, ist das der einer der
seltenen Filme, in welchem "mad scientists" von Kollegen zu Kontrahenten werden.
Dr. Frankenstein gehört unbestritten zu dieser Spezies, doch zählt auch Joseph
Buchanan dazu?
Auf jeden Fall, wie schon zu Beginn des Films offenbart wird. Denn Buchanan
forscht nach einer Massenvernichtungswaffe, welche - Achtung, festhalten -
die Erde nicht zerstören soll. In Buchanans verschrobenen Gehirnwindungen hat
sich ein erstklassiges Oxymoron eingenistet und ihm den Blick auf die
tatsächlichen Auswirkungen seiner Arbeit verschleiert. Dies ist das typischste
Merkmal, wenn es darum geht, einen verrückten Wissenschaftler von einem
schlichten Pechvogel zu unterscheiden.
"FRANKENSTEIN UNBOUND" (1990) treibt dieses Verhalten noch etwas weiter, indem
der Film einen "mad scientist" als Helden hat. Einen Helden erkennt man in der
Welt der B-Pictures generell daran, daß die aparte Schönheit des Films
freiwillig mit diesem ins Bett steigt, ein uraltes und selten erkanntes
Klischee, aber dies nur am Rande. Diese Stilisierung des Verrückten zum Helden
war jedoch schon 1990 nicht tatsächlich neu; falls Sie einmal Nicholas Meyers
"Time After Time" (1979) gesehen haben, in welchem H.G. Wells mit seiner
Zeitmaschine Jack the Ripper durch das 20. Jahrhundert jagt, wird Ihnen dieses
Element sicherlich vertraut vorkommen.
Aber auch wenn Roger Corman Aldiss' intelligenten Grundgedanken schlecht
interpretierte, bleibt uns wenigstens noch ein ansehliches Filmplakat.


Die letzte große Verfilmung von Mary Shelleys "Frankenstein, or the Modern
Prometheus", die bis zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen entstand,
ist "FRANKENSTEIN (1994)" von Kenneth Branagh mit Robert De Niro als Darsteller
des Monsters. Dieser Film soll hier nur eine Randnotiz bleiben, denn Branagh
versuchte sich hier an einer Romanverfilmung, welche dem Geist von Shelleys
Erzählung gerecht wird. Dies schafft der Film auch, trotz einiger Änderungen
des Inhalts. Aber der Film erweist sich hinsichtlich seiner Darstellung Viktor
Frankensteins als ausgesprochen unfruchtbar. Die Figur Frankensteins wird nicht
weiterentwickelt, sondern verwehrt sich jeglicher Evolution. Der Film liefert auch
im Kontext einer Untersuchung der "mad scientists" keinen nennenswerten Beitrag.

Wenden wir uns nun Frankensteins wichtigsten Kollegen zu, die wir eingangs
bereits namentlich erwähnt haben. Als nächstes steht der originale Selbstversuch
in der Warteschlange.



Arzt und Dämon: Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Dr. Jekyll, den Robert Louis Stevenson in "The Strange Case of Dr. Jekyll and
Mr. Hyde" ersann, entwickelte sich völlig anders als Mary Shelleys Figur
Frankensteins. Um genauer zu sein: Dr. Jekyll entwickelte sich fast gar nicht
weiter. So etwas wie ein Lebenslauf läßt sich aus den vielen Filmen kaum
generieren. Dr. Jekyll war anscheinend bereits in seiner originalen Form
durchgedreht genug, um eine weitere Evolution des Charakters als nicht notwendig
erscheinen zu lassen. In der Tat handelt es sich bei der Vielzahl von
Verfilmungen - und Dr. Jekyll hat die umfangreichste Filmographie aller "mad
scientists" auf dem Konto - meistens um völligen Schrott, eine Nacherzählung von
Stevensons Roman oder um eine Schilderung der Geschehnisse aus einem
alternativen Blickwinkel. Daher ist es sinnfrei, um Dr. Jekylls Figur einen
Lebenslauf zu ranken. Wir beschränken uns daher auf eine Erwähnung der
wichtigsten Filme, in welchen Dr. Jekyll den Dreh- und Angelpunkt darstellt.


Frühe Stummfilme, welche Dr. Jekyll zeigten, gab es in großer Menge, bis in
das Jahr 1925 deutlich über zwei Dutzend. Etwa die Hälfte hiervon tangierte
das Horrorgenre, unter Ihnen die Verfilmungen aus den Jahren 1908, 1910, 1912,
1914, zwei aus dem Jahr 1920 und noch eine weitere, welche 1925 entstand und die
alle den Titel "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" tragen. Aber auch
etwas mehr oder weniger freie Verfilmungen wie "EIN SELTSAMER FALL" (1914), "DER
JANUSKOPF" (1920) und "DR. PYCKLE AND MR. PRYDE" (1925) befinden sich darunter.
Aus anderen Genres entstammen die Liebesgeschichte "Den Skaebnesvangre
Opfindelse" (1909) mit Alwin Neuss, der frühe Kriminalfilm "The Duality of Man"
(1909), in welchem Dr. Jekyll einen Geldbetrag klaut und sich am Ende aus Angst
vor der Polizei vergiftet, die deutsche Produktion "Der Andere" (1913), die
harmlose Slapstick-Komödie "Dr. Jekyll and Mr. Hyde, Doing to a Frazzle" (1914)
oder auch der melodramatische und horrorfreie "Faust"-Verschnitt "Miss Jekyll
and Madame Hyde" (1915), der mit Stevensons Roman nicht das geringste zu tun
hatte, aber so genannt wurde, weil man hiermit mehr Zuschauer in die Kinos zu
locken hoffte. Die Liste von Filmen, welche sich an Stevensons Werk mehr oder
weniger anlehnten, überstieg bereits die Zahl von 20, als mit "DR. JEKYLL AND
MR. HYDE" (1920,I) die erste umfassende Adaption des Romans in die Kinos kam.


In "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1920,I) etablierte John Barrymore bereits die
Standardversion des Wissenschaftlers, dessen Euphorie und Siegeswille ihn zu
einem Selbstversuch treiben, welcher temporär sein stets unterdrücktes
bösartiges Ich über seine gute und rechtschaffene Hälfte dominieren läßt. Doch
es bleibt nicht nur bei dem einen Selbstversuch, welcher dem Zwecke einer
Beweisführung des Erfolges dienen würde. Die Flucht in das alter ego Mr. Hyde,
welches tun und lassen kann, wovon der brave Dr. Jekyll stets unbewußt
träumte, wird zunehmend zu einer Sucht, welche schließlich fatal endet.
Die Darstellung des schizophrenen Wissenschaftlers ist in erster Linie eine
Charakterrolle mit einer Handvoll Schauwerten in Form der Maske des diabolischen
Mr. Hyde. Hierin unterscheiden sich die meisten Verfilmungen am stärksten
voneinander. Bereits Barrymore griff hier in die Vollen, doch er übertrieb
etwas. Barrymore verlängerte seinen Kopf ein wenig, arbeitete mit Schminke und
überließ den Rest seinen verzerrten Gesichtszügen - eine durchaus gelungene
Lösung, aber leider auch eine Spur zu grotesk. Barrymore, seinerzeit der
bestbezahlteste Theatermime und Shakespeare-Darsteller, hatte auch leichte
Probleme damit, sich auf das Medium des Films einzulassen. Er agierte vor der
Kamera, als stünde er auf einer Bühne, statisch und nur auf sein Schauspiel
konzentriert. Und dies mit allen Konsequenzen - in einer Szene sieht man sogar
einen von Barrymores falschen Fingernägeln davonfliegen, wenn man genau
hinsieht - und mit der Folge, daß der Film, abgesehen von den Szenen mit
Spezialeffekten, stark an ein abgefilmtes Bühnenstück erinnert.
Nichtsdestotrotz war der Film erfolgreich, Barrymores Stern schoß noch weiter
in die Höhe und auch Barrymore war mit sich selbst höchste zufrieden. So
zufrieden, daß er seine Maske des Dr. Hyde in der "Moby Dick"-Verfilmung "The
Sea Beast" (1926) erneut verwendete.


Durch den Erfolg von "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1920,I) angestachelt, schob
Louis B. Mayer, der spätere Präsident von MGM, umgehend "DR. JEKYLL AND
MR. HYDE" (1920,II) hinterher. Mayer änderte die Handlung ab und verlegte
sie in das Armenviertel New Yorks. Erstens wollte er auf diese Weise eine Klage
Paramounts vor Gericht verhindern, zweites sparte er hierdurch teure Kostüme.
Bei diesem Film kam es alleine darauf an, noch schnell aus dem Erfolg von
"DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1920,I) Geld loszuschlagen. Viel mehr als dem
Publikum das Geld aus der Tasche zu ziehen, welches sich in diesen Film verirrt
hatte und darauf wartete, John Barrymore auf der Leinwand zu sehen, leistete
diese Variante auch nicht. Der Film war dermaßen billig produziert, daß selbst
Roger Corman Hemmungen bekommen hätte - so gibt es noch nichtmal eine
Verwandlung Dr. Jekylls in Mr. Hyde zu sehen, sondern nur einen Kameraschwenk
auf eine Portion Butter, nach welchem ein Zwischentitel stolz verkündet, Dr.
Jekyll sei nun ein "Apostel aus der Hölle"! Mr. Hyde bekam lediglich einige
falsche Zähne und verstruwweltes Haar spendiert und seine schrecklichste Tat
war, einer ältlichen Dame den Geldbeutel zu stehlen. Sehr passend, aber diese
Ironie ist Louis B. Mayer wohl entgangen. Das Ende des Films entsprach auch
wie zu erwarten dem amerikanischem Problem im Umgang mit dem Phantastischen;
nachdem Mr. Hyde auf einem elektrischen Stuhl festgeschnallt wird, erwacht Dr.
Jekyll prompt aus seinem Tiefschlaf, schreit "Ich habe eine Seele!" und ist
geläutert. Natürlich hält ihn dies davon ab, seinen persönlichkeitsverändernden
Trank überhaupt zu brauen.
"DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1920,II) war sogar für einen Stummfilm zu dämlich.
Der Regisseur zog seinen Namen zurück und Louis B. Mayer hielt den Film fortan
bis zu seinem Tode unter Verschluß. Aber dies haben wir alles
bereits durchgekaut und brauchen es nicht in voller Gänze zu rezitieren.
Gleiches gilt auch für "DER JANUSKOPF" (1920), über welchen wir ebenfalls
bereits in Kapitel 11 sprachen und auf welchen wir hier nicht weiter eingehen,
da dieser verschollen ist und daher sowieso keinen unmittelbaren Beitrag für
die Geschichte der {\it mad scientists} mehr leisten kann.


Die erste wirklich sehenswerte Filmfassung von "The Strange Case of Dr. Jekyll
and Mr. Hyde" nach Barrymores Stelldichein auf der Leinwand erschien erst elf
Jahre später. "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1931) ist bis heute die beste
Verfilmung des Stoffes. Nebenbei ist Rouben Mamoulians Meisterwerk auch der
erste Horrorfilm der Geschichte, welcher für drei Oscars nominiert wurde und
auch einen solchen erhielt. Preisträger war Frederic March für die Doppelrolle
des Dr. Jekyll and Mr. Hyde - hey, ein "mad scientist" als Oscarpreisträger,
wer hätte das gedacht?
Frederic Marchs Darstellung war in der Tat revolutionär und überzeugt auch noch
heute. Er spielte die beiden Seiten des Doktors nicht nur, sondern er ließ sie
tatsächlich als zwei verschiedene Charaktere erscheinen, ganz als ob sie von
unterschiedlichen Schauspielern dargestellt würden. Der Kontrast zwischen dem
noblen Dr. Jekyll und dem gemeinen Mr. Hyde ist extrem, beinahe wie zwischen
einem Engel und Satan höchstpersönlich. Frederic March wurde von einer
sehr effektiven Maske und für diese Zeit sensationellen Spezialeffekten dabei
unterstützt. Mr. Hyde brauchte sich auch nicht zu verstecken und konnte seine
teuflischen Gedanken auf der Leinwand zur Tat umsetzen. Seien es Überfälle
oder sein Umgang mit Nutten, in "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1931) ist es drin.

Dies hat natürlich auch unweigerlich einen Effekt darauf, wie wir Zuschauer
die beiden Persönlichkeiten des über sein Ziel weit hinausschießenden Arztes
empfinden. In unserem Unterbewußtsein manifestieren sich in der Tat zwei
verschiedene Menschen. Dr. Jekyll ist nett und freundlich und wir leiden mit
ihm mit, unser Herz ist bei ihm. Mr. Hyde hingegen ist ein echtes Filmmonster,
welches wir fürchten oder sogar hassen. Dieser Effekt ist symptomatisch für den
"mad scientist", mit welchem wir es seit den 50er Jahren des öfteren zu tun
haben: eigentlich ist er ein lieber Kerl, aber kaum kommt er auch nur in die
Nähe eines Reagenzglases, sollte man besser auf den höchsten Baum flüchten, den
man finden kann. Denn dann ist es vorbei mit dem sympathischen alten Herrn, der
manchmal auch etwas exzentrisch oder auch einfach nur drollig sein kann, denn
ab diesem Augenblick wird aus ihm ein chemikalientriefender Psychopath, vor dem
man sich hüten sollte!

Zehn Jahre später erinnerte sich MGM des großen Erfolges. Damals war es mit dem
beliebigen Zugriff auf ältere Filme so eine Sache ... man hatte keine andere
Wahl, als ins Kino zu gehen und wenn jahrelang über einen Klassiker gesprochen
wurde, lag es natürlich nahe, diesen einfach erneut in den Kinos zu zeigen.
Aber im Falle von "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1931) war das für die
Hollywoodbosse ein Problem. Inzwischen war der Moralkodex Hollywoods massiv
verschärft worden und das Original von 1931 galt inzwischen als undenkbar frech
und frivol. Also drehte man den Film einfach nochmal neu, mit einem Starregisseur,
einem männlichen und einem weiblichen Star in den Hauptrollen und praktisch
genau dem gleichen Drehbuch. Dieses Mal jedoch so entschärft, daß das Ergebnis
den neuen Anforderungen Hollywoods entsprach.
Dieses Remake war "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1941) von Victor Fleming und mit
Spencer Tracy, Ingrid Bergman und Lana Turner vor der Kamera. Separat für sich
alleine betrachtet, ist "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1941) gar nicht so übel.
Aber wehe, Sie kommen auf die Idee, den Film direkt mit Rouben Mamoulians
Original zu vergleichen - sie werden sich im Geiste vor Schmerzen krümmen, wenn
sie sehen, wie "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1931) bis in Details des Bühnenbildes
hinein kopiert und gleichzeitig verstümmelt wurde.
Für Dr. Jekyll bedeutete dieser Film einen Rückschritt. Aus dem ambivalenten
Zeitgenossen mit Hang zu animalischer Gewalt und Sadismus wurde wieder ein
knuddeliger Arzt, der nur einen Fehler gemacht und die Kontrolle verloren
hat. Der Film katapultierte Dr. Jekyll wieder zurück auf den Stand von 1920.
Danach war Dr. Jekyll als Horrorgestalt ebenso passé wie Viktor Frankenstein
und Graf Dracula.


Es war das Jahr 1951, als Dr. Jekyll erneut einen eigenen Film bekam. Oder
besser gesagt nicht Jekyll, sondern sein hypothetischer Sohn.
"THE SON OF DR. JEKYLL" (1951) beginnt mit Mr. Hyde, welcher von einem Mob
durch die Straßen gejagt wird. Eine Titelkarte erklärt: "Die Brutalität von
Mr. Hyde, dem Monster, dem Terror von London, erreichte ihren Höhepunkt mit
der Ermordung seiner Ehefrau in ihrer Wohnung in Soho ..."
Halt! Stop! Mr. Hyde, verheiratet? Das ist ja was ganz neues! Der Grund
dafür ist ganz simpel, denn ohne diesen schrägen Twist würde die Story dieses
Films überhaupt nicht funktionieren, jedenfalls nicht im Hollywood
der 50er Jahre, wo die Existenz unehelicher Kinder geleugnet wurde, sofern
es sich nicht um Melodramen mit geläuterten Müttern in Nebenrollen handelte.
Ist es nicht unheimlich nett von dem Film, gleich zu Beginn klar zu machen,
daß sich Cineasten in diesem Film vor Schmerzen krümmen und Trash-Liebhaber
vor Begeisterung quietschen werden? Genau dies passiert über die Restlaufzeit
des Films nämlich normalerweise.
Zurück zur Story. Mr. Hyde flieht vor dem Mob in das Haus, welches ja eigentlich
seinem wahren Ich, dem vielgeliebten Dr. Jekyll, gehört. Dies hält die Meute
jedoch nicht davon ab, die Bude in Brand zu stecken. Aus Furcht vor den immer
höher lodernden Flammen entschließt sich Mr. Hyde zur Flucht in den Tod durch
Fenstersturz. Stilgerecht verwandelt sich Mr. Hyde nach seinem Ableben in
Dr. Jekyll.
Mr. Hydes Sohn ist somit eine Waise, welcher von Utterson, Dr. Jekylls Anwalt,
adoptiert wird. Niemand darf die wahre Identität des Jungen erfahren, mindestens
bis sich die öffentliche Aufregung um Dr. Jekyll gelegt hat.
Wie es sich für einen Sohn gehört, dem seine wahre Identität nicht bekannt ist,
tritt Edward Utterson in die Fußstapfen seines Vaters und wird im Alter von etwa
dreißig Jahren von der Akademie verwiesen, weil er eigenartige Experimente
durchführt, welche in den Augen der Fakultätsleitung an Hexerei grenzen.
Als Edwards wahre Identität ans Licht zu kommen droht, entschließt er sich für
die Flucht nach vorne. Um seinen durch den Ruf des Vaters ruinierten Namen zu
bereinigen, beginnt er mit der Restauration des Jekyll-Hauses und setzt die
Experimente seines Vaters fort.
Erwartungsgemäß fürchten sich die Menschen vor ihm. Und als ein Fremder mit
verzerrtem Gesicht immer dort zu morden beginnt, wo sich Edward jeweils aufhält,
wird Edward umgehend verhaftet, angeklagt und in ein Sanatorium gesteckt. Doch
Edward ist sich sicher, daß er mit den Morden nichts zu tun hat und versucht,
das Mysterium aufzuklären.

Wenn man sich die Inhaltsangabe von "THE SON OF DR. JEKYLL" (1951) zu Gemüte
führt, scheint das ein durchaus interessanter Stoff zu sein. Aber das ist er
nicht. Denn wenn man darüber nachdenkt, erkennt man, daß "THE SON OF DR. JEKYLL"
(1951) mit "The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde" im Kern nichts zu tun
hat. Was den Film so schlecht und obskur macht, ist neben der dilletantischen
Inszenierung vor allem dieser Betrug am Zuschauer. Es handelt sich um einen
normalen "murder mystery plot", auf welchen nachträglich noch das
Stevenson-Prädikat draufgepappt wurde, damit er mehr Menschen in die Kinos
locken möge. Und diese werden auch prompt enttäuscht. So verwandelt sich Edward
nur ein einziges Mal in Mr. Hyde - und liegt über die Dauer der Verwandlung dann
auch prompt besinnungslos am Boden. Filme wie dieser könnten Spaß machen und
kleine Perlen sein, wenn sie den Anforderungen des Trash der 50er Jahre
entsprächen, aber auch diese Hoffnung wird enttäuscht; anstelle eines nach den
prallen Dekolletés kreischender Damen grabschenden und vor sich hinsabbernden
Mr. Hyde erlebt man hier nur politisch korrektes Durchschnittskino jener Zeit,
welches vor allem langweilt.


Zwei Jahre später fielen Dr. Jekyll und Mr. Hyde, obwohl sie sich bislang
erfolgreich vor ihnen versteckt hatten, doch noch in die Hände der beiden
schlimmsten Alpträume jeder klassischen Horrorgestalt. Das Ergebnis dieser
Geiselhaft war "ABOTT AND COSTELLO MEET DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1953).

London wird von einer Mordserie heimgesucht. Der draufgängerische amerikanische
Journalist Bruce Adams verbündet sich mit den beiden Trotteln Slim und Tubby, zwei
amerikanischen Cops, um den Mörder zu fangen. Bruce Adams beginnt eine Affaire
mit Vicky Edwards, die nicht ahnt, daß ihr Mentor, Dr. Jekyll, der Urheber der
Verbrechen ist. Aber Slim und Tubby werden es schon richten.

