Post by Horst LepsBügel, es ist ein wesentlich Ding, eine leicht urteilsschwache
Labertante davor zu warnen, sich allzu dolle mit Leuten zu
verbandeln, die in Sachen Mord einen intellektuellen und moralischen
Riss im Kopf haben.
Ich bedarf Deiner Warnungen nicht.
Und was Du als "Riss im Kopf" empfindest, ist ein psychologisches
Phänomen, das weder typisch deutsch, noch typisch dspm ist. Reine
Wahrnehmungssache.
Die US-Regierung hat sich nie zum Massaker von Chenogne geräuspert,
geschweige denn entschuldigt:
http://en.wikipedia.org/wiki/Chenogne_massacre
Das ist nur eines von vielen Beispielen für alliierte Kriegsverbrechen,
über die hierzulande nicht mal in der Glotze berichtet wird; wohl weil
man - ganz der Logik des rumänischen ex-Staatschefs entsprechend - dem
Glauben erliegt, Totschweigen mache Vergessen und Vergessen mache heil.
Einen Scheiß macht es!
Ich bin mehrmals in Baugnez gewesen, in der Nähe des belgischen Ortes
Malmédy. Da steht ein Monument zum Andenken an über 80 amerikanische
Kriegsgefangene, die ca. 2 Wochen vor dem Zwischenfall in Chenogne von
Angehörigen der SS-Kampfgruppe Peiper auf einem Feld zusammengetrieben
und erschossen worden sind. Auch auf dem US-Soldatenfriedhof
Henri-Chapelle war ich, wo u.a. ein paar davon beerdigt liegen. Und im
Städtchen Malmédy selbst, um das Monument für die belgischen Zivilisten
zu suchen, deren Ermordung Kampfgruppe Peiper ebenfalls zur Last gelegt
wurde (es stand nicht - wie erwartet - auf dem zentralen Rathausplatz,
sondern etwas versteckt in einer Seitenstraße und ist auch sonst sehr
unscheinbar gestaltet).
Auf dem Soldatenfriedhof Mattersburg bei Wiener Neudorf, habe ich
wiederum die Gräber von Angehörigen der Kampfgruppe Peiper besucht. Auch
an Peipers Grab bin ich zweimal gewesen; es befindet sich an einem
anderen Ort, in Süddeutschland. (Sein Haus wurde 1976 in Frankreich
angezündet; er starb in den Flammen, die französische Polizei konnte
oder wollte den Vorgang nie aufklären.)
Gern hätte ich auch die Opfer von Chenogne besucht. Oder mehr über den
Vorfall erfahren. Doch leider gibt es weder ein Monument, noch
Namensangaben, geschweige denn Gerichtsliteratur dazu - denn die Täter
wurden ja gar nicht erst angeklagt.
Über den Malmedy-Vorgang habe ich etliche Bücher gelesen (zuletzt das
von Danny Parker: "Fatal Crossroads", aber auch Agte, Westemeier,
Bauserman, Weinggartner, Ziemssen, den Baldwin-Report, etc.) - auch
wenn's mir nicht gefallen mag: Ich bin mittlerweile überzeugt davon, daß
es ein Massaker gab in Baugnez damals, ja.
Was verstehst Du schon von "Rissen im Kopf"?
Typen wie Du sind sofort mit "Relativierungs-"vorwürfen bei der Hand,
wenn man es wagt, auch das Andenken an deutsche Opfer anzumahnen. Die
deutschen Opfer von Chenogne waren für die amerikanischen Opfer von
Baugnez nicht verantwotlich. Ihre Ermordung war ebenso ein
Kriegsverbrechen wie die der anderen. Sollte es dafür Befehle von
höherer Seite gegeben haben: Umso schlimmer.
Typen wie Du kriegen Ausschlag, wenn sie erfahren, daß ich
beispielsweise auch Pötschke, Malkomes, Peiper an ihren Gräbern besucht
habe - Ihr könnt ja auch nicht nachvollziehen, was 1960 rund 7000
Menschen veranlaßte, Josef "Sepp" Dietrich sein letztes Geleit zu geben
- einen Mann, der bis zum letzten Atemzug ein ebenso strammer Nazi
blieb, wie Peiper (der relativ enge Beziehungen zu Himmler und dessen
Entourage unterhielt, auch über den Krieg hinaus).
Nein, ich habe keinen Riss im Kopf. Also so einen einzelnen, der die
Welt in gut und böse, in schwarz und weiß, in richtig und falsch, in
Freund und Feind, in Menschen und Nazis zerteilt, um mit ihren
Phänomenen irgendwie weiter klarzukommen.
Ich habe ganz viele Risse, für jedes Opfer einen, und keiner von denen
gleicht dem anderen, denn jeder entstand auf andere Weise: Pötschke und
Malkomes fielen während der Endkämpfe in Ungarn. Peiper wurde Opfer
eines Brandanschlags auf sein Haus in Traves/FR, die Chenogne-Toten
fielen einem alliierten, die Malmedy-Toten einem deutschen
Kriegsverbrechen zum Opfer. Und all das hat mit dem HC nichts zu tun;
wohl aber darf man feststellen, daß es ohne NS-Machtergreifung, ohne 3.
Reich, ohne deutschen Angriff auf Polen und ohne daraus erwachsenen WW2
all diese Opfer *so* niemals gegeben hätte.
Ja, man kann das differenzieren - wenn man im Kopf offen dafür ist.
Nein, ich sehe überhaupt nicht ein, warum es nicht mal eine
deutschsprachige Wikipedia-Seite gibt, die an die deutschen Opfer von
Chenogne erinnert, während selbst ehemalige Feinde das sehr wohl tun:
http://youtu.be/f86CTa7uGVQ
Ich verstehe das ebensowenig, wie den rumänischen Staatspräsidenten, der
sich weigert, einem alten Mann die Hand zu geben und ihm auch persönlich
nochmal sein Bedauern auszudrücken - auch wenn er es öffentlich bereits
getan hatte - einfach, damit das Gegenüber spürt: Ja, die Botschaft ist
angekommen, nein, ich werde sie nicht mir ins Grab nehmen, sondern sie
wird weiterleben, auch über meinen Tod und den der vielen anderen
hinaus, um deren willen ich die Erinnerung an das Geschehene immer
wieder hervorgeholt habe: Damit sie nicht _voellig_ umsonst krepiert sind.
Post by Horst LepsAber wie Du weißt, halte ich Dich prinzipiell für sanierungsfähig,
wenn auch vielleicht nur mit einer sozialen Therapie.
Narzissmus hingegen hat schlechte Heilungsprognosen. Meist mangelt es
den Betroffenen an der Einsicht, daß nicht etwa der Rest der Welt ein
Problem hat, sondern sie selbst.