Post by Gerald EndresDarf ich dich daran erinnern, dass dieses Pferd nicht nur für den
DDR-Bürger gekotzt hat.
Darf ich Dich daran erinnern, daß das Pferd im Westen, speziell im
Süden, BaWü und Bayern, durchaus nicht groß gekotzt hat? Bis heute
nicht, Soli hin oder her. Es gibt im Westen durchaus eine ganze Menge
Leute, die können sich bis heute nicht vorstellen, daß ein Staat
zusammenbrechen kann. Das spielt für sie einfach keine Rolle, solange
genug Benzin im Tank der beiden Audis ist. Die DDR sei ja gar kein
richtiger Staat gewesen, kommt dann. (Griechenland wahrscheinlich auch
nicht ...)
Post by Gerald Endresder Bundesbürger hat stattdessen einfach Antworten, nach wie vor,
Hat er?
Hat er. Ich habe genügend Gelegenheiten, das festzustellen. (Und es ist
bemerkenswerterweise hier in CH durchaus anders, es ist ein speziell
westdeutsches Phänomen.)
Post by Gerald EndresDas entspricht in keiner Weise meiner Erfahrung.
Du lebst ja im Osten, noch dazu am Rande eines Notstandsgebiets.
Eine wesentliche Ursache für die von mit geschilderte Unwissenheit über
sich selbst, über den eigenen Staat, liegt meiner Ansicht nach im
Wohlstand. In Deutschland hatte man im Westen einen Wohlstand erreicht,
der das Verständnis von Staat, Politik, Wirtschaft, Finanzen praktisch
zum Luxus werden ließ. Es spielte eigentlich keine Rolle mehr, ob man
sich daran beteiligte. Das rächt sich nun bitter, u.a. durch die damals
etablierten politischen Strukturen und Mechanismen. Neuerdings kommt
noch ein ungenügendes Bildungssystem dazu, drum sind die Jungen doppelt
davon gebeutelt.
Post by Gerald Endres[Das Schäfchen] kann ja auch eine Annonce der RWE sehen, ohne zu
glauben, dass da Gottes Stimme die Wahrheit kundtut. Es haben sich
auch viele zwangsläufig abgewöhnt, Leute für dämlich und manipuliert
zu halten, wenn sie andere Schlüsse als man selbst aus dem
widersprüchlichen Informationsangebot ziehen.
RWE wird, davon bin ich felsenfest überzeugt, Experten mit ihren
Werbekampagnen beauftragen und verdammt viel Geld dafür ausgeben, und
die werden schon sehr genau wissen und auch prüfen, welche Zielgruppe
sie mit welcher Botschaft erreichen können. Die erfolgreiche
Manipulation von Leuten ist eigentlich nur eine Frage der Methodik. Das
hat mit deren Intelligenz nicht einmal viel zu tun.
Post by Gerald EndresDiese Schopenhauerei aus dem 19. Jahrhundert, die Menge für doof und
unmündig zu halten,
Diesen Gedanken hast Du Dir nun gemerkt. Er ist ja auch stets leicht aus
der Tasche zu ziehen, wann immer er gerade paßt. Und wenn einer erst
einmal als "elitär" entlarvt ist, dann ist das ungefähr so viel wert wie
meinetwegen das Stigma "Sexualverbrecher" (oder "Nazi"), jedenfalls eine
erstklassige Disqualifizierung.
(Argh!!! Germany's Next Top Model erreicht zeitweise Quoten von über
20%! Bohlen schafft sogar über 30% - Wie kann man nur ernsthaft
annehmen, es gäbe verbreitet so etwas wie Hirn?)
Post by Gerald EndresEs war ein Merkmal der bipolaren Welt damals, daß man immer noch ein
zweites System hatte, zu dem man rüberschauen konnte, das nicht
zuletzt auch Spiegel war.
Genau das war der Leninismus-Stalinismus nicht.
Selbstverständlich war er das. Warum standen Kennedy oder Reagan in der
äußersten Frontstadt Westberlin ausgerechnet da am Brandenburger Tor?
Die Existenz der östlichen Bedrohung war über Jahrzehnte ein wichtiges
Druck- und Disziplinierungsmittel einerseits westlicher Bündnis-,
andererseits auch westdeutscher Innenpolitik, zudem auch ein wichtiger,
identitätsstifter Faktor speziell im eigenen, westdeutschen
Selbstverständnis. Die BILD-Zeitung hat das den Leuten schon
klargemacht. Und wenn ein BRD-Bürger in einer Phase geistiger Labilität
auch nur den geringsten Zweifel daran hatte, braucht er nur einmal das
DDR-Fernsehen einschalten, dann wußte er wieder, wo er hingehört. Na,
wenn das kein brauchbarer Spiegel war?
Post by Gerald EndresEinen solchen Spiegel gibt's heute nicht mehr, d.h. aber längst
nicht, daß er nicht dringend nötig wäre.
Die Entwicklung einer Alternative würde aber bedingen, dass man
analysiert, was bei der Moskauer Orthodoxie alles schiefging.
Ich rede von einem Spiegel zur Selbstreflexion. Mit "selbst" meine ich
die aktuelle Bundesrepublik. Sie hat keinen solchen Spiegel mehr, es sei
denn andere Staaten (wie beispielsweise ... egal) - Der Journalismus,
dem man gelegentlich eine solche Spiegelfunktion zuschreibt, hat sich
speziell in Deutschland in weiten Teilen selbst davon befreit, er ist
heute eher Teil des Problems.
T.M.