Discussion:
Pölen?
(zu alt für eine Antwort)
Thomas Schade
2019-02-07 16:11:01 UTC
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N'Ahmd,

ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.

Es scheint aber bekannt zu sein, anders kann ich mir die Verwendung
nicht erklären:

' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>

Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?


Ciao
Toscha
--
Wer zu Lebzeit gut auf Erden, / Wird nach dem Tod ein Engel werden.
Den Blick gen Himmel fragst du dann, / Warum man sie nicht sehen kann.
[Rammstein: Engel]
Stefan Schmitz
2019-02-07 18:02:15 UTC
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Post by Thomas Schade
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Mir ist es aus dem Sauerland vertraut.
Oliver Voß
2019-02-07 18:26:59 UTC
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Post by Thomas Schade
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
... alternativ auch "pöhlen" geschrieben.

Gruß,

Oliver
Frank Hucklenbroich
2019-02-07 19:50:47 UTC
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Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Es scheint aber bekannt zu sein, anders kann ich mir die Verwendung
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Ich kenne das aus meiner Jugend in Köln. Es heißt soviel, wie einen Ball
mit richtig viel "Schmackes" (Schwung, Anlauf) in Richtung Tor zu hämmern.

"Da hat der voll draufgepölt und dann war das Ding im Netz!"

Grüße,

Frank
Quinn C
2019-02-07 22:49:28 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Thomas Schade
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Ich kenne das aus meiner Jugend in Köln. Es heißt soviel, wie einen Ball
mit richtig viel "Schmackes" (Schwung, Anlauf) in Richtung Tor zu hämmern.
"Da hat der voll draufgepölt und dann war das Ding im Netz!"
Also wie "bolzen" in meiner südhessischen Heimat. Könnte eventuell
sogar verwandt sein.
--
gugelfug, m., späsze, unfug
GRIMM, Deutsches Wörterbuch
Frank Hucklenbroich
2019-02-08 07:16:12 UTC
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Post by Quinn C
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Thomas Schade
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Ich kenne das aus meiner Jugend in Köln. Es heißt soviel, wie einen Ball
mit richtig viel "Schmackes" (Schwung, Anlauf) in Richtung Tor zu hämmern.
"Da hat der voll draufgepölt und dann war das Ding im Netz!"
Also wie "bolzen" in meiner südhessischen Heimat. Könnte eventuell
sogar verwandt sein.
"Bolzen" ist wohl in vielen Teilen Deutschlands üblich. Zumindest den
"Bolzplatz" (ein improviserter, einfacher Fußballplatz) gibt es auch im
norddeutschen Raum.

Grüße,

Frank
Frank Hucklenbroich
2019-02-07 19:52:25 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
...und wo wir schon mal dabei sind:

Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.

Grüße,

Frank
Quinn C
2019-02-07 22:49:27 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Ist mir vertraut, aber nicht für fahren, nur für laufen. Und dann auch
nicht besonders schnell, sondern eher unwillig - sich wo hinschleppen.
--
nun schmeckt, wer ich sei, ihr gugelnarren! PARACELSUS
GRIMM, Deutsches Wörterbuch
René Marquardt
2019-02-08 02:37:52 UTC
Permalink
Post by Quinn C
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Ist mir vertraut, aber nicht für fahren, nur für laufen. Und dann auch
nicht besonders schnell, sondern eher unwillig - sich wo hinschleppen.
Nee, genau andersrum. Pesen = Arme und Beine bilden eine rotierende Scheibe.
Quinn C
2019-02-08 14:19:36 UTC
Permalink
Post by René Marquardt
Post by Quinn C
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Ist mir vertraut, aber nicht für fahren, nur für laufen. Und dann auch
nicht besonders schnell, sondern eher unwillig - sich wo hinschleppen.
Nee, genau andersrum. Pesen = Arme und Beine bilden eine rotierende Scheibe.
Sieht so aus. Dann habe ich das eventuell die paar Mal, die ich es
gehört habe, aus dem Kontext falsch gedeutet.
--
gugelgesang, m., mönchsgesang, pejorativ
GRIMM, Deutsches Wörterbuch
Ralf Joerres
2019-02-08 14:40:49 UTC
Permalink
Post by Quinn C
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Ist mir vertraut, aber nicht für fahren, nur für laufen.
Bei mir auch so.
Post by Quinn C
Und dann auch
nicht besonders schnell, sondern eher unwillig - sich wo hinschleppen.
Das wiederum nicht. Das unwillige sich dahinschleppen ist bei uns
'schlören' bzw. 'schlüren', manchmal auch 'schloren' (= die Füße beim
Gehen nicht hochnehmen).

Ralf Joerres
U***@web.de
2019-02-08 14:50:38 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Das wiederum nicht. Das unwillige sich dahinschleppen ist bei uns
'schlören' bzw. 'schlüren', manchmal auch 'schloren' (= die Füße beim
Gehen nicht hochnehmen).
Ah, Du meinst 'schlurfen' in regionaler Abwandlung.

Gruß, ULF
Christina Kunze
2019-02-08 18:38:30 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Ralf Joerres
Das wiederum nicht. Das unwillige sich dahinschleppen ist bei uns
'schlören' bzw. 'schlüren', manchmal auch 'schloren' (= die Füße beim
Gehen nicht hochnehmen).
Ah, Du meinst 'schlurfen' in regionaler Abwandlung.
Manche sagen auch schlürfen dazu, was für mich aber nur lautes Trinken
bedeutet.

chr
Thomas Schade
2019-02-09 13:34:59 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Post by Quinn C
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Ist mir vertraut, aber nicht für fahren, nur für laufen.
Bei mir auch so.
Post by Quinn C
Und dann auch
nicht besonders schnell, sondern eher unwillig - sich wo hinschleppen.
Das wiederum nicht. Das unwillige sich dahinschleppen ist bei uns
'schlören' bzw. 'schlüren', manchmal auch 'schloren' (= die Füße beim
Gehen nicht hochnehmen).
Demgegenüber steht 'bra(a)ken', als schnelles und gefährdendes Laufen;
ähnelt so eher dem hochdeutschen Toben.


Ciao
Toscha
--
Nazis fühlen sich fremd im eigenen Land? Gut so! Ich hoffe, es wird
nie wieder ein Deutschland geben, in dem sich Nazis zu Hause fühlen.
Heinz Lohmann
2019-02-10 00:33:53 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
Post by Ralf Joerres
Post by Quinn C
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Ist mir vertraut, aber nicht für fahren, nur für laufen.
Bei mir auch so.
Post by Quinn C
Und dann auch
nicht besonders schnell, sondern eher unwillig - sich wo hinschleppen.
Das wiederum nicht. Das unwillige sich dahinschleppen ist bei uns
'schlören' bzw. 'schlüren', manchmal auch 'schloren' (= die Füße beim
Gehen nicht hochnehmen).
Demgegenüber steht 'bra(a)ken', als schnelles und gefährdendes Laufen;
ähnelt so eher dem hochdeutschen Toben.
Das haben wir als Kinder mit dem Fahrrad gemacht.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Roland Franzius
2019-02-07 23:20:48 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
War in Nds. die Tätigkeit mit diesen untermotorisierten 125er
Zweitaktern ummen Block zu pesen. 1930-1960. In den 1980ern war das dann
die Beschäfigung der griechischen Jünglinge mit 50er Mopeds ohne
Schalldämpfer bis ca morgens gegen 5.

Bei 8000 Umdrehungen gibt das dann die charakteristischen
Sägezahn-Rechteckwelle von 4000 Hz Grundton.
--
Roland Franzius
Thomas Schade
2019-02-08 06:21:25 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Im Gegensatz zu pölen ist mir pesen ein Begriff, sogar aus dem aktiven
Wortschatz. Bedeutung wie von dir genannt.


Ciao
Toscha
--
Man ist nicht betrunken, so lange man auf dem Boden liegen kann,
ohne sich festzuhalten.
[Dean Martin]
paco
2019-02-08 11:49:49 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu
Post by Frank Hucklenbroich
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo) und ist in Nordbaden bekannt.
U***@web.de
2019-02-08 17:55:50 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu
Post by Frank Hucklenbroich
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo)
Pacer, die übelsten Fernschienenbusse im Großeinsatz.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pacer_(Triebwagen)

Gruß, ULF
René Marquardt
2019-02-08 20:41:05 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu
Post by Frank Hucklenbroich
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo)
Pacer, die übelsten Fernschienenbusse im Großeinsatz.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pacer_(Triebwagen)
AMC Pacer: wir wollen eine Euro-artigen Kompaktwagen.
Muss aber mindesten ein V6 rein. Besser noch ein V8.

https://de.wikipedia.org/wiki/AMC_Pacer
Andreas Karrer
2019-02-09 12:25:09 UTC
Permalink
Post by René Marquardt
Post by U***@web.de
Pacer, die übelsten Fernschienenbusse im Großeinsatz.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pacer_(Triebwagen)
AMC Pacer: wir wollen eine Euro-artigen Kompaktwagen.
Muss aber mindesten ein V6 rein. Besser noch ein V8.
https://de.wikipedia.org/wiki/AMC_Pacer
V6 gabs nie. Geplant war ein Wankel, aber dann kam die Ölkrise, und
AMC hat den alten, schweren Inline-6 und dann auch einen V8 eingebaut.

Ich hatte den Pacer Station Wagon mit dem 3.8l-Reihenmotor. Man kann
nicht sagen, dass damit eine von Wanderdünen unterscheidbare
Beschleunigung möglich war, aber dafür hatte ich ja die Honda CB750F.
Das Fahrverhalten ist mit schammig-schwabbelig wohlwollend
charakterisiert, aber das war bei den meisten US-Autos der damaligen
Zeit nicht anders; für Highways in Texas ganz ok.

War sonst ein schönes Auto, auch wenn ich lieber den Sedan oder den
Gremlin gehabt hätte, aber solches gabs in der Gegend nicht zu
kaufen.

- Andi
Heinz Lohmann
2019-02-09 01:32:09 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu
Post by Frank Hucklenbroich
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo) und ist in Nordbaden bekannt.
Lt. Küpper wohl mit Einfluss vom lat. "pes" = "Fuß" und schon seit
späten dem 19. Jh.

War mir (MS) auch geläufig.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Roland Franzius
2019-02-09 20:02:24 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu
Post by Frank Hucklenbroich
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo) und ist in Nordbaden bekannt.
Kommt wohl eher von pes, pedes.
--
Roland Franzius
Martin Gerdes
2019-02-10 10:54:31 UTC
Permalink
Post by Roland Franzius
Post by paco
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo) und ist in Nordbaden bekannt.
Kommt wohl eher von pes, pedes.
Neulich mal habe ich einer älteren (70+) Dame gegenüber die Auffassung
vertreten, die Neuform "Studierender" sei grammatisch dem bisher
üblichen Wort "Student" ähnlich, beides gingen letztlich auf Partizipien
des Präsens zurück (bei letzterem Wort in der Ursprungssprache).