Von Bud Abbott und Lou Costello war man inzwischen schon gewohnt, daß ihre
Machwerke, welche die klassischen Monsterfilme durch den Kakao zogen, äußerst
platt waren und von ihren Zuschauern nur den Einsatz von maximal zwei
Gehirnzellen forderten. Doch "ABOTT AND COSTELLO MEET DR. JEKYLL AND MR. HYDE"
(1953) ist sogar für deren Verhältnisse grausam schlecht, vergleichbar übel
wie "ABOTT AND COSTELLO MEET THE KILLER, BORIS KARLOFF" (1949). Und wie auch
bereits in diesem Stinker sehen wir in "ABOTT AND COSTELLO MEET DR. JEKYLL AND
MR. HYDE" (1953) Boris Karloff in der Rolle des Bösewichts. Wie alle anderen
Filme dieser Serie trägt "ABOTT AND COSTELLO MEET DR. JEKYLL AND MR. HYDE"
(1953) nichts zu den persiflierten Horrorgestalten bei, sondern schlägt lediglich
aus deren Namen Profit - aber auch, wenn man sich daran nicht stört, sollte
man dieses Machwerk meiden, wann immer es möglich ist.


Wo ein Sohn ist, ist die Tochter nicht weit, zumindest wenn man der Logik
Hollywoods folgt. Und so lernen wir in "DAUGHTER OF DR. JEKYLL" (1957) dieses
bezaubernde Geschöpf auch endlich kennen.
Janet Smith reist in Begleitung ihres Verlobten, George Hastings, an ihrem 21.
Geburtstag in ihren irischen Heimatort, um sich dort mit ihrem Vormund, Dr.
Lomas, zu treffen. Janet und George wollen heiraten und Janet möchte gegenüber
Dr. Lomas erklären, daß sie auf finanzielle Unterstützung verzichtet. Doch
Dr. Lomas erklärt Janet unter vier Augen, daß die Heirat eine ganz schlechte
Idee sei. Janet sei in Wirklichkeit die Tochter des berüchtigten Dr. Jekyll,
des bösartigen Wissenschaftlers. Diese Boshaftigkeit würde im Falle einer
Heirat an Janets Kinder vererbt werden!
Janet stürzt sich in Depressionen und George setzt alles daran, daß die Heirat
dennoch stattfindet. Doch dann geschehen merkwürdige Dinge. Janet träumt, sie
würde in ihrem Nachthemd durch die Nacht wandern und Passanten ermorden. Nach
dem Erwachen aus diesem Traum findet sie tatsächlich Schmutz an ihren Schuhen und
Blut an ihren Händen. War es wirklich nur ein Traum? Janet verliert allmählich
den Verstand und bittet schließlich George, sie zu töten.

Wie auch bereits "THE SON OF DR. JEKYLL" (1951) hat "DAUGHTER OF DR. JEKYLL"
(1957) nichts mit Stevensons Vorlage am Hut und nutzt nur deren
Bekanntheitsgrad. War "THE SON OF DR. JEKYLL" (1951) im Grunde nur ein
verkappter Kriminalfilm, orientiert sich "DAUGHTER OF DR. JEKYLL" (1957)
eigentlich am Mythos des Werwolfs. All diese Gemeinsamkeiten sind jedoch nicht
zufällig. Beide Filme stammen aus der Feder des gleichen Mannes, Jack Pollexfen.
Pollexfen hatte einst "THE SON OF DR. JEKYLL" (1951) geschrieben, um den
Low-Budget-Spezialisten Edgar G. Ulmer den Film drehen zu lassen. Doch Ulmer war
damals mit dem Drehen von "THE MAN FROM PLANET X" (1951) beschäftigt und so
verschachterte Pollexfen sein Skript an Columbia. Mit "DAUGHTER OF DR. JEKYLL"
(1957) startete Pollexfen einen zweiten Versuch, sein Projekt selbst zu
verwirklichen und dieses Mal schaffte er es in der Tat, Edgar G. Ulmer als
Regisseur zu bekommen. Vor diesem Hintergrund erscheint die konzeptionelle
Ähnlichkeit der beiden Film als nachvollziehbar. Um Ärger mit Columbia zu
vermeiden, ließ Pollexfen in der Vermarktungskampagne des Films ständig die
Bemerkung fallen, "DAUGHTER OF DR. JEKYLL" (1957) habe rein gar nichts mit "THE
SON OF DR. JEKYLL" (1951) gemeinsam und der Film orientiere sich stattdessen
eng an Stevensons Roman, dessen Urheberrechte inzwischen erloschen waren. Umso
witziger ist, daß "DAUGHTER OF DR. JEKYLL" (1957) außer Jekylls Namen keine
Berührungspunkte mit der Romanvorlage gemein hat.

Qualitativ steht "DAUGHTER OF DR. JEKYLL" (1957) um einiges besser da als "THE
SON OF DR. JEKYLL" (1951). Natürlich ist der Film, der mit einem unmenschlich
geringen Budget innerhalb einer Woche entstand, ein definitives B-Picture,
welches fast alle Ideen aus anderen Filmen zusammenklaute. Aber es ist eines,
welches Spaß macht. Der Film ist skurril und liebenswert dilletantisch. Er ist
voller Schrägheiten, welche eigentlich völlig lächerlich sind, aber Edgar G.
Ulmer fand diese kleinen Details toll und lustig. Das macht den Film
sehenswert, sofern man die richtige humorische Ader mitbringt.


"THE TWO FACES OF DR. JEKYLL" (1960) ist eine offizielle Adaption des Stoffes,
welche sich nicht vor unszu verstecken braucht, denn auch dieser Film gehört zum
lizenzierten Portfolio von Hammer Films. Wie bei Hammer oftmals üblich,
entfernt sich deren Adaption jedoch recht weit von der Handlung des
zugrundeliegenden Originals. Fein, denn hierdurch kann sich ein "mad scientist"
weiterentwickeln. Hammers Interpretation der Geschichte zeigt somit auch zum
ersten Mal einen Dr. Jekyll, welcher nach seiner Transformation besser aussieht
als davor.

In "THE TWO FACES OF DR. JEKYLL" (1960) ist Dr. Jekyll ein alter Mann. Jekyll
ist mit seinem Alter und seiner körperlichen Verfassung höchst unzufrieden und
diese Unzufriedenheit ist seine Motivation hinter den Experimenten. Durch seine
Entdeckung verwandelt er sich in einen jüngeren Mr. Hyde, dem die Frauen zu
Füßen liegen.
Als er entdeckt, daß seine attraktive Ehegattin Kitty eine Affaire mit Jekylls
bestem Freund Paul hat, vergewaltigt Hyde sie. Aus Rache nimmt er sich dazu noch
eine Geliebte und treibt so Kitty in den Freitod, während er sich mit seiner
Gespielin im ehelichen Bett vergnügt. Diese Geliebte ist eine Darstellerin in
einer exotischen Bühnenshow und hantiert viel mit Schlangen - von einer dieser
Schlangen gebissen, findet auch Paul den Tod.
Doch Mr. Hyde will noch mehr als nur Rache. Er will leben. Daher beschließt er,
Dr. Jekylls Labor niederzubrennen, damit er nie, nie wieder in einen alten Mann
zurückverwandelt wird.

"THE TWO FACES OF DR. JEKYLL" (1960) gehört nicht zu den Glanzlichtern der
Produktionen, welche die Hammer Studios verließen. Der Film war bereits
stiefmütterlich produziert. Regie führte zwar Terence Fisher, der zu der
Elite der Horrorfilmregisseure zählt, aber er war ursprünglich für diese
Produktion gar nicht vorgesehen und kam erst ins Spiel, als der eigentliche
Regisseur aus seinem Vertrag ausstieg. Paul Massie war mit der Doppelrolle des
Dr. Jekyll und des Mr. Hyde völlig überfordert und liefert eine selten
langweilige und freudlose Darstellung ab. Als Zugpferd des Films dient
Christopher Lee, der jedoch auch nur in einer etwas größeren Nebenrolle
auftaucht. Als eigenständiger Film betrachtet ist "THE TWO FACES OF DR. JEKYLL"
(1960) nichts besonderes, aber er brachte auf jeden Fall frischen Wind in das
tröge Leben Dr. Jekylls. Nicht nur das, nun gab es ihn auch endlich in Farbe
auf der Leinwand zu sehen!


"THE NUTTY PROFESSOR" (1963) von und mit dem damaligen Starkomiker Jerry Lewis
ist einer jener Grenzfälle, bei welchem man lange überlegen muß, ob eine
explizite Nennung des Films im Rahmen einer Chronik des Horrorfilms sinnvoll
ist. Zugrundeliegende Motive sind schließlich nicht automatisch auch eine
Eintrittskarte. Aber spätestens dann, wenn man das Filmplakat des Films gesehen
hat und sieht, daß der Film mit dem Slogan "Was wird aus ihm? Welche Art von
Monster?" als Horrorkomödie vermarktet wurde, erscheint dies als möglich. Von
diesem Film gab es noch ein Remake mit dem Titel "The Nutty Professor" (1996)
sowie dessen Sequel "Nutty Professor II: The Klumps" (2000), doch diese beiden
Filme mit Eddie Murphy fallen hier durch den Sieb hindurch. Bei ihnen handelt
es sich dann in der Tat nur noch um dümmliche und vor Fäkalklamauk triefenden
Komödien, denen jeder Hauch des zugrundeliegenden Grauens abgeht.

Professor Kelp ist ein liebenswerter tollpatschiger und leicht trotteliger
Dozent der Chemie an einer Universität. Als Professor dieser Wissenschaft ist
er völlig fehlbesetzt, denn er neigt dazu, versehentlich soviel Schaden
anzurichten wie möglich - ein "mad scientist" eben. Und da er nicht nur völlig
durchgeknallt, sondern dazu auch noch potthäßlich ist, hat er bei Frauen keine
Chance.
Doch Kelp gedenkt hier, mit den Mitteln der Chemie Abhilfe zu schaffen. Er mixt
sich ein Gebräu zusammen, welches ihn in den prächtigen Weiberhengst Buddy Love
verwandelt. Nun hat er endlich eine Chance, seine von ihm angehimmelte Studentin
Stella ins Bett zu kriegen.
Doch die Sache hat einen Haken: die Wirkung des Tranks ist nur von kurzer Dauer.

Der Film entlarvt seine Vermarktung ziemlich schnell als das Wecken falscher
Erwartungen. Das einzige Monster, in welches sich Professor Kelp verwandelt,
ist ein Sexmonster. Erwarten Sie hier eine Horrorkomödie, in welcher Sie auch
Gelegenheit haben werden, sich etwas zu gruseln, dann liegen sie völlig falsch.
Wenn sie jedoch einen Film sehen möchten, welcher den Horror persifliert und auf
nichts weiter als Slapstick reduziert, werden Sie mit "THE NUTTY PROFESSOR"
(1963) glücklich werden. Jerry Lewis verspottet den Horror nicht nur und
trampelt darauf herum, sondern er tanzt auch noch leichtfüßig auf dessen Grab
und degradiert die Herkunft des Films bis zur absoluten Bedeutungslosigkeit.
Typische Horrorkomödien wie die bereits genannten Machwerke von Bud Abbott und
Lou Costello beuten den Horror aus. Doch Jerry Lewis betreibt hier keine
respektlose Leichenfledderei. Der Film läßt ebenfalls keinen Zweifel daran
offen, daß er das Genre des Horrorfilm braucht, um überhaupt seine Existenz
zu rechtfertigen, denn ohne die ständigen Assoziationen zu Dr. Jekyll und Mr.
Hyde würde er nicht funktionieren. Der harte Kontrast zwischen dem, was wir
sehen und dem Bewußtsein über den grausligen Inhalt der Vorbilder ist die
Grundlage für den Humor des Films. "THE NUTTY PROFESSOR" (1963) honoriert dies
nicht weiter, er sagt "Danke, liebes Horrorgenre, daß ich diesen Film drehen
kann, aber fortan werde ich Dich völlig ignorieren". Das ist ehrlicher, als
das Genre mit den Füßen zu treten.
Übrigens: Der Film ist auch sehenswert, weil Jerry Lewis hier im Gegensatz zu
seinem populären Nachfolger Eddie Murphy ohne Spezialeffekte und Masken auskam.
Jerry Lewis erledigt alle Verwandlungen nur mit Hilfe seines Körpers und zeigt,
was für ein großartiger Schauspieler er war.


Danach verschwand Dr. Jekyll wieder für einige Jahre in der Versenkung. Einmal
statteten er und Mr. Hyde ihrem Kollegen Baron von Frankenstein einen Besuch
ab. Dies war in "MAD MONSTER PARTY" (1967), einem mit Puppen gedrehten
Kinderfilm. Ein Jahr später trafen wir den ewig trankschlürfenden Doktor
im Fernsehen wieder. "The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde" (1968) war
eine angemessene Verfilmung von Stevenson Roman, der man leider ihre Herkunft
ansieht. Als Hauptdarsteller war hier Jack Palance zu sehen. Einen Auftritt
im Kino erlebte Dr. Jekyll erst wieder in "DR. JEKYLL Y EL HOMBRE LOBO" (1971).

Sagt Ihnen der Name "Jacinto Molina" etwas? Falls ja, wissen Sie, was Ihnen in
diesem Film blüht. Falls nicht, sollen Sie hier kurz eingeweiht werden. Molina
ist ein in Spanien arbeitender Schauspieler, Regisseur, Autor und Produzent
mit einer kleinen, aber sehr treuen Fangemeinde und unter seinem Künstlernamen
"Paul Naschy" bekannt. Er begann seine Arbeit im Jahr 1960 und gegen Ende dieses
Jahrzehnts hatte er sich zu einem konsequenten Darsteller in B-Pictures
entwickelt, der den Filmen, in welchen er mitwirkte, seinen Stempel aufdrückte.
Wir werden ihm noch sehr oft begegnen und dies vor allem in Filmen mit
so wohlklingenden Namen wie "LOS MONSTRUOS DEL TERROR" (1970), "EL GRAN AMOR
DEL CONDE DRÁCULA" (1970), "LA ORGÍA DE LOS MUERTOS" (1973), "COUNTESS DRACULA'S
ORGY OF BLOOD" (2004) und "ROJO SANGRE" (2004).

Die frisch getrauten Imre und Justine haben gerade ihre Hochzeitsreise nach
Ungarn angetreten. Imre beschließt, daß sie einen kurzen Abstecher ans Grab
seiner Eltern machen. Eine definitiv falsche Entscheidung, denn auf dem Friedhof
werden die beiden von Räubern überfallen. Imre wird ermordet und gerade als
die beiden Täter Justine gewaltsam entjungfern wollen, bricht ihr Retter aus
dem Schatten hervor: Waldemar.
Waldemar bringt Justine zu seinem Schloß und sie bleibt in seiner Obhut. Aber
schnell findet sie heraus, daß Waldemar nur bei Tag ein Traumprinz ist. Nachts
verwandelt er sich in einen Werwolf. Doch auch diese Erkenntnis hält Justine
nicht davon ab, sich bis über beide Ohren in Waldemar zu verlieben.
Waldemar und Justine beschließen, nach London zu gehen. Gerade noch rechtzeitig,
denn vor den Toren des Schlosses versammelt sich der obligatorische Mob, um
der grausamen Bestie Waldemar den Garaus zu machen.
In London stellt Justine ihren neuen Liebhaber einem alten Freund vor, Dr.
Jekyll. Dr. Jekyll möchte helfen, Waldemar von dem Fluch zu befreien. Seiner
Meinung nach wäre dies möglich, wenn er Waldemar beim Eintreten des Vollmonds
eine Injektion des Elixiers verabreicht, welches sein Großvater einst erfand.
Eine prima Idee, doch was ist mit dem unerwünschten Nebeneffekt namens Mr. Hyde?
Ganz einfach, denn schließlich ist Mr. Hyde die Verkörperung des ultimativen
Bösen und wird über den Werwolf siegen. In diesem Moment plant Dr. Jekyll, Mr.
Hyde ein Gegenmittel zu verabreichen, welcher ihn dann wieder in einen geheilten
Waldemar zurückverwandelt.

Ein solch wirrer Gedankengang kann doch nur dem Hirn eines "mad scientists"
entspringen, oder? Und obwohl jeder Zuschauer genau weiß, daß dies mit tödlicher
Sicherheit nicht funktionieren wird, sind die Protagonisten um den verrückten
Wissenschaftler wie immer dämlich genug, um darauf hereinzufallen ...


Es war das Jahr 1971. Die Hammer Studios steckten finanziell in der Krise und
brauchten dringendst Geld. So dringend, daß man teilweise die eigenen Maßstäbe
eingrenzte und sich dem Markt auf jene Weise öffnete, welches das meiste Geld
versprach: mit einer Mischung aus Blut und nackter Haut. Hammers aktuelle
Verfilmung des Stevenson-Stoffes wurde in dieser Phase produziert und da blanke
Busen von Frauen mehr Geld einspielen als haarige Männerbrüste, kann man sich
denken, womit dies endete: bei "DR. JEKYLL AND SISTER HYDE" (1971). Das birgt
schon verdammt viel Trashfaktor in sich, aber damit war noch nicht genug. Der
Film nimmt sich selbst nicht ernst (zum Glück) und liefert gleich noch einen
Eintopf anderer Elemente mit, welche Ihnen bekannt vorkommen dürften.

Das Elixier des Lebens ... auf der Suche nach diesem sagenhaften Stoff befindet
sich Dr. Jekyll schon seit langem und diese Suche entwickelte sich zunehmend
zu einer wahren Obsession. Er glaubt, er habe sie gefunden, und zwar in einer
Essenz aus weiblichen Hormonen!
Doch wo bekommt man diese her? Ist doch logisch, natürlich aus dem nahe
gelegenen Leichenhaus. Immer dann, wenn er Nachschub braucht, beauftragt er zwei
Leichendiebe, welche ihm neue weibliche Körperteile liefern. Doch da
Diebstähle aus Leichenhäusern ineffektiv und nicht wirklich befriedigend sind,
greifen die beiden Diebe irgendwann auf Mord zurück und murksen Frauen ab.
Dr. Jekyll mischt sich sein Elixir zusammen, trinkt es und verwandelt sich,
wie vom Publikum erwartet, in eine schöne Frau, welche ebenso böse ist wie
sexy. Diese gibt sich dann als die verwitwete Mrs. Hyde aus.
Mrs. Hyde beginnt zu morden. Ihre Opfer sind Prostituierte im Londoner
Bezirk Whitechapel. Und somit ist endlich geklärt: Mrs. Hyde ist Jack the
Ripper!

Na? Sind Sie jetzt neugierig? Sie werden mir nicht glauben, aber es ist wirklich
so, wenn ich Ihnen sage, daß dieser Schwachsinn als Film funktioniert!


Die TV-Produktion "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" (1973) war ein Reinfall ohne
gleichen und so mancher Horrorfan ist froh, daß dieser Mist nicht in den Kinos
anlief. Nicht, daß etwas gegen den alten Hollywood-Haudegen Kirk Douglas als
Dr. Jekyll und Mr. Hyde spräche, auch wenn dieser Gedanke etwas
gewöhnungsbedürftig ist ... aber dann noch ein MUSICAL? Sie wollen das nicht
ertragen müssen, glauben Sie mir.
Ken Russells "ALTERED STATES" (1980) war hier dann doch schon eher ein Schritt
in die richtige Richtung.

Der an der Universität von Harvard arbeitende Professor Eddie Jessup,
dargestellt durch den späteren Oscarpreisträger William Hurt in seiner ersten
Filmrolle, experimentiert mit einer Droge und einem Isolationstank. Er macht
die sonderbare Beobachtung daß jeder, welcher dieser Prozedur ausgesetzt ist,
den gleichen Traum erfährt. Könnte dies ein Hinweis auf einen im Unterbewußtsein
schlummernden, prähistorischen Trieb sein, eine Art von Erinnerungsspeicher
nicht nur eines Individuums, sondern einer ganzen Art?
Jessup wird neugierig und treibt seine Experimente immer weiter voran. In einem
Selbstversuch treibt er es jedoch zu weit. Er verwandelt sich in einen wilden
Affenmenschen und startet einen Amoklauf.

