Discussion:
Verfasser stellt Doktorarbeit ins Netz
(zu alt für eine Antwort)
Frank Mueller
2013-08-14 18:11:23 UTC
Permalink
Bekanntlich hat Bundestagspräsident Lammert nach dem Aufkommen von
Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens seine Doktorarbeit als Scan
auf seine Homepage gestellt. Aus urheberrechtlicher Sicht stellt sich
mir da eine Frage:

Er ist zwar der Verfasser der Arbeit, aber das Copyright liegt beim
Eichholz-Verlag. Dieser existiert heute nicht mehr. Die mit diesem wohl
1982 fusionierte "Bonner Werbe GmbH"[1] existiert heute auch nicht mehr
(wenngleich sich noch einige Artefakte im Netz finden lassen). Ob es
einen Rechtsnachfolger dieser Firma gibt, scheint unklar zu sein. Durfte
Lammert seine Arbeit einfach so veröffentlichen oder muss er nicht eher
darauf hoffen, dass kein Rechtsnachfolger des Verlags mehr existiert
bzw. wenn doch, dass dieser keine rechtlichen Schritte gegen ihn
unternimmt?

[1] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525215.html
Lars Gebauer
2013-08-14 19:20:54 UTC
Permalink
Post by Frank Mueller
Er ist zwar der Verfasser der Arbeit, aber das Copyright liegt beim
Eichholz-Verlag.
Und wenn das Copyright im Klo liegen würde wäre es auch egal. Wir sind
hier in D, hier gibt es kein Copyright.

Hier bestimmt einzig der Urheber, ob, wem, wie lange und zu welchen
sonstigen Konditionen (bspw. exklusiv/nicht exklusiv) ein Nutzungsrecht
eingeräumt wird.

Mangels Kenntnis der entsprechenden Vereinbarung läßt sich da also noch
nicht mal sinnvoll spekulieren.
Helmut Richter
2013-08-14 19:54:10 UTC
Permalink
Post by Lars Gebauer
Und wenn das Copyright im Klo liegen würde wäre es auch egal. Wir sind
hier in D, hier gibt es kein Copyright.
Er hat "Copyright" gesagt! Ein Anglizismus!

Man kann doch irgendwann mal zur Kenntnis nehmen, dass sich das englische
Lehnwort "Copyright" so sehr im deutschen Sprachraum eingebürgert hat, dass es
von ganz deutschen Buchverlagen in ganz deutsche Bücher hineingedruckt wird
(oft aufgrund eines ganz deutschen Normvertrags für den Abschluss von
Verlagsverträgen, in dem das böse Wort vorkommt), um ganz deutsche Leser
darüber zu informieren, wer ihrer Meinung nach Vervielfältigungsrechte
besitzt. Und die Regelungen über solche Rechte sind in den deutschsprachigen
Ländern gar nicht so entsetzlich verschieden von denen in den
angelsächsischen, denn es geht dabei regelmäßig nicht um Urheberrechte (da
wäre die Rechtslage in der Tat ganz anders), sondern um Verwertungsrechte.
Post by Lars Gebauer
Hier bestimmt einzig der Urheber, ob, wem, wie lange und zu welchen
sonstigen Konditionen (bspw. exklusiv/nicht exklusiv) ein Nutzungsrecht
eingeräumt wird.
Nicht nur hier, sondern auch dort, wo man Verwertungsrechte "Copyright" nennt.
Und auch hier ist es die Regel, dass solche Rechte Verlagen exklusiv gewährt
werden und nicht ohne weiteres zurückgepfiffen werden können, außer in
besonderen Fällen wie §§ 41 und 42 UrhG.
Post by Lars Gebauer
Mangels Kenntnis der entsprechenden Vereinbarung läßt sich da also noch
nicht mal sinnvoll spekulieren.
Einerseits ist das so. Andererseits sind die von Buchautoren mit den Verlagen
geschlossenen Vertäge in der Regel nicht so schrecklich individuell, dass
selbst spekulieren sich verbietet.
--
Helmut Richter
Hans-Peter Diettrich
2013-08-14 21:54:00 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Lars Gebauer
Hier bestimmt einzig der Urheber, ob, wem, wie lange und zu welchen
sonstigen Konditionen (bspw. exklusiv/nicht exklusiv) ein Nutzungsrecht
eingeräumt wird.
Nicht nur hier, sondern auch dort, wo man Verwertungsrechte "Copyright" nennt.
Und auch hier ist es die Regel, dass solche Rechte Verlagen exklusiv gewährt
werden und nicht ohne weiteres zurückgepfiffen werden können, außer in
besonderen Fällen wie §§ 41 und 42 UrhG.
Käme im vorliegenden Fall noch §34 UrhG in Frage?
Post by Helmut Richter
Post by Lars Gebauer
Mangels Kenntnis der entsprechenden Vereinbarung läßt sich da also noch
nicht mal sinnvoll spekulieren.
Einerseits ist das so. Andererseits sind die von Buchautoren mit den Verlagen
geschlossenen Vertäge in der Regel nicht so schrecklich individuell, dass
selbst spekulieren sich verbietet.
Dann kann man ja spekulieren, daß das erteilte Nutzungsrecht die
öffentliche Zugänglichmachung garnicht einschließt. Falls doch, dann
wäre ein Rückruf wegen nachweislicher Nichtausübung (s.o.) geboten.