Sie widersprach heftig, das Partizip Präsens in der Ursprungssprache des
Wortes "Student" laute "studying" (und war von dieser Vorstellung auch
nicht abzubringen).

Ja klar: Die alten Griechen haben ihre Siegesgöttin schließlich auch
nach einer amerikanischen Sportartikelmarke benannt.
paco
2019-02-10 11:45:29 UTC
Permalink
On Sun, 10 Feb 2019 11:54:31 +0100, Martin Gerdes
Post by Martin Gerdes
Post by Roland Franzius
Post by paco
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff?
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo) und ist in Nordbaden bekannt.
Kommt wohl eher von pes, pedes.
**************
Quellen:
 Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind.
Bertelsmann Lexikon Institut, Gütersloh/ München 2008. ISBN
978-3-577-10241-4

pesen
Verb

Bedeutungen:
[1] sich schnell vorwärts bewegen

Herkunft:
von englisch pace

Sinnverwandte Wörter:
[1] brettern, düsen, eilen, hasten, hetzen, preschen, rasen, rennen,
sausen

****************
Post by Martin Gerdes
die Neuform "Studierender" sei grammatisch dem bisher
üblichen Wort "Student" ähnlich, beides gingen letztlich auf =
Partizipien
des Präsens zurück (bei letzterem Wort in der Ursprungssprache).
Da stimme ich zu.
Stefan Ram
2019-02-10 12:23:26 UTC
Permalink
pesen
Mir ist dieses Wort mit der genannten Bedeutung passiv
irgendwie sehr vertraut, aber ich weiß nicht woher.

In traditioneller Literatur kommt es wohl nicht vor.

Da ich es wahrscheinlich schon lange nicht gehört habe,
muß es mir aus meiner Kindheit vertraut sein.

Vielleicht wurde es von anderen Kindern gebraucht
(von Ahnen, im Fernsehen oder in Comics wohl weniger).

Es gehörte bisher nicht zu meinem aktiven Wortschatz
als Erwachsener.

Es ist vielleicht typisch in der gesprochenen Sprache,
da es WIMRE mit langem E gesprochen wird. In der Schrift-
sprache ist die Aussprache der Verbform "pest" schwer
zu vermitteln, und der Leser wird sofort an eine Krankheit
erinnert.

Ich hätte gedacht, daß es vielleicht regional Berlinerisch ist,
aber habe es schon lange nicht gehört.
Vielleicht wird es seltener gebraucht als früher.
Frank Hucklenbroich
2019-02-10 16:02:18 UTC
Permalink
Post by Stefan Ram
Ich hätte gedacht, daß es vielleicht regional Berlinerisch ist,
aber habe es schon lange nicht gehört.
Vielleicht wird es seltener gebraucht als früher.
Berlinerisch ziemlich sicher nicht, ich lernter das mitte der 80er in Köln
kennen, und da hatten wir so gut wie keine Kontakte zu Berlinern.

Grüße,

Frank
Roland Franzius
2019-02-10 18:07:53 UTC
Permalink
Post by paco
On Sun, 10 Feb 2019 11:54:31 +0100, Martin Gerdes
Post by Roland Franzius
Post by paco
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff?
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo) und ist in Nordbaden
bekannt.
Post by Roland Franzius
Kommt wohl eher von pes, pedes.
************** Quellen:  Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Hrsg. von
Renate Wahrig-Burfeind. Bertelsmann Lexikon Institut, Gütersloh/
München 2008. ISBN 978-3-577-10241-4
pesen Verb
Bedeutungen: [1] sich schnell vorwärts bewegen
Herkunft: von englisch pace Sinnverwandte Wörter: [1] brettern,
düsen, eilen, hasten, hetzen, preschen, rasen, rennen, sausen
Ob der Wahrig mal ne 125er gefahren hat? Die Mopped-Gemeinde in Urbach
differnziert noch heute zwischen tuckern mitm Chopper und pesen mitner
125er so wie ich das von den 125er-NSU- und BMW Boxer-Fahrern aus
Wehrmachtsbeständen gelernt habe

http://www.gines-fahrschule.de/html/faszination.html
Post by paco
Einen 350 kg schweren „Lastwagen auf 2 Rädern“ täglich durch den
Berufsverkehr zu dirigieren ist sicher genauso falsch wie mit einem
125-erle regelmäßig über die Autobahn von Stuttgart nach München zu
pesen..
Wann und wo da der engl. pace wie zB Passgang von lat passus Eingang
gefunden haben sollte, wissen allenfalls die Götter.
--
Roland Franzius
Martin Gerdes
2019-02-10 20:12:02 UTC
Permalink
Post by paco
Post by Roland Franzius
Post by paco
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff?
Kommt wohl vom englischen *pace* (Tempo) und ist in Nordbaden bekannt.
Kommt wohl eher von pes, pedes.
 Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind.
Bertelsmann Lexikon Institut, Gütersloh/ München 2008. ISBN
978-3-577-10241-4
pesen
Verb
Wertes Klausbärbel,

häng doch Deine Anmerkung doch einfach das nächste Mal an das Posting,
auf das Du Dich beziehst.
Ralf Joerres
2019-02-08 14:37:09 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Kennich; un wenn dat son Kleen'n is mit kurze Pinne, da sangwer auch
'fitschen' für.

Ralf Joerres
Diedrich Ehlerding
2019-02-08 16:47:16 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Ja, war zu meiner Kinderzeit nicht unüblich. Habe ich aber lange nicht
mehr gehört.
--
pgp-Key (RSA) 1024/09B8C0BD
fingerprint = 2C 49 FF B2 C4 66 2D 93 6F A1 FF 10 16 59 96 F3
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Reinhard Zwirner
2019-02-08 17:51:04 UTC
Permalink
Frank Hucklenbroich schrieb:

[...]
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder
fahren.
Mir, und zwar für jegliche rasante Fortbewegung von A nach B. Ähnlich
wie "düsen".

Ciao

Reinhard
Christina Kunze
2019-02-08 18:37:38 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Mir. Gepest wird auch in Berlin, pö(h)len habe ich heute zum ersten Mal
gelesen und noch nie gehört.

chr
Sergio Gatti
2019-02-08 19:55:39 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
Post by Frank Hucklenbroich
Wem ist "pesen" ein Begriff? Scheint mir aus der ähnlichen
Sprachecke zu
kommen, und bedeutet besonders schnell rennen oder fahren.
Mir. Gepest wird auch in Berlin, pö(h)len habe ich heute zum
ersten Mal gelesen und noch nie gehört.
Na gut, vielleicht war ich schon zu alt, als ich mit 25 nach
Berlin zog, aber bis zu dieser Diskussion kannte ich pesen
genauso wenig wir pö(h)len. Auch von meinen hier geborenen
Kindern habe ich das nie gehört.
Bolzen kannte ich dagegen schon. Auch der Bolzplatz ist mir
durchaus bekannt.

Übrigens: Das Variantenwörterbuch (De Gruyter) kennt das
alles nicht, aber das Wörterbuch deutscher Dialekte
behauptet Folgendes:
pesen = laufen (Ostniederdeutsch, Hessisch)
pöhlen = kicken (Westniederdeutsch, Rheinisch)

Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Helmut Richter
2019-02-08 20:44:03 UTC
Permalink
Post by Sergio Gatti
Na gut, vielleicht war ich schon zu alt, als ich mit 25 nach
Berlin zog, aber bis zu dieser Diskussion kannte ich pesen
genauso wenig wir pö(h)len.
Ich weiß ja nicht , wann das war, aber:

„pesen“ steht jedenfalls in meinem Duden (15. Aufl., 1961). Ganz neu
wird es also nicht sein.

Ich erinnere mich auch an eine Runde, in der wir den Spruch

Nach dem Essen sollst du ruhn oder tausend Schritte tun.

abwandelten:

Nach dem Essen sollst du pennen oder tausend Schritte rennen.
Nach dem Essen sollst du saufen oder tausend Schritte laufen.
Nach dem Essen sollst du lesen oder tausend Schritte pesen.

und viele andere. Da ich diese Leute danach rund vierzig Jahre lang
nicht mehr getroffen habe, kann ich das auf ca. 1974 eingrenzen. Das
war damals in meinem passiven Wortschatz fest verankert; aktiv
verwendet hätte ich es wohl selten.
Post by Sergio Gatti
Übrigens: Das Variantenwörterbuch (De Gruyter) kennt das
alles nicht, aber das Wörterbuch deutscher Dialekte
pesen = laufen (Ostniederdeutsch, Hessisch)
Da mag es herkommen, war aber weiter verbreitet, mindestens passiv.
Post by Sergio Gatti
pöhlen = kicken (Westniederdeutsch, Rheinisch)
Höre ich hier das erste Mal.

--
Helmut Richter
Manfred Hoß
2019-02-08 21:15:14 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
„pesen“ steht jedenfalls in meinem Duden (15. Aufl., 1961). Ganz neu
wird es also nicht sein.
In der 12. Auflage des Duden von 1941 taucht "pesen" erstmals auf. Es ist
aber wohl noch älter, meint das Wörterbuch der deutschen Umgangssprache.

"pesen (peesen ) intr

eilen; schnell gehen; schnell fahren. Geht zurück auf engl »to pace =
gehen«, wohl mit Einfluß von lat »pes = Fuß«. Seit dem späten 19. Jh."
[Wörterbuch: pesen. Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, S. 20278
(vgl. Küpper-WddU, S. 601) (c) Marianne Küpper]

Gruß
Manfred.
René Marquardt
2019-02-08 20:46:26 UTC
Permalink
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
und somit ist die Kenntnis von Dialekten, das Studium solcher,
heutzutage fast nur noch von archaeologisch-folkloristisch von
Interesse.
Helmut Richter
2019-02-08 20:57:37 UTC
Permalink
Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
--
Helmut Richter
Michael Kallweitt
2019-02-08 21:03:20 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Im Ruhrpott war es tatsächlich so, dass Eltern ab der Mittelschicht
aufwärts Bemühungen zeigten, ihren Kinder das »wat und dat«
abzutrainieren.
--
www.wasfuereintheater.com - Neue Theaterprojekte im Ruhrpott
»DAS UNBEKANNTE SCHÖN ZU FINDEN. DEM UNVERSTANDENEN MIT WÄRME ZU BEGEGNEN.
DAS IST WAHRE LIEBE« Barbara Bollwahn, https://www.taz.de/!472086/
Michael Ottenbruch
2019-02-09 01:56:32 UTC
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Post by Michael Kallweitt
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Im Ruhrpott war es tatsächlich so, dass Eltern ab der Mittelschicht
aufwärts Bemühungen zeigten, ihren Kinder das »wat und dat«
abzutrainieren.
Das kann ich bestätigen.