"ALTERED STATES" (1980) ist kein unmittelbarer Ableger von "The Strange Case of
Dr. Jekyll and Mr. Hyde", sondern die Verfilmung eines Romans von Paddy
Chayefsky. Das ändert jedoch auch nichts daran, daß "ALTERED STATES" (1980)
Stevensons Vorlage sehr stark ähnelt. So stark, daß sich während des Films
mehrmals der Gedanke aufdrängt, man sähe gerade Dr. Jekyll auf Drogen.
Chayefsky ließ seinen Namen aus den Credits streichen, er schien also nicht
sonderlich angetan zu sein. Dennoch, "ALTERED STATES" (1980) ist und bleibt ein
bärenstarker Film und eine von Ken Russells besten Arbeiten. Der Film ist
lediglich etwas stark der Science Fiction zugeneigt, aber die LSD-Trips
ähnelnden Erfahrungen Jessups haben dennoch einen eindeutigen Horrorcharakter.
Der Film ist enorm progressiv ausgerichtet und keine leichte Kost, sondern
anspruchsvoller, als die kurze Inhaltsangabe es zu vermitteln vermag. Hätte
nicht gerade der äußerst überschätzte Ken Russell Regie geführt, wäre es kein
weiter Weg gewesen, dieses Drehbuch in einen echten Klassiker des großen Kinos
zu verwandeln. So reicht es allerdings nicht ganz zu diesem Status, aber er
kann sich immerhin noch mit den besten Produktionen des Jahres 1980 messen.


Das genaue Gegenteil muß man über "DR. JEKYLL'S DUNGEON OF DEATH" (1980) sagen.
Der bereits 1979 gedrehte, aber erst 1980 fertig geschnittene Film ist ein
Machwerk der übelsten Sorte.
Henry Jekyll tritt in die Fußstapfen seines berüchtigten Großvaters und
entwickelt ein Serum, welches die böse Seite eines Menschen dominieren läßt.
Das Motiv hierfür ist Eigeninteresse, denn Jekyll ist schlicht größenwahnsinnig.
Er will die böse Seite nicht nur aufwecken, er will sie dominieren.
Aber im Gegensatz zu seinem Großvater ist Henry Jekyll ein Feigling. Er
injiziert sich das Serum nicht selbst, sondern er entführt Menschen und benutzt
diese als Versuchskaninchen. Er sperrt sie in einem häßlichen Raum ein, gibt
ihnen die Injektion und läßt sie dann wie "martial arts"-Kämpfer aufeinander
losgehen.

Der Film an sich ist grausam schlecht und man sieht ihm an, daß es sich um
eine Hinterzimmerproduktion handelt, in welcher der Regisseur, Autor, Kameramann
und Cutter James Woods und sein Hauptdarsteller und Co-Autor James Mathers ihren
Fantasien freien Lauf ließen. Und diese Fantasien haben es in sich. "DR.
JEKYLL'S DUNGEON OF DEATH" (1980) ist einer jener Filme, welche das Vorurteil des
typischen verblödeten und gewaltbereiten Horrorfans nähren. Der Film ist
frauenfeindlich ohne Ende; hier wird gequält und vergewaltigt ohne Ende. Frauen
werden penetriert und ihr Peiniger kommt zum Orgasmus, während er kochendes
Wasser über sie schüttet. Ein geistig zurückgebliebener Kretin vergewaltigt
ein komatöses Opfer. Je lauter die Frauen schreien, desto besser scheint es zu
sein. Hinzu kommt noch eine kräftige Portion Rassismus und anderes braunes
Gedankengut. Dieser Film ist genau diese Sorte Dreck, für welchen sich
Horrorfans schämen, also klappen wir jetzt gleich wieder den Deckel darüber zu,
okay? James Wood drehte glücklicherweise keine weiteren Filme mehr.


Allgemein waren die 80er alles andere als Highlight für Fans des Dr. Jekyll.
Auch "JEKYLL AND HYDE ... TOGETHER AGAIN" (1982) ist strunzdumm und eine
Beleidigung des Originals.
Ein Chirurg stößt auf eine persönlichkeitsmanipulierende Droge und schluckt
versehentlich eine Dosis davon. Und er verwandelt sich in ... einen Partylöwen,
inklusive Afro-Frisur, Goldkettchen und aus dem Hemd heraushängenden
Brusthaaren. Und von nun gilt nur noch eines, nämlich DISCO!
Diesen Müll wollen Sie nicht wirklich sehen. Zwei Jahre zuvor war im Zuge des
Erfolgs der Slapstick-Komödie "Airplane!" (1980) bereits der Spoof "DR. HECKLE
AND MR. HYPE" (1980) entstanden, über welchen ich auch kein weiteres Wort mehr
verlieren möchte und welchen ich ihnen bislang verschwiegen habe. Jetzt haben
wir beide Filme gemeinsam vor der Flinte, also lassen Sie uns unsere Kopien der
Filme gemeinsam an einen Betonblock ketten und in der nächstgelegenen
Jauchegrube versenken. Igitt. Betrachten Sie die Tatsache, daß ich diese Filme
überhaupt an dieser Stelle erwähnt habe, als eine dringende Warnung.


Als im Jahr 1989 mit einigen Monaten Verspätung "EDGE OF SANITY" (1988)
erschien, wurden ebenfalls vorrangig Erwartungen enttäuscht.

Dr. Henry Jekyll arbeitet in einem Londoner Krankenhaus und forscht zuhause
an einer Droge, von welcher er sich erhofft, daß sie die Anästhesie
revolutionieren wird. Eines Tages kippt sein Versuchstier, ein Affe, eine
Chemikalie über die Droge. Dr. Jekyll atmet die entstehenden Dämpfe ein und
verwandelt seine Persönlichkeit.
Ab sofort nennt er sich Jack Hyde und besucht wiederholt eine Prostituierte
namens Susanna, welche ihn an einen Vorfall aus seiner Kindheit erinnert.
Er sucht auch Prostituierte auf der Straße auf und beginnt, diese mit seinem
Skalpell abzuschlachten.
Bei einem seiner Morde verliert Mr. Hyde einen Teil seiner Droge. Hierdurch
kommt die Polizei auf Dr. Jekylls Spur.
Mrs. Jekyll wird immer mißtrauischer, weil ihr Mann sich zunehmend eigenartiger
zu benehmen beginnt. Jekyll erzählt ihr, er arbeite bis spät in die Nacht mit
einem Patienten namens Hyde. Doch diese Lüge fliegt auf, als Mrs. Jekyll eines
Abends im Krankenhaus anruft. Da sie befürchtet, daß ihr Mann in Gefahr sei,
beschließt sie, Mr. Hyde zu suchen.

"EDGE OF SANITY" (1988) schließt sich der gewagten These an, Mr. Hyde und Jack
the Ripper seien ein und diesselbe Person, was 1988 ein beliebter Trend war,
da die Legende um Jack the Ripper hier ihren 100. Geburtstag feierte.
Dies wird verquickt mit einer Ladung Kokain, der Modedroge der 80er Jahre.
Dieses Konzept stimmt bereits skeptisch und auch die Hoffnung, daß die unsinnige
Handlung wenigstens unterhaltsam und spannend erzählt wird, erfüllt sich nicht.
Die Hauptprobleme des Films sind eine verkrampfte Regie, welche sich zu sehr
den gezeigten Bildern verschreibt und die Erzählweise völlig außer acht läßt,
sowie der Hauptdarsteller Anthony Perkins. Perkins rezitiert hier nur seine
stereotype Rolle des Norman Bates aus "PSYCHO" (1960) und stellt ausschließlich
einen wirr dreinguckenden Psychopathen in einer lächerlichen Maske dar. Perkins
liefert lediglich einen Striptease seiner eingeschränkten schauspielerischen
Fähigkeiten.

Hinzu kommt noch, daß der Film seinen Schwerpunkt auf Sex und Gewalt fixiert.
Wegen der enthaltenen Brutalität und Goreszenen wurde der Film vor seinem
Kinostart in den USA um insgesamt sechs Minuten geschnitten, damit er noch ein
R-Rating erhält. Dies vernichtete die Basis des Filmes völlig und zurück blieb
nur ein lästiges und überflüssiges Filmchen, welches kaum jemand sehen wollte.


Dr. Jekyll und Mr. Hyde schienen nun völlig am Ende ihrer Filmkarriere angelangt
zu sein. Fast zwei Jahrzehnte nur Schrott überleben nur wenige Charaktere. Auch
die beiden TV-Produktionen "The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde" (1989)
mit Anthony Andrews und der überraschend gute "Jekyll & Hyde" (1990) mit Michael
Caine änderten daran nichts. Der nächste Versuch im Kino, "DR. JEKYLL AND MS.
HYDE" (1995), schlug erwartungsgemäß ebenfalls fehl. Stevensons Mär reichte
qualitativ offensichtlich nicht mehr aus, um erfolgreich im Kino verarbeitet
zu werden.


An dieser Situation hat sich seitdem nicht mehr viel geändert. Lediglich ein
englischer Regisseur wagte sich im vollen Bewußtsein, daß sein Film trotz
Starbesetzung kein Blockbuster werden würde, ein weiteres Mal an den Stoff und
lieferte einen rundum gelungenen Film ab - einen kleinen, unspektakulären Film,
aber eine der besten Interpretationen des Romans während der Nachkriegszeit.
Dieser Regisseur hieß Stephen Frears, der Titel des Films lautete "MARY REILLY"
(1996). In den Hauptrollen des Films sind Julia Roberts und John Malkovich zu
sehen.
Frears variierte die Handlung von "The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde"
nicht, sondern er blieb ihr treu. Stattdessen veranstaltete er einen andersartigen
Bruch mit dem Original, denn seine Hauptperson ist Mary Reilly, Dr. Jekylls
irische Dienstmagd. Frears erzählt die ganze Geschichte aus Marys Perspektive
und gibt der bekannten Geschichte somit einen neuen, interessanten Blickwinkel.
Mary Reilly mag ihren Chef Dr. Jekyll sehr und ist ihm treu ergeben, sogar ein
wenig in ihn verliebt. Es stört sie nicht, daß er sich des öfteren für längere
Zeit in seinem Laboratorium einschließt und sie findet es zwar verwunderlich,
aber nicht bedenklich, als er ankündigt, daß sein Freund Mr. Hyde bald einziehen
werde. Als Mary auf Mr. Hyde trifft, ist sie äußerst beeindruckt und verfällt
ihm sofort. "MARY REILLY" (1996) ist teils ein Mysterium, teils eine
Liebesgeschichte, teils Horror, aber es ist auf jeden Fall ein stiller und
leiser Film, welcher durch seine Ruhe und seine Erzählstruktur fasziniert. Es
ist kein spektakuläres Kino wie die anderen berühmten Adaptionen, aber eine
kleine Perle, welche man sich durchaus mal anschauen sollte. Genaueres über
diesen Film werden Sie erfahren, wenn wir ihn im Rahmen eines eigenen Kapitels
besprechen.


Das neue Jahrtausend brachte zwei weitere Filme, welche sich des Themas
annahmen, aber auch hier überwiegt der Mangel an Qualität. Für das Fernsehen
wurde eine grauenvoll schlechte Musicalversion mit David Hasselhoff als
Hauptperson produziert, "Jekyll & Hyde: The Musical (2001)". Zwei Jahre später
folgte dann noch als Nachschlag "THE DR. JEKYLL AND MR. HYDE ROCK 'N' ROLL
MUSICAL" (2003), welches das Publikum aus wohl nachvollziehbaren Gründen
ebenfalls mied. Die Chance, daß sich die inzwischen dreißig Jahre andauernde
Phase der Schlechtheit in eine Renaissance von "Jekyll & Hyde"-Verfilmungen
verwandelt, ist denkbar schlecht. Hier bleibt nur die Hoffnung in die Zukunft.
Es ist schade, daß der zweitwichtigste "mad scientist" derart dahinvegetiert.



Der verbrecherische Wissenschaftler: Jack Griffin

Im Jahr 1897 veröffentlichte H.G. Wells seine groteske Erzählung über einen
Mann, welcher die Gabe besaß, unsichtbar zu werden. Universal griff die Idee
im Jahr 1933 auf und produzierte unter der Regie von James Whale mit "THE
INVISIBLE MAN" (1933) einen der großen Klassiker der Science Fiction und
des Horrorfilms. Der Name des "mad scientists", welcher die Formel der
Unsichtbarkeit entdeckt, lautet Jack Griffin. Inzwischen steht sein Name neben
Dracula, Frankensteins Kreatur, dem Wolfsmenschen und der Kreatur von der
schwarzen Lagune für eines der fünf klassischen Filmmonster Universals.

Ein solches Filmmonster war er in der Tat. Jack Griffin war als dritter
prägender "mad scientist" nicht nur ein Opfer der Umstände seiner kranken
Ideen, wie es Victor Frankenstein und Dr. Jekyll zu ihrer Verteidigung sagen
könnten. Griffin ging einen Schritt weiter. Vor der Durchführung seines
Experiments behielt er einen kühlen Kopf und erst danach änderte sich sein
Charakter. Griffin war kein Opfer, sondern er wurde zum Täter, als ihm klar
wurde, welche Macht ihm seine Entdeckung einräumte und diese dann nutzte, um
ungestraft Verbrechen zu begehen.

Diese Eigenschaft Griffins war von Anfang an gegeben und fand nicht erst im
Laufe seiner Weiterentwicklung statt, wie es bei Frankenstein der Fall war.
Griffin entwickelte sich überhaupt nicht weiter, sondern ähnelt hier eher Dr.
Jekyll, der auch die meiste Zeit auf der Stelle trat und nur in seiner
originalen Form rezitiert wurde. Doch während Dr. Jekyll oftmals das Ambiente
wechselte und aus verschiedenen Perspektiven beobachtet wurde, ist dies bei
Griffin auch nicht der Fall. Vielmehr dient der Unsichtbare hier nur als
Blaupause für weitere Ideen, welche mit dem Original nur noch selten in
Verbindung stehen. Es gibt eine sehr große Zahl von Filmen, in denen unsichtbare
Helden und Antihelden vorkommen, doch hier dient dann keine fiktive Person mehr
als Fokus, sondern nur noch die zugrundeliegende Idee.
Daher werden wir uns wie schon bei den Verfilmungen von "The Strange Case of Dr.
Jekyll und Mr. Hyde" auf einige Filme beschränken, welche einen unmittelbaren
inhaltlichen oder chronologischen Bezug zu "THE INVISIBLE MAN" (1933) vorweisen
können. Hierbei werden auch einige wenige Filme erwähnt werden, in welchen der
"mad scientist", wenn überhaupt, nur noch eine unbedeutende Rolle spielt, aber
hauptsächlich werden wir uns auf jene Filme beschränken, in welchen er in
tragender Funktion auftaucht. Und dies sind gar nicht mal so viele, wie man
anfangs denken mag.


Die "THE INVISBLE MAN" (1933) zugrundeliegende Geschichte ist in zwei Sätzen
erzählt: Jack Griffin ist ein Wissenschaftler, der eine Formel entdeckt, welche
ihn unsichtbar werden läßt. Im Laufe der Zeit treibt diese Fähigkeit ihn in
einen mörderischen Wahnsinn mit bitterem Ausgang. Das war er dann auch schon,
der Auftritt Jack Griffins, aber noch viele andere Unsichtbare würden in seine
Fußstapfen treten.

In "THE INVISIBLE MAN RETURNS" (1940) verhilft Jack Griffins Bruder Frank dem
inhaftierten Geoffrey Radcliffe, welcher übrigens von dem noch jungen Vincent
Price dargestellt wurde, zur Flucht aus dem Gefängnis. Geoffrey saß dort ein,
weil er wegen Mordes an seinem Bruder verurteilt worden war, aber natürlich
ist Geoffrey unschuldig. In seiner neuen unsichtbaren Gestalt begibt er sich nun
auf die Suche nach dem wahren Mörder. Frank Griffin weiß jedoch, daß die
Unsichtbarkeit mit der Zeit auch Geoffrey überschnappen lassen wird und
versucht, noch rechtzeitig ein Gegenmittel zu finden.

Schon bei dieser kurzen Handlungsbeschreibung fällt auf, daß auch das Hollywood
der 30er Jahre schon sehr kommerziell dachte. "THE INVISIBLE MAN" (1933) ist
einer der großen Klassiker des phantastischen Films, was nicht nur auf James
Whales hervorragender Regieleistung fundiert, sondern der Film ist auch
bemerkenswert, weil hier die Hauptperson schlichtweg böse und unmoralisch ist.
Aber bereits das Sequel polt dies wieder in das politisch korrekte Gegenteil
um - wie auch schon bei "DR. JEKYLL AND MR. HYDE" (1931) und dessen Remake ist
hier deutlich zu spüren, daß sich hier ein moralischer Kodex in Hollywood
etabliert hatte, welcher innovatives und freches Kino behinderte. Aber es sollte
noch viel schlimmer kommen.

Noch im gleichen Jahr entstand "THE INVISIBLE WOMAN" (1940), ein Film, der nur
noch wegen seiner Eigenschaft als Fortsetzung hier aufgezählt wird. Hierfür
wurden jegliche Horrorelemente und ihre Anleihen vollständig getötet und durch
jene einer romantischen Komödie ersetzt - für einen Horrorfan gibt es kaum
schlimmeres als dies hierdurch schon fast zwangsweise resultierende Niveau
eines Hausfrauen-Nachmittagsprogramms.
Ausgerechnet John Barrymore spielt hier Professor Gibbs, einen trotteligen
"mad scientist", welcher eine Unsichtbarkeitsmaschine(!) erfand und nun auf der
Suche nach Versuchskaninchen ist. Ein solches findet er natürlich und es handelt
sich um das fleischgewordene Hollywoodklischee idealer Weiblichkeit: Sie trägt
selbstverständlich den Vornamen Kitty, sie ist ein Modell, pleite, konservativ,
hübsch, blond und strunzdoof. Gibbs macht sie unsichtbar und Kitty nutzt dies
nicht minder Hollywoodkonform für seichte Eskapaden voller Gekicher und amouröse
Abenteuer. Die bösen Buben dürfen natürlich auch nicht fehlen und so treten
Gangster auf den Plan, welche den Unsichtbarkeitsapparatus stehlen, damit ihr
Anführer unerkannt aus Mexiko zurückkehren kann.
Sie wollen das nicht sehen, wirklich nicht!
Aber Universal legte nochmal einen obendrauf und bereits zwei Jahre später kam
es nochmal eine weitere Stufe übler.


"THE INVISIBLE AGENT" (1942) ist eines der gräßlichsten Machwerke, auf welches
Liebhaber des Horrors hereinfallen können. Wie auch schon in "THE INVISIBLE
WOMAN" (1940) wird H.G. Wells' Original hier vergewaltigt, aber die hierbei
federführenden Instinkte befanden sich nochmal eine Ebene tiefer. "THE INVISIBLE
AGENT" (1942) entstand zum Zwecke der Kriegspropaganda und bedient sich hierfür
der plakativen Mittel des Slapsticks.

Frank Raymond, der angebliche Enkel von Jack Griffin, ist im Besitz der
Unsichtbarkeitsformel seines Großvaters. Er kennt jedoch die gefährliche
Nebenwirkung des Serums und wehrt sich lange Zeit dagegen, diese dem Militär
zur Verfügung zu stellen.
Doch seine Weltanschauung ändert sich um 180 Grad, als die Japaner Pearl Harbor
angreifen. Der Kriegseintritt der USA veranlaßt ihn, sich freiwillig für den
Dienst an der Front zu melden. Er begibt sich nach Europa, macht dort
Nazioffiziere lächerlich, pflegt eine Beziehung zu einer illustren Doppelagentin
und gelangt so an geheime Kriegspläne Hitlers.
Schlecht, ganz schlecht. Meiden Sie diesen Film unbedingt, auf Teufel komm'
raus.


