Salve allerseits,
Post by Volker BorchertDie extrabreite Datenautobahn sei an einem Standort wie Frankfurt von
besonderer Bedeutung, sagte Unitymedia-Chef Lutz Schüler laut Mitteilung.
"In einer Finanzmetropole wie Frankfurt sind viele Unternehmen und
Privathaushalte auf eine superschnelle Anbindung angewiesen."
Wunschdenken.
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Bitte setzen Sie sich kurz hin oder halten Sie sich fest, Sie müssen nun
eine überraschende Ungeheuerlichkeit lesen, brühfrisch vom Europäischen
Rechnungshof veröffentlicht: Deutschland wird die Breitband-Ziele 2025
nicht halten können. Ja, ich weiß, ein regelrechter Schock für uns alle.
Und doch liegt in dieser Information eine völlig neue Qualität, wie sich
anhand der Rückschau leicht feststellen lässt:
• 2009 versprach Angela Merkel in ihrem Video-Cast "flächendeckendes
Breitband für alle bis 2010". Es wurde 2010 wieder einkassiert.
• 2010 versprach Angela Merkel, dass 75 Prozent der Haushalte bis 2014
über "mindestens 50 Megabit" verfügen sollten.
• 2011 versprach der damalige FDP-Wirtschaftsminister, 50 MBit/s würden
bis 2018 "flächendeckend verfügbar sein".
• 2012 versprach das Wirtschaftsministerium erneut noch etwas mehr,
nämlich dass mithilfe der "Kräfte des Markts" bis 2018 "wirklich jeder
mindestens 50 MBit/s bekommen kann".
• 2013 versprach die Bundesregierung wiederum, dass 75 Prozent der
Haushalte bis 2014 über 50 MBit/s verfügen sollten und dass der
"Breitbandausbau zügig vorangeht". 2014 kam und ging.
• 2014 downgradete Angela Merkel ihr Versprechen von 50 MBit/s bis 2018
zum frommen Wunsch: "Ich hoffe, dass wir das
auch wirklich erreichen."
Gleichzeitig versprach sie terminlos "viel größere Bandbreiten", und
zwar für "jeden Haushalt".
• 2015 versprach die Bundesregierung in ihrer "Digitalen Agenda"
wiederum eine "flächendeckende Breitbandinfrastruktur mit einer
Downloadgeschwindigkeit von 50 MBit/s bis 2018". 2016 musste sie
zugeben, das Ziel nicht mehr erreichen zu können.
• 2016 versprach die Bundesregierung, "spätestens 2025 mit Gigabitnetzen
die beste digitale Infrastruktur der Welt".
• 2017 versprach die Bundesregierung die Zielsetzung auf "mittel- bis
langfristig gigabitfähige Netze" und erklärte zugleich: "Das bisher
Erreichte kann sich sehen lassen." Oho!
Und jetzt, 2018, müssen wir also erfahren, dass die Ziele bis 2025 nicht
mehr erreichbar sind. Das ist insofern ein Novum von sensationeller
Dimension, als jetzt das Versprechen bereits sieben Jahre vor der
Erfüllung hinfällig ist. Hier hat die Bundesregierung also einen
Fabelrekord aufgestellt: im Frühbrechen von Versprechungen. Etwa, als
würde sich Jogi Löw heute auf einer Pressekonferenz dafür entschuldigen,
dass die WM 2022 nicht gewonnen worden sein wird. Ist das bei aller
Liebe beziehungsweise bei allem Hass nicht etwas
verfrüht?
Leider nein. Die Wahrheit ist, dass Deutschland beim Rennen zur "besten
Infrastruktur der Welt" (Bundesregierung 2016) den eigenen Startblock in
eine Sackgasse gelegt hat. Sie hat einen Weg in die Gigabit-Gesellschaft
gewählt, der faktisch gar nicht befahren werden kann. Die Sackgasse
heißt Kupfer, und damit dringe ich zum bitterschmeckenden Kern dieser
epischen Versagenskaskade vor, der knapp formuliert aus einer Zahl
besteht: 31,9 Prozent. Dieser Wert ist die Erklärung für die meisten
politischen Zumutungen, die die inzwischen vier verschiedenen
Regierungen Merkel im Bereich "digitale Infrastruktur" verzapft haben.
Es handelt sich um den Anteil des Staats an der Deutschen Telekom AG.
Die Telekom ist damit kein Staatsunternehmen, sie ist aber auch kein
Privatunternehmen, denn eine derart große Beteiligung bedeutet zwingend
regierungsseitige Einflussnahme.
*Der Zombie Kupferleitung wird weiter am Leben gehalten*
Drittelstaatliche Unternehmen verbinden offenbar das Schlechteste aus
beiden Welten. Sie nutzen ihre unternehmerischen Freiheiten dort, wo
reguliert werden sollte, und sie werden dort fehlreguliert, wo sie sich
dem Markt stellen müssten. Weil im Zweifel Lobbying beim Eigentümer
einfacher ist als Marktinnovation.
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©<http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/breitband-ausbau-warum-ist-das-internet-in-deutschland-so-langsam-a-1211511.html>
M.f.G.
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wird praktisch nie gelesen. Das MausNet ist nicht tot – es riecht nur
etwas komisch... ;-)