Post by Jürgen DeckerPost by RiddlePost by Mark MüllerWie sieht das mit dem Studium aus?
Gut. ;-)
Das halte ich für ein Gerücht!
Informier Dich vorher nicht nur übers Studium, sondern auch
das Danach. Sicher willst Du auch als Psychologe arbeiten.
Absolut!
Post by Jürgen DeckerDer Therapiemarkt ist durch das Therapeutengesetz praktisch "zu" -
wenn Du also klinisch arbeiten willst ("den Menschen helfen"),
haben die Mediziner und die in der Psychologie, die schon
am Futtertrog sitzen, vieles getan, dass es dem Nachwuchs nicht
mehr so einfach gelingt, da einmal mitzuessen (lange und teure
Ausbildung, Niederlassungsbremsen).
Dem stimme ich voll zu! Die haben dafür gesorgt, dass die nächste
Generation auch wirklich kaum eine Chance hat. Ansonsten ziehen sie
noch schnell das an Geld aus dem System, was noch da ist bevor der
Hahn zugedreht wird und bereichern sich noch schamlos mit
Heilsversprechen am "Nachwuchs" (z.B. Therapieausbildung, Arbeit ohne
Bezahlung etc.). Am meisten ärgern mich die Professoren, die noch vor
einigen Jahren geklagt haben, ach wie überlastet sie sind und die
jetzt neben dem Unibetrieb zig Stunden in
Therapie-Ausbildungsinstituten als Dozenten und Supervisoren, bzw.
"Wiss. Beiräte o.ä." arbeiten und zu ihren üppigen Beamtenbezügen (C3
oder C4) noch unvorstellbare Stundensätze einstreichen. Die
alt-68er-Generation kennt wirklich überhaupt keine Scham. Diese
Generation hat alles zu ihrem Vorteil plattgemacht und ausgenommen
(Plünderung sämtlicher Kassen, Wohlstand auf Kosten der nächsten
Generation z.B. durch massive Staatsverschuldung usw.). Statt die
Ressourcen, die die Kriegs- und erste Nachkriegsgeneration mühsam
aufgebaut hatte, weiterzuführen und nur einen Teil abzuschöpfen
(Erhard: "Maß halten!"), hat sie radikal alles zu ihrem persönlichen
Vergügen aufgebraucht. Sie "hat die Zukunft der nächsten Generationen
genüßlich zum Frühstück verspeist" (Zitat Hans Eichel) und beginnt
jetzt, auch noch die Krümel vom Teller abzulecken, so dass wirklich
rein gar nichts mehr übrigbleibt.
Post by Jürgen DeckerDer Rest ist "Ich-AG", Dir muss es gelingen, einen guten Job
zu bekommen, "trotzdem" Du Psychologie studiert hast. Du
kriegst entweder irgendwo ne Anstellung oder musst "Psychologie
aller Art" verkaufen.
Ja. Wie auch schon in meinem Beitrag "BAT & Einstiegsgehalt" vom
27.08.03 besschrieben, ist es offensichtlich nicht möglich, ohne
Kapital in der Psychologie fuß zu fassen (und ob es mittel- und
langfristig mit Kapital gelingt, zumindest auch fraglich).
Inzwischen konnte ich bei zwei Unternehmensberatungen und einem
Unternehmen mal telefonisch durchdringen. Das Problem ist, dass man
sich für das Psychologiestudium rechtfertigen muss. Es fehlt mir
leider an der Hauptqualifikation, nämlich soliden BWL-Kenntnissen.
Liegen diese vor, so kann man Glück haben und wird TROTZ eines
Psychologiestudiums eingestellt. Das, was an den Unis versucht wird zu
vermitteln, dass nämlich Psychologen wegen ihres psychologischen
Wissens / Knowhows und ihrer Diagnostikfähigkeiten in der Wirtschaft
gesucht sind, ist allenfalls Wunschdenken. Es wird leider in der
Realität nur als nette (dann aber auch zuweilen durchaus gesuchte)
Zusatzqualifikation bewertet. Das deutsche Psychologiediplom hat in
der Wirtschaft bestenfalls Nebenfachcharakter, es herrscht auch die
Meinung, dass man ein Psychologiestudium locker nebenbei
durchstudiert. Nun ist mir mein Studium allerdings nicht so leicht
gefallen (für mich war der Großteil eine -- durch Staffelprüfungen
provozierte -- ständige, dauernde, stumpfe Paukerei, und ich bin froh,
das mit einem halbwegs vernünftigen Abschluß hinbekommen zu haben --
und da bin ich kein Einzelfall).