Andererseits fand ich es als Jugendlicher immer sehr traurig, daß wir im
Ruhrgebiet die Einzigen in ganz Deutschland waren, die nicht so einen
schönen Dialekt hatten wie die anderen Gegenden. (So wie Adolf Tegtmeier
hat ja im Ernst niemand gesprochen!) Als ich dann zum Studium nach
Marburg gegangen bin, war ich sehr überrascht, daß man mich immer gleich
gerfragt hat, ob ich aus dem Ruhrgebiet käme. Es hat einen Moment
gedauert, bis ich dahinter gekommen bin, woran man das gemerkt haben
könnte.
--
...und tschuess!

Michael
E-mail: ***@sailor.ping.de
Ralf Joerres
2019-02-09 11:34:12 UTC
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Post by Michael Ottenbruch
Post by Michael Kallweitt
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Im Ruhrpott war es tatsächlich so, dass Eltern ab der Mittelschicht
aufwärts Bemühungen zeigten, ihren Kinder das »wat und dat«
abzutrainieren.
Das kann ich bestätigen.
Andererseits fand ich es als Jugendlicher immer sehr traurig, daß wir im
Ruhrgebiet die Einzigen in ganz Deutschland waren, die nicht so einen
schönen Dialekt hatten wie die anderen Gegenden. (So wie Adolf Tegtmeier
hat ja im Ernst niemand gesprochen!)
Ich hab ein paar Leute kennengelernt, die tatsächlich so sprachen, auch mit
den ganzen logischen Fehlern und verrutschten Sprachbildern ('mein Telefon
läuft sich Blutblasen' = klingelt pausenlos). Leider hab ich mir das alles
nicht aufgeschrieben, heute scheint's so Leute nicht mehr zu geben. Dativ-
Akkusativ-Vertauschungen hab ich noch Ende der 90er bei ner jungen Frau
gehört ('kannze mich ma den Stift geben?'), gibt's wahrscheinlich heute noch
in bestimmten Familien. 'Wat' und 'dat' scheint seltener geworden zu sein,
soweit ich das beobachte, wurde das von den Türken nicht übernommen. Aber
bei mir selbst steckt das tief drin, wenn ich richtig umgangssprachlich
spreche, gebrauche ich wat/dat, wahrscheinlich nicht in allen syntaktischen
Umgebungen.
Auf der Seite derwesten.de gibt's die Serie "Weisse Bescheid - Was ist ein/e
...", das werden Leute auf der Straße gefragt, ob sie alte Dialektwörter
noch kennen. Die sind oft entlegen, aber einen Gutteil davon kenne ich,
einige hab ich halb vergessen. Von den Befragten kennen sehr viele diese
Wörter nicht. Klar, sie werden ja nicht mehr benutzt. Aber hier und da hör'
ich dann doch wieder was Geläufiges wie 'sich anne Köppe kriegen', was
man nicht-dialektal gar nicht so sagen könnte (?sich an den Köpfen kriegen).
Post by Michael Ottenbruch
Als ich dann zum Studium nach
Marburg gegangen bin, war ich sehr überrascht, daß man mich immer gleich
gerfragt hat, ob ich aus dem Ruhrgebiet käme. Es hat einen Moment
gedauert, bis ich dahinter gekommen bin, woran man das gemerkt haben
könnte.
Das war wahrscheinlich nicht nur 'dat' und 'wat', sondern die typischen
Verschleifungen 'hasse kannze willze' usw. und charakteristisch gelängte
Diphtonge (mein > maain) und andere schlecht greifbare Sound-Charakteristika.

Gruß Ralf Joerres
Martin Udelhoven
2019-02-09 11:49:56 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Das war wahrscheinlich nicht nur 'dat' und 'wat', sondern die typischen
Verschleifungen 'hasse kannze willze' usw. und charakteristisch gelängte
Diphtonge (mein > maain) und andere schlecht greifbare
Sound-Charakteristika.
Ein Schulfreund aus meiner Heimatstadt Köln ging in den 90ern als
Referendar an eine Dortmunder Schule.
Als er dort einen Schüler namens Dirk aufrief, wurde er entrüstet von der
Klasse korrigiert: "Der heißt doch nicht Dörk! Der heißt Dijak!"

Martin
U***@web.de
2019-02-09 13:18:14 UTC
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Post by Martin Udelhoven
Ein Schulfreund aus meiner Heimatstadt Köln ging in den 90ern als
Referendar an eine Dortmunder Schule.
Als er dort einen Schüler namens Dirk aufrief, wurde er entrüstet von der
Klasse korrigiert: "Der heißt doch nicht Dörk! Der heißt Dijak!"
Paßt doch halbwegs, magyarisch 'diák' für 'Schüler'...

Gruß, ULF
Quinn C
2019-02-10 00:15:02 UTC
Permalink
Post by Martin Udelhoven
Post by Ralf Joerres
Das war wahrscheinlich nicht nur 'dat' und 'wat', sondern die typischen
Verschleifungen 'hasse kannze willze' usw. und charakteristisch gelängte
Diphtonge (mein > maain) und andere schlecht greifbare
Sound-Charakteristika.
Ein Schulfreund aus meiner Heimatstadt Köln ging in den 90ern als
Referendar an eine Dortmunder Schule.
Als er dort einen Schüler namens Dirk aufrief, wurde er entrüstet von der
Klasse korrigiert: "Der heißt doch nicht Dörk! Der heißt Dijak!"
Es gibt ja auch welche, die sich Dierk schreiben, da paßt das doch.
Probleme mit dem "ir" sind aber weit verbreitet; auch in Südhessen
wurde meine Schwester überwiegend "Bürgit" gerufen, und mir scheint,
daß sich das noch ausbreitet - das heißt aber wahrscheinlich nur, daß
es auch im Rundfunk immer akzeptabler wird ("Das neuste aus der
Hürnforschung").
--
GOGEL, adj., ausgelassen, lustig, übermütig; lascivus.
GRIMM, Deutsches Wörterbuch
U***@web.de
2019-02-10 08:09:46 UTC
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Post by Quinn C
Post by Martin Udelhoven
Post by Ralf Joerres
Das war wahrscheinlich nicht nur 'dat' und 'wat', sondern die typischen
Verschleifungen 'hasse kannze willze' usw. und charakteristisch gelängte
Diphtonge (mein > maain) und andere schlecht greifbare
Sound-Charakteristika.
Ein Schulfreund aus meiner Heimatstadt Köln ging in den 90ern als
Referendar an eine Dortmunder Schule.
Als er dort einen Schüler namens Dirk aufrief, wurde er entrüstet von der
Klasse korrigiert: "Der heißt doch nicht Dörk! Der heißt Dijak!"
Es gibt ja auch welche, die sich Dierk schreiben, da paßt das doch.
Probleme mit dem "ir" sind aber weit verbreitet; auch in Südhessen
wurde meine Schwester überwiegend "Bürgit" gerufen, und mir scheint,
daß sich das noch ausbreitet - das heißt aber wahrscheinlich nur, daß
es auch im Rundfunk immer akzeptabler wird ("Das neuste aus der
Hürnforschung").
Ausgenommen bleiben aber die Personalpronomina 1. u. 2. Sg im Dativ.
Die bleiben lang und haben deutlich nach ī zu klingen.
Martin Gerdes
2019-02-10 20:12:02 UTC
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Post by Quinn C
Es gibt ja auch welche, die sich Dierk schreiben, da paßt das doch.
Probleme mit dem "ir" sind aber weit verbreitet; auch in Südhessen
wurde meine Schwester überwiegend "Bürgit" gerufen,
Nicht "Büagit", dem "Düak" entsprechend?

Jakob Achterndiek
2019-02-09 13:00:24 UTC
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Post by Ralf Joerres
('kannze mich ma den Stift geben?')
Unter Tage konnten sogar Akkusative entbehrlich werden:
"Gib ma der Mottek!"

In den ersten Nachkriegsjahren wurden folgende aufeinander zu beziehende
Dialoge kolportiert.
Dritte Sohle, Flöz Girondelle:
"Hallo, Herr Kamerad, dürfte ich mir wohl für ein paar Minuten Ihre
Pfannschaufel ausleihen?" - "Aber ja, bitte, gerne." - "Danke."
Ein paar hundert Meter weiter oben im Rathaus:
"He Kumpel, gib ma Akte." - "Was für Akte?" - "Scheißegal,
Hauptsache: Akte."

Das war arg bösartig - aber ich hatte damals auch mit solchen Leuten
zu tun: Ihr Vater war Knappschaftsarzt in Dbg.-Beeck. :(
--
j/\a
U***@web.de
2019-02-09 13:21:01 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Ralf Joerres
('kannze mich ma den Stift geben?')
"Gib ma der Mottek!"
Der Akkusativ ist nun auch in türkischer Umgangssprache optional.

Der Mottek, ein verschliffener mlotek, kam wohl zum Aufruf,
wenn mit einem Vorschlaghammer mittlerer Art und Güte nichts zu
richten war.
Thomas Schade
2019-02-09 13:26:42 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
"He Kumpel, gib ma Akte." - "Was für Akte?" - "Scheißegal,
Wat?

Ciao
Toscha
--
Der neue Faschismus wird nicht sagen, er sei der neuer Faschismus.
Er wird sagen: "Ich bin ja kein Nazi, aber ..."
Martin Gerdes
2019-02-10 10:54:31 UTC
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Post by Jakob Achterndiek
Post by Ralf Joerres
('kannze mich ma den Stift geben?')
"Gib ma der Mottek!"
Mit Artikel? Staun.
U***@web.de
2019-02-09 13:15:16 UTC
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Post by Ralf Joerres
Post by Michael Ottenbruch
Andererseits fand ich es als Jugendlicher immer sehr traurig, daß wir im
Ruhrgebiet die Einzigen in ganz Deutschland waren, die nicht so einen
schönen Dialekt hatten wie die anderen Gegenden. (So wie Adolf Tegtmeier
hat ja im Ernst niemand gesprochen!)
Ich hab ein paar Leute kennengelernt, die tatsächlich so sprachen, auch mit
den ganzen logischen Fehlern und verrutschten Sprachbildern ('mein Telefon
läuft sich Blutblasen' = klingelt pausenlos).
Richtig unangenehm wird's beim Stromzähler, auch wenn der leise tut:
https://tr-my.net/watchvideo/kalkbatterie-3-aus-dem-buch-freie-energie-f%C3%BCr-alle-menschen-claus-turtur-HRU9EvwB2qg.html

Gruß, ULF
Quinn C
2019-02-08 21:56:00 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Wohl nur in Preissen.