Daneben frage ich mich noch, ob eine Dissertation nicht eine Art
Dokument/Urkunde ist, an deren Zugänglichkeit ein öffentliches Interesse
bestehen kann. Im UrhG habe ich nichts dazu passendes gefunden, gibt es
hierzu vielleicht Kommentare oder Urteile?

DoDi
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2013-08-15 05:56:58 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Daneben frage ich mich noch, ob eine Dissertation nicht eine Art
Dokument/Urkunde ist, an deren Zugänglichkeit ein öffentliches Interesse
bestehen kann.
Ist es in Deutschland denn nicht erforderlich, der National- und der
Universitaetsbibliothek jeweils ein Exemplar zu ueberlassen? Ein
oeffentliches Interesse, alle Dissertationen im regulaeren Buchhandel
erwerben zu koennen, sehe ich nicht unbedingt.

Servus,
Stefan
--
http://kontaktinser.at/ - die kostenlose Kontaktboerse fuer Oesterreich
Offizieller Erstbesucher(TM) von mmeike

Stefan. Für gezierte Zierer in belämmerten Galaxien!
(Sloganizer)
Karl-Josef Ziegler
2013-08-15 16:15:38 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Ist es in Deutschland denn nicht erforderlich, der National- und der
Universitaetsbibliothek jeweils ein Exemplar zu ueberlassen? Ein
oeffentliches Interesse, alle Dissertationen im regulaeren Buchhandel
erwerben zu koennen, sehe ich nicht unbedingt.
Ja, die Diss. gibt es ja auch in der DNB als Pflichtexemplar:

http://d-nb.info/760250197

zudem als Pflichtexemplar in der ULB Bonn:

http://opac2.ulb.uni-bonn.de:8080/webOPACClient/singleHit.do?methodToCall=showHit&curPos=3&identifier=-1_FT_1183466068

und selbstverständlich auch in der UB Bochum:

https://suchen.ub.rub.de/de/Record/2750317_bo

Grundlage ist das Gesetz über die DNB und die Pflichtablieferungsverordnung:

http://www.gesetze-im-internet.de/pflav/index.html

und das Pflichtexemplargesetz in NRW:

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2250&bes_id=4494&aufgehoben=N&menu=1&sg=0

Ausserdem natürlich die damals gültige Promotionsordnung der Uni Bochum.

