Ralf Joerres
2018-07-08 08:26:51 UTC
Fernsehen als 'Tätigkeit' nimmt für viele einen nicht unerheblichen
Teil der Freizeit ein. Es kann ein fester Programmpunkt im Tagesablauf
sein wie die morgendliche Toilette oder die Fahrt zur Arbeit. Man kann
darüber sprechen (was hast du gestern Abend gemacht?), nur fragt sich
für mich: wie?
Die Standardsprache hat dafür das trennbare Verb 'fernsehen' vorgesehen,
so steht es geschrieben in den Deutsch-Lehrbüchern. Nur sagt bei uns
im Ruhrgebiet kein Mensch 'ich hab gestern nicht ferngesehen', alle,
die ich kenne, sagen 'ich hab gestern kein Fernsehen gekuckt'
[interessanterweise mit 'kein'].
Ich nehme an, dass es sich dabei um einen der Fälle wie auch beim
'Brot-Anschnitt' handelt, bei denen es kein überregional allgemein
akzeptiertes Wort gibt.
Eins der Probleme, die ich mit 'fernsehen' habe, ist, dass ich es in
vielen Kontexten als 'falsch' empfinde. 'Wir können doch einfach ein
bisschen fernsehen' wäre okay, 'die Kinder sehen heutzutage zu viel
fern' wäre nur schriftsprachlich hinnehmbar, 'hier bei uns wird
gearbeitet und nicht ferngesehen' ginge so einigermaßen, 'ich hab
in der Zeit damals nur höchst selten ferngesehen' wäre naja, 'in
meiner Freizeit sehe ich am liebsten fern' ginge nicht.
Es hat u.a. mit der Trennbarkeit zu tun: 'fernsehen' wird von mir
nicht als normales trennbares Verb empfunden, am besten funktioniert
es noch im Infinitiv und als Partizip. Im Deutschen tritt jedoch die
(verbale) Satzklammer nicht gerade selten auf, und in solchen Sätzen
machen ein 'sah ... fern' oder 'sehen ... fern' keine besonders gute
Figur.
Ich frage mich auch: Wie sagen eigentlich die Süddeutschen,
Österreicher und Schweizer in Sätzen wie
ich hatte gestern keine Zeit (zu) ....
wir haben vor dem Schlafen noch eine Stunde im Bett ...
mein Onkel im Altersheim sitzt den ganzen Tag nur da und ...
'Fernsehen' mit Objekt läuft bei uns anders, da sagen wir
ich hab mir den Film nicht bis zu Ende angekuckt (normal)
ich hab mir den Film nicht bis zu Ende angesehen (leicht gehoben)
ich hab den Film nicht bis zum Ende gesehen (gehoben)
oder
hast du gestern den Film auf Arte gesehen? (normal)
hast du gestern den Film auf Arte gekuckt? (auch normal).
Mit Filmtitel oder Sendungsinhalt sagt man bei uns wohl eher
hast du gestern Fußball / Tatort gekuckt?
mit Artikel vielleicht eher
hast du gestern den Tatort gesehen?
Man kann das Verb 'fernsehen' auch anders vermeiden, auch das gibt's
bei uns, verbal und real:
ich lasse den Fernseher aus
bei mir bleibt abends die Kiste aus
Gruß Ralf Joerres
Teil der Freizeit ein. Es kann ein fester Programmpunkt im Tagesablauf
sein wie die morgendliche Toilette oder die Fahrt zur Arbeit. Man kann
darüber sprechen (was hast du gestern Abend gemacht?), nur fragt sich
für mich: wie?
Die Standardsprache hat dafür das trennbare Verb 'fernsehen' vorgesehen,
so steht es geschrieben in den Deutsch-Lehrbüchern. Nur sagt bei uns
im Ruhrgebiet kein Mensch 'ich hab gestern nicht ferngesehen', alle,
die ich kenne, sagen 'ich hab gestern kein Fernsehen gekuckt'
[interessanterweise mit 'kein'].
Ich nehme an, dass es sich dabei um einen der Fälle wie auch beim
'Brot-Anschnitt' handelt, bei denen es kein überregional allgemein
akzeptiertes Wort gibt.
Eins der Probleme, die ich mit 'fernsehen' habe, ist, dass ich es in
vielen Kontexten als 'falsch' empfinde. 'Wir können doch einfach ein
bisschen fernsehen' wäre okay, 'die Kinder sehen heutzutage zu viel
fern' wäre nur schriftsprachlich hinnehmbar, 'hier bei uns wird
gearbeitet und nicht ferngesehen' ginge so einigermaßen, 'ich hab
in der Zeit damals nur höchst selten ferngesehen' wäre naja, 'in
meiner Freizeit sehe ich am liebsten fern' ginge nicht.
Es hat u.a. mit der Trennbarkeit zu tun: 'fernsehen' wird von mir
nicht als normales trennbares Verb empfunden, am besten funktioniert
es noch im Infinitiv und als Partizip. Im Deutschen tritt jedoch die
(verbale) Satzklammer nicht gerade selten auf, und in solchen Sätzen
machen ein 'sah ... fern' oder 'sehen ... fern' keine besonders gute
Figur.
Ich frage mich auch: Wie sagen eigentlich die Süddeutschen,
Österreicher und Schweizer in Sätzen wie
ich hatte gestern keine Zeit (zu) ....
wir haben vor dem Schlafen noch eine Stunde im Bett ...
mein Onkel im Altersheim sitzt den ganzen Tag nur da und ...
'Fernsehen' mit Objekt läuft bei uns anders, da sagen wir
ich hab mir den Film nicht bis zu Ende angekuckt (normal)
ich hab mir den Film nicht bis zu Ende angesehen (leicht gehoben)
ich hab den Film nicht bis zum Ende gesehen (gehoben)
oder
hast du gestern den Film auf Arte gesehen? (normal)
hast du gestern den Film auf Arte gekuckt? (auch normal).
Mit Filmtitel oder Sendungsinhalt sagt man bei uns wohl eher
hast du gestern Fußball / Tatort gekuckt?
mit Artikel vielleicht eher
hast du gestern den Tatort gesehen?
Man kann das Verb 'fernsehen' auch anders vermeiden, auch das gibt's
bei uns, verbal und real:
ich lasse den Fernseher aus
bei mir bleibt abends die Kiste aus
Gruß Ralf Joerres