Leider kann ich aber auch kein BWL Studium (z.B. in Form eines FH
Bachelors o. Vergleichbarem) dranhängen, weil dann (soweit ich weiß,
inzwischen in jedem Bundesland) horrende Studiengebühren für ein
Zweitstudium anfallen. Mal abgesehen von dem sonstigen
Finanzierungsproblem (Bafög bekommt man ja nur einmal -- und wie ich
die Schulden jemals loswerden will, ist mir langsam ein Rätsel).
Ansonsten in Beratung & Klinischer Psychologie läuft es wie
beschrieben. Mittlerweile denke ich, ich hätte besser Sozialarbeit
studiert.
Ich habe auch viele (auch sehr erschreckende) Mails bekommen, wo mir
berichtet wurde, dass es bei sehr sehr vielen genauso oder noch
schlimmer läuft, nur trauen sich die meisten einfach nicht, darüber zu
berichten, sondern schweigen sich aus und halten eine halbwegs würdige
Fassade aufrecht. Die meisten landen regelmäßig immer wieder in
seltsamen (meist EDV-) Umschulungsprogrammen, Bewerbungstrainings
u.s.w. oder sofort in der Sozialhilfe (und werden dann von Sozialamt
entweder in diese "Programme" vermittelt oder unter Drohungen zu
Niedriglohnarbeiten herangezogen -- damit sind sie dann wohl auch
immer mal wieder einige Zeit aus allen Statistiken raus).
Post by Jürgen DeckerMathematik und Englisch sind wichtig - wenn Du aber nur das
kannst, bist Du allenfalls für die Forschung an einer Uni geeignet. Da
muss man skeptisch sein, ob man auf so eine Karriere setzen kann.
Stimmt auch. Denn da steht erstmal der Doktortitel an. Inzwischen ist
da eine halbe Stelle auch immer seltener. Von meinen ehemaligen
Studienkolleginnen haben wirklich nur die absoluten Top-Leute eine
solche Stellen bekommen (kurze Studienzeit, Abschlußnote weit über dem
Durchschnitt, Auslandsstudium, vorzugsweise USA), zumeist aber nur
1/4tel bezahlt (BAT IIa/4) oder sie haben nur die Möglichkeit zur
Promotion (aber dann einschließlich Studentenstatus), werden aber
nicht bezahlt. Auch das muss man finanziell so oder so irgendwie
hinbekommen. Wie viele von denen dann danach wenigstens ersteinmal auf
einer Junior-Professorenstelle landen werden, steht aber auch in den
Sternen. Ich schätze auch, dass dann ähnliche Probleme auftreten
werden, wie ohne Doktorhut, so dass sich das Problem im Grunde nur
verschleppt (und verteuert).
Post by Jürgen DeckerNoch am ehesten sinnvoll ist ein Psychologiestudium, wenn
Du auch von einer anderen Sache viel verstehst und dort die
Psychologie einbringst. Das kann was aus der Wirtschaft sein
(dann kommst Du besser ins Personalwesen) oder der Informatik
(dort gibt es z.B. Softwareergonomie) oder auch Biologie/
Physiologie (die Psychologie schäkert im Moment sehr mit
der Biologie - weil man die Seele nicht sehen kann, sucht man
sich was Greifbareres, wo man dran rumforschen kann).
Wobei der gesamte Biologie- und soweit ich weiß auch Informatikbereich
nahezu ausschließlich Forschung (Uni oder sonst. Forschungsinstitute,
wie Max-Plank-Gesellschaft, Frauenhofer-Institut etc.) ist.
Post by Jürgen DeckerAlso: frag Dich, warum Du Interesse an der Psychologie
hast. Wenn Du vor allem "den Menschen helfen" willst, werd besser
Pfarrer, Lehrer oder Verkehrspolizist :-)
Oder Sozialarbeiter oder Krankenpfleger / Altenpfleger, mit Letzterem
kannst Du als deutscher Pfleger z.B. in den Niederlanden zusätzlich zu
Menschen helfen auch noch ganz nettes Geld verdienen.
Grüße, Andreas