Viele Grüße,

- Karl-Josef
Florian Weimer
2013-08-15 20:46:29 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Ist es in Deutschland denn nicht erforderlich, der National- und der
Universitaetsbibliothek jeweils ein Exemplar zu ueberlassen? Ein
oeffentliches Interesse, alle Dissertationen im regulaeren Buchhandel
erwerben zu koennen, sehe ich nicht unbedingt.
Schreiben nicht viele Promotionsordnungen vor, daß die Arbeit regulär
als Buch publiziert werden muß? Natürlich nur in Kleinauflage, aber
immerhin.
Hans-Peter Diettrich
2013-08-16 01:12:39 UTC
Permalink
Post by Florian Weimer
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Ist es in Deutschland denn nicht erforderlich, der National- und der
Universitaetsbibliothek jeweils ein Exemplar zu ueberlassen? Ein
oeffentliches Interesse, alle Dissertationen im regulaeren Buchhandel
erwerben zu koennen, sehe ich nicht unbedingt.
Schreiben nicht viele Promotionsordnungen vor, daß die Arbeit regulär
als Buch publiziert werden muß? Natürlich nur in Kleinauflage, aber
immerhin.
Was ist ein "Buch"? Ich ging seinerzeit zu einer Druckerei, die mir die
geforderten Belegexemplare gedruckt und gebunden hat. Damals war das
auch nicht anders möglich, es gab noch kein digitales Format, das als
allgemein verwendbarer Ersatz hätte herhalten können. Warum also sollte
sich jemand dem Risiko aussetzen, alternative Formen der
Veröffentlichung zu erlauben? Dazu müßten sich erst einmal die
Bibliotheken auf so ein Format einigen, und über entsprechende
Zugangsmöglichkeiten verfügen.

DoDi
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2013-08-16 06:32:26 UTC
Permalink
Post by Florian Weimer
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Ist es in Deutschland denn nicht erforderlich, der National- und
der Universitaetsbibliothek jeweils ein Exemplar zu ueberlassen?
Ein oeffentliches Interesse, alle Dissertationen im regulaeren
Buchhandel erwerben zu koennen, sehe ich nicht unbedingt.
Schreiben nicht viele Promotionsordnungen vor, daß die Arbeit
regulär als Buch publiziert werden muß? Natürlich nur in
Kleinauflage, aber immerhin.
In Deutschland wohl schon, waehrend hierzulande die Abgabe der
vorgeschriebenen Belegexemplare ausreichend ist (meine Dissertation
hat jedenfalls keine ISBN, und die zusaetzlichen 3 - ungebundenen -
Kopien liegen hinter mir im Schrank).

Ich gab meine Antwort aber im Hinblick auf:

| Daneben frage ich mich noch, ob eine Dissertation nicht eine Art
| Dokument/Urkunde ist, an deren Zugänglichkeit ein öffentliches Interesse
| bestehen kann.

...und dafuer ist es dann relativ egal, ob ein Werk gar nicht im
normalen Handel erhaeltlich ist, oder in einer de facto nicht zu
erhaltenden (und im seltenen Ernstfall, dass Interesse an der Arbeit
aufkommt, ohnehin vergriffenen) Pseudo-Auflage.

Servus,
Stefan
--
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Offizieller Erstbesucher(TM) von mmeike

2013 Jahre seit die Germanen aus den Höhlen krochen: Wie konnte man das ohne Stefan wohl durchstehen.
(Sloganizer)
Hans-Peter Diettrich
2013-08-16 11:50:00 UTC
Permalink
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
| Daneben frage ich mich noch, ob eine Dissertation nicht eine Art
| Dokument/Urkunde ist, an deren Zugänglichkeit ein öffentliches Interesse
| bestehen kann.
....und dafuer ist es dann relativ egal, ob ein Werk gar nicht im
normalen Handel erhaeltlich ist, oder in einer de facto nicht zu
erhaltenden (und im seltenen Ernstfall, dass Interesse an der Arbeit
aufkommt, ohnehin vergriffenen) Pseudo-Auflage.
Die abgelieferten Belegexemplare sollten zumindest noch dauerhaft
verfügbar sein.

Aber ich ziehe meine Frage zurück, für ein öffentliches Interesse gibt
es keinen Grund. Selbst ein *amtliches* Interesse kann nur dem Nachweis
der Erlangung des Titels gelten, und dafür gibt es ja eine eigene
Urkunde. Die reicht auch für den Nachweis gegenüber einem Arbeitgeber
oder der Gewerbeaufsicht, und kann für Patienten/Klienten sichtbar in
den Geschäftsräumen eines niedergelassenen Arztes o.ä. ausgehängt werden.


