Post by Axel BergerNatürlich riskiere ich, gute Sachen zu verpassen, einfach weil ich nicht
weiß, daß es sie gibt. Auf der anderen Seite höre ich live zu 98 % der
Zeit nur Müll -- ist das besser?
Gute Sachen? Bis Ende der 1990er hatte ich leidlich oft Langstrecken,
stundenlang Autobahnen, für die einigte ich mich mit mir selbst fast
ausschließlich auf DLF via LW (auch im Ostalpischen [*]). Irgendwann kippte
die geopolitische Großwetterlage, das brauchte keine große Analysen, um das
zu bemerken, die Beiträge wurden einfach schlechter und schlechter. Ich las
zu der Zeit auch die mit diesem Namen, bei der war die Abwärtskurve noch
eine krasse Nummer unerträglicher. Ziemlich genau um 2000 hatte ich dann
beide gekübelt. Ersatzlos. Es war ein erhellender Moment, sich eingestehen
zu mússen, dass man auf diesen Kanälen keine relevanten Informationen mehr
beziehen kann. Kann man nicht mehr ernst nehmen. Ich hatte mich bemüht, ich
hatte mir das nicht zu billig gemacht. Es ging nicht.
Man kann auch mit sich selbst zurechtkommen. Es braucht nicht die
professionellen Selbstdarsteller dazu, dazu anzustiften, was sie vormachen,
dass sie mit sich jedenfalls nicht zurechtkommen, wenn sie nicht ständig
stramm an der Leine geführt werden, von ihrer beaufsichtigenden Redaktion
und ihrem thematischen Faden unterworfen. Ja hoppla, das ist überflüssig wie
noch etwas. Das merkt man dann. Diese Identifikation mit den Mustern der
steten Unterwerfung ... abdrehen, ein paar Wochen Entwöhnung übertauchen,
und es fehlt einem das nicht mehr.
Wie man mit solcher einfachen Emanzipation nicht alleine ist, sieht man an
den Einschaltquoten von Programm, wo die Dimensionen von tatsächlicher
Freiheit der medialen Darstellung eine um fette Nummer realer ist.
Schauschau, zwei Stunden nüchterner Dialog auf KenFM, ohne jede weitere
Zutat, erreicht im Normalbetrieb gern 4-stellige, oft genug auch noch
5-stellige Einschaltquoten. Wer hätte das gedacht?
Es geht um ein anderes Muster in der Wahrnehmung hier, da kann zu den
besprochenen Dingen die tatsächliche Relevanz ohne diese ständig mitlaufende
Zensur schlicht und faktisch zutreffend korrespondiert werden. Dann weiß
man, dass man zuhört, eben nicht, um sich überrumpeln zu lassen, weil das
Personal systembedingt den Maulkorb hat.
Irgendeinen ... immer: Zwang zur Unterhaltung. Redaktionelle
Empfindlichkeiten, Konsens-Diktate, Vorspiegelung von Professionialismus,
auch wenn der schon lächerlich ist.
Kann man alles abdrehen.
Habermas wurde gerade 90. Um im seinem Fahrwasser zu sprechen:
Der Diskurs muss stimmen.
Und dort, wo man sowieso abdrehen kann, ist keiner, der tut nur so.
Was wichtig ist auf der Welt wird von diesen Kanälen sowieso nicht mehr
mitgeteilt. Es wird weggekuschelt, das p.t. Publikum ist top-down ein Pool
von Massenschweinchen. Und wenn es wichtig wird, dann ... Gehen Sie weiter!
Es gibt hier nichts zu sehen! (... die Redaktion wartet noch auf amtliche
o.ä. Instruktionen, eh klar.)
Lang ist's her, da lief hier ständig irgendeiner von den Kultursendern. Also
Werbung hatte ich sowieso nie auf dem Radar. Das muss auf einem anderen
Planeten sein. Und dann zwei Schlüsselmomente (über den Niedergang der
offiziösen DLF und Zeit hinaus, die waren da schon lange weg vom Fenster),
..
zweimal im Kölner Raum kam auf WDR2 oder 4 eine Person mit einer Orgie des
ungenierten verbalen Ab!..stinkens! mit versuchtem seriösem Anstrich. Das
war ein Aha-Erlebnis: Die Redaktion will das so. Na dann.
Und das zweite war systemischer Natur, Satellitenradio war zwischendurch
ganz lustig, dafür hatte Österreich einen eigenen Tarif, also Fernsehempfang
ohne den verschlüsselten ORF dabei (und auch Sat-Radio braucht irgendwie
einen Flimmerkanal, zumindest zum Navigieren). Diesen Tarif haben sie
abgedreht. Entweder Radio (inklusive Online-Computer), oder volles TV. Radio
zwangsläufig, schön. Sat abgebaut. Aber kein Rundfunk mehr, seitdem.
Null.
Die Frau Lenkait (ihr voller Name ist etwas länger: Luz María De Stéfano
Zuloaga de Lenkait), ihres Zeichens vormalige Diplomatin im Chile vor
Pinochet, hat den Nerv, gelegentlich vor allem Artikel aus der SZ in aller
Ruhe kritisch durchzukauen, das lese ich mit Bewunderung, wie man sich diese
Medienlandschaft noch irgendwie konstruktiv antun kann, man findet sie bei
http://www.nrhz.de/flyer (Neue Rheinische Zeitung), Rubrik Globales.
[*] Interessant war da der Wechsel einer Batterie zu einem etwas
effizienteren Typ, und plötzlich passte die ganze Entstörung nicht mehr. Mal
abgesehen von signalführenden begleitenden Oberleitungen, die plötzlich in
der Wahrnehmung auftauchen, wo man sie nicht erwartet hätte, die RF via den
Radio-Eingangsverstärkern.