"THE INVISIBLE WOMAN" (1940) und "THE INVISIBLE AGENT" (1942) hätten es schwer
gehabt, im Index dieser Chronik zu landen, wenn sich Universal nicht dazu
entschlossen hätte, im fünften Film dieser Serie wieder zu ihren Wurzeln
zurückzukehren. "THE INVISIBLE MAN'S REVENGE" (1944) macht genau dies, auch wenn
es nach seinen beiden unrühmlichen Vorgänger als schwer vorstellbar erscheint,
daß hier nochmal ein Bösewicht zum zentralen Charakter werden konnte.

Robert Griffin, ein weiterer Bruder von Jack, ist auf der Flucht vor Vater Staat.
Ihn unterscheidet von Jack Griffin, daß er die Unsichtbarkeitsmedizin nicht mehr
erst zu trinken braucht, um ein schlimmer Finger zu sein; Robert ist aus freiem
Willen bereits ein Verbrecher.
Robert sucht Zuflucht bei dem Wissenschaftler Dr. Peter Dury. Dury ist nicht
besonders entzückt über seinen Besucher, aber er hat keine andere Wahl, als ihm
zu helfen.
Robert hingegen benutzt seine Unsichtbarkeit jedoch nicht zur Flucht, wie es
jeder Normaldenkende wohl getan hätte, sondern als Mittel zu seiner privaten
Rache. Er beginnt die Familie eines Mannes zu terrorisieren, von welchem er
glaubt, daß er ihn einst betrogen habe.

Es ist durchaus positiv zu bewerten, daß ein Unsichtbarer wieder ein Bösewicht
sein durfte. Aber dennoch wahrt der Film seine Distanz zu James Whales 11 Jahre
älterem Begründer der Serie. Robert Griffin ist keine Identifikationsfigur,
sondern der Film läßt keine Zweifel offen, daß dieser Mann es verdient, vom
Publikum gehasst zu werden. Das ist auch das große Problem dieses Films, denn
während des Anschauens interessiert man sich nur wenig für die Charaktere,
welche in dem Streifen auftauchen. Die Handlung holt keinen Hund hinter dem Ofen
hervor. Daß "THE INVISIBLE MAN'S REVENGE" (1944) aufgrund dieser Mischung ein
völlig uninteressanter und spaßloser Film ist, dürfte wohl niemanden verwundern.


Eigentlich ist Jack Griffin aus filmhistorischer Sicht eine ganz schön arme Sau.
Ein hervorragender Film und danach ging es nur noch beständig abwärts,
jahrzehntelang. Unsichtbare Helden und Bösewichter tauchten ab dem Beginn der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts regelmäßig auf, in den verschiedenstartigen
Filmen und den verschiedensten Formen. Da gibt es eine riesige Anzahl schlechter
Filme, bei denen es sich direkt oder indirekt um den Unsichtbaren oder seiner
Mutationen handelt und die meisten Filme haben mit Horror nichts mehr am Hut.
Etliche Filme kommen aus dem seichten Komödiengenre und tragen Titel wie "The
Erotic Misadventures of the Invisible Man" (2003), wobei es sich hier sogar um
einen reinrassigen Softporno handelt. Es versteht sich schon beinahe von selbst,
daß auch der Unsichtbare trotz seiner Transparenz nicht den zwei Dauerblödlern
entgehen konnte und für "ABBOTT AND COSTELLO MEET THE INVISIBLE MAN" (1951)
herhalten musste. Ebenso taucht er in italienischen und mexikanischen
Trash-Produktionen auf und auch erniedrigende Nebenrollen ist er gewohnt, wobei
hier "THE LEAGUE OF EXTRAORDINARY GENTLEMEN" (2003) sogar noch die
Unverschämtheit besaß, von ihm zu verlangen, daß er aus lizenzrechtlichen
Gründen seinen Namen in "Rodney Skinner" ändern müsse. Ich glaube, H.G. Wells
würde es uns danken, daß wir hier den ganzen Ballast außer acht lassen und nur
noch zwei Filme benennen, welche die Idee hinter Jack Griffin noch respektieren.


In John Carpenters "MEMOIRS OF AN INVISIBLE MAN" (1992) übernahm der damals in
den USA sehr populäre Komiker Chevy Chase die Rolle von Nick Halloway, einem
durchschnittlichen Geschäftsmann von der Wall Street, der unfreiwillig durch
einen Laborunfall unsichtbar wird. Von nun an wird er gejagt. Nicht, weil er
etwas Schlimmes getan hätte, denn eigentlich möchte Nick nur erreichen, daß
seine Moleküle wieder so sortiert werden, wie sie früher einmal waren. Aber
da ist vor allem Jenkins, ein durch Sam Neill verkörperter CIA-Mann, der
Nick als Spion einsetzen möchte.
Und natürlich kommt auf dieser Hatz neben der wohl unvermeidlichen
Situationskomik auch die Romantik in Form einer von Daryl Hannah verkörperten
Dokumentarfilmerin nicht zu kurz, die das Geheimnis hinter dem Unsichtbaren
ergründen möchte.
John Carpenters Glanz ließ nach einem äußerst erfolgreichen ersten Jahrzehnt
als Filmemacher stark nach und als er "MEMOIRS OF AN INVISIBLE MAN" (1992)
drehte, befand er sich schon 10 Jahre auf dem absteigenden Ast. Als Film aus
dieser heiklen Phase Carpenters ist er jedoch überraschend gut ausgefallen.
Das Drehbuchgenie William Goldman sorgte hier für einen wasserdichten Plot,
interessante Charaktere und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Humor und
phantastischen Elementen. Der Film floppte an den Kinokassen, aber das tut
dem Verdienst keinen Abbruch, daß mit "MEMOIRS OF AN INVISIBLE MAN" (1992)
ein Film entstand, welcher die Figur des Unsichtbaren und dessen Herkunft
würdig behandelt, ja geradezu zu verehren scheint. Ein kleiner Film, aber ein
feiner - jedenfalls im Vergleich zu den übrigen Machwerken, die der Unsichtbare
ertragen musste.


"HOLLOW MAN" (2000) von Paul Verhoeven ist ein modernisiertes Remake von "THE
INVISIBLE MAN" (1933). Der Grundgedanke ist der gleiche, lediglich Details
der Handlung wurden verändert bzw. stark vereinfacht.

Der Wissenschaftler Sebastian Caine ist kurz davor, einen Durchbruch bei seinen
Forschungen zu erzielen. Er hat seine Unischtbarkeitsformel nicht nur
entwickelt, sondern er erprobt sie bereits erfolgreich an Versuchstieren. Es
fehlt nur noch der letzte, konsequente Schritt: der Test an einem menschlichen
Versuchsobjekt. Wie bei vielen andere "mad scientists" kommt für Caine nur eine
Person hierfür in Frage, er selbst. Und er betrachtet diesen Schritt als
notwendig, denn das Projekt wird vom Pentagon finanziert und Caine steht somit
unter hohem Erfolgsdruck.
Überambitioniert wie er nunmal ist, läßt er sich von seinen Assistenten eine
Injektion des Serums verabreichen und wird hierdurch unsichtbar. Doch wie
erwartet steigt ihm die Grenzerfahrung des Unsichtbarseins zu Kopfe und er
denkt nicht im Traum daran, wieder zu seiner sichtbaren Form zurückzukehren.
Er entwickelt ein immer kriminelleres Handeln, bis er schließlich zur
unmittelbaren Bedrohung seiner Helfer wird.

"HOLLOW MAN" (2000) ist eigentlich einer jener Filme, über welche man sich
bei ihrer Ankündigung freut und nach dem Besuch des Kinos enttäuscht ist.
Anfangs ist der Film durchaus hervorragend. Er bringt alle Zutaten mit sich,
die ein Film damals haben musste, um erfolgreich zu sein: Angemessene
Schauspieler, beeindruckende Schauwerte durch Spezialeffekte, er ist in
angenehmem Tempo erzählt und auch die Freunde von "mad scientists" sind
durch die ausreichende psychologische Tiefe Caines beglückt. In der ersten
Hälfte sieht es wirklich so aus, als habe "THE INVISIBLE MAN" (1933) endlich
einen würdigen Nachfolger gefunden.
Leider sieht es in der zweiten Hälfte des Films dann völlig anders aus. Ab
hier agiert der "hohle Mann" in einem nicht minder hohlen Drehbuch. Actionszene
reiht sich an Actionszene und so manch guter Einfall wie z.B. das Sichtbarmachen
der Fußabdrücke Caines durch auf dem Boden verteilte Flüssigkeit werden nicht
konsequent durchgeführt. Stattdessen übernehmen die Spezialeffekte die
Hauptrolle und bei den meisten Szenen drängt sich der Verdacht auf, daß darin
befindliche Elemente wie ein Swimming Pool oder Wasserdampf primär der Aufgabe
nachgehen, Gelegenheiten für weitere Sepzialeffekte zu schaffen. Die Handlung
wird dem "eye candy" geopfert und was hiervon noch übrig bleibt, sind
Versatzstücke, welche man nicht nur bereits aus anderen Filmen wie "ALIEN"
(1979) kennt, sondern dort auch in besserer Ausführung gesehen hat.
Unterm Strich bleibt hier ein Film, welcher enttäuscht. Da hätte wirklich etwas
daraus gemacht werden können, wenn der Autor nicht auf dem halben Weg die Lust
verloren und ein geeigneterer Regisseur als Paul Verhoeven an die Materie
angesetzt worden wäre.
Aber dennoch zog "HOLLOW MAN" (2000) ein Sequel nach sich. Warten wir ab, was
die Zukunft bringt - vielleicht wird Jack Griffin nicht nur ein wichtiger "mad
scientist" bleiben, sondern auch einmal voller Stolz auf sein Lebenswerk
zurückblicken können.



Unfreiwillige Mutationen: André Delambre

André Delambre ist die wohl tragischste Gestalt aller "mad scientists". Daß er
einen wissenschaftlichen Durchbruch erzielte und übermotiviert einen
Selbstversuch startete, über welchen er besser nochmal nachgedacht hätte,
unterscheidet ihn zwar nicht von seinen Kollegen, aber André erwischte es so
frühzeitig, wie keinen anderen "mad scientist" zuvor - er stirbt bereits, bevor
die Handlung von "THE FLY" (1958) beginnt. Ihm selbst blieb somit eine große
Karriere als verrückter Wissenschaftler verwehrt. Aber seine Nachfahren, welche
sich damit beschäftigen, die von ihm hinterlassenen Scherben zusammenzukehren
und ihm nachzueifern, brachten es bislang auf immerhin zwei Fortsetzungen sowie
ein Remake und dessen Sequel plus ein weiteres Remake aus dem Jahr 2005,
also insgesamt sechs Filme(339). Und immerhin erfuhr André Delambre die zweifelhafte
Ehre, der erste "mad scientist" des Horrorfilms zu sein, welcher sein Leben schon
beim ersten Anlauf im farbigen Breitwandformat aushauchen durfte. Ebenso ist
er der Wissenschaftler, welcher die Science Fiction, allen voran natürlich die
"Star Trek"-Franchise, mit der Technik des Beamens beglückte.

André Delambre wird eines Tages tot in einer Gießerei aufgefunden. Sein Kopf
und einer seiner Arme wurde in einer Presse zu Matsch zerquetscht. Ein Wächter
erinnert sich, Delambres Frau Helene gesehen zu haben, wie sie in dieser Nacht
die Gießerei verließ. Somit steht eine Tatverdächtige fest.
Aber François Delambre, der Bruder Andrés, kann nicht glauben, daß Helene die
Tat begangen haben soll. André und Helene führten eine glückliche Ehe, was soll
ihr Motiv gewesen sein? Doch Helene gibt zu, ihren Gatten ermordet zu haben und
mehr noch, sie ist erleichtert darüber, daß "nun alles vorbei sei". Was ist
geschehen?
François gelingt es schließlich, die Wahrheit aus Helene herauszulocken und so
erfahren er und der anwesende Inspektor Charas eine unglaubliche Geschichte.
André Delambre forschte an einem Apparat, mit dessen Hilfe er Gegenstände und
Lebewesen in ihre Atome zerlegen, über eine räumliche Distanz transportieren
und an ihrem Ziel wieder in ihre ursprüngliche Ordnung zurückbringen konnte,
also einem Teleporter. Dies klappte auch weitgehend, jedenfalls bis er den
Hauskater Dandelot zu teleportieren versuchte und es dann nicht schaffte, das
Tierchen wieder zu rekonstruieren, weshalb seine Atome noch immer durch die
Dimensionen sausen. Derartiges ist natürlich die Einladung zu einem
Selbstversuch, jedenfalls aus Sicht eines Wissenschaftlers der Marke Hollywood.
Bei diesem Selbstversuch unterlief André jedoch das unvermeidliche Mißgeschick.
Von ihm unbemerkt schwirrte in seinem Labor eine Stubenfliege herum und André
teleportierte nicht nur sich selbst, sondern auch das Insekt. Bei der
Reintegration wurden die beiden Lebewesen dann miteinander verwischt - André
Delambre hatte fortan den Kopf und die Klaue einer Fliege!
Anfangs schien André noch damit zurechtzukommen und versteckte seinen Kopf
unter einer schwarzen Haube, doch sein Gehirn degenerierte immer mehr. Als es
ihm nicht gelang, die Stubenfliege zu finden und er auch zunehmend die Kontrolle
über sich verlor, führte er Helene zu der Gießerei, damit sie die Schalter
bedienen möge, welche die Presse in Gang setzen.
François und Charas denken natürlich, Helene sei völlig übergeschnappt und in
der Tat eine Mörderin. Doch dann stolpern sie im Garten des Hauses regelrecht
über ein Spinnennetz, in welchem sich eine Fliege befindet ...

"THE FLY" (1958) ist ein klasse Film, vielleicht sogar der Beste, der in diesem
Kapitel bereits erwähnt wurde. Der Low-Budget-Spezialist Kurt Neumann verpasste
diesem mit einem Budget von vergleichsweise lächerlichen 350.000 Dollar versehen
Film einen Anspruch wahrer Größe, indem er ihn als ersten Horrorfilm im
Cinemascope-Verfahren drehen ließ und auch inhaltlich weiß der Film zu
überzeugen. Basierend auf einem Skript nach einer im Jahr zuvor veröffentlichten
Kurzgeschichte des britischen Journalisten George Langelaan wird hier eigentlich
einer der kapitalsten Fehler begangen, welcher einem Autoren eines
spannungsbasierten Drehbuchs passieren kann, nämlich das Ende des Films gleich
zu Beginn zu erzählen und fortan nur in Rückblicken zu schwelgen. Aber "THE FLY"
(1958) macht vor, wie man aus einem solchen Drehbuch dennoch einen wunderschönen
Film stricken kann. Anfangs denkt man als Zuschauer, man sei in einem
Kriminalfilm gelandet, doch dann baut sich schrittweise ein "mad
scientist"-Szenario mit starkem Hang zur Science Fiction auf, welches nach
Andrés Demaskierung in beinharten Horror umschlägt. André Delambre ist keine
Identifikationsfigur mehr, denn kaum ein Zuschauer identifiziert sich gerne mit
einer Leiche, aber dennoch fiebert man im Kinosessel mit und kaut sich wegen der
wunderbar erzählten Geschichte auf dessen Rand sitzend die Fingernägel ab. Die
Frage, wie und warum André Delambre sich das Leben nehmen ließ, bleibt bis kurz
vor Ende des Films die zentrale Frage, welche den Film zu einer fesselnden und
spannenden Tragödie macht und selbst nach der Auflösung des Geschehens steht
noch immer die Frage im Raum, ob Helene nun wahnsinnig geworden ist oder ob sie
die Wahrheit erzählte. Die Schlußsequenz des Films, in welcher die Stubenfliege
aus Helenes Erzählung gefunden wird, setzt Neumanns Werk dann noch die Krone
auf und entläßt einen schockierten und nachdenklichen Zuschauer ins Freie.

"THE FLY" (1958) ist eines der großen Meisterwerke des Horrorfilms und spielte
binnen weniger Monate alleine in den USA das Zehnfache seiner Produktionskosten
ein. Wir müssten uns wundern, wenn das unvermeidliche Sequel lange auf sich
hätte warten lassen.


Diese Fortsetzung erschien dann auch bereits im folgenden Jahr. "RETURN OF THE
FLY" (1959) ist auch genau dies, eine Fortsetzung, und zwar eine, auf welche das
eklatanteste aller Klischees zutrifft: schnelles Geld mit noch geringeren
Produktionskosten. Man nehme das originale Drehbuch und wandle es marginal ab.
Dann mixe man als Zutat noch einen oder mehrere Gangster hinein. Und um Geld zu
sparen und somit den Gewinn zu maximieren, verzichte man auf alles, was das
Original auszeichnete und nun erneut Geld kosten könnte; im Falle von "RETURN OF
THE FLY" (1959) war dies vor allem der Verzicht auf teures Farbfilmmaterial und
die Wiederverwendung bestehender Kulissen. Und ein "happy ending" ist natürlich
alleroberste Pflicht, denn man möchte sich ja die Möglichkeit eines weiteren
Sequels offenhalten.

15 Jahre sind vergangen, seit André Delambre auf mysteriöse Weise ums Leben kam.
Sein Sohn Philippe ist inzwischen erwachsen und möchte gerne die Hintergründe
des Todes seines Vaters erfahren. Nach dem Tod seiner Mutter Helene wendet er
sich an seinen Onkel François und fordert ihn auf, ihm das Labor seines Vaters
zu erklären und in das Geheimnis hinter seinem Tod einzuweihen.
Es kommt, wie es kommen muß. Philippe beschließt, die Experimente seines Vaters
fortzusetzen und beginnt sogleich mit der Unterstützung seines Assistenten Alan
Hinds mit der Arbeit.
Schon nach kurzer Zeit können Philippe und Alan erste Erfolge vorweisen. Sie
teleportierten erfolgreich ein Meerschweinchen. Philippe freut sich natürlich,
doch wie erwartet senkt sich der Mantel des Unglücks auch über ihn. Alan, sein
Assistent, ist nämlich ein Industriespion und Philippe überrascht Alan in
flagranti beim Kopieren seiner Unterlagen. Es kommt zu einem Handgemenge, in
dessen Verlauf der skrupellose Alan Philippe mit Hilfe des Transporters in das
Nichts befördert.
François schafft es, Philippe zurückzuholen, doch bei dem Anblick dessen, was
sich seinen Augen offenbart, bricht er zusammen. Wieder war eine Fliege in den
Transporter geraten und dementsprechend kehrt Philippe mißgestaltet zurück!
Von Rachegelüsten und den Instinkten der Fliege übermannt, flieht er vor der
Polizei in die Nacht und beginnt einen mörderischen Rachefeldzug.

"RETURN OF THE FLY" (1959) als Enttäuschung zu titulieren wäre noch eine
Untertreibung. Der Film springt dem Zuschauer förmlich an die Kehle und presst
das Eintrittsgeld aus ihm heraus. Frust ist hier vorprogrammiert, denn "RETURN
OF THE FLY" (1959) versucht erst gar nicht, qualitativ an "THE FLY" (1958)
heranzureichen. Hier geht es wirklich nur um Geld - möglichst schnell und
möglichst viel. Für Trash-Fans ist der Film jedoch ein heißer Tip, denn die
Monster sind der letzte Brüller. Ein völlig unanimierter und viel zu großer
Fliegenkopf wackelt gefährlich auf den Schultern des Darstellers Brett Halsey
herum und man ging sogar so weit, einem Polizisten die Pfoten eines
Meerschweinchens zu verleihen. Wenn Sie unbeabsichtigte Komik mögen, ist dieser
Film empfehlenswert.


Das zweite Sequel mit dem Titel "CURSE OF THE FLY" (1965) ist nur den wenigsten
Horrorliebhabern bekannt und das nicht ohne Grund, denn der Film ist so
gnadenlos schlecht, daß er sogar seinen Machern und 20th Century Fox peinlich
ist. Der Film wird soweit wie möglich unter Verschluß gehalten und schaffte es
noch nichtmal, bis zu seinem 40. Geburtstag auf VHS veröffentlicht zu werden.
Lediglich eine TV-Fassung mit falschem Bildformat erinnerte beständig an dieses
zum Himmel stinkende Machwerk und selbst diese wurde nur zwei Mal im Fernsehen
aufgeführt.