Was mich allenfalls noch stören würde, das wäre ein Exklusivrecht,
welches es dem Urheber nicht gestattet, sein Werk selbst anders als per
Privatkopie zu verbreiten. Wenn es um eine wirtschaftliche Verwertung
der Forschungsergebnisse geht, würde doch die Einschränkung "sofern sie
weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen" (§53 I UrhG) der
Herstellung solcher Kopien entgegenstehen - denke ich?

Dazu noch eine praktische Frage: was müßte ein Verlag für das
Exklusivrecht auf die öffentliche Zugänglichmachung eines Werks etwa
hinblättern? Dabei dürfte es doch kaum bei einer einmaligen Abgeltung
bleiben?

DoDi
Tom Schneider
2013-08-17 09:09:15 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Die abgelieferten Belegexemplare sollten zumindest noch dauerhaft
verfügbar sein.
JA, sind sie durch die Nationalbibliothek.
Post by Hans-Peter Diettrich
Was mich allenfalls noch stören würde, das wäre ein Exklusivrecht,
welches es dem Urheber nicht gestattet, sein Werk selbst anders als per
Privatkopie zu verbreiten.Wenn es um eine wirtschaftliche Verwertung
der Forschungsergebnisse geht, würde doch die Einschränkung "sofern sie
weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen" (§53 I UrhG) der
Herstellung solcher Kopien entgegenstehen - denke ich?
Das verstehe ich nicht ganz. Der Verfasser einer Dissertation bekommt
(vermutlich) den Doktor-Grad und ist Urheber seiner Arbeit. Rechte von
Dritten könnten allenfalls aus der der Verwertung von Inhalten/Daten
kommen, die anderen gehören und die der Doktorand nutzen möchte.
Post by Hans-Peter Diettrich
Dazu noch eine praktische Frage: was müßte ein Verlag für das
Exklusivrecht auf die öffentliche Zugänglichmachung eines Werks etwa
hinblättern? Dabei dürfte es doch kaum bei einer einmaligen Abgeltung
bleiben?
Bei einer Dissertation? Da gibt es nur Zuschuss-Verlage. Der Doktorand
zahlt für die Veröffentlichung und die "Ausstattungsmerkmale" (nur
Druck, Papier und Cover, öffentliche Verfügbarkeit mit ISBN, ...).

Bei BOD kannst Du eine erste Schätzung kalkulieren. Nimm aber nicht
Einsteins Dissertation (17 Seiten), gehe eher mal von 300-600 Seiten A5 aus.
Florian Weimer
2013-08-17 10:40:02 UTC
Permalink
Post by Tom Schneider
Post by Hans-Peter Diettrich
Dazu noch eine praktische Frage: was müßte ein Verlag für das
Exklusivrecht auf die öffentliche Zugänglichmachung eines Werks etwa
hinblättern? Dabei dürfte es doch kaum bei einer einmaligen Abgeltung
bleiben?
Bei einer Dissertation? Da gibt es nur Zuschuss-Verlage.
Einige Dissertationen finden durchaus Leser oder münden in sehr
ähnliche Buchprojekte. Manche Autoren wollen wirklich etwas mitteilen
und nicht nur formelle Kriterien für den Titel erfüllen.
Wolfgang May
2013-08-17 14:46:57 UTC
Permalink
Post by Florian Weimer
Post by Tom Schneider
Post by Hans-Peter Diettrich
Dazu noch eine praktische Frage: was müßte ein Verlag für das
Exklusivrecht auf die öffentliche Zugänglichmachung eines Werks etwa
hinblättern? Dabei dürfte es doch kaum bei einer einmaligen Abgeltung
bleiben?
Bei einer Dissertation? Da gibt es nur Zuschuss-Verlage.
Einige Dissertationen finden durchaus Leser oder münden in sehr
ähnliche Buchprojekte. Manche Autoren wollen wirklich etwas mitteilen
und nicht nur formelle Kriterien für den Titel erfüllen.
Du machst Dir die Argumentation ziemlich einfach. In vielen Bereichen
(Natur- und Ingenieurwissenschaften) ist eine Dissertation ein sehr
spezielles konkretes Forschungsprojekt, dessen "Verwendung" als Buchprojekt
einfach fehl am Platz ist. Es gibt ein paar -zig weitere Forscher, die
auf diesem Gebiet arbeiten - die Verbreitung innerhalb dieses Bereichs
findet allerdings nicht durch Monographien, sondern durch Konferenz-
und Zeitschriftenbeitraege bzw in der Langform (d.h. einschliesslich
-ggf viele Seiten umfassende- Beweise) als Technical Report statt.