Und auch dann nicht so über einen Leisten wie bei René, aber das ist
halt René.
--
von Muret ein gugeln guot
mit lûtrem vêhen bunde
V. D. HAGEN
René Marquardt
2019-02-08 22:14:43 UTC
Permalink
Post by Quinn C
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Wohl nur in Preissen.
Und auch dann nicht so über einen Leisten wie bei René, aber das ist
halt René.
Ja ja, der Meinung bin ganz klar nur ich:

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Dialekte#Dialekt_aktuell

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/image-von-dialekten-mia-san-nett-aber-deppert-a-1030038.html
Quinn C
2019-02-10 00:21:26 UTC
Permalink
Post by René Marquardt
Post by Quinn C
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Wohl nur in Preissen.
Und auch dann nicht so über einen Leisten wie bei René, aber das ist
halt René.
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Dialekte#Dialekt_aktuell
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/image-von-dialekten-mia-san-nett-aber-deppert-a-1030038.html
Ich schaue da jetzt erst mal nicht rein. Meine Kritik war ja nicht, daß
es sowas nicht gibt, sondern nur, daß Du das undifferenziert
darstellst.

Als und wo ich aufgewachsen bin, galt der Dialekt durchaus als
Hindernis zum Einstieg in die Art Beruf, wo man im Anzug im Büro sitzt,
Briefe und Berichte schreibt und mit Menschen aus allerlei Weltgegenden
am Telefon spricht, womöglich sogar auf Englisch. Im Hinblick darauf
hat auch mein eigener Vater seinen Akzent zurückgefahren. Das war bei
uns wahrscheinlich egal; die Mutter war eh viel präsenter und sprach
aus anderen, persönlichen Gründen standardnah.

Wenn aber jemand eine Karriere als Schlosser oder Frisör anstrebte,
dann war der Dialekt überhaupt kein Thema, und in Familien, wo das die
normale Erwartung für die Kinder war, auch nicht.
--
selbstheiligen und vom himmel dünkelheilige gefallene gugelfritzen
FISCHART
GRIMM, Deutsches Wörterbuch
Jakob Achterndiek
2019-02-10 10:24:54 UTC
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Post by Quinn C
eine Karriere als Schlosser
+ - - - - - - - - - - - - - - - - - +
| Vom Schrankschlossschlosser |
| über den Hausschlossschlosser |
| zum Schlosschlossschlosser |
+===================================+
--
j/\a
Jakob Achterndiek
2019-02-10 10:40:09 UTC
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Post by Quinn C
eine Karriere als Schlosser
+ - - - - - - - - - - - - - - - - - +
| Vom Schrankschlossschlosser |
| über den Hausschlossschlosser |
| zum Schlossschlossschlosser |
+===================================+
--
j/\a
Andreas Karrer
2019-02-09 13:27:28 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Natürlich ist das so. Sprichst du Dialekt, wenn du wegen einer
Kleinigkeit aufs Amt musst, und du merkst, dass die Beamtin am
Schalter Bayerin ist und wohl auch Dialekt kann? Nein, du sprichst
bairische Umgangssprache.

Du bist in Frankfurt und wirst von der Polizei angehalten, du vermutest,
bist aber nicht ganz sicher, dass du eben trotz verbot links abgebogen
bist oder sowas. Dann holst du dein bestes Hochdeutsch hervor, obwohl
der Polizist Umgangssprache spricht und anzunehmen ist, dass der
Polizist moderaten oberbairischen Dialekt mühelos verstehen würde.

Elterngesprach in der Schule, der Lehrer kommt aus NRW? Hochdeutsch.

Gibt es Aufsichtsratsvorsitzende, Bundesminister und
Fernsehjournalisten, die beim Interview in der Tagesschau Dialekt
reden?

Hier wird in allen diesen Fällen selbstverständlich Dialekt
gesprochen. OK, beim Tagesschauinterview ist es nicht ganz so
selbstverständlich.

- Andi
U***@web.de
2019-02-09 13:34:45 UTC
Permalink
Post by Andreas Karrer
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Natürlich ist das so. Sprichst du Dialekt, wenn du wegen einer
Kleinigkeit aufs Amt musst, und du merkst, dass die Beamtin am
Schalter Bayerin ist und wohl auch Dialekt kann? Nein, du sprichst
bairische Umgangssprache.
Du bist in Frankfurt und wirst von der Polizei angehalten, du vermutest,
bist aber nicht ganz sicher, dass du eben trotz verbot links abgebogen
bist oder sowas. Dann holst du dein bestes Hochdeutsch hervor, obwohl
der Polizist Umgangssprache spricht und anzunehmen ist, dass der
Polizist moderaten oberbairischen Dialekt mühelos verstehen würde.
Ein guter Polizist hört die Ortsfremdheit trotzdem heraus
und gibt dann womöglich Bonuspunkte, wenn die Ausschilderung,
nun ja, auslegungsfähig...

Ich wechselte mal bei einer hessischen Polizeidienststelle auf
Regiolekt, und schon entspannte sich das Klima deutlich.
Post by Andreas Karrer
Elterngesprach in der Schule, der Lehrer kommt aus NRW? Hochdeutsch.
Gibt es Aufsichtsratsvorsitzende, Bundesminister und
Fernsehjournalisten, die beim Interview in der Tagesschau Dialekt
reden?
Hier wird in allen diesen Fällen selbstverständlich Dialekt
gesprochen. OK, beim Tagesschauinterview ist es nicht ganz so
selbstverständlich.
Grad weil die Schweizer auch eine Tagesschau betreiben...

Gruß, ULF
René Marquardt
2019-02-09 14:09:28 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Ein guter Polizist hört die Ortsfremdheit trotzdem heraus
und gibt dann womöglich Bonuspunkte, wenn die Ausschilderung,
nun ja, auslegungsfähig...
Ein guter Polizist kann moeglicherweise sogar lesen und die
Ortsfremdheit am Nummernschild, in Bayern "Taferl", feststellen ;)
Post by U***@web.de
Ich wechselte mal bei einer hessischen Polizeidienststelle auf
Regiolekt, und schon entspannte sich das Klima deutlich.
In Muenchen und Frankfurt fiel ich anfangs unangenehm als Ortsfremder, gar
Ossi auf. Der einheimische Dialektsprecher und -hoerer kann
den Heimatort eines ebensolchen ziemlich genau feststellen.
Dem Aussenstehenden klingt Ostthueringen wie Leipzig.
Da ich nun nicht gerne als Scheiss-Ossi bezeichnet werden wollte,
passte ich mich chameleonartig den jeweils ortsueblichen
Aussprachen an.
Hatte dann natuerlich zur Folge, dass ich, wenn ich auf Heimatbesuch
war und in der Kneipe ein Bier bestellen wollte, achtkantig als
Scheiss-Wessi rausgeflogen bin. Obwohl... ich bin auch schon in
Koeln aus der Trinkhalle expediert worden, als ich ob des mir servierten
Nullkommazo-Liter Glaeskens das Proebchen fuer akzeptabel erklaerte
und man moege mir nun ein richtiges Glas bringen, ich waere zum
Saufen hier, nicht zum Zungenspitzen-Befeuchten.
Helmut Richter
2019-02-09 15:33:27 UTC
Permalink
Post by Andreas Karrer
Gibt es Aufsichtsratsvorsitzende, Bundesminister und
Fernsehjournalisten, die beim Interview in der Tagesschau Dialekt
reden?
Dialekt nicht, aber deutlich dialektgefärbte Hochsprache darf sein, wenn
der Betreffende nicht Nachrichtensprecher ist, sondern bloß
Bundespräsident (Heuss, Herzog).

Und Schwaben dürfen allemal mehr als die anderen; insbesondere sind sie
tatsächlich nicht in der Lage, die Lautkombination [st] auszusprechen,
auch wenn sie Hochsprache sprechen.

Ein bairischsprechender evangelischer Pfarrer hat mal leichten Neid auf
seinen schwäbischen Kollegen Jörg Zink (der mit der Bibelübertragung)
geäußert, dass er auf der Kanzel dieselbe Sprache verwenden darf wie im
täglichen Leben. Eine moderat bairische (schon Dialekt, aber überall
leicht verständlich) Predigt in Altbayern wäre eine Folkloreveranstaltung,
eine moderat schwäbische in Württemberg ist normal.
--
Helmut Richter
U***@web.de
2019-02-09 17:20:56 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Andreas Karrer
Gibt es Aufsichtsratsvorsitzende, Bundesminister und
Fernsehjournalisten, die beim Interview in der Tagesschau Dialekt
reden?
Dialekt nicht, aber deutlich dialektgefärbte Hochsprache darf sein, wenn
der Betreffende nicht Nachrichtensprecher ist, sondern bloß
Bundespräsident (Heuss, Herzog).
Herzog durfte als Bayer, obgleich in der falschen Unionspartei.
Post by Helmut Richter
Und Schwaben dürfen allemal mehr als die anderen; insbesondere sind sie
tatsächlich nicht in der Lage, die Lautkombination [st] auszusprechen,
auch wenn sie Hochsprache sprechen.
Ein bairischsprechender evangelischer Pfarrer hat mal leichten Neid auf
seinen schwäbischen Kollegen Jörg Zink (der mit der Bibelübertragung)
geäußert, dass er auf der Kanzel dieselbe Sprache verwenden darf wie im
täglichen Leben. Eine moderat bairische (schon Dialekt, aber überall
leicht verständlich) Predigt in Altbayern wäre eine Folkloreveranstaltung,
eine moderat schwäbische in Württemberg ist normal.
Bring die bayerischen Pfarrer mal nach Soltau und laß sie
dort predigen. Die Gemeinde befinde anschließend
über das Fehlen dialektaler Interferenzen.
Martin Gerdes
2019-02-10 10:54:31 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Andreas Karrer
Gibt es Aufsichtsratsvorsitzende, Bundesminister und
Fernsehjournalisten, die beim Interview in der Tagesschau Dialekt
reden?
Dialekt nicht, aber deutlich dialektgefärbte Hochsprache darf sein, wenn
der Betreffende nicht Nachrichtensprecher ist, sondern bloß
Bundespräsident (Heuss, Herzog).
Das hat schon mit den Jahren zu tun, Heuss war 50er, Kiesinger 60er,
Strauß zeitübergreifend bis 1988, Herzog in den 1990ern Präsident.