Erneut ist einige Zeit vergangen. Philippe Delambre wurde am Ende von "RETURN OF
THE FLY" (1959) zwar geheilt, aber dies auch nur äußerlich. Er schleppt noch
immer Fliegengene mit sich herum und gab diese auch irgendwie an den Rest seiner
Verwandtschaft weiter.
Martin Delambre, sein Vater Henri Delambre und der in London ansässige Onkel
Albert Delambre experimentieren mit Philippes Vermächtnis weiter. Die drei
Männer haben nämlich ein großes Problem, denn die Fliegengene können jederzeit
wieder durchbrechen und der Hauptnachteil einer Fliege ist natürlich deren kurze
Lebensdauer. Daher schlucken sie fleißig Medikamente, welche die Alterung
verzögern und teleportieren ihre Versuchsobjekte zwischen Kanada und London
hin und her, in der Hoffnung, die Fliegengene irgendwann separieren und sich
selbst somit heilen zu können.
Doch dies ist nur der Hintergrund der Geschichte, der sich im Laufe des Films
häppchenweise offenbart. Der Film beginnt eigentlich mit der Flucht der hübschen
und natürlich nur mit ihrer Unterwäsche bekleideten Patricia Stanley aus einer
Irrenanstalt. Martin Delambre liest die Flüchtige auf und nimmt sie mit zu sich
nach Hause. Er hat sich nämlich in die junge Frau, deren Herkunft er noch nicht
kennt, verliebt und so sind die beiden überraschend schnell verheiratet.
Doch Patricia kennt ihren Göttergatten lange nicht so gut, wie sie ihn zu kennen
glaubt. Die Delambres haben nämlich Leichen im Keller, oder besser gesagt: die
Ergebnisse ihrer fehlgeschlagenen Experimente sind in einem verliesähnlichen
Nebengebäude eingesperrt. Sogar Martins ehemalige Ehefrau befindet sich
darunter. Der Kerl ist also um einiges skrupelloser, als Patricia nach der
Entdeckung des dunklen Geheimnisses zu glauben vermag.

"RETURN OF THE FLY" (1959) war ja wenigstens noch eingeschränkt empfehlenswert,
aber bei "CURSE OF THE FLY" (1965) ist Hopfen und Malz verloren. Das Anschauen
dieses Filmes macht überhaupt keinen Spaß mehr. Er ist langweilig und
undurchschaubar, letzteres vor allem weil er sich in unnötigen Nebenhandlungen
wie die Suche der Polizei nach der entflohenen Patricia verstrickt. Aufmerksame
Betrachter werden sich sowieso die Frage stellen, weshalb Patricia eigentlich
eine entflohene Irre sein musste und weshalb andere Details ähnlich ausgeweitet
werden, aber die Antwort ist ganz einfach: gnadenlose Zeitschinderei, denn die
Grundhandlung reicht bestenfalls für einen Film mit einer Laufzeit von 20
Minuten. Warten Sie auch nicht darauf, irgendwelche Monster genießen zu können,
was in "RETURN OF THE FLY" (1959) immerhin noch möglich war. Masken kosten Geld
und daher wurde in "CURSE OF THE FLY" (1965) wo es nur ging vermieden,
irgendwelche Ergebnisse der Experimente zu zeigen. Das, was es zu sehen gibt,
sind durch Berge von Schminke schlecht dargestellte Verkrüppelungen, die auch
jeder Interessierte ohne großen Aufwand in der heimischen Küche produzieren
könnte.
"CURSE OF THE FLY" (1965) machte nichts anderes, als die Lizenz zum Gelddrucken,
welche "THE FLY" (1958) einst besorgte, nochmal zu verwenden. Dieser Film ist
nur für Sammler geeignet, aber seien Sie gewarnt: Nach den qualvollen 86 Minuten
Laufzeit werden Sie bereuen, ihre kostbare Lebenszeit für diesen Streifen
vergeudet zu haben.


Wer hätte gedacht, daß der Erfolg von "THE FLY" (1958) noch schneller als
intellektueller Ruin enden würde als es Universal einst mit "THE INVISIBLE MAN"
(1933) vorexerzierte? Glücklicherweise war nach "CURSE OF THE FLY" (1965)
erstmal Schluß.
21 Jahre nach diesem Desaster beschloß 20th Century Fox einen Neuanfang und nach
einigen Verwirrungen um geplatzte Deals und personelle Probleme bot man das
Skript einem jungen Talent aus Kanada an, welches sich bereits einen Namen als
Garant für exzentrischen Horror gemacht hatte: David Cronenberg.
Cronenberg baute die originale Geschichte aus "THE FLY" (1958) grundliegend um
und machte auch vor der Gestalt der Fliege hier nicht halt. Ihn hatte schon
immer irritiert, daß hier einfach nur Gliedmaßen getauscht wurden, dies erschien
ihm schon alleine wegen ihrer Größe als zu unrealistisch. Cronenberg passte
daher den Plot an die wissenschaftlichen Erkenntnisse und moralischen Ängste der
80er Jahre aus und setzte den Hebel für die Verwandlung hier viel tiefer an, auf
der genetischen Ebene. Cronenberg verzichtete auch auf den komplizierten Plot
des Originals und konzentrierte sich auf eine chronologisch erzählte Geschichte,
welche sich so minimalistisch dem Genre verschrieb, welches Cronenberg schon
immer am meisten lag: dem Horror.

Cronenbergs "mad scientist" trägt nicht mehr den Nachnamen Delambre, sondern
es handelt sich nun dem Wandel der Zeit entsprechend um einen Amerikaner namens
Seth Brundle. Auch Brundle experimentiert mit Tieren und die Versuche schlagen
erst fehl, bis plötzlich der Groschen gefallen zu sein scheint und ein Pavian
den Transport übersteht - zwar etwas zittrig und verängstigt, aber immerhin,
es hat geklappt. Nun tritt natürlich der standesgemäße Kurzschluß in Brundles
Gehirnwindungen ein und es kommt erneut zu einem Selbstversuch. Das Resultat
kennen wir, nämlich die Vermischung von Brundles Genen mit jenen einer aus
Unachtsamkeit in die Teleporterkapsel geratenen Fliege. Im Gegensatz zu den
ersten beiden Fliegenfilmen kommen nun keine zwei verschiedene Kreaturen aus der
Empfangsstation des Teleporters heraus, sondern Seth Brundle und die Fliege
verschmelzen zu einem neuen Lebewesen.
Brundle ist sich über den Mißerfolg anfangs nicht im Klaren und es dämmert ihm
erst, daß nicht alles einwandfrei gelaufen ist, als sein Körper sich langsam
zu verändern beginnt. Der verschrobene Exzentriker wird plötzlich zu einem
ausdauernden Hengst im Bett und eigenartige Chitinborsten wachsen aus seinem
Rücken. Eine Genanalyse bringt dann die schreckliche Gewißheit. Brundle beginnt,
nach einer Lösung seines Problems zu suchen, doch sein Körper verwandelt sich
immer schneller ...

David Cronenbergs philosophischer Ansatz bei diesem Film ist äußerst lobenswert.
Er verleiht dem Film trotz seiner minimalistischen Handlung eine große
Faszination und führt beeindruckend vor, was tiefgreifende Charakterisierungen
alles bewirken können. Seth Brundle ist ein liebenswerter Mann, ein
unbestrittener Sympathieträger auch während seiner Verwandlung. Erst zum Ende,
nachdem diese abgeschlossen ist, rückt Brundle in die Distanz und man empfindet
vor ihm zuerst Furcht, dann Mitleid. Doch Brundle bleibt auch während sich seine
Eßgewohnheiten zunehmend in ekelerregende Rituale verwandeln und ihm diverse
Körperteile abfallen immer ein liebenswerter Mensch.
Auch als "mad scientist" leistet er hervorragende Arbeit. Ein Verrückter als
Sympathieträger ist eine schwierige Angelegenheit, aber "THE FLY" (1986) schafft
dies. Durch die intensive Beschäftigung mit Seth Brundle werden wir Zeuge, wie
ein "mad scientist" nicht einfach nur völlig kirre vor sich hinwurschtelt,
sondern wir verstehen auch seine Motivation. Seth Brundle ist bei klarem
Verstand, daran gibt es keinen Zweifel. Er möchte auch sein Problem lösen. Aber
gleichzeitig, und das ist als Antriebskraft hinter dem Verhalten von "mad
scientists" völlig akzeptabel, erliegt er der Faszination seiner Bestimmung.
Seth Brundle befindet sich auf einem Weg, welcher in eine neue Existenzform
führt. Er beobachtet die Veränderungen an seinem Körper, ihre Vor- und ihre
Nachteile und er wird durch sie nicht nur geängstigt, sondern auch in gleichem
Maße fasziniert. Der Forscher in ihm will wissen, was passieren wird und welche
Entdeckungen auf ihn warten - bis es zu spät ist und er mit seinem Leben
bezahlt.


Auch hier war drei Jahre später eine Fortsetzung fällig und Chris Walas, der für
seine Effektarbeit in "THE FLY" (1986) einen Oscar erhielt, durfte in "THE FLY
2" (1989) Regie führen. Das Ergebnis war unbefriedigend.

Als Seth Brundle starb, war seine Freundin Veronica Quaife von ihm schwanger.
Sie hat das Kind erst empfangen, nachdem Seth Brundle sein Experiment
durchgeführt hatte und somit gab er die Fliegengene auch höchstwahrscheinlich
an seinen Sohn weiter. Dieser Sohn, Martin Brundle, wird sofort nach seiner
Geburt in die Verantwortung des Konzerns "Bartok Industries" übergeben. Der
Säugling entwickelt sich rasend schnell und so ist er bereits im zarten Alter
von nur fünf Jahren ein erwachsener Mann.
Natürlich warten die Leute von Bartok Industries nur darauf, daß bei ihm die
Fliegengene die Oberhand gewinnen und auch bei Martin die physische Verwandlung
in ein schleimiges Etwas einsetzt. Doch falls es Bartok Industries gelingen
sollte, die unangenehmen Auswirkungen im Zaum zu halten und nur die gewaltigen
Kräfte einer Fliege zu züchten, wäre das Ergebnis ein überlegener Supersoldat.
Doch Martin hat daran kein Interesse, er möchte die Fliegengene einfach nur
loswerden. Deshalb stürzt er sich ebenfalls in die Experimente seines Vaters
und kommt schließlich so weit, daß er nur noch einen anderen Menschen braucht,
um die durch die Fliegengene aufgerissenen DNA-Sequenzen durch menschliches
Erbmaterial zu ersetzen. Dieser menschliche Partner würde mit so einem
Experiment natürlich automatisch den schwarzen Peter ziehen, weshalb sich Martin
für ein Opfer entscheidet, wie es böser wohl nicht mehr sein kann: Bartok, den
Chef von Bartok Industries.
Aber die Gene sind schneller als Martin und alles endet in einer wilden
Monsterjagd in den dunklen Gängen des Industriegebäudes.

Die Geschichte, welche "THE FLY 2" (1989) erzählt, ist altbekannt und ähnelt
dem Szenario, welches ein knappes Jahrzehnt zuvor Stephen King ersann und das
mit "FIRESTARTER" (1984) bereits mehr schlecht als recht verfilmt wurde. Ein
Mann wie Cronenberg hätte dieses Skript nicht ohne massive Änderungen verfilmt,
aber Chris Walas war nunmal ein Mann aus der Effekteabteilung, welcher sich auf
den Regiestuhl verirrt hatte und dementsprechend fiel auch das Ergebnis aus. Die
Handlung ist bei "THE FLY 2" (1989) zweitrangig und stattdessen konzentrierte
sich Walas auf Masken und animatronische Monsterpuppen. Mehr hat der Film auch
nicht zu bieten. Er ist zwar kein so großes Ärgernis wie "CURSE OF THE FLY"
(1965) und man kann Chris Walas beileibe nicht vorwerfen, daß sein Film eine
größere Mißbildung sei als die darin gezeigte Kreatur, aber er ist dicht dran.
"THE FLY 2" (1989) ist ein prima Film für Horrorparties und für Komplettisten,
aber im Kino war er schon im Jahr 1989 völlig fehl am Platze. Auch der "mad
scientist", der in diesem Fall durch Bartok Industries verkörpert wird,
ist ein einziges Klischee, welches man spätestens nach "FIRESTARTER" (1984) in
den dauerhaften Ruhestand hätte schicken sollen. Daher mein Rat: Schauen Sie
sich, falls Sie die Wahl haben oder sie dieser Film nicht sowieso brennend
interessiert, besser nochmal "THE FLY" (1958) an und vergleichen Sie ihn mit
Cronenbergs Remake von 1986. Das ist auf jeden Fall lohnender.



Facetten des Irrsinns

Frankenstein, Dr. Jekyll, der Unsichtbare und die Fliege sind jene "mad
scientists", welche den größten Einfluß in der Geschichte des Horrorfilms
ausübten. Ihr Schaffen hatte sozusagen die meisten Konsequenzen. Aber dies
bedeutet nicht, daß es nicht noch mehr zu entdecken gäbe. Verrückte Forscher gab
es viele, auch nachdem Dr. Frankenstein, der später zum Baron aufstieg, sein
Stelldichein auf der Leinwand gab und bis heute der Gottvater aller
durchgeknallter Weißkittel geblieben ist. Viele seiner Nachfolger waren
schlichtweg Idioten in noch idiotischeren Filmen, andere wiederum schafften es
immerhin zu Auftritten in guten Filmen oder hatten wenigstens Ideen, die einen
Film sehenswert machen. Sie alle aufzählen zu wollen ist ein sinnloses
Unterfangen, welches ein eigenes Buch füllen würde. Außerdem ist nur knapp die
Hälfte im Horrorbereich angesiedelt. Sie werden viele "mad scientists" auch
in reinrassigen Filmen aus der Science Fiction finden, echte Unikate, die
so einiges anstellten, welches derbe Konsequenzen nach sich zog. Die bekannteste
Zeugungsstätte von "mad scientists" aus der Ecke der Science Fiction sind
natürlich die Filme der "James Bond"-Reihe, von dem titelgebenden Charakter aus
dem Erstling "Dr. No" (1962) über Auric Goldfinger aus "Goldfinger" (1964),
Ernst Stavro Blofeld aus "You Only Live Twice (1967)", "On Her Majesty's Secret
Service" (1969) und "Diamonds are Forever" (1971), Francisco Scaramanga aus
"The Man with the Golden Gun" (1974) und Hugo Drax aus "Moonraker" (1979) bis
zu Max Zorin aus "A View to a Kill" (1985). Aber die Science Fiction hat noch
weitaus interessantere "mad scientists" auf Lager. Kennen Sie zum Beispiel schon
den durch Vincent Price verkörperten Dr. Goldfoot aus "Dr. Goldfoot and the Bikini
Machine" (1965)? Dieser Abkömmling Goldfingers hat eine Leistung vollbracht,
welche zur Jahrtausendwende in den Filmen um den Agenten "Austin Powers"
wiederentdeckt wurde, denn Dr. Goldfoot ist der Erfinder der Sexbots, der
tödlichen Roboter in Gestalt unwiderstehlicher, leichtbekleideter Frauen.
Erinnern Sie sich noch an die staatlich verordneten Experimente, welchen sich
Alexander DeLarge in "A Clockwork Orange" (1971) unterziehen musste? Oder ist
Ihnen schon aufgefallen, daß Tyrell in "Blade Runner" (1982) nichts anderes ist
als eine Zukunftsvision Frankensteins? Drüben im Lager der Utopien, Träume und
Visionen gibt es ebenfalls verdammt viele Ärzte, Professoren und Erfinder zu
entdecken, vor deren Werken man sich tunlichst hüten sollte.
Aber wir sind hier in der Abteilung, in welcher sich die Schöpfer gräßlicher
Kreaturen und Apparate herumtreiben. Daher lassen wir die kranken Genies der
Science Fiction besser ungestört. Stattdessen führe ich Sie nun noch etwas
herum und zeige Ihnen, nachdem Ihnen nun die vier gefährlichsten
Wiederholungstäter vorgestellt wurden, noch einige ausgewählte Ehrengäste in
ihren Gummizellen.

Einer der ältesten Insassen ist Dr. Alexander Thorkel, der aufgrund seiner
äußerst dicken Brillengläser von seinen Opfern auch gerne mit jenem Spitznamen
gerufen wird, welcher als Titel von "DR. CYCLOPS" (1940) Verwendung fand. Dr.
Thorkel ist einer jener "mad scientists" von der äußerst skrupellosen Sorte.
Seine Experimente sind ihm wichtiger als Menschenleben, denn Menschen gibt
es viele, seine Entdeckung jedoch nur einmal. Trotz seines eher unattraktiven
Äußeren verströmte Dr. Thorkel zur Zeit seiner Verbrechen eine ungeheure
Anziehungskraft, denn im Gegensatz zu seinen Kollegen war er schon damals
in voller Farbenpracht auf der Leinwand zu bewundern!

Dr. Thorkel hatte sich einst in den Urwald Perus zurückgezogen, um dort von der
Außenwelt abgeschirmt in Ruhe seinen Forschungen nachgehen zu können. Dies
alleine ist ja nicht weiter verwerflich, doch die Situation geriet außer
Kontrolle, als er ein Team von Wissenschaftlern aus der fernen Heimat zu sich
einlud.
Diese Kollegen erwiesen sich als äußerst mißtrauisch und steckten ihre Nasen
in Dinge, die sie nach Dr. Thorkels Meinung nichts angingen. Daher sah er keine
andere Möglichkeit, als ihnen seine Erfindung an ihrem eigenen Leib zu
demonstrieren: eine Maschine, welche jedes Lebewesen durch geheimnisvolle
Strahlen zu einem Bruchteil seiner eigentlichen Größe reduziert!
Dr. Thorkel schaffte es, seine Gäste zu schrumpfen. Diese erwiesen sich jedoch
als hartnäckige Plagegeister, die einfach keine Ruhe geben wollten. Nachdem
Dr. Thorkel völlig entnervt ihr Leben bedrohte, übernahmen sie die Kontrolle
über das Geschehen und lockten Dr. Thorkel in eine Falle.


Professor Gerald Deemer war ebenfalls ein interessanter Wissenschaftler, der
in seiner Umgebung für ein ziemliches Tohuwabohu sorgte. Im Gegensatz zu Dr.
Thorkel war er jedoch kein Verbrecher, sondern eigentlich nur ein harmloser
Trottel, der sich bei seinen Untaten einfach nichts dachte.
Professor Deemer wollte in "TARANTULA" (1955) eigentlich nur die Hungerprobleme
in der Welt lösen und experimentierte deshalb fleißig mit Wachstumshormonen.
Allerdings hatte ihm niemand klargemacht, daß er erstmal mit Pflanzen
experimentieren sollte. Stattdessen konzentrierte sich Deemer auf Fleisch als
Nahrungsmittel.
Alleine daraus wäre auch noch kein echtes Problem entstanden, wenn Professor
Deemer sein Serum stets brav weggeschlossen hätte, bevor er das Labor verließ.
So ist es kein Wunder, daß zwei Kollegen das Serum an sich selbst ausprobierten.
Einer der beiden starb recht schnell und ohne Scherereien zu machen, aber der
andere sann auf Rache. Er brach bei Deemer ein, schlug den Professor K.O. und
injizierte ihm das Serum.
Eigentlich wäre Professor Deemer damit schon genug bestraft gewesen, aber aus
welchem Grund auch immer kam der alte Schussel auf die Idee, daß man auch
Taranteln essen könnte. Eine dieser Spinnen entkam nach der Keilerei aus ihrem
Käfig und flüchtete in die Wüste Nevadas. Dort wuchs sie recht zügig zu einem
riesigen Monstrum heran und begann ein wahres Gemetzel. Neben massiv reduzierten
Viehbeständen und demolierten Häusern fiel ihr auch Professor Deemer zum Opfer
und so blieb am Ende auch der Einsatz der Luftwaffe unbezahlt, welche die
Tarantel mit Napalm röstete.