Etwas provozierend wuerde ich fuer diese Bereiche sagen: wer seine
Diss als Buch mit signifikanten Verkaufszahlen veroeffentlicht, hat
meistens nicht geforscht, sondern zusammengefasst.

Wolfgang
Tom Schneider
2013-08-17 17:57:42 UTC
Permalink
Post by Tom Schneider
Bei einer Dissertation? Da gibt es nur Zuschuss-Verlage.
Einige Dissertationen finden durchaus Leseroder münden in sehr
ähnliche Buchprojekte.
Ja, aber weiß das der Verleger vorher? Der kann sich keine
Zuschussprojekte leisten und das wären die meisten Dissertationen.

In der Regel leistet er Arbeit mit wenig Aussicht auf Umsatz. Also wird
vom Doktoranden ein Zuschuss verlangt, den der in Form einer Provision
auch wieder zurückerhält, sofern sich die Diss verkauft.

Wenn man aus einer interessanten Diss ein Buch macht, wird sie für das
Publikum umgeschrieben, sonst liest es keiner. Und wenn sich das
Umschreiben lohnt, könnte es auch mit dem Geschäft etwas werden.
Manche Autoren wollen wirklich etwas mitteilen
und nicht nur formelle Kriterien für den Titel erfüllen.>
Ja, aber wer wird's lesen? Nimm beispielsweise die Dissertationen
unserer Politiker. Die kommen häufig aus der geistes- oder
politikwissenschaftlichen Ecke und dann auch noch oft mit Bezug zu
Parteien (siehe Lammert, Westerwelle, ...)

Wer will das Zeug lesen? Wem bringt es etwas?
Helmut Richter
2013-08-17 18:15:27 UTC
Permalink
Bei BOD kannst Du eine erste Schätzung kalkulieren. Nimm aber nicht Einsteins
Dissertation (17 Seiten), gehe eher mal von 300-600 Seiten A5 aus.
Einsteins Diss war vor allem nach heutigen Maßstäben kurz, nicht unbedingt
nach damaligen. Ich kenne eine weitere Dissretation (Algebra) von knapp 30
Seiten aus den 1930er Jahren, und der Verfasser ist nicht so berühmt geworden
wie Einstein. Es liegt auch am Medium: Zeitschriften publizieren kein
Geschwafel, und Kopieren ging damals kaum. Nun ist ein Stichprobenumfang von 2
nicht unbedingt repräsentativ, aber es scheint mir schon so zu sein, dass
immer öfter inhaltliche Dichte durch Schwafelei ersetzt wird. 30 Seiten
mathematischer Stil (Definition, Satz, Beweis) hat sicher mehr Inhalt als 100
Seiten Deutschaufsatz über ein Thema. Und ich denke immer noch, dass alles,
was mehr als 150 bis 200 Seiten hat, davon zeugt, dass das Thema nicht soweit
durchdrungen wurde, dass der Verfasser gewusst hätte, was er guten Gewissens
weglassen kann.
--
Helmut Richter
Tom Schneider
2013-08-17 20:58:03 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
30 Seiten
mathematischer Stil (Definition, Satz, Beweis) hat sicher mehr Inhalt als 100
Seiten Deutschaufsatz über ein Thema. Und ich denke immer noch, dass alles,
was mehr als 150 bis 200 Seiten hat, davon zeugt, dass das Thema nicht soweit
durchdrungen wurde, dass der Verfasser gewusst hätte, was er guten Gewissens
weglassen kann.
Ich halte Spekulationen über die Qualitäts-/Quantitätsrelation eher für
ein Thema der Astrologie.

Ich vermute, dass sich der Stil geändert hat. Wenn ich meine Arbeit
einem größeren Publikum näherbringen will, muss ich auch die
"Randgruppen" mitnehmen, also die Fachleute, die nicht den gleichen
Stand haben, wie der Autor.