Helmut Schmidt hat seinen deutlichen Hamburger Zungenschlag nie
abgelegt, bei Olaf Scholz ist der schwächer, aber vernehmbar.
Post by Helmut Richter
Und Schwaben dürfen allemal mehr als die anderen; insbesondere sind sie
tatsächlich nicht in der Lage, die Lautkombination [st] auszusprechen,
auch wenn sie Hochsprache sprechen.
Sollemerenroilassa?

Das st spricht sich im Hochdeutschen nach den Aussprachwörterbüchern wie
Anlaut wie "scht", im Wortinneren und am Wortende wie "st". Wer am
Wortanfang s'tolpert (wie man es den Hannoveraner Schülern in
vergangenen Zeiten in der Schule eingebleut hat), widerspricht (im
Wortsinne) der Aussprachenorm so gut wie der, der statt "Liste"
"Lischte" sagt.

Das st als solches auszusprechen ist für die meisten Schwaben kein
Problem. Das muß schon ein recht bäurischer Landsmann sein, der das
nicht kann. Man erkennt einen Schwaben an den Diphthongen und an der
Endsilbe "-er", die ihm den Hals hinunterrutscht (und übrigens ganz
ähnlich klingt wie das ostfriesische oder sächsisch/thürigische -or),
statt "normgerecht" als -a gelautet zu werden.
Post by Helmut Richter
Ein bairischsprechender evangelischer Pfarrer hat mal leichten Neid auf
seinen schwäbischen Kollegen Jörg Zink (der mit der Bibelübertragung)
geäußert, dass er auf der Kanzel dieselbe Sprache verwenden darf wie im
täglichen Leben. Eine moderat bairische (schon Dialekt, aber überall
leicht verständlich) Predigt in Altbayern wäre eine Folkloreveranstaltung,
eine moderat schwäbische in Württemberg ist normal.
Da hast Du offenbar mehr Erfahrung als ich.

Wo ist nur unser Oberkirchenrat, wenn man ihn braucht?
Ich habe schon lang von ihm nichts mehr gelesen.
Diedrich Ehlerding
2019-02-10 12:28:09 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Wer am
Wortanfang s'tolpert (wie man es den Hannoveraner Schülern in
vergangenen Zeiten in der Schule eingebleut hat), widerspricht (im
Wortsinne) der Aussprachenorm so gut wie der, der statt "Liste"
"Lischte" sagt
Ja.

Allerdings sind diese Zeiten in Hannover schon ziemlich lange
vergangen - mindestens seit 60 Jahren (wenn es denn je so war). Als ich da
eingeschult wurde, sind weder die Lehrer noch die Mitschüler über'n
s-pitzen S-tein ges-tolpert. Auch in der Generation meiner Eltern taten
das die eingeborenen Hannoveraner nicht (oder zu dieser Zeit nicht mehr);
ges-tolpert sind nur diejenigen, die vom Land zugezogen waren, wo damals
anscheinend noch Platt gesprochen wurde.
--
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fingerprint = 2C 49 FF B2 C4 66 2D 93 6F A1 FF 10 16 59 96 F3
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U***@web.de
2019-02-10 12:57:05 UTC
Permalink
Post by Diedrich Ehlerding
Allerdings sind diese Zeiten in Hannover schon ziemlich lange
vergangen - mindestens seit 60 Jahren (wenn es denn je so war). Als ich da
eingeschult wurde, sind weder die Lehrer noch die Mitschüler über'n
s-pitzen S-tein ges-tolpert. Auch in der Generation meiner Eltern taten
das die eingeborenen Hannoveraner nicht (oder zu dieser Zeit nicht mehr);
ges-tolpert sind nur diejenigen, die vom Land zugezogen waren, wo damals
anscheinend noch Platt gesprochen wurde.
Bei Ernst Breit war es überdeutlich. Gut,
geb. 20. August 1924 in Rickelshof, Dithmarschen.
Martin Gerdes
2019-02-10 10:54:31 UTC
Permalink
Post by Andreas Karrer
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in
Nord-
Post by Andreas Karrer
Post by Helmut Richter
Post by René Marquardt
Deutschland galt und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von
prekaerer Bildungsferne!",
In Süddeutschland ist das gemeinhin anders, wenngleich ich bei meinen
gelegentlichen Besuchen merke, daß der Dialekt verflacht, vor allem
Amtsträger irgendwelcher Art (und sei es nur die Ladnerin) in meinen
Ohren ziemlich gschrauft sprechen.
Post by Andreas Karrer
Post by Helmut Richter
Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du auf sowas?
Natürlich ist das so. Sprichst du Dialekt, wenn du wegen einer
Kleinigkeit aufs Amt musst, und du merkst, dass die Beamtin am
Schalter Bayerin ist und wohl auch Dialekt kann? Nein, du sprichst
bairische Umgangssprache.
Ich habe in meiner Geburtsstadt den dort üblichen Dialekt gesprochen und
tue das heute noch, wohlwissend, daß in dem kleinen Städtchen der
Dialekt hochsprachennäher ist als auf dem "L~and" drumherum (nasaliertes
a, wie "Chance"). Bestimmte Strukturmerkmale des Dialekt der Umgegend
(etwa Vokallängungen in Wörtern wie "Koobf", "Kaalb" und "Haaamr")
traten in der Stadt nicht auf, wer sie Sprach, war unmittelbar als
Landmensch erkannt (und nicht wenige schauten auf in deswegen herab, so
wie der gemeine "Stuggatter" sich Mehr-Dialekt-Sprechern gegenüber
erhaben fühlt (und der Norddeutsche dem Süddeutschen generell).

Ich könnte mir vorstellen, daß das in Minga, Helmuts Wohnumfeld,
sinngemäß genauso ist.
Post by Andreas Karrer
Du bist in Frankfurt und wirst von der Polizei angehalten, du vermutest,
bist aber nicht ganz sicher, dass du eben trotz Verbot links abgebogen
bist oder sowas. Dann holst du dein bestes Hochdeutsch hervor, obwohl
der Polizist Umgangssprache spricht und anzunehmen ist, dass der
Polizist moderaten oberbairischen Dialekt mühelos verstehen würde.
Ob der Polizist es ernst meint oder nicht, erkennt man mühelos daran, ob
er selbst Dialekt oder Hochsprache spricht.
Post by Andreas Karrer
Elterngesprach in der Schule, der Lehrer kommt aus NRW? Hochdeutsch.
Der Lehrer aus NRW muß mäßigen Dialekt aushalten. Heißt es nicht immer,
Zuwanderer sollten sich aktiv um Integration bemühen?
Post by Andreas Karrer
Gibt es Aufsichtsratsvorsitzende, Bundesminister und
Fernsehjournalisten, die beim Interview in der Tagesschau Dialekt
reden?
Kanzler Schmidt hat seinen Hamburger Regiolekt nie abgelegt, er ist
zugegeben deutlich näher an der Hochsprache (Was ist das?) als mein
üblicher Dialekt. Die ortstypische Nichtaussprache verschiedener r und
etwa das Trennen derer mit da (Da können die nichts für.) gehen im
Tagesschauinterview locker durch.
Post by Andreas Karrer
Hier wird in allen diesen Fällen selbstverständlich Dialekt
gesprochen. OK, beim Tagesschauinterview ist es nicht ganz so
selbstverständlich.
In der Schweiz wird auch im offiziellen Umfeld mehr Dialekt gesprochen
als im Großen Kanton, zu Fremden aber in der Regel Hochsprache im
vermutlich unvermeidlichen Schweizer Akzent, den diese Fremden irrig für
Dialekt halten. Intern wird auf Dialekt umgeschaltet in der (oft
Fehl-)Annahme, daß diese Schwaben das nicht verstehen könnten.

Sinngemäß den gleichen Sprachgebrauch habe ich in Luxemburg erlebt:
Untereinander Luxemburgisch (das ist Moselfränkisch), nach außenhin
Hochdeutsch (was meine Ohren als deutlichen Kölschen Akzent
interpretieren).
Thomas Schade
2019-02-10 12:19:35 UTC
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Post by Martin Gerdes
Ich könnte mir vorstellen, daß das in Minga, Helmuts Wohnumfeld,
sinngemäß genauso ist.
Wobei kein Münchener 'Minga' sagen würde. Das bleibt den Niederbayern
und anderen Nichtmünchenern vorbehalten. :)


Ciao
Toscha
--
Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.
[Václav Havel]
U***@web.de
2019-02-10 12:39:03 UTC
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Post by Thomas Schade
Post by Martin Gerdes
Ich könnte mir vorstellen, daß das in Minga, Helmuts Wohnumfeld,
sinngemäß genauso ist.
Wobei kein Münchener 'Minga' sagen würde. Das bleibt den Niederbayern
und anderen Nichtmünchenern vorbehalten. :)
Das Phänomen dürfte weitgehend an der Ersetzung des
Dialekts durch den Regiolekt in der Großstadt liegen.

https://bar.wikipedia.org/wiki/Minga#Mingara_oda_Münchna

Gruß, ULF
Christina Kunze
2019-02-09 05:33:23 UTC
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Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
und somit ist die Kenntnis von Dialekten, das Studium solcher,
heutzutage fast nur noch von archaeologisch-folkloristisch von
Interesse.
Wie lange bist Du schon aus D weg?
In meine Kindheit war es so, dass Dialekte als unfein galten und man
belächelt wurde, wenn man vielleicht "wa?!" sagte wie in Berlin oder
"ge" wie in Thüringen.
Inzwischen bekommen Dialekte viel mehr Aufmerksamkeit, Forscher
interessieren sich dafür, und manche machen sich mit ihren Dialekten
stark (alles außer Hochdeutsch), das würde nicht funktionieren, wenn
Dialekte "bäh" wären.

chr
Michael Ottenbruch
2019-02-09 06:35:19 UTC
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Post by Christina Kunze
Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
und somit ist die Kenntnis von Dialekten, das Studium solcher,
heutzutage fast nur noch von archaeologisch-folkloristisch von
Interesse.
Wie lange bist Du schon aus D weg?
In meine Kindheit war es so, dass Dialekte als unfein galten und man
belächelt wurde, wenn man vielleicht "wa?!" sagte wie in Berlin oder
"ge" wie in Thüringen.
(Wissenschaftliche) Dialektforschung gab es bereits zu meiner
Gymnasialzeit - frühe 70er Jahre! Die Eltern haben das für ihre eigenen
Kinder natürlich nicht so gesehen. Die Großeltern waren aber (damals)
noch stolz auf ihre Dialekte und Mundarten.

