Post by Frank BokelmannGenau. Es gibt dort keine Radwege. Da aber die Umwege auf anderen Straßen nicht riesig sind und sich der Kläger nicht darauf berufen kann, ein besonderes Interesse an einem Grundstück an der Straße zu haben, ist die Entscheidung bemerkenswert. Jede andere Beklagte hätte übrigens versucht, in einem so langen Verfahren etwas an der Widmung zu schrauben und wäre damit in diesem verfahren durchgekommen - auch wenn da dann kein Landwirt mehr fahren darf, was der aber selbst geltend machen muss.
Änderung der Widmung bedeutet, eine Straße würde zur Kraftfahrstraße
deklariert. Dafür bedarf es gewisser Voraussetzungen, oder?
Post by Frank BokelmannOben steht, was die Beklagte greint und was jedes andere Gericht die Tränen in die Augen getrieben hätte.
Lachtränen, vermutlich. Wobei sie die Straße anfangs ganz allgemein als
Unfallschwerpunkt darstellen. Gute Voraussetzung für Tempolimits oder
gar Fahrverbote für Kfz. ;-)
Post by Frank Bokelmann"Darüber hinaus ist § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO zu berücksichtigen, wonach insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden dürfen, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Diese Vorschrift ist vorliegend anwendbar, da es sich bei dem streitgegenständlichen Verbot um eine Beschränkung des fließenden Verkehrs handelt, da mit den VZ 254 der Radverkehr ausgeschlossen wird.
Fahrverbote mittels VZ250..260 waren sehr wahrscheinlich der Hauptgrund
für die Einführung von § 45 (9) StVO Anno 1997. Nachträglich und
gerichtlich klargestellt werden musste lediglich, dass die gleiche
Vorschrift auch für Fahr*bahn*verbote gilt. Vor 2010 wurde z.T.
argumentiert, Radwegpflicht wäre kein vollständiges Fahrverbot und
deshalb würde § 45 nicht gelten.
Post by Frank Bokelmann"Sie betrifft insbesondere nicht die nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO
weiterhin erforderliche Ermessensausübung, sondern stellt nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung erhöhte Anforderungen an dessen
Tatbestandsvoraussetzungen, ... (mit Nachweisen)"
Post by Frank BokelmannDer letzten beiden Sätze ist für ein Gericht bemerkenswert klug. Das VG Hamburg behauptet regelmäßig nahezu das Gegenteil: "Wenn das Radfahren auf der Fahrbahn gefährlich ist (ist es in Hauptverkehrsstraßen nahezu immer), dann ist das Ermessen auf Null reduziert, egal was für ein Straßengraben mit Z 237 beschildert wird".
ACK, das sehen die meisten StVBn und Gerichte offenbar so. Nach wie vor!
Wobei ich hierzugroups und andernorts mehrere Male die Frage aufgeworfen
habe, ob StVBn bei Vorliegen einer besonderen örtlichen Gefahrenlage
Beschränkungen anordnen *müssen* oder *dürfen*. Die Antwort war
regelmäßig *müssen*, andernfalls wären sie evtl. haftbar für Unfälle.
Für den umgekehrten Fall, Unfälle wegen Radwegzwang, gilt das
seltsamerweise nicht.
Post by Frank BokelmannUnd dann prüft das VG Aachen. Im Ergebnis wäre danach, sieht man mal vom selbst schon teilweise rechtswidrigen § 45 Abs. 9 Satz 4 StVO ab, nicht mal eine Radwegbenutzungspflicht in der Straße aus Sicherheitsgründen gerechtfertigt gewesen - und wenn der Radweg 4 Meter breit wäre. Das ist doch bemerkenswert.
Letzterem ist sogar die hiesiege obere Verkehrsbehörde gefolgt. Sie hat
die Schilder eines nagelneuen Radweges gecancelt, nachdem es Widerspruch
gab. Allerdings wie üblich nur wegen der Kfz-Dichte, die knapp unter den
damaligen ERA-Werten lag.
CU Chr. Maercker
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CU Chr. Maercker.
RADWEGE sind TOD-SICHER! Schlaue Füchse fahren Fahrbahn.
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