Lesermasse geht über zwei Mechanismen: Verbreitete Sprache wählen
(Englisch) und ausführliche Erklärung des Rahmens, auch mit Grafiken. Im
Gegenzug schützt die ausführliche Darstellung die Arbeit vor
unqualifizierten Angriffen von Ahnungslosen.

Es gibt sicher auch Unterschiede in den Fakultäten.
Theorien von Geistes- und Religionswissenschaftlern werden nicht durch
Realität oder Naturgesetze beschränkt, während Naturwissenschaftler sich
an vielen Stellen genau darauf in ihrer Beweisführung stützen können und
auch überprüfbar werden. Das spart natürlich Seiten.
Karl-Josef Ziegler
2013-08-16 06:36:07 UTC
Permalink
Post by Florian Weimer
Schreiben nicht viele Promotionsordnungen vor, daß die Arbeit regulär
als Buch publiziert werden muß? Natürlich nur in Kleinauflage, aber
immerhin.
Früher (im vordigitalen Zeitalter) war es so, dass eine bestimmte Anzahl
von Exemplaren (z. Bsp. 60) gedruckt und gebunden (das muss kein Buch
sein, eine Broschur von einer Druckerei/Copyshop reicht auch) bei der
zuständigen UB abgegeben werden musste. Diese wurden dann mit anderen
UBs getauscht (Tauschstelle) bzw. an die Pflichtexemplarbibliotheken
abgeliefert. Alternativ konnte man auch die Arbeit als Microfiches
abgeben. Oder als weitere Alternative die Publikation in einer
Fachzeitschrift bzw. im Buchhandel nachweisen. Das reduzierte dann die
Anzahl der abzugebenden Exemplare beträchtlich.

Heutzutage ist auch die elektronische Abgabe üblich. Entweder
(klassisch) auf CD-ROM oder vollelektronisch als Upload auf einen
Hochschulschriftenserver. Die DNB sammelt ebenfalls elektronische
Publikationen. Daneben ist zu Archivzwecken aber immer noch eine sehr
geringe Anzahl an gedruckten Exemplaren üblich. Bei Papier weiss man ja,
wie lange so etwas hält, bei elektronischen Datenformaten wäre ich mir
da nicht so sicher.

Viele Grüße,

- Karl-Josef
Wolfgang May
2013-08-16 08:09:19 UTC
Permalink
Post by Florian Weimer
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Ist es in Deutschland denn nicht erforderlich, der National- und der
Universitaetsbibliothek jeweils ein Exemplar zu ueberlassen? Ein
oeffentliches Interesse, alle Dissertationen im regulaeren Buchhandel
erwerben zu koennen, sehe ich nicht unbedingt.
Schreiben nicht viele Promotionsordnungen vor, daß die Arbeit regulär
als Buch publiziert werden muß? Natürlich nur in Kleinauflage, aber
immerhin.
War AFAIK nie der Fall. Es gab immer die Alternative, eine (ggf
groessere) Zahl an Exemplaren im Copy-Shop durchzujagen, und der
Uni-Bib zur weiteren Verteilung zu uebergeben. Oft wurde die Arbeit
auch auf Mikrofilm archiviert, um sie ggf reproduzieren zu koennen.
Die "kleinen" Promotionsverlage kamen erst in den 90er-Jahren auf,
vorher war es eher unueblich (und teuer) eine Diss bei einem Verlag zu
publizieren.

Seit 10-15 Jahren erlauben die meisten Promotionsordnungen auch eine
elektronische Publikation, d.h. die Uni-Bib bekommt ein pdf, das im Web
verfuegbar ist.