Ich freue mich heute noch, wenn nach meiner sprachlich sehr durchmixten
Vita - Vater Elberfelder, Mutter aus dem hessischen Hinterland, geboren
am Niederrhein, aufgewachsen im Ruhrgebiet, studiert in Marburg, dann
wieder sieben Jahre Rheinland, achtzehn Jahre Westfalen, seit sechs
Jahren in Holstein - (wie kürzlich geschehen) ein Patient zu mir sagt:
"Dann müßte Ihr Name doch eigentlich ... lauten."

Dieser gebürtige und aufgewachsene Wuppertaler - mittlerweile längst
nach Schleswig-Holstein verzogen, sonst hätte ich ihn ja gar nicht
kennenlernen können - wies mich nämlich darauf hin, daß im Bergischen
Platt der Laut "tt" (mein Nachname ist "Ottenbruch", was wiederum ein
Stadtteil von Wuppertal, einer Großstadt im "Bergischen Land" usw.) gar
nicht vorkomme, sondern durch das ersetzt werde, was man ansonsten einen
"glottal stop" nennt.

Und dann sprach er es so aus.

Und es klang genau so, wie mein Vater und seine Mutter - meinen
Großvater väterlicherseits habe ich nicht mehr kennelernen können -
unseren Familiennamen immer ausgesprochen haben. Mir war das vorher gar
nicht klar gewesen, denn mein Vater hat mir natürlich von Kindesbeinen
an beigebracht, meinen Nachnamen "hochdeutsch" auszusprechen.
Post by Christina Kunze
Inzwischen bekommen Dialekte viel mehr Aufmerksamkeit, Forscher
interessieren sich dafür, und manche machen sich mit ihren Dialekten
stark (alles außer Hochdeutsch), das würde nicht funktionieren, wenn
Dialekte "bäh" wären.
Es hat nicht erst gestern angefangen, aber ich begrüße das sehr!
--
...und tschuess!

Michael
E-mail: ***@sailor.ping.de
Martin Gerdes
2019-02-09 17:14:20 UTC
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"Reden Sie gefälligst ordentliches Deutsch mir mir"?
Post by Michael Ottenbruch
"Dann müßte Ihr Name doch eigentlich ... lauten."
Dieser gebürtige und aufgewachsene Wuppertaler .. wies mich nämlich
darauf hin, daß im Bergischen Platt der Laut "tt" (mein Nachname
ist "Ottenbruch", was wiederum ein Stadtteil von Wuppertal,
einer Großstadt im "Bergischen Land" usw.) gar nicht vorkomme, sondern
durch das ersetzt werde, was man ansonsten einen "glottal stop" nennt.
Und dann sprach er es so aus.
Und es klang genau so, wie mein Vater und seine Mutter ...
unseren Familiennamen immer ausgesprochen haben.
Alte Sache, ist in Norddeutschland (und auch in England weit
verbreitet): A'las für Atlas, beispielsweise.

Kein langes u? Ein (das) Bruch ist ein Sumpfgebiet, vermutlich ist
"Ottenbruch" ursprünglich eine Flurbezeichnung, und in einer solchen
kommt "Sumpf" eher vor als "Fraktur".
Martin Gerdes
2019-02-09 17:14:20 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
In meine Kindheit war es so, dass Dialekte als unfein galten und man
belächelt wurde, wenn man vielleicht "wa?!" sagte wie in Berlin oder
"ge" wie in Thüringen.
Man behauptete damals, wer Dialekt spreche, komme in der Schule mit der
Hochsprache nicht klar. Das behauptete man in Norddeutschland allerdings
häufiger als in Süddeutschland.
Post by Christina Kunze
Inzwischen bekommen Dialekte viel mehr Aufmerksamkeit, Forscher
interessieren sich dafür, und manche machen sich mit ihren Dialekten
stark (alles außer Hochdeutsch),
Na ja. Authentisch wäre, wenn man sagte: "Mir kennat älles -- außer
Hochdeitsch". Und das immer wieder zitierte "Mia san Mia" bekomme ich
grammatisch nicht so recht geparst, vor allem das zweite große M nicht.
Post by Christina Kunze
Das würde nicht funktionieren, wenn Dialekte "bäh" wären.
Sie flachen durch die Medien und die Mobilität der Leute sichtlich ab.

Der schwäbische Dialektschriftsteller Friedrich Vogt hat das
hochsprachennahe "Honorationenschwäbisch" noch karikiert ("Schtuggat"
statt "Schtuergert"), mittlerweile ist es Standard, verblüffenderweise
sogar bei so manchem alten Menschen, der vermeintlich nichts anderes
kann als den Dialekt.

Sic transit gloria mundi :-)
U***@web.de
2019-02-09 09:12:30 UTC
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Post by René Marquardt
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau, aber die Menschen, die diese
Dialekte tatsächlich kennen und vielleicht sogar benutzen,
können die Angaben in diesem Wörterbuch bestätigen oder
widerlegen.
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
und somit ist die Kenntnis von Dialekten, das Studium solcher,
heutzutage fast nur noch von archaeologisch-folkloristisch von
Interesse.
Ein Gerichtsdolmetscher zum Beispiel tut gut daran,
die Regiolekte rund um den Gerichtsort zumindest
passiv zu beherrschen.

Gruß, ULF
Christina Kunze
2019-02-10 05:36:23 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Ein Gerichtsdolmetscher zum Beispiel tut gut daran,
die Regiolekte rund um den Gerichtsort zumindest
passiv zu beherrschen.
Und die rund um die Gerichtsklientel ebenfalls. Das ist schwieriger.

chr
Sergio Gatti
2019-02-10 11:29:04 UTC
Permalink
Post by Christina Kunze
Post by U***@web.de
Ein Gerichtsdolmetscher zum Beispiel tut gut daran,
die Regiolekte rund um den Gerichtsort zumindest
passiv zu beherrschen.
Und die rund um die Gerichtsklientel ebenfalls. Das ist
schwieriger.
Allerdings bemüht sich die Gerichtsklientel, sich so
auszudrücken, dass der Dolmetscher sie versteht (auch wenn
die jeweiligen Ursprungsdialekte so weit entfernt sind wie
Platt und Wienerisch) - und umgekehrt. Wenn ich vor Gericht
mündlich übersetze: "Sie sind angeklagt, eine fremde
bewegliche Sache eines Dritten in der Absicht entnommen zu
haben, ..." füge ich schnell die italienische Entsprechung
von "Sie sind wegen Diebstahls angeklagt."
Jakob Achterndiek
2019-02-09 10:10:02 UTC
Permalink
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Bemerkenswert daran ist, daß diese Geringschätzung und Ablehnung von
den dialektsprechenden unteren Schichten selbst ausging. Zwar gelang
der Aufstieg in die Klasse derer, die die Gesellschaft lenkten und
verwalteten, nur jemandem, der auch deren Sprache, also das
Hochdeutsche, sprechen konnte. Aber die meisten der Aufsteiger
verweigerten sich jetzt ihrem eigenen Herkunftsdialekt; der erschien
ihnen selbst "bäh". Die Oberen dagegen beherrschten (zweisprachig) auch
den Dialekt und bedienten sich seiner je nach gebotener Situation. - In
der Literatur kann man das noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts
verfolgen.
Post by René Marquardt
und somit ist die Kenntnis von Dialekten, das Studium solcher,
heutzutage fast nur noch von archaeologisch-folkloristisch von
Interesse.
Ja, leider. Dabei gerät in Vergessenheit, daß sich manche Gemütslagen
und Lebens-Situationen in einem kompetent gesprochenen Dialekt viel
treffender ausdrücken lassen als im Hochdeutschen. Insofern war und
ist das Hochdeutsche im Wortsinn "abgehoben".

Man kann das nicht rückgängig machen und nicht aufhalten. Es setzt
sich fort in der Anglo-Globalisierung unserer Sprache und gehört zu
den Erscheinungen des "Jahrhunderts der Zerstörungen", wie man diese
Epoche auch nennen kann.
--
j/\a
Martin Udelhoven
2019-02-09 10:35:32 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Bemerkenswert daran ist, daß diese Geringschätzung und Ablehnung von
den dialektsprechenden unteren Schichten selbst ausging.
Meine Eltern (beide Köln) haben uns Geschwister in den 60ern und 70ern
weitgehend hochdeutsch erzogen, obwohl beide mit Kölsch aufgewachsen
(gemeint ist nicht das Getränk).
Sie selbst erklärten später dazu, dass dies von offizieller Seite
seinerzeit empfohlen wurde. Ich kann leider nicht mehr herausfinden, wer
im Einzelnen diese offizielle Seite war. Ich würde meine Eltern mal
vorsichtig als Mittelschicht einstufen.

Martin
Detlef Meißner
2019-02-10 15:47:25 UTC
Permalink
Post by Martin Udelhoven
Post by Jakob Achterndiek
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Bemerkenswert daran ist, daß diese Geringschätzung und Ablehnung von
den dialektsprechenden unteren Schichten selbst ausging.
Meine Eltern (beide Köln) haben uns Geschwister in den 60ern und 70ern
weitgehend hochdeutsch erzogen, obwohl beide mit Kölsch aufgewachsen (gemeint
ist nicht das Getränk).
Sie selbst erklärten später dazu, dass dies von offizieller Seite seinerzeit
empfohlen wurde. Ich kann leider nicht mehr herausfinden, wer im Einzelnen
diese offizielle Seite war.
Möglicherweise die Schule.
Verwandte sprachen, als sie in die Schule kamen, kein Hochdeutsch,
sondern nur Platt, und mussten das dort erst lernen. Der Lehrer konnte
auch kein Platt. Selbst wenn er es gekonnt hätte, er hätte es nicht
gesprochen.

Detlef
--
Das Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfaltung der
Persönlichkeit. (Mark Twain)
Manfred Hoß
2019-02-09 12:46:58 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Post by René Marquardt
Ich weiss nicht wie das in Italien ist, aber in Deutschland galt
und gilt "Dialekt is baeh. Zeugt von prekaerer Bildungsferne!",
Bemerkenswert daran ist, daß diese Geringschätzung und Ablehnung von
den dialektsprechenden unteren Schichten selbst ausging. Zwar gelang
der Aufstieg in die Klasse derer, die die Gesellschaft lenkten und
verwalteten, nur jemandem, der auch deren Sprache, also das
Hochdeutsche, sprechen konnte. Aber die meisten der Aufsteiger
verweigerten sich jetzt ihrem eigenen Herkunftsdialekt; der erschien
ihnen selbst "bäh". Die Oberen dagegen beherrschten (zweisprachig) auch
den Dialekt und bedienten sich seiner je nach gebotener Situation.
Zu meiner Jugendzeit wurde die Sprache der Obrigkeit Honoratiorenschwäbisch
genannt, wenn also jemand von Rang (Minister, Bürgermeister, ...) sich
bemüht, Hochdeutsch zu sprechen, aber immer noch schwäbische Einsprengsel
hörbar sind.