Vier Jahre nach Deemers Fehltritt tauchte aus den Sümpfen Louisianas ein weiterer
Einsiedler akademischen Grades auf und machte in "THE ALLIGATOR PEOPLE" (1959)
auf sich aufmerksam. Dr. Sinclair meinte es ursprünglich auch nur gut und
forschte nach einem Experiment, welches Krüppel heilen sollte. Aber seine
Experimente wurden immer bizarrer und die Sache eskalierte, als die frisch
vermählte Joyce Webster plötzlich ihren Bräutigam Paul vermisste. Dieser hatte
sich eine Injektion des Serums eingehandelt. Das Problem dabei: nach einiger
Zeit verwandelten sich die Patienten in Alligatoren, inklusive wackeligem
Alligatorkopf aus Gips!
Der Menschen in Alligatoren verwandelnde "mad scientist" aus "THE ALLIGATOR
PEOPLE" (1959) ist nur schwerlich zu toppen. Seine Kreationen muß man gesehen
haben, um sie glauben zu können. Anfänglich sind sie nicht besonders
spektakulär, Menschen mit der Haut eines Reptils eben. Aber spätestens dann,
wenn ein Mensch mit starr fixiertem Alligatorkopf auf den Schultern
herumtorkelt, werden Sie sich vor Lachen wegschmeißen.
Sehr beeindruckend ist jedoch das Behandlungszimmer. Über einem OP-Tisch ist ein
Apparat montiert, welcher aussieht wie eine Laserkanone aus dem Fundus alter
Serials wie "Flash Gordon" (1936). Nach diesem Film wissen Sie, was Sie tun
sollten, wenn Sie etwas derartiges bei Ihrem nächsten Zahnarztbesuch erblicken:
rückwärts wieder die Tür rausgehen, aber so schnell wie möglich.


Sir Hugh wandelte auf den Spuren von Jules Vernes Kapitän Nemo, als es ihn
unter die Meeresoberfläche zog. Dort erreichte er sich die Stadt Lyonesse,
in welcher er der uneingeschränkte Herrscher war, "THE CITY UNDER THE SEA"
(1965). Dort lebte er in einer Gesellschaft, welche Kiemenmenschen als Sklaven
hielt, umgeben von reptilartigen Monstren und unter der ständigen Bedrohung
eines vor sich hinbrodelnden Vulkans.
Sir Hugh war ein Größenwahnsinniger, ein Despot, welcher mit harter Hand über
sein selbstgeschaffenes Reich herrschte, ein Nachfahre von Dr. Moreau. Aber
er zeigte auch hin und wieder seine menschliche Seite, vor allem wenn sich
ihm wieder der Gedanke aufdrängte, daß er mit Lyonesse sein eigenes Grab schuf.
Diese charakterliche Ambivalenz verlieht ihn in seinem unbestreitbaren Wahnsinn
und Egoismus eine Note der Nachdenklichkeit. Er ist einer der wenigen "mad
scientists", welche sich bereits während ihrer Arbeit darüber bewußt sind,
daß sie darunter leiden werden. Tragik pur, aber nichtsdestotrotz moralisch
alles andere als einwandfrei.
Nachdem er eine junge Frau durch seine Unterwasserschergen entführen und nach
Lyonesse verschleppen ließ, musste Sir Hugh auf bittere Weise erfahren, daß
hübsche Frauen nicht lange auf ihre Retter warten müssen. So endete, wie
es enden musste: Sein Reich ging unter und mit ihm auch sein Schöpfer.


Doch nun kommen wir zu einem ausgesprochen unrühmlichen Exemplar.

Auch Wissenschaftler wie Thorkel, Deemer und Sinclair zogen haufenweise
Trittbrettfahrer nach sich und in den 60er Jahren schien der Markt mangels
frischer Ideen so gesättigt, daß sich neue "mad scientists" des Horrors rar zu
machen begannen und die Leinwände diesen Nachahmern sowie den Kollegen aus der
Science Fiction überließen. Erst gegen Ende der 60er Jahre begann sich mit dem
Ausbruch der Exploitation wieder eine neue Kreativität zu regen. Diese
neugewonnene Idee gipfelte in einer Person, welche kaum die wissenschaftliche
Qualifikation eines "mad scientists" vorweisen konnte, aber sich nach Kräften
anstrengte, dies durch eine gesunde Neugier zu kompensieren. Seien Sie
von nun an vorsichtig, wenn Sie vollbusigen, dominanten Blondinen mit einem
Alter von Mitte Vierzig begegnen. Sonst landen Sie schneller als sie reagieren
können in der Gewalt von Ilsa, einer sadistischen Nachwuchsforscherin.

Waren die bisher genannten "mad scientists" noch von einer Aura der Drolligkeit
umgeben, war bei Ilsa hiermit Schluß. In insgesamt drei Filmen, die in der
Mitte der 70er Jahre entstanden, trieb sie ihr Unwesen und treibt noch heute
Frauenrechtlern und Zensoren die Zornesröte ins Gesicht. Sie trieb sich in einem
Ambiente herum, welches nur in den 70er Jahren entstehen konnte und selbst damals
die Grenze zur Geschmackslosigkeit und Menschenverachtung weit hinter sich ließ.
Ilsas Reich waren Foltercamps und ihre Opfer vorwiegend nackte Frauen, welche
nach Kräften erniedrigt wurden. Dies sind keine Filme, welche im Zuge der
ausgeprägten Nacktheit ihrer Darsteller eine erotisierende Befriedigung
verschaffen - und falls doch, sollten Sie umgehend einen Psychologen Ihres
Vertrauens aufsuchen, denn dann wird es höchste Zeit für eine Nachjustierung
ihres Denkapparates. Aber Ilsa und ihre Verwandten sind ein fester Bestandteil
der Filmgeschichte, unserer Kultur und somit unserer eigenen Geschichte - und
diese zu ignorieren und totzuschweigen sorgt unvermeidlich dafür, daß sie sich
wiederholt.

Ilsas Ausflug in die Welt der "mad scientists" wurde durch den im
Konzentrationslager Ausschwitz experimentierenden SS-Arzt Dr. Josef Mengele
inspiriert und trug den markanten Titel "ILSA: SHE-WOLF OF THE SS" (1974). Ein
Titel, welcher in Deutschland wirkte wie ein rotes Tuch auf einen Bullen.
Ilsa spielt hier eine Nazi-Schergin, welche unbedingt beweisen möchte, daß
Frauen deutlich größere Schmerzen aushalten können als Männer. Um diesen
Nachweis zu erbringen, lebt sie ihre sadistischen Triebe an wehrlosen Frauen
aus. Diese werde auf unterschiedlichste Art und Weisen gefoltert - Hauptsache,
die Qualen sind von sexueller Natur. Elektrische Riesendildos und Stromstöße
durch die Klitoris gehören ebenso zu Ilsas Repertoire wie blutige Mißhandlungen
bis zum Tod ihrer Opfer. Eine Handlung gibt es ansonsten nicht, die gezeigten
Aktionen sind das Hauptprogramm.

Natürlich ist der Ruf dieses Films um einiges schlimmer als das, was es
letztlich wirklich auf der Leinwand zu sehen gibt. Explizite Details brutaler
Handlungen werden keine gezeigt, stattdessen dominieren Nahaufnahmen von
Gesichtern während Folterszenen die Leinwand, nahezu ausnahmslos. Dazwischen
gibt es nackte Mädchen und aufgeknöpfte Blusen von SS-Uniformen zu sehen, in
welchen vollbusige Schauspielerinnen ohne Talent stecken. Aber unabhängig von
dem, was auf der Leinwand zu sehen ist, befindet sich dieser Film in einem
unübersehbaren Kontext zum realem Grauen der Konzentrationslager des Dritten
Reiches und degradiert Hitlers Opfers somit unweigerlich zu Komparsen beim
niveaulosen Geldverdienen, verspottet sie und tritt ihr Andenken mit Füßen.
Daß der Film qualitativ absoluter Rotz ist, er bewegt sich sowohl filmisch als
auch erotisch auf dem gleichen Niveau wie die deutschen Produktionen der damals
beliebten "Schulmädchen-Report"-Filmreihe, macht die Situation auch nicht
besser, im Gegenteil. "ILSA: SHE-WOLF OF THE SS" (1974) ist ein Film, der auch
seine Zuschauer beleidigt, indem er weder als Film, als Mittel zur Unterhaltung
noch als S/M-Porno auch nur ansatzweise etwas taugt. Das ist ganz einfach nur
ein schwarzer Fleck auf der Weste des Films im Allgemeinen und des Horrors im
Speziellen.


Die 80er Jahre begannen mit einer Welle nicht minder verrufener Produktionen
aus Italien, welche im Schlepptau des Erfolgs von "DAWN OF THE DEAD" (1978)
entstanden. Diese Filme mischten die frauenfeindlichen Elemente des
Exploitationkinos mit einer gehörigen Portion faschistischen Gedankenguts und
jenen expliziten Gewaltdarstellungen, welche "DAWN OF THE DEAD" (1978) endgültig
etablierte und einem großen Publikumskreis näherbrachte. Der italienische
Zombiefilm war geboren. Parallel tobte eine Welle von Kannibalenschockern
durch die Hinterzimmerkinos, welche ebenfalls aus italienischen
Produktionsstätten entsprangen und welche sich inhaltlich nach ähnlichen
Maßstäben richteten - nur waren sie nochmal ungleich brutaler. Es war nur
eine Frage der Zeit, bis auch dort ein "mad scientist" auftauchte, welcher sich
diese neue Prinzip des provokanten Gewaltfilms zu eigen machte. Es war soweit,
als Dr. Obrero in "ZOMBI HOLOCAUST" (1980) seinen Auftritt hatte, ausgerechnet
in einem Film, der in seinem Titel auf die Judenvernichtung anspielte und den
Zombie- und Kannibalenfilm kreuzte. Das Ergebnis war ein weiterer Film, auf
welchen kein Filmfan, der noch einigermaßen bei Verstand ist und ein
Mindestmaß an Fachkompetenz sein eigen nennt, wirklich stolz sein kann. Aber
egal, da müssen wir durch - zumal dies hier auch nicht weiter schwer fällt,
denn dieser Film ist wie die meisten italienischen Produktionen jener Tage
derart dilletantisch in Szene gesetzt, daß nur schlichte Gemüter darauf
hereinfallen können. Für Kinder ist jedoch auch dieser Film in keinster Weise
geeignet. Für Erwachsene hingegen ist der Film Trash, wie er belustigender
kaum sein könnte. Soviel Bullshit auf einem Haufen erlebt man ansonsten nur
selten.

Dr. Orbrero war ein "mad scientist", welcher nicht vorhatte, der Menschheit zu
helfen. Im Gegenteil, er sah die Menschheit in der verdammten Pflicht, IHM zu
helfen. Ohne genaue Ahung zu haben, was er eigentlich tun wollte und warum, saß
er auf einer kannibalenverseuchten Südseeinsel und bastelte sich
eine Armee aus Zombies, wandelnden Leichen. Die ganze Sache flog auf, als in
einem Krankenhaus in der Mitte der Zivilisation plötzlich Leichen um ihre
Körperteile und Organe erleichtert wurden und ein seltsamer, vor sich
hinstammelnder Eingeborener als Täter ausgemacht werden konnte, welcher sich
dann jedoch aus einem Fenster stürzte.
Daraufhin wurde der Chefarzt mißtrauisch und untersuchte die Leiche des
Eindringlings. Auf seiner Brust fand er eine Tätowierung, welche ein
fremdartiges Symbol zeigte. Da dieser Chefarzt nebenbei auch ein allwissender
Anthropologe war, konnte er die Herkunft des Fremden auf Dr. Orbreros Insel
eingrenzen. Er organisierte ruckzuck eine Expedition und reiste zu der Insel,
wo er nach etlichen Begegnungen mit Kannibalen und Zombies schließlich auch
dem bluttriefenden und unrasierten Dr. Obrero das Handwerk legte.

Aus inhaltlicher Sicht war Dr. Obrero ein Kasper, der wahrscheinlich Probleme
hatte, im Dunkeln seinen eigenen Hintern zu finden. Aus filmhistorischer Sicht
war er auch ein Idiot, aber hierbei von einer beeindruckenden Konsequenz. So
konsequent, daß sämtliche Nachwuchswissenschaftler aus der Fraktion der
Bekloppten es bislang erfolgreich vermieden, ihn zu kopieren. Dies wiederum
macht Dr. Obrero zu einem Unikat und Unikate sind bekanntlich wertvoll. Oder
doch nicht? Egal, der tumbe, unrasierte Dorfprolet, der hier an Leichen
herumdokterte, dachte wohl, er könne sich mit Dr. Frankenstein messen.
Aber das klappte auch nicht in Ansätzen, denn dazu fehlte ihm einfach der Stil.


Wesentlich besser wurde dieses Problem durch Dr. Logan gelöst. Er beschäftigte
sich ebenfalls vorrangig mit wandelnden Leichen, was man in "DAY OF THE DEAD"
(1985) beobachten kann. Aber im Gegensatz zu Dr. Obrero handelte er mit
Sachverstand und, das ist ganz wichtig, wieder im Dienste der Menschheit.
Auch darf man nicht übersehen, daß er sich nicht auf einer Insel verstecken
musste, um seiner Arbeit nachzugehen. Besser noch, es schlossen sich sogar
andere Menschen mit ihm zusammen ein. Na, wenn das kein Zeichen von
wissenschaftlicher Autorität ist, was ist es dann?

In diesem Jahr überrannten Zombies den Süden der USA und Dr. Logan verschanzte
sich mit einigen anderen Militärs und Wissenschaftlern in einem stillgelegten
Atombunker der US-Armee. Dr. Logan erkannte schnell, daß mit einem Sieg gegen
die Untoten auf der Erdoberfläche nicht zu rechnen sein würde und konzentrierte
sich dementsprechend darauf, die Untoten zu erforschen. Wenn er wüsste, wie
sie funktionieren und ob sie resozialisierbar sind, hätten daraus Methoden
der Bekämpfung oder auch andere nützliche Erkenntnisse gewonnen werden können.

Diese Meinung klang plausibel, denn wenn die Wissenschaft nicht helfen kann,
wer dann? So richtete man Dr. Logan ein Labor ein und versorgte ihn mit
eingefangenen Untoten für seine Experimente. Da er bei seinen Versuchen
gegenüber den Monstren nicht zimperlich war und mitunter auch einzelne
Körperteile vom Rest des Körpers trennte, erhielt er auch schnell den
Spitznamen "Frankenstein".

Dr. Logans Fehler war, daß auch er nicht erkannte, wo seine Grenzen lagen. Er
dachte einfach zu praktisch und nahm keine Rücksicht auf die Gefühle seiner
Mitbewohner. Als herauskam, daß er die reanimierte Leiche des Befehlshabers
der mit eingeschlossenen Militäreinheit ebenfalls für Experimente benutzte,
wurde er noch von seinen wissenschaftlichen Kollegen in Schutz genommen. Aber
nachdem klar wurde, daß er einen Zombie für Fortschritte in
Resozialisierungsmaßnahmen mit menschlichem Fleisch belohnte, so wie man einem
Hund während einer Dressur ein Leckerli zuwirft, machten ihm die reaktionären
restlichen Armeeangehörigen den Garaus - und den anderen Wissenschaftlern
ebenfalls, zumindest versuchten sie dies.

Dr. Logan ist jedoch vor allem eines: ein Klischee. Er ist die fleischgewordene
Verbindung sämtlicher Fehler, welche die bislang genannten "mad scientists"
begangen hatten und welche diese Kopf und Kragen kosteten. Dr. Logan gewinnt
seinem Dasein keine neuen Seiten ab, sondern erscheint eher als ein verkrampfter
Versuch, einen "super-mad scientist" zu schaffen. Aber dieser Versuch scheitert
kläglich, denn auch wenn Dr. Logans Experimente durchaus das Interesse des
Zuschauers wecken und einen eigenen Film tragen könnten, sind seine menschlichen
Fehler viel zu stark ausgeprägt. Dies liegt vor allem an dem grausig schlechten
Skript, welches vor allem ein Produkt zusammengestrichener Originalkonzepte und
heruntergefahrener Produktionswerte ist. Wäre hier ein wenig mehr Liebe zum
Detail hineingeflossen, hätte Dr. Logan die Chance gehabt, als
Identifikationsfigur dienen zu können und DAS wäre dann doch mal ein echter
Erfolg gewesen. Aber so trieb er den Stereotypus des "mad scientists" nur auf
die Spitze und karikierte verrückte Wissenschaftler lediglich.


Doch Abhilfe nahte in Windeseile. Es verging nur ein Jahr und dann erschien er
auf der Leinwand, der herausragendste "mad scientist" der letzten Jahrzehnte und
er revolutionierte das Denken über diese Zeitgenossen. Er war ein netter junger
Mann, welcher die ersehnte Identifikationsfigur darstellte und dem jede Mutter
mit Freude ihre Tochter hinterherwerfen würde. Er spielte die Hauptrolle und war
unverwüstlich genug, um diese auch in sämtlichen Sequels zu übernehmen. Seine
Motivation war nachvollziehbar und auch nachdem seine Experimente schiefgingen,
war er immer bestrebt, den Schaden möglichst einzugrenzen. Er war ein "guter mad
scientist" und er etablierte sich auch umgehend als erbitterter Widersacher
eines bösen Vertreters seiner Zunft. Sein Name lautete Dr. Herbert West, der
Titel des Films war "RE-ANIMATOR" (1986).

Herbert West war als Student aus einer Schweizer Universität herausgeflogen,
weil er sich zusammen mit seinem Professoren Gruber intensiv mit dem Tod
beschäftigte. Genauer gesagt betrachtete er das Sterben als einen chemischen
Prozeß und hatte mit Professor Gruber ein Serum entwickelt, welches diesen
Prozeß rückgängig machen und somit wieder einen Prozeß des Lebens auslösen
sollte. Herbert Wests Fehler war, daß er, als Professor Gruber einen
Herzinfarkt erlitt, dem Sterbenden sofort eine Injektion des Serums verpasste.
Doch dies war dummerweise eine Überdosis.
An seinem neuen Arbeitsplatz rasselte Herbert West umgehend mit dem
Pathologie-Professor Hill zusammen, der eine streng traditionelle Einstellung
gegenüber dem Tod vertrat. Herbert West unterstellte Hill auch umgehend, völlig
inkompetent zu sein und sich seine angeblichen Forschungsergebnisse von anderen
Wissenschaftlern zusammengestohlen zu haben. Dementsprechend war die Stimmung
zwischen den beiden Männern auf Anhieb ausgesprochen schlecht.
Die Lage spitzte sich zu, als Herbert West im Keller seiner Studentenbude
erfolgreich eine Katze reanimierte. Sofort streckte Hill seine Fühler nach dem
Serum aus. Er wollte die Entdeckung für sich reklamieren und exmatrikulierte
West umgehend. Doch er hatte die Rechnung ohne den ehrgeizigen wahren Entdecker
des Serums gemacht. Herbert West wehrte sich natürlich - und enthauptete Hill im
Zuge dessen mit einer Schaufel.
Herbert West schaffte derzeit auch Tatsachen. Mit Hilfe seines Mitbewohners Dan
Cain schlich er sich in das Leichenhaus der Fakultät und testete dort sein
Serum. Mit Erfolg, aber leider hatte das Serum auch Nebenwirkungen: die
wiederbelebten Leichen waren ausgesprochen agressiv, was Herbert West auf die
fortgeschrittene Verwesung des Gehirns schob. Aber dennoch mussten diese
entsorgt werden und dies war stets eine ausgesprochene Sauerei.
Seinen kapitalen Fehler beging West, als er Hills vom Torso abgetrennten Kopf
reanimierte. Hill entkam seinem Gefängnis, einer Sporttasche. Umgehend setzte
Hill zu einer umfassenden Racheaktion an, entführte Herbert Wests Bettgespielin
und lockte ihn so in das Leichenhaus - in welchem eine Vielzahl reanimierter
Körper auf Herbert West warteten.

Herbert West war, auch wenn das Marketing von "RE-ANIMATOR" (1986) ihn auf H.P.
Lovecraft zurückführte, ein ganz klarer Urenkel Frankensteins, welcher den "mad
scientist" nach vielen Eskapaden klar und ohne Widerrede akzeptierend wieder
zurück zu den Wurzeln führte. Während man in "RE-ANIMATOR" (1986) den
Zusammenhang mit Dr. Frankenstein eigentlich nur in der Wiederbelebung toter
Körper sofort erkennt, wurde diese Verbindung bereits im ersten Sequel
offensichtlich. In "BRIDE OF RE-ANIMATOR" (1990) entschloß sich Herbert West
nicht nur dazu, eine künstliche weibliche Person zu schaffen, sondern baute diese
auch noch aus Leichenteilen zusammen - genau wie sein berühmtes Vorbild. Auch
der Titel von "BRIDE OF RE-ANIMATOR" (1990) kam nicht von ungefähr und kann
durchaus als eine gewollte Anspielung des Regisseurs und Produzenten Brian Yuzna
auf James Whales "BRIDE OF FRANKENSTEIN" (1935) gewertet werden.