Wolfgang
Paul Ney
2013-08-15 12:13:06 UTC
Permalink
Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Helmut Richter
Post by Lars Gebauer
Mangels Kenntnis der entsprechenden Vereinbarung läßt sich da also
noch nicht mal sinnvoll spekulieren.
Einerseits ist das so. Andererseits sind die von Buchautoren mit den
Verlagen geschlossenen Vertäge in der Regel nicht so schrecklich
individuell, dass selbst spekulieren sich verbietet.
Dann kann man ja spekulieren, daß das erteilte Nutzungsrecht die
öffentliche Zugänglichmachung garnicht einschließt. Falls doch, dann
wäre ein Rückruf wegen nachweislicher Nichtausübung (s.o.) geboten.
Daneben frage ich mich noch, ob eine Dissertation nicht eine Art
Dokument/Urkunde ist, an deren Zugänglichkeit ein öffentliches
Interesse bestehen kann. Im UrhG habe ich nichts dazu passendes
gefunden, gibt es hierzu vielleicht Kommentare oder Urteile?
Die Tradition, eine Dissertation (Promotion oder Habilitation) zur
Einsicht durch die große Öffentlichkeit immer bereit zu halten, ist
Regel bzw. Gesetz geworden. Das Verfahren kann auch Unterschiede von Uni
zu Uni aufweisen. Manche Verlage haben sich genau auf die Erstellung der
erforderlichen Mindestauflage und Duchführung der Werbung spezialisiert
-- Kopie(n) für die National-, Uni-, Fakultät- und was auch immer
Bibliothek... Der Autor durfte auch dazuzahlen...

Das Internet und die neuen Drucktechnologien haben Einiges geändert.
Auch die Veröffentlichung (auf einer beständigeren Website) im Internet
kann und darf die Anforderungen erfüllen, eine Anzahl Pflichtausdrucken
muß jedoch abgeliefert werden. Seit dem PoD -- Print on Demand -- kann
man Auflagen je nach Bedarf wirtschaftlich drucken lassen.

Kürzlich gesehen im Netz: Diss liegt bei Google zum Blättern (Seite =
Bild) vor und zwar mit Vermerk: "nach Absprache mit dem Uni-Verlag X".
Freier Download (als eBook oder PDF usw.) ist nicht möglich, es sei denn
man kauft das für 10 Euro. Mancher Uni-Verlag läßt die Diss-PDF frei
downloaden, aber nur mit abgeschalteter Druckfunktion.

MfG, PY [Paul_Ney/at/t-online.de]
Lars Gebauer
2013-08-15 08:44:24 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Lars Gebauer
Und wenn das Copyright im Klo liegen würde wäre es auch egal. Wir sind
hier in D, hier gibt es kein Copyright.
Er hat "Copyright" gesagt! Ein Anglizismus!
Wir sind hier nicht in *.deutsch.
Post by Helmut Richter
Man kann doch irgendwann mal zur Kenntnis nehmen, dass sich das englische
Lehnwort "Copyright" so sehr im deutschen Sprachraum eingebürgert hat, dass es
von ganz deutschen Buchverlagen in ganz deutsche Bücher hineingedruckt wird
(oft aufgrund eines ganz deutschen Normvertrags für den Abschluss von
Verlagsverträgen, in dem das böse Wort vorkommt), um ganz deutsche Leser
darüber zu informieren, wer ihrer Meinung nach Vervielfältigungsrechte
besitzt.
Man kann das freilich zur Kenntnis nehmen - und ich habe auch überhaupt
kein Problem damit - aber ich halte es trotzdem für falsch. Aus dem
simplen Grund, weil zwischen kontinentalem und angelsächsischem UrhR
einige kleine, feine und trotzdem gemeine Unterschiede existieren.
Post by Helmut Richter
Und die Regelungen über solche Rechte sind in den deutschsprachigen
Ländern gar nicht so entsetzlich verschieden von denen in den
angelsächsischen, denn es geht dabei regelmäßig nicht um Urheberrechte (da
wäre die Rechtslage in der Tat ganz anders), sondern um Verwertungsrechte.
Stichwort fair use. So einfach ist das nicht.
Post by Helmut Richter
Post by Lars Gebauer
Hier bestimmt einzig der Urheber, ob, wem, wie lange und zu welchen
sonstigen Konditionen (bspw. exklusiv/nicht exklusiv) ein Nutzungsrecht
eingeräumt wird.
Nicht nur hier, sondern auch dort, wo man Verwertungsrechte "Copyright" nennt.
Und auch hier ist es die Regel, dass solche Rechte Verlagen exklusiv gewährt
werden und nicht ohne weiteres zurückgepfiffen werden können, außer in
besonderen Fällen wie §§ 41 und 42 UrhG.
Pferde und Esel sind sich auch recht ähnlich. Aber der Spruch
"Frauenfußball ist ein Pferderennen mit Eseln" polarisiert trotzdem sehr
nett.
Thomas Koller
2013-08-19 10:13:30 UTC
Permalink
Post by Lars Gebauer
Wir sind hier nicht in *.deutsch.
Nein, aber in de(eutsch).* ;-)