Gruß
Manfred.
U***@web.de
2019-02-09 13:11:38 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Ja, leider. Dabei gerät in Vergessenheit, daß sich manche Gemütslagen
und Lebens-Situationen in einem kompetent gesprochenen Dialekt viel
treffender ausdrücken lassen als im Hochdeutschen. Insofern war und
ist das Hochdeutsche im Wortsinn "abgehoben".
Man kann das nicht rückgängig machen und nicht aufhalten. Es setzt
sich fort in der Anglo-Globalisierung unserer Sprache und gehört zu
den Erscheinungen des "Jahrhunderts der Zerstörungen",
Kann man Deiner Meinung nach diese Gemütslagen und Lebenssituationen
in globalisiertem Englisch ausdrücken, braucht es dafür (welche?)
Dialekte, kommen Angelsachsen typischerweise ohne Beschreibung dieser
Gemütslagen und Lebenssituationen aus?
René Marquardt
2019-02-09 13:39:19 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Jakob Achterndiek
Ja, leider. Dabei gerät in Vergessenheit, daß sich manche Gemütslagen
und Lebens-Situationen in einem kompetent gesprochenen Dialekt viel
treffender ausdrücken lassen als im Hochdeutschen. Insofern war und
ist das Hochdeutsche im Wortsinn "abgehoben".
Man kann das nicht rückgängig machen und nicht aufhalten. Es setzt
sich fort in der Anglo-Globalisierung unserer Sprache und gehört zu
den Erscheinungen des "Jahrhunderts der Zerstörungen",
Kann man Deiner Meinung nach diese Gemütslagen und Lebenssituationen
in globalisiertem Englisch ausdrücken, braucht es dafür (welche?)
Dialekte, kommen Angelsachsen typischerweise ohne Beschreibung dieser
Gemütslagen und Lebenssituationen aus?
Auch Angelsachsen haben Gefuehle und Dialekte und druecken diese
in ihrer Muttersprache aus, statt in einer nur halbwegs beherrschten
und synthetischen Fremdsprache wie Denglisch.
Hyperkorrekturen (Symptom eines "verfeinerten" Dialektsprechers,
der sich hochsprachlich ausdruecken will) kommen aber auch vor.
Jakob Achterndiek
2019-02-09 13:49:46 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Jakob Achterndiek
Ja, leider. Dabei gerät in Vergessenheit, daß sich manche Gemütslagen
und Lebens-Situationen in einem kompetent gesprochenen Dialekt viel
treffender ausdrücken lassen als im Hochdeutschen. Insofern war und
ist das Hochdeutsche im Wortsinn "abgehoben".
Man kann das nicht rückgängig machen und nicht aufhalten. Es setzt
sich fort in der Anglo-Globalisierung unserer Sprache und gehört zu
den Erscheinungen des "Jahrhunderts der Zerstörungen",
Kann man Deiner Meinung nach diese Gemütslagen und Lebenssituationen
in globalisiertem Englisch ausdrücken, braucht es dafür (welche?)
Dialekte, kommen Angelsachsen typischerweise ohne Beschreibung dieser
Gemütslagen und Lebenssituationen aus?
So wenig, wie der Blinde von Licht und Farben begreift, so wenig wirst
du begreifen, was gemeint ist, wenn ich dir sage: "Lat man, mien Jung;
du wast ok noch wedder dümmer."
Nein, gib dir keine Mühe: Die Übersetzung ins Hochdeutsche vergröbert
unzulässig und gibt es nicht richtig wieder. Und Plattdeutsch -- kiek,
dor harr de Uhl säten.
Ergo: Man kann nicht. Anders ja. Aber so nicht.
--
j/\a
U***@web.de
2019-02-09 17:17:04 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Post by U***@web.de
Post by Jakob Achterndiek
Ja, leider. Dabei gerät in Vergessenheit, daß sich manche Gemütslagen
und Lebens-Situationen in einem kompetent gesprochenen Dialekt viel
treffender ausdrücken lassen als im Hochdeutschen. Insofern war und
ist das Hochdeutsche im Wortsinn "abgehoben".
Man kann das nicht rückgängig machen und nicht aufhalten. Es setzt
sich fort in der Anglo-Globalisierung unserer Sprache und gehört zu
den Erscheinungen des "Jahrhunderts der Zerstörungen",
Kann man Deiner Meinung nach diese Gemütslagen und Lebenssituationen
in globalisiertem Englisch ausdrücken, braucht es dafür (welche?)
Dialekte, kommen Angelsachsen typischerweise ohne Beschreibung dieser
Gemütslagen und Lebenssituationen aus?
So wenig, wie der Blinde von Licht und Farben begreift, so wenig wirst
du begreifen, was gemeint ist, wenn ich dir sage: "Lat man, mien Jung;
du wast ok noch wedder dümmer."
Nein, gib dir keine Mühe
Ist ja nicht so, daß ich nicht zeitweise auch in Holstein zur
Schule gegangen wäre.
Quinn C
2019-02-10 00:21:29 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Post by U***@web.de
Post by Jakob Achterndiek
Ja, leider. Dabei gerät in Vergessenheit, daß sich manche Gemütslagen
und Lebens-Situationen in einem kompetent gesprochenen Dialekt viel
treffender ausdrücken lassen als im Hochdeutschen. Insofern war und
ist das Hochdeutsche im Wortsinn "abgehoben".
Man kann das nicht rückgängig machen und nicht aufhalten. Es setzt
sich fort in der Anglo-Globalisierung unserer Sprache und gehört zu
den Erscheinungen des "Jahrhunderts der Zerstörungen",
Kann man Deiner Meinung nach diese Gemütslagen und Lebenssituationen
in globalisiertem Englisch ausdrücken, braucht es dafür (welche?)
Dialekte, kommen Angelsachsen typischerweise ohne Beschreibung dieser
Gemütslagen und Lebenssituationen aus?
So wenig, wie der Blinde von Licht und Farben begreift, so wenig wirst
du begreifen, was gemeint ist, wenn ich dir sage: "Lat man, mien Jung;
du wast ok noch wedder dümmer."
Nein, gib dir keine Mühe: Die Übersetzung ins Hochdeutsche vergröbert
unzulässig und gibt es nicht richtig wieder. Und Plattdeutsch -- kiek,
dor harr de Uhl säten.
Ergo: Man kann nicht. Anders ja. Aber so nicht.
Das betrifft aber m.E. die kulturspezifischen Gefühlsausdrücke, wie Du
das àhnlich beim Thema Klein Erna angeschnitten hast.

Was Dialektsprecher wiederum oft verkennen, ist, daß Muttersprachler
des Hochdeutschen die diesem Kulturbereich zugehörigen - weniger
regionalen - Gefühlswelten natürlich adäquat ausdrücken können.

Probleme bereitet also allenfalls a) regionale Gemütszustände in die
überregionale Sprache zu übersetzen, und b) der Gefühlsausdruck in der
Hochsprache für diejenigen, die sie sich mühsam sekundär angeeignet
haben.
--
von Muret ein gugeln guot
mit lûtrem vêhen bunde
V. D. HAGEN
Jakob Achterndiek
2019-02-10 11:11:24 UTC
Permalink
Post by Quinn C
[..] Und Plattdeutsch -- kiek, dor harr de Uhl säten.
Ergo: Man kann nicht. Anders ja. Aber so nicht.
Das betrifft aber m.E. die kulturspezifischen Gefühlsausdrücke,
wie Du das àhnlich beim Thema Klein Erna angeschnitten hast.
Ja, so ist das wohl. Mir fällt dazu noch ein:
Wenn der Sachse "nu -" sagt, dann enthält das eine ganze Philosophie,
die sich in keiner anderen Sprache wiedergeben läßt. Vergleichbares
geschieht in anderen Dialekten und wohl auch in unterschiedlichen
Hochsprachen.
Das könnte eine Warnung sein, daß man nicht mit Ingenieursfingern an
den Sprachen herumfummeln soll. Bitte keine Gen-Manipulationen! Und
keine waghalsigen Kreuzungen! Und keine Karnickel nach Australien!
--
j/\a
U***@web.de
2019-02-10 12:01:59 UTC
Permalink
Post by Jakob Achterndiek
Das könnte eine Warnung sein, daß man nicht mit Ingenieursfingern an
den Sprachen herumfummeln soll. Bitte keine Gen-Manipulationen! Und
keine waghalsigen Kreuzungen!
Die stellen sich ohnehin ein, vgl. 'attendre sur qn.' im
Osten Frankreichs.
U***@web.de
2019-02-09 09:10:25 UTC
Permalink
Post by Sergio Gatti
Übrigens: Das Variantenwörterbuch (De Gruyter) kennt das
alles nicht, aber das Wörterbuch deutscher Dialekte
pesen = laufen (Ostniederdeutsch, Hessisch)
pöhlen = kicken (Westniederdeutsch, Rheinisch)
Der Familienname Pöhlmann kommt aber mangels Profifußball
zur Zeit seiner vermutbaren Entstehung nicht vom Kicker?

Gruß, ULF
U***@web.de
2019-02-09 09:17:37 UTC
Permalink
Post by Sergio Gatti
Dazu kann ich nichts sagen, denn meine Kenntnisse deutscher
Dialekte (Verzeiht Ihr mir?) sind aus offensichtlichen
Gründen unter aller Sau,
'Kanone' klänge hier etwas elaborierter.

Gruß, ULF
Ralf Joerres
2019-02-07 20:18:23 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Es scheint aber bekannt zu sein, anders kann ich mir die Verwendung
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Ciao
Toscha
--
Wer zu Lebzeit gut auf Erden, / Wird nach dem Tod ein Engel werden.
Den Blick gen Himmel fragst du dann, / Warum man sie nicht sehen kann.
[Rammstein: Engel]
Ich hab das erst später wahrgenommen, die ersten 10 Jahre wohnten wir in
Mülheim, da gab's andere Sitten und Gebräuche als in Essen und teils auch
einen anderen Wortschatz. Aber sowieso war Fußball nicht meine Welt. Das
Rheinische Mitmachwörterbuch kennt das Wort nicht. Die Grenze zwischen
dem rheinischen und dem westfälischen Teil des
Ruhrgebiets geht irgendwo durch Essen, wir wohnten was das angeht später
eher im Niemandsland. Irgendwann in den 70ern fiel mir auf, dass ein
Gebürtiger Dortmunder 'Hümmken' zu dem Messer sagte, das wir 'Pittermesser'
nannten. Aber so etwas sind zu einem großen Teil Zufallsergebnisse. Wie
meine Schulkollegen zum Fußballspielen sagten? Vielleicht 'bolzen'. Wie
auch immer, 'pölen' hab ich dafür gehört, aber kaum in meiner Schulzeit,
wenn ich mich recht erinnere.

Google findet nix für "waren am pölen" bzw. "waren da am pölen" - das
überrascht mich denn doch... Liegt vielleicht an der Schreibung? Aha,
sieh mal an:

http://www.mitmachwoerterbuch.lvr.de/detailansicht.php?Artikel=p%C3%B6hlen&Eintrag1=1745

und da:

http://www.mitmachwoerterbuch.lvr.de/detailansicht.php?Artikel=Pohl&Eintrag1=607

Bei "waren am pöhlen" find ich jetzt Google-Treffer aus Dortmund, Kamen,
Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel, Pelkum, Steinfurt, Reken ... alles gut
münsterländisch und westfälisch.

Gruß Ralf Joerres
Thomas Schade
2019-02-08 06:34:44 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Rheinische Mitmachwörterbuch kennt das Wort nicht. Die Grenze zwischen
dem rheinischen und dem westfälischen Teil des
Ruhrgebiets geht irgendwo durch Essen, wir wohnten was das angeht später
eher im Niemandsland. Irgendwann in den 70ern fiel mir auf, dass ein
Gebürtiger Dortmunder 'Hümmken' zu dem Messer sagte, das wir 'Pittermesser'
nannten. Aber so etwas sind zu einem großen Teil Zufallsergebnisse. Wie
Das 'Hümmken' kenne ich von meiner Mutter, aufgewachsen in Bochum und im
Krieg nach Westfalen ausgelagert. Das hat's aber nie in meinen
Wortschatz geschafft, sie und ihre Mutter waren auch die einzigen, die
es - in meiner Erinnerung - verwendeten. Andererseits kenne ich das
'Pittermesser' genauso wenig, vielleicht hatten wir so ein Gerät einfach
nicht.


Ciao
Toscha
--
If you get too old to serve as bad example,
you can still give bad advice.
Michael Ottenbruch
2019-02-09 01:48:19 UTC
Permalink
Die Grenze zwischen dem rheinischen und dem westfälischen Teil des
Ruhrgebiets geht irgendwo durch Essen, wir wohnten was das angeht später
eher im Niemandsland.
Die Grenze ist - vereinfacht gesagt und ohne Berücksichtigung der
besonderen Verhältnisse in Wuppertal - die Grenze zwischen den
Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln einerseits sowie Münster und
Arnsberg andererseits; sie liegt heute also am östlichen Stadtrand von
Essen. Historisch war es hier die Grenze zwischen dem Stift Essen und
der Grafschaft Mark. Diese verlief u.a. durch Steele, heute einer der
östlichen Stadteile von Essen. Schwarzbach und Leither Bach waren
Grenzgewässer.

Burgaltendorf (ein anderer Stadtteil von Essen) gehört historisch
ebenfalls zu Westfalen.

https://www.waz.de/staedte/essen/ost/grenze-zwischen-westfalen-und-rheinland-verlief-durch-steele-id210517887.html
Irgendwann in den 70ern fiel mir auf, dass ein
Gebürtiger Dortmunder 'Hümmken' zu dem Messer sagte, das wir 'Pittermesser'
nannten.
Das hat mich damals auch erstaunt.
--
...und tschuess!

Michael
E-mail: ***@sailor.ping.de
U***@web.de
2019-02-09 09:15:35 UTC
Permalink
Post by Ralf Joerres
Ich hab das erst später wahrgenommen, die ersten 10 Jahre wohnten wir in
Mülheim, da gab's andere Sitten und Gebräuche als in Essen und teils auch
einen anderen Wortschatz. Aber sowieso war Fußball nicht meine Welt. Das
Rheinische Mitmachwörterbuch kennt das Wort nicht. Die Grenze zwischen
dem rheinischen und dem westfälischen Teil des
Ruhrgebiets geht irgendwo durch Essen, wir wohnten was das angeht später
eher im Niemandsland. Irgendwann in den 70ern fiel mir auf, dass ein
Gebürtiger Dortmunder 'Hümmken' zu dem Messer sagte, das wir 'Pittermesser'
nannten.
Sagt mir beides nichts. Immerhin weiß ich nun, daß ein
Hümmken kein Humpen sein dürfte.

Gruß, ULF
Heinz Lohmann
2019-02-08 01:52:34 UTC
Permalink
Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Es scheint aber bekannt zu sein, anders kann ich mir die Verwendung
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Für mich (MS/ Münsterland) war das als Kind die Bezeichnung bzw. das
Verb für Straßenfußball.
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Thomas Schade
2019-02-08 06:29:40 UTC
Permalink
Post by Heinz Lohmann
Post by Thomas Schade
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Für mich (MS/ Münsterland) war das als Kind die Bezeichnung bzw. das
Verb für Straßenfußball.
Dann antworte ich hier, stellvertretend für alle, die dankenswerterweise
am Faden angeknüpft haben; besonders auch Ralf mit seiner ausführlichen
Herleitung.
Ich bin eher im westlichen Ruhrgebiet aufgewachsen, der ersten drei
Lebensjahre in Bochum dürften diesbezüglich nicht sprachprägend gewesen
sein. Mit Ausnahme von Frank stammen die restlichen Kenner aus dem
östlichen Revier oder eben dem Münsterland. Das passte auch zu Assauer,
der wohl auch eher im östlichen Revier aufwuchs.


Ciao
Toscha
--
Money cannot buy happiness but somehow it’s more comfortable
to cry in a Mercedes Benz than on a bicycle.
[Pearls of Scottish wisdom]
Heinz Lohmann
2019-02-08 15:35:05 UTC
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Post by Heinz Lohmann
Für mich (MS/ Münsterland) war das als Kind die Bezeichnung bzw. das
Verb für Straßenfußball.
<ingrid>
Aussprache pölen [pœːln]
WIMRE
</ingrid>
--
mfg
Heinz Lohmann
Tamsui, Taiwan

Gedanken sind nicht stets parat,
man schreibt auch, wenn man keine hat. W.B.
Michael Kallweitt
2019-02-08 06:19:12 UTC
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Post by Thomas Schade
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
In den 80er Jahren war dieses Wort Teil der Alltagssprache an »meinem«
Gymnasium in Herten (Kreis Recklinghausen).
--
www.wasfuereintheater.com - Neue Theaterprojekte im Ruhrpott
»DAS UNBEKANNTE SCHÖN ZU FINDEN. DEM UNVERSTANDENEN MIT WÄRME ZU BEGEGNEN.
DAS IST WAHRE LIEBE« Barbara Bollwahn, https://www.taz.de/!472086/
U***@web.de
2019-02-08 10:26:25 UTC
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Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Es scheint aber bekannt zu sein, anders kann ich mir die Verwendung
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
https://www.mundmische.de/bedeutung/6760-poelen
Post by Thomas Schade
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
https://www.herten.de/presse/p/news/offenes-poelen-und-bolzen.html

Den Unterschied wüßte ich nun gerne.

Gruß, ULF
Michael Kallweitt
2019-02-08 11:12:22 UTC
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Post by U***@web.de
Post by Thomas Schade
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
https://www.mundmische.de/bedeutung/6760-poelen
Post by Thomas Schade
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
https://www.herten.de/presse/p/news/offenes-poelen-und-bolzen.html
Den Unterschied wüßte ich nun gerne.
Den Unterschied zwischen »pölen« und »bolzen«? Für mich sind beide
Begriffe bedeutungsgleich im Sinne eines (amateurhaften) Fußballspiels.
In Bezug auf Liga-/Profispieler regelmäßig mit abwertender Konnotation
gebraucht.

Es mag regionale Unterschiede geben, wobei mir aus meiner Jugend
eigentlich nur das Verb »pölen« in Erinnerung geblieben ist. Es gibt
zwar auch »Bolzplätze« in Herten (s.o.), aber ich bin nie »bolzen«
gegangen.
--
www.wasfuereintheater.com - Neue Theaterprojekte im Ruhrpott
»DAS UNBEKANNTE SCHÖN ZU FINDEN. DEM UNVERSTANDENEN MIT WÄRME ZU BEGEGNEN.
DAS IST WAHRE LIEBE« Barbara Bollwahn, https://www.taz.de/!472086/
U***@web.de
2019-02-08 13:37:35 UTC
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Post by Michael Kallweitt
Es mag regionale Unterschiede geben, wobei mir aus meiner Jugend
eigentlich nur das Verb »pölen« in Erinnerung geblieben ist. Es gibt
zwar auch »Bolzplätze« in Herten (s.o.), aber ich bin nie »bolzen«
gegangen.
Ah, jetzt:

"Pöhlplatz im Hiltroper Park wieder bespielbar
Stadt Bochum beseitigt letzte Sturmschäden"

https://www.verband-wohneigentum.de/sg-hiltroper-heide/on211870

Gruß, ULF
Klaus Wacker
2019-02-08 13:06:09 UTC
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Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Es scheint aber bekannt zu sein, anders kann ich mir die Verwendung
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Mir als altem Hamburger ist das aus meinere Jugend unbekannt, aber
wenn man in Dortmund wohnt, kann einem die Mütze des Herrn Klopp mit
der Aufschrift "Pöhler" (mit h) nicht entgangen sein.
--
Klaus Wacker ***@t-online.de
51°29'7"N 7°25'7"E
Michael Ottenbruch
2019-02-09 01:15:11 UTC
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Post by Thomas Schade
N'Ahmd,
ich bin ja nun selbst ein Kind des Ruhrgebiets, und Straßenfußball war
für uns Kinder, Junx wie Mädelz, unser täglich Brot. Aber 'pölen' haben
wir das nie genannt. Ich bin mir auch sicher, das Wort noch nie gehört
zu haben.
Es scheint aber bekannt zu sein, anders kann ich mir die Verwendung
' ... tatsächlich pölt er jeden Tag im Volkspark Katzenbusch mit einem
Gummiball auf selbst gezimmerte Tore ...'
<https://www.zeit.de/sport/2019-02/rudi-assauer-nachruf-erinnerung>
Wem ist 'pölen' vertraut bzw. in welcher Gegend des Reviers war das
geläufig?
Ich bin in Essen aufgewachsen (60er Jahre); da war das völlig geläufig.
--
...und tschuess!

Michael
E-mail: ***@sailor.ping.de
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