Doch trotz dieser unverhohlenen Anlehnung an den größten aller "mad scientists"
bewahrte sich Herbert West seine Eigenständigkeit. Wie bereits schon angedeutet,
war seine große Leistung nicht das, was er tat, sondern wie er es tat. Herbert
West schaffte es sogar noch in dem leider die Erwartungen nicht erfüllenden
zweiten Sequel "BEYOND RE-ANIMATOR" (2003), in welchem er nach vielen Jahren in
der Klapsmühle sogar dort mit seinen Experimenten weitermacht, der Held der
Geschichte zu bleiben und nicht zurück in den Stereotypus des bösen Verrückten,
welchem es Einhalt zu gebieten gilt, abzugleiten. Herbert West war die
Lichtgestalt der "mad scientists" nach dem zweiten Weltkrieg. Sein einziger
Nachteil: Er operierte fernab des Mainstreams.


Wenn man genau überlegt, kommt man unweigerlich zu dem Schluß, daß Herbert West
bereits, wenngleich noch nicht an das Optimum, aber doch sehr nahe an einen
idealen Status des "mad scientist" als Filmhelden herankam. Sein Charakter hielt
nahezu perfekt die Waage zwischen einem netten Kumpel, mit welchem man jederzeit
ein Bier trinken würde, und dem moralischen Übeltäter, welche "mad scientists"
aufgrund ihrer Berufung sein müssen. Viel weiter kann man nicht gehen, ohne den
Bezug zu der Person zu verlieren und zu riskieren, daß aus dem Verrückten ein
strahlender Saubermann wird, eine Art Indiana Jones der brodelnden
Reagenzgläser.

Es ist unklar, wohin der Weg der Zeit diesen Mythos führen wird. In den 50er
Jahren hätte wohl jedermann äußerst empört auf die Idee reagiert, daß "mad
scientists" etwas anderes als böse sein könnten. Doch spätestens in den 80ern,
als sich Dr. Emmett Brown mit seiner Zeitmaschine, wirrem Haar und ständig
gerunzelter Stirn in "Back to the Future" (1985) anschickte, nach Belieben
durch die Zeit zu düsen, wurde auch dem hartnäckigsten Mainstreamzuschauer klar,
daß Wahnsinnige auch liebenswert sein können. Rückblickend ist es überraschend,
daß es im Horrorfilm nur ein Jahr dauerte, bis hier diese charakterliche
Wandlung von einer familientauglichen Komödie in einen beinharten Splatterfilm
transferiert war. Wir können heute nicht sicher prognostizieren, was in weiteren
30 Jahren in weißen Kitteln über die Leinwand fegen wird.

Wir können allerdings begutachten, welchen Weg der "mad scientist" in den etwa
20 Jahren eingeschlagen hat, seit Gordon Douglas seinem Herbert West den letzten
Schliff gab. Und die Entwicklung ist seitdem alles andere als rosig. Der "mad
scientist" macht sich seitdem im Kino rar, ganz als ob er erkannt habe, daß nun
erst neue, frische Ideen benötigt werden, um hier nicht weiterhin auf
ausgetretenen Pfaden zu wandeln. Die wenigen, welche dennoch das Licht der
Leinwand erblickten, taten jedenfalls nichts anderes. Im Horrorsektor gab es
hier sowieso keine prägnanten Charaktere mehr zu sehen - am ehesten blieb noch
Dr. Gediman in Erinnerung, der "mad scientist" aus "ALIEN: RESURRECTION" (1997),
welcher mit Alien-DNA herumhantierte und so Ellen Ripley neues Übermenschenleben
einhauchte. Aber auch er war nur ein einziges Zitat der Errungenschaften von
Persönlichkeiten wie Dr. Frankenstein und Seth Brundle und verblasste damit auf
der Leinwand so schnell, daß sein Name schon wieder vergessen war, bevor der
Abspann des Films auf der Netzhaut der Zuschauer vorbeiflimmerte.

Aber es wäre falsch zu behaupten, daß die klassischen Horrorfilme aus den
goldenen 30er Jahre Hollywoods die besten Charaktere hervorgebracht hätten. Sie
waren eine Revolution, aber eine Revolution kann nie einer Evolution das Wasser
reichen. Dr. Frankenstein, Dr. Jekyll, Jack Griffin und auch André Delambre
wären nie zu den Kultfiguren geworden, welche sie heute sind, wären da nicht
die einfallsreichen Autoren und Regisseure gewesen, welche ihnen hier und dort
eine Facette hinzufügten. Dies anhand Beispielen zu zeigen, war der Hauptzweck
dieses etwas längeren Diskurses mit seinem Lebenslauf Frankensteins und den
knappen Schilderungen von "mad scientists" in ausgewählten Filmen. Ich denke
auch, Sie dürften nun verstanden haben, daß sich hinter diesen Charakteren eine
Tradition verbirgt, welche der Laie und sporadische Kinogänger nicht mehr auf
Anhieb erkennen kann. Aber wenn Ihnen nun in irgendeinem Film ein wirrer
Wissenschaftler begegnet, dann behalten Sie ihn mal im Auge. Achten Sie, was er
tut und aus welchen Motiven. Hier gibt es dann sehr viele interessante Dinge und
Kreuzverweise zu entdecken.

Nun haben wir so viel über Dr. Frankenstein und seine Nachfahren geredet, daß
Sie wahrscheinlich schon Entzugserscheinungen haben und endlich wieder eine
Ladung des echten Stoffs genießen wollen. Dies holen wir jetzt natürlich
umgehend nach - die Hauptperson des nun folgenden Films haben Sie mittlerweile
ja bereits in ausreichendem Maße kennengelernt.





----------
(338) Hollywood bediente sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts erneut dieses
simplen Rezepts. Die Folge waren hier Konglomerate wie "FREDDY VS. JASON" (2003)
und "ALIEN VS. PREDATOR" (2004). Allerdings hatte man hier den Vorteil, daß
diese Charaktere hier einer neuen, jüngeren Generation von Kinogängern
präsentiert werden konnte, da die Originale schon 20 Jahre oder älter waren.
Dieser Sachverhalt sorgte noch zusätzlich für eine Schwemme von mehr oder
weniger gelungenen Horrorfilm-Remakes und -Fortsetzungen, welche in der
Filmgeschichte ihresgleichen sucht.

(339) Heute, also an jenem Tag, an welchem ich diese Zeilen niederschreibe, ist
"THE FLY" (2005) noch im Entstehen und es gibt noch nichtmal Werbematerial.
Derzeit lebt man noch von solch ungenauen Aussagen wie die Absichtserklärung
des Regisseurs Todd Lincoln, hier die Fliege auch erstmals fliegen zu lassen.
Wundern Sie sich daher bitte nicht, falls zwischen meinem Heute, an welchem ich
gerade dieses Kapitel in meinen Texteditor hineinhämmere, und Ihrem Heute, an
welchem Sie diese Niederschrift lesen, "THE FLY" (2005) ein Megaseller mit
weiteren Sequels wurde oder vielleicht sogar eingestellt wurde. Alles ist
möglich.
Ralf Ramge
2004-10-15 18:00:40 UTC
Permalink
On 2004-10-15, Ralf Ramge <***@humpty.inka.de> wrote:
[...]

Wer sich das umfangreiche Posting in genießbarerer Form antun möchte,
sollte, wie immer, auf das PDF zurückgreifen, welches unter der URL
http://retro-park.de/download in etwa 2 Stunden bereitstehen wird.
Da ist dann auch noch ein Haufen Bildmaterial mit drin.

Ralf
Lothar Cezanne
2004-10-15 20:36:04 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
sollte, wie immer, auf das PDF zurückgreifen, welches unter der URL
http://retro-park.de/download in etwa 2 Stunden bereitstehen wird.
Ich habe eben erst gesehen, welchen Mordsaufwand Du da treibst und
möchte mal "Respekt!" und "Danke!" sagen.

lc#
Johannes Pietsch
2004-10-16 12:53:12 UTC
Permalink
Post by Lothar Cezanne
[Das Dokument des Grauens]
Ich habe eben erst gesehen, welchen Mordsaufwand Du da treibst und
möchte mal "Respekt!" und "Danke!" sagen.
Da ich's bislang noch nicht getan habe, schließe ich mich diesem
Kompliment mal ganz bewußt öffentlich an. Ralfs Arbeit ist in der Tat
beeindruckend. Gibt's das irgendwann mal in Buchform?

Johannes
--
Last seen:
"Dodgeball" "30 über Nacht"
"Männer wie wir" "Sehnsüchtig"
http://www.filmfacts.de/filme_johannes.htm
Ralf Ramge
2004-10-16 14:13:25 UTC
Permalink
Post by Johannes Pietsch
Da ich's bislang noch nicht getan habe, schließe ich mich diesem
Kompliment mal ganz bewußt öffentlich an. Ralfs Arbeit ist in der Tat
beeindruckend. Gibt's das irgendwann mal in Buchform?
Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß es noch papierbasierte Bücher gibt,
wenn ich damit fertig bin? ;-)

Ralf
Johannes Pietsch
2004-10-16 14:16:38 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
Post by Johannes Pietsch
Da ich's bislang noch nicht getan habe, schließe ich mich diesem
Kompliment mal ganz bewußt öffentlich an. Ralfs Arbeit ist in der Tat
beeindruckend. Gibt's das irgendwann mal in Buchform?
Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß es noch papierbasierte Bücher gibt,
wenn ich damit fertig bin? ;-)
*ROTFL*

Johannes
--
Last seen:
"Dodgeball" "30 über Nacht"
"Männer wie wir" "Sehnsüchtig"
http://www.filmfacts.de/filme_johannes.htm
Cornell Binder
2004-10-16 18:59:15 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
Post by Johannes Pietsch
Da ich's bislang noch nicht getan habe, schließe ich mich diesem
Kompliment mal ganz bewußt öffentlich an. Ralfs Arbeit ist in der Tat
beeindruckend. Gibt's das irgendwann mal in Buchform?
Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß es noch papierbasierte Bücher gibt,
wenn ich damit fertig bin? ;-)
Naja. Mach halt was Mehrbändiges draus. Da kannst Du ja
schon mal mit dem Druck anfangen lassen. :)

Ich würde mich ehrlich gesagt auch für ein gedrucktes
Exemplar interessieren. Ich schmökere nur so ungern am
Rechner.


CoBi
--
last seen in a cinema near me:
Soul Plane ............................................................. 916
Cinderella Story ....................................................... 915
Große Haie, Kleine Fisch ............................................... 914
Ralf Ramge
2004-10-16 20:31:52 UTC
Permalink
Post by Cornell Binder
Naja. Mach halt was Mehrbändiges draus. Da kannst Du ja
schon mal mit dem Druck anfangen lassen. :)
Ist unbezahlbar (von meiner Seite). Die einzige Alternative wäre
eine Ausgabe fast ohne Bildmaterial, und das wäre dann auch
gleichzeitig ein untragbarer Verlust, der aus meiner Sicht das
Ganze dann wieder fragwürdig erscheinen ließe. Im Augenblick
sind es 465 Illustrationen.
Post by Cornell Binder
Ich würde mich ehrlich gesagt auch für ein gedrucktes
Exemplar interessieren. Ich schmökere nur so ungern am
Rechner.
Kann ich nachvollziehen, es ginge mir nicht anders.

Von einer Handvoll Leuten hatte ich jedoch Feedback, welches
in die Richtung ging, daß sie sich das Zeug ausdrucken und
binden lassen. Ich rate davon ständig ab, weil das Material
in meinen Augen noch immer einen Beta-Status hat (steht ja
auch auf dem Deckblatt), aber wenn man das Risiko eingehen
will, daß ich in alten Kapiteln vielleicht noch was einfüge,
ist das sicherlich eine Option.

Mein Problem ist: Ich habe keine. Ich hatte mal geschaut,
was ein Druck von 100 gebundenen Exemplaren von Band 1 in A4
und Farbe kosten würde und kam auf um die $30.000 zzgl.
Lizenzen (bei Universal z.B. $250 Dollar pro Bild aus dem
vorgefertigten Promotion-Pool) ... forget it. Davon kann man
verdammt viel Toner kaufen. Und einen Verleger findet man zu
diesen Grundbedingungen eh keinen.
Die einzige Chance wäre, es in englischer Sprache zu schreiben
- aber hier taugt mein stilistisches Talent maximal für technische
Dokumentationen und jeder ehrenamtliche Übersetzer wäre bekloppt,
sich auf diese Schwarte einzulassen.

Daher mache ich erstmal weiter wie bisher, bastle PDFs ohne
Restriktionen, sichere mich durch das Zitatrecht ab, gebe
es weiterhin für nichtkommerzielle Nutzung frei und schenke
es der Community, anstelle jemand das Geld aus der Tasche zu
ziehen und selbst noch dabei draufzulegen.

Ralf
Aleks A.-Lessmann
2004-10-19 04:21:27 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
Post by Cornell Binder
Naja. Mach halt was Mehrbändiges draus. Da kannst Du ja
schon mal mit dem Druck anfangen lassen. :)
Ist unbezahlbar (von meiner Seite). Die einzige Alternative wäre
Per "Print on Demand" wäre es für dich bezahlbar, aber wahrscheinlich
nicht für den Besteller.
Post by Ralf Ramge
und Farbe kosten würde und kam auf um die $30.000 zzgl.
Lizenzen (bei Universal z.B. $250 Dollar pro Bild aus dem
vorgefertigten Promotion-Pool) ... forget it. Davon kann man
Ah, daran hatte ich Idiot nicht gedacht (dabei habe ich täglich damit zu
tun...)

Schönen Gruss
Aleks
--
http://www.dvdmaniacs.de - 39 DVDs im Oktober zu gewinnen!
Cornell Binder
2004-10-19 18:46:07 UTC
Permalink
Post by Aleks A.-Lessmann
Post by Ralf Ramge
Post by Cornell Binder
Naja. Mach halt was Mehrbändiges draus. Da kannst Du ja
schon mal mit dem Druck anfangen lassen. :)
Ist unbezahlbar (von meiner Seite). Die einzige Alternative wäre
Per "Print on Demand" wäre es für dich bezahlbar, aber wahrscheinlich
nicht für den Besteller.
Och, das geht alles schon. BOD und Co. hätten halt den
Vorteil, daß man sich nicht selber die Mühe machen muß
und die Qualität deutlich über "lose Blattsammlung" resp.
"Ringbindung" liegt. :)


CoBi
--
last seen in a cinema near me:
Super Size Me ......................................................... 917
Soul Plane ............................................................. 916
Cinderella Story ....................................................... 915
Ralf Ramge
2004-10-20 17:54:48 UTC
Permalink
Post by Cornell Binder
Och, das geht alles schon. BOD und Co. hätten halt den
Vorteil, daß man sich nicht selber die Mühe machen muß
und die Qualität deutlich über "lose Blattsammlung" resp.
"Ringbindung" liegt. :)
Habe grade eben nochmal einen Preiskalkulator bemüht und kam
auf umgerechnet etwa 1 Euro pro Seite. Wobei z.B. www.bod.de
schon wegen des bisherigen Umfangs streikt. Bei reduziertem
Umfang und 100 Exemplaren spuckte er noch fast 11.000 Euro
Unkosten aus (Hardcover, Farbe, 500 Seiten, DIN A4).
Nö, da verteile ich lieber Postscript-Dateien und jeder kann
damit machen, was er will ;-)

Ralf
Manfred Polak
2004-10-16 22:01:05 UTC
Permalink
Ralf Ramge schrieb:

... ein Monsterkapitel im doppelten Wortsinn. :-)
Natürlich hab ich auch diesmal wieder etwas herumzumäkeln.
Post by Ralf Ramge
Doch dies war natürlich nicht immer so. Der "mad scientist", wie wir ihn heute
kennen, ist eine historisch gewachsene Figur, deren Ursprung bei Mary Shelley
liegt.
Mit etwas gutem Willen könnte man den Ursprung auch bei Faust beginnen
lassen. Der echte Faust hat sich ja bei einem alchemistischen Versuch
selbst in die Luft gesprengt, war also *tatsächlich* ein mad scientist.
Post by Ralf Ramge
Auch Hanns Heinz Ewers bediente sich des Frankenstein-Motivs, als er im Jahr
1911 "Alraune" erdachte. Ewers war ein von grundauf unbequemer Schriftsteller,
welcher stets darauf erpicht war, die Abgründe der Seele zu erforschen. Ewers
wurde bereits zu Lebenszeiten tabuisiert. Erst wegen seiner ausschweifenden
Drogen- und Alkoholexzesse, doch auch Werke wie "Alraune" und "Horst Wessel"
schufen ihm nicht nur Freunde. 1934 erhielt er totales Schreibverbot und
verfasste von nun an vornehmlich Satiren auf das Dritte Reich.
Das klingt jetzt so, als sei er ein Gegner der Nazis gewesen, aber das
war er bestimmt nicht. Ewers trat 1931 der NSDAP bei, sein "Reiter in
deutscher Nacht" von 1931 ist die literarisch geschönte Lebensgeschichte
eines Nazi-Funktionärs, und sein "Horst Wessel" von 1932 über die Sym-
bolfigur der Nazis schrieb er im Auftrag von Hitler. Aber wegen seiner
früheren Bücher, und weil er es nicht lassen konnte, auch in "Reiter in
deutscher Nacht" sexuelle Details auszubreiten, blieb er seinen braunen
Freunden suspekt und wurde schließlich fallengelassen.
Post by Ralf Ramge
"Paris qui dort" (1925) war Vorbild für einige Filme, welche sich des Motivs der
entvölkerten Großstadt bedienen. Die bekanntesten Nachzieher sind "THE OMEGA
MAN" (1971) und "28 DAYS LATER" (2002). Doch in keinem von ihnen liegt die
Ursache in einem trotteligen Wissenschaftler, der einen Hebel umlegt, ohne
sich vorher über die Konsequenzen Gedanken zu machen.
Und natürlich "Quiet Earth". Da ist zwar kein einzelner mad scientist
der Schuldige, aber immerhin ein komplett schief gelaufenes Experiment.
Post by Ralf Ramge
Curriculum Vitae: Baron Frankenstein
Da hätte noch eine Erwähnung von "Gothic" gepasst, auch wenn es kein
Frankenstein-Film im eigentlichen Sinn ist.
Post by Ralf Ramge
Der Produzent Carlo
Ponti erkannte, daß das technische Wissen der beiden Künstler nicht ausreichen
würde, diesen Film zu bewerkstelligen, zumal er auch in 3D gedrehte Szenen
beinhalten sollte. Also heuerte Ponti den wohl talentiertesten Regisseur aus
seinem Bekanntenkreis an, den Bava-Schüler Antonio Margheriti.
Das kommt jetzt aber sehr darauf an, wie eng man "Bekanntenkreis"
definiert. Ich hoffe doch sehr, dass Du den guten Anthony M. Dawson
nicht höher einschätzst als Fellini, Antonioni, Melville, Godard, Polan-
ski, Lumet und all die anderen, deren Filme er produzierte.
Post by Ralf Ramge
Arzt und Dämon: Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Da fehlt mir mein Lieblings-Jekyll, nämlich Renoirs "Le testament du
Docteur Cordelier". Wie Jean-Louis Barrault die Verwandlung ohne
große Maske, aber mit genialer Körpersprache bewerkstelligt, muss
man gesehen haben.
Post by Ralf Ramge
"THE NUTTY PROFESSOR" (1963) von und mit dem damaligen Starkomiker Jerry Lewis
ist einer jener Grenzfälle, bei welchem man lange überlegen muß, ob eine
explizite Nennung des Films im Rahmen einer Chronik des Horrorfilms sinnvoll
ist.
Der wahre Horror dieses Films ist für mich Kelps moralinsaurer Schluss-
monolog. Da ziehen sich bei mir jedesmal sämtliche Eingeweide zusammen.
Post by Ralf Ramge
Aber die Science Fiction hat noch weitaus interessantere "mad scientists"
auf Lager.
Ich sag nur Duran Duran ... <g>

Manfred
Ralf Ramge
2004-10-17 09:21:44 UTC
Permalink
Post by Manfred Polak
... ein Monsterkapitel im doppelten Wortsinn. :-)
Das nimmt momentan Auswüchse an, die mir selbst Sorgen bereiten. Ich
habe mich gestern dabei erwischt, daß ich beim nächsten Kapitel darüber
nachdachte, was ich *nicht* schreibe.
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Doch dies war natürlich nicht immer so. Der "mad scientist", wie wir ihn heute
kennen, ist eine historisch gewachsene Figur, deren Ursprung bei Mary Shelley
liegt.
Mit etwas gutem Willen könnte man den Ursprung auch bei Faust beginnen
lassen. Der echte Faust hat sich ja bei einem alchemistischen Versuch
selbst in die Luft gesprengt, war also *tatsächlich* ein mad scientist.
Richtig. Aber irgendwo muß man die Grenze ziehen. Ich bezweifle, daß
"Faust" hier auch nur ansatzweise so genredefinierend gewesen wäre,
hätte es "Frankenstein" nie gegeben. Und umgekehrt hätte es wohl auch an
"Frankenstein" nicht viel geändert, wenn die "Faust"-Geschichten einen
anderen Inhalt gehabt hätten.
Man kann natürlich suchen und findet dann auch immer was, wer will kann
meinetwegen sogar noch mit Ikarus' Vater ankommen. Aber der Knackpunkt
ist, daß man dann suchen muß.
Post by Manfred Polak
Das klingt jetzt so, als sei er ein Gegner der Nazis gewesen, aber das
war er bestimmt nicht. Ewers trat 1931 der NSDAP bei, sein "Reiter in
deutscher Nacht" von 1931 ist die literarisch geschönte Lebensgeschichte
eines Nazi-Funktionärs, und sein "Horst Wessel" von 1932 über die Sym-
bolfigur der Nazis schrieb er im Auftrag von Hitler. Aber wegen seiner
früheren Bücher, und weil er es nicht lassen konnte, auch in "Reiter in
deutscher Nacht" sexuelle Details auszubreiten, blieb er seinen braunen
Freunden suspekt und wurde schließlich fallengelassen.
Aus dem Grund habe ich auch "Horst Wessel" kurz erwähnt. Spätestens bei
diesem Titel sollte eigentlich unterschwellig klar sein, daß er kein
Nazigegner war, sondern lediglich in Ungnade gefallen. Siehst Du hier
eine im Kontext des Kapitels gegebene Notwendigkeit, hierauf expliziter
einzugehen?
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Curriculum Vitae: Baron Frankenstein
Da hätte noch eine Erwähnung von "Gothic" gepasst, auch wenn es kein
Frankenstein-Film im eigentlichen Sinn ist.
Du hast erkannt, warum er fehlt :-) Genauso wie z.B. auch "Gods &
Monsters", eine Erwähnung wäre imho eine Verfehlung des Themas.
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Der Produzent Carlo
Ponti erkannte, daß das technische Wissen der beiden Künstler nicht ausreichen
würde, diesen Film zu bewerkstelligen, zumal er auch in 3D gedrehte Szenen
beinhalten sollte. Also heuerte Ponti den wohl talentiertesten Regisseur aus
seinem Bekanntenkreis an, den Bava-Schüler Antonio Margheriti.
Das kommt jetzt aber sehr darauf an, wie eng man "Bekanntenkreis"
definiert. Ich hoffe doch sehr, dass Du den guten Anthony M. Dawson
nicht höher einschätzst als Fellini, Antonioni, Melville, Godard, Polan-
ski, Lumet und all die anderen, deren Filme er produzierte.
"Bekanntenkreis" meint: Er ist nicht nur mein Geschäftspartner, sondern
wir gehen abends auch zusammen einen saufen.

Davon unabhängig: Margheriti war ein enormes Talent, welches leider
vorrangig die falschen Filme drehte. Ein schlechterer Regisseur und
Künstler als Antonioni, Lumet oder Polanski war er mit Sicherheit
nicht. Er war aber ein schlechter Politiker, was sich massiv darin
äußerte, daß er für Geld alles tat und Skripte verfilmte, die ein
Filmemacher seines Kalibers nicht hätte anfassen dürfen. Diese laxe
Einstellung hat er wohl von Bava, aber bei Margheriti machen die
schundigen Auftragsarbeiten leider die große Masse aus.
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Arzt und Dämon: Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Da fehlt mir mein Lieblings-Jekyll, nämlich Renoirs "Le testament du
Docteur Cordelier". Wie Jean-Louis Barrault die Verwandlung ohne
große Maske, aber mit genialer Körpersprache bewerkstelligt, muss
man gesehen haben.
Da gebe ich zu, nichtmal ansatzweise daran gedacht zu haben. Wenn ich
den Film mal vor der Flinte habe (ist noch nicht Teil meiner Sammlung),
werde ich mich an Dich erinnern und ggf. das Kapitel um eine Seite
verlängern.
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
"THE NUTTY PROFESSOR" (1963) von und mit dem damaligen Starkomiker Jerry Lewis
ist einer jener Grenzfälle, bei welchem man lange überlegen muß, ob eine
explizite Nennung des Films im Rahmen einer Chronik des Horrorfilms sinnvoll
ist.
Der wahre Horror dieses Films ist für mich Kelps moralinsaurer Schluss-
monolog. Da ziehen sich bei mir jedesmal sämtliche Eingeweide zusammen.
Tja, die Gabe Hollywoods, einen an sich guten Film im letzten Fünftel
noch gewaltig zu versauen, ist beileibe keine Erfindung des modernen
Blockbuster-Kinos.
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Aber die Science Fiction hat noch weitaus interessantere "mad scientists"
auf Lager.
Ich sag nur Duran Duran ... <g>
Meinst du jetzt den kleinwüchsigen Handlanger von Tina Turner? Diesen
Film habe ich aus meiner Erinnerung verdrängt.
Oder verstehe ich grade nur den Witz nicht? ;-)

Ralf
Cornell Binder
2004-10-17 11:34:47 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Aber die Science Fiction hat noch weitaus interessantere "mad scientists"
auf Lager.
Ich sag nur Duran Duran ... <g>
Meinst du jetzt den kleinwüchsigen Handlanger von Tina Turner? Diesen
Film habe ich aus meiner Erinnerung verdrängt.
Oder verstehe ich grade nur den Witz nicht? ;-)
Liegt vielleicht am Schreibfehler. Der Herr heißt nämlich
Durant Durant und stopft Barbarella einfach mal so in eine
Orgasmusorgel. :)


CoBi
--
last seen in a cinema near me:
Soul Plane ............................................................. 916
Cinderella Story ....................................................... 915
Große Haie, Kleine Fisch ............................................... 914
ludwig sandomir
2004-10-17 13:02:45 UTC
Permalink
Post by Cornell Binder
Post by Ralf Ramge
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Aber die Science Fiction hat noch weitaus interessantere "mad scientists"
auf Lager.
Ich sag nur Duran Duran ... <g>
Meinst du jetzt den kleinwüchsigen Handlanger von Tina Turner? Diesen
Film habe ich aus meiner Erinnerung verdrängt.
Oder verstehe ich grade nur den Witz nicht? ;-)
Liegt vielleicht am Schreibfehler. Der Herr heißt nämlich
Durant Durant und stopft Barbarella einfach mal so in eine
Orgasmusorgel. :)
CoBi
blödsinn!

Duran Duran ist die richtige schreibweise, siehe auch diese seltsame
band die sich nach dem herrn benannt hat....
Andreas Kneib
2004-10-17 14:28:44 UTC
Permalink
Post by Cornell Binder
Post by Ralf Ramge
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Aber die Science Fiction hat noch weitaus interessantere "mad scientists"
auf Lager.
Ich sag nur Duran Duran ... <g>
Meinst du jetzt den kleinwüchsigen Handlanger von Tina Turner? Diesen
Film habe ich aus meiner Erinnerung verdrängt.
Oder verstehe ich grade nur den Witz nicht? ;-)
Liegt vielleicht am Schreibfehler. Der Herr heißt nämlich
Durant Durant und stopft Barbarella einfach mal so in eine
Orgasmusorgel. :)
Dann lügt IMDB. :)

http://german.imdb.com/title/tt0062711/


Gruß,
Andreas
Manfred Polak
2004-10-17 14:44:00 UTC
Permalink
Post by Cornell Binder
Post by Ralf Ramge
Post by Manfred Polak
Ich sag nur Duran Duran ... <g>
Meinst du jetzt den kleinwüchsigen Handlanger von Tina Turner? Diesen
Film habe ich aus meiner Erinnerung verdrängt.
Oder verstehe ich grade nur den Witz nicht? ;-)
Liegt vielleicht am Schreibfehler. Der Herr heißt nämlich
Durant Durant
Das wage ich zu bezweifeln. Die Credits des Films geben zwar nichts
her, aber in den Untertiteln und in der Szenenauswahl meiner DVD
heißt er Duran Duran, im Booklet auch, in der IMDb ebenfalls, und die
gleichnamige Popgruppe hat sich ja auch nach diesem Herrn benannt.
Post by Cornell Binder
und stopft Barbarella einfach mal so in eine Orgasmusorgel. :)
Mit unerwartetem Ausgang ...
Erwähnte ich schon mal, dass ich diesen Film liebe?

Manfred
Manfred Polak
2004-10-17 14:50:55 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
Aus dem Grund habe ich auch "Horst Wessel" kurz erwähnt. Spätestens bei
diesem Titel sollte eigentlich unterschwellig klar sein, daß er kein
Nazigegner war, sondern lediglich in Ungnade gefallen.
Da Du gleich danach die Satiren erwähnst, könnte man auf die Idee
kommen, dass "Horst Wessel" auch schon eine war.
Post by Ralf Ramge
Siehst Du hier eine im Kontext des Kapitels gegebene Notwendigkeit, hierauf
expliziter einzugehen?
Lange Erklärungen sind sicher nicht nötig, aber ein kurzer Nebensatz,
der das klarstellt, kann nicht schaden.
Post by Ralf Ramge
Post by Ralf Ramge
Arzt und Dämon: Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Was mir noch eingefallen ist: Es heißt Fredric March, nicht Frederic.

Manfred
Aleks A.-Lessmann
2004-10-22 04:59:17 UTC
Permalink
Post by Manfred Polak
Post by Ralf Ramge
Arzt und Dämon: Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Da fehlt mir mein Lieblings-Jekyll, nämlich Renoirs "Le testament du
Docteur Cordelier". Wie Jean-Louis Barrault die Verwandlung ohne
große Maske, aber mit genialer Körpersprache bewerkstelligt, muss
man gesehen haben.
Ack. Der Beste Jekyll & Hyde, den ich jemals gesehen habe.

Schönen Gruss
Aleks
--
http://www.dvdmaniacs.de - 39 DVDs im Oktober zu gewinnen!
Gerhard Wiesenfeldt
2004-10-18 13:48:19 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
Die Mythen: Im Labor von Dr. Frankenstein
Zunächst einmal auch von mir Bewunderung für die Arbeit. Aber dennoch
Post by Ralf Ramge
21 Jahre nach diesem Desaster beschloß 20th Century Fox einen Neuanfang und nach
einigen Verwirrungen um geplatzte Deals und personelle Probleme bot man das
Skript einemjungen Talent aus Kanada an, welches sich bereits einen Namen als
Garant für exzentrischen Horror gemacht hatte: David Cronenberg.
[...]
Post by Ralf Ramge
Cronenberg verzichtete auch auf den komplizierten Plot
des Originals und konzentrierte sich auf eine chronologisch erzählte Geschichte,
welche sich so minimalistisch dem Genre verschrieb, welches Cronenberg schon
immer am meisten lag: dem Horror.
IMHO ist Cronenbergs "The Fly" kein Horrorfilm, aber vor allem...
Post by Ralf Ramge
Cronenbergs "mad scientist" trägt nicht mehr den Nachnamen Delambre, sondern
es handelt sich nun dem Wandel der Zeit entsprechend um einen Amerikaner namens
Seth Brundle.
ist Seth Brundle kein 'mad scientist'.

Zunächst zum ersten Punkt. Ohne Zweifel bedient sich Cronenberg des
filmischen Repertoires des Genres, doch geht es ihm eben nicht um die
Darstellung des Grauens und die Evozierung von Angst im Kopf des
Zuschauers, sondern es geht ihm hier (wie in eigentlich allen seinen
Filmen) um die Erfahrung des Grenzen menschlicher Existenz. In diesem
Fall geht es um die Verwandlung von Seth Brundle in "Brundlefly" und den
damit verbundenen Verlust seiner bisherigen Individualität (bis dahin,
dass 'sein Computer', der neben seiner Freundin sein einziger
Kommunikationspartner im Film ist, ihn nicht mehr erkennt). Die dem
Horrorfilm entstammenden Elemente des Mönströsen dienen hier nicht mehr
dazu, Grauen zu erzeugen, sondern Grauen schlicht darzustellen: "Seht
her, so sieht das aus, wenn ein Mensch mit einer Fliege fusioniert."
Thomas Dreibrodt hat das für mich überzeugend in seinem Buch "Lang lebe
das neue Fleisch" analysiert, wenn er von einer "Depriveligierung des
Monströsen" spricht. Damit meint er, dass bei Cronenberg der für
Horrorfilme typische Moment des Herzeigens des Monströsen in einer durch
Musik und Kameraführung exponierten Situation ausfällt, das Grauen tritt
fast beiläufig in Erscheinung. Damit funktioniert "The Fly" natürlich
immer noch, wenn man ihn als Horrorfilm sehen will, vielleicht sogar
besser als die meisten Horrorfilme, die Grundintention des Films ist
aber eine gänzlich andere.

Dementsprechend kann Seth Brundle auch kein 'mad scientist' sein, denn
der Film kann nur funktionieren, wenn man sich in ihn hineinversetzen
kann. Du hast dies ja auch erwähnt, doch halte ich diese Voraussetzung
des Films für unvereinbar mit einer Personifizierung des 'mad
scientist', weil eine Identifikation mit diesem durch den Zuschauer
prinzipiell nicht möglich ist.

Brundle ist dagegen ein brillianter Forscher, der aufgrund seiner
persönlichen Umstände (chronische Reisekrankheit) sich um eine Erfindung
bemüht, die sein Leben verbessert. Das ist in der Ausführung zwar
revolutionär, aber nichts, wovon der gemeine Zuschauer sagen würde,
"that man is mad". Brundle ist sich in seiner Abgeschiedenheit wohl
bewusst, dass er nach außen Züge des 'mad scientist' trägt. Doch gerade
dadurch, dass er sich dessen bewusst ist und dieses zu Beginn des Films
auch offen ausspricht, wird deutlich, dass er eben kein Verrückter ist,
sondern ein ganz normaler Einzelgänger. Seinen entscheidenden Fehler
macht er ja auch nicht aus übersteigertem Forscherehrgeiz, sondern weil
er sich wegen eines Streits mit seiner Freundin betrinkt und sein
Urteilsvermögen daraufhin etwas eingeschränkt ist. Auch das ist nichts,
was nicht die allermeisten Zuschauer nachvollziehen könnten -
Hardcoreabstinenzler einmal ausgenommen.

Dass die Identifikation des Zuschauers mit Brundle in der zweiten Hälfte
des Films nicht mehr möglich ist, liegt ja auch nicht daran, dass sich
Brundle verrückt geworden wäre, sondern dass er sich zu weit vom
Menschsein entfernt hat. Tatsächlich geschieht der einzige Akt des
Verrückten im Film - die Entführung seiner schwangeren Freunden und der
Versuch der Fusion mit ihr - aus dem verzweifelten Versuch, zu der
zutiefst bourgeoisen Existenz der Kleinfamilie zurückzukehren. Nicht der
Wissenschaftler Brundle wird ob seinen Forschungen wahnsinnig, sondern
der Mensch Brundle ob seiner verlorenen Existenz.

Vom Wissenschaftlertyp bedienen sich Cronenberg und Goldblum bei der
Darstellung Brundles vielmehr bei dem seit James Cook und Alexander von
Humboldt etablierten Figur des 'pioneer scientist', der sich in
unbekannte Welten vorwagt und dahin geht, wo vor ihm noch kein Mensch
(zumindest kein europäischer Mensch) gewesen ist und dadurch die
Menschheit in eine bessere Zukunft geleiten kann. Zwar ist die Grenze
zwischen Pionier und Wahnsinnigem eine sehr dünne, und es ist kein
Zufall, dass gerade Alexander von Humboldt, in Deutschland wie in den
USA der Archetypus des Pioniers, in seiner Jugendzeit als Erforscher
galvanischer Elektrizität zu den Wissenschaftlern zählte, die für Mary
Shelley als Vorbilder für Dr. Frankenstein dienten. Dennoch ist gerade
die Filmgeschichte des 'pioneer scientist' eine ganz andere, von "The
Lost World" über Biopics wie "Madame Curie" und "Dr. Ehrlich's Magic
Bullet" und diversen Einstein-Personifikationen (etwa in "The Day the
Earth Stood Still") bis zu Indiana Jones. Bei Cronenberg geht es nun
genau um die Rolle des Pioniers, wenn dieser in seiner Aufgabe
scheitert, und in dieser Analyse nimmt er weniger Kurt Neumann als
vielmehr Jack Arnold auf. Arnolds Wissenschaftler sind ja ebenfalls
keine 'mad scientists', sondern Helden, die in ihrer Heldenrolle
scheitern und daran entweder verzweifeln oder zugrunde gehen. (Die
Ausnahme bildet bei Arnold sein Erstling "It Came From Outer Space", wo
dem Wissenschaftler noch die Erfüllung seiner humanitären Aufgabe
gelingt.)

Tatsächlich haben Seth Brundle und Gerald Deemer aus "Tarantula" sehr
viel miteinander zu tun. Beide scheitern in katastrophaler Weise, ohne
deswegen verrückt zu sein, und bei beiden ist ihr Scheitern auch eine
Folge des sich Verschließens gegenüber dem konventionellen
Wissenschaftsbetrieb, vor dem sie in die Einsamkeit geflüchtet sind.
Ihre Erfindungen hätten in beiden Fällen die Welt revolutionieren
können, wären sie nicht an der eigenen Unvorsichtigkeit zugrunde
gegangen. Dieses lässt sie aber nicht als Verrückte erscheinen, sondern
als gescheiterte Genies, die um ein Haar ihre Aufgabe der
Weltverbesserung erfüllt hätten.

Gruß,
Gerhard
--
Letzte 3 im Kino: "Die Zwillinge", "Männer wie wir", "Eternal Sunshine
of the Spotless Mind"
Aleks A.-Lessmann
2004-10-21 04:15:47 UTC
Permalink
Post by Ralf Ramge
Johnny auf den Plan, der Betty ziemlich anhimmelt. Johnny wird Zeuge, wie
"ziemlich"?
Post by Ralf Ramge
Arbeit eines "mad scientist" geht dies jedoch gehörig schief; Hel erweist sich
als unkontrollierbar und hat nur Chaos und Zerstörung im Sinn.
Erinnere ich mich jetzt falsch an Buch und Film? Ich habe in Erinnerung,
dass Hel umprogrammiert wird, um Chaos und Verwirrung zu stiften, damit
man die Arbeiter besser unter Kontrolle halten kann...
Post by Ralf Ramge
konnte man kein Geld mehr verdienen. Nur einige kleinere Labels schlugen sich
noch damit durch, produzierten aber fast ausschließlich billige und in der
Regel auch miese B-Pictures. Universal war von der Unbrauchbarkeit der alten
Hast du das nicht weiter oben auch schon gesagt, wenn auch in leicht
veränderter Form?
Post by Ralf Ramge
denken, womit dies endete: bei "DR. JEKYLL AND SISTER HYDE" (1971). Das birgt
Na? Sind Sie jetzt neugierig? Sie werden mir nicht glauben, aber es ist wirklich
so, wenn ich Ihnen sage, daß dieser Schwachsinn als Film funktioniert!
Kann ich bestätigen. Der Film ist zwar kein Meilenstein der
Filmgeschichte, aber doch unterhaltsam.

Schönen Gruss
Aleks
--
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