Dir ist schon klar, dass das "de" im Gruppennamen nichts mit Deutschland
zu tun hat, sondern für deutschsprachig steht?

Tom
Lars Gebauer
2013-08-19 11:31:36 UTC
Permalink
Post by Thomas Koller
Post by Lars Gebauer
Wir sind hier nicht in *.deutsch.
Nein, aber in de(eutsch).* ;-)
Dir ist schon klar, dass das "de" im Gruppennamen nichts mit Deutschland
zu tun hat, sondern für deutschsprachig steht?
Schrieb ich Gegenteiliges?
Thomas Koller
2013-08-19 11:38:20 UTC
Permalink
Post by Lars Gebauer
Post by Thomas Koller
Post by Lars Gebauer
Wir sind hier nicht in *.deutsch.
Nein, aber in de(eutsch).* ;-)
Dir ist schon klar, dass das "de" im Gruppennamen nichts mit Deutschland
zu tun hat, sondern für deutschsprachig steht?
Schrieb ich Gegenteiliges?
Ja, dein obiger Kommentar lässt vermuten, dass du meintest hier sei
nicht deutsch(sprachig) angesagt. Daher hab ich nachgefragt.

Tom
Lars Gebauer
2013-08-19 11:51:34 UTC
Permalink
Post by Thomas Koller
Post by Lars Gebauer
Post by Thomas Koller
Post by Lars Gebauer
Wir sind hier nicht in *.deutsch.
Nein, aber in de(eutsch).* ;-)
Dir ist schon klar, dass das "de" im Gruppennamen nichts mit Deutschland
zu tun hat, sondern für deutschsprachig steht?
Schrieb ich Gegenteiliges?
Ja, dein obiger Kommentar lässt vermuten, dass du meintest hier sei
nicht deutsch(sprachig) angesagt. Daher hab ich nachgefragt.
Mein Kommentar bezog sich auf de.etc.sprache.deutsch.

Tom Schneider
2013-08-15 15:25:31 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Er hat "Copyright" gesagt! Ein Anglizismus!
Man kann doch irgendwann mal zur Kenntnis nehmen, dass sich das englische
Lehnwort "Copyright" so sehr im deutschen Sprachraum eingebürgert hat, dass es
von ganz deutschen Buchverlagen in ganz deutsche Bücher hineingedruckt wird
Aus einem anderen praktischen Grund: Bekommt das Buch in den USA jemand
in die Hand, dann gilt US-Recht - egal was das deutsche Urheberrecht meint.

Mit dem (C) kann der Verlag auch für diesen Rechtskreis wirkungsvoll
signalisieren, dass er dessen Rechtslage kennt und den
Verteidigungswillen für sein Copyrights demonstrieren.
Post by Helmut Richter
Nicht nur hier, sondern auch dort, wo man Verwertungsrechte "Copyright" nennt.
Und auch hier ist es die Regel, dass solche Rechte Verlagen exklusiv gewährt
werden und nicht ohne weiteres zurückgepfiffen werden können, außer in
besonderen Fällen wie §§ 41 und 42 UrhG.
Das Verlagsgesetz wäre auch einschlägig.
Tom Schneider
2013-08-15 15:19:04 UTC
Permalink
Post by Frank Mueller
Er ist zwar der Verfasser der Arbeit, aber das Copyright liegt beim
Eichholz-Verlag. Dieser existiert heute nicht mehr. Die mit diesem wohl
1982 fusionierte "Bonner Werbe GmbH"[1] existiert heute auch nicht mehr
(wenngleich sich noch einige Artefakte im Netz finden lassen).
Das Verlagsgesetz stellt dazu Regeln auf: Wenn der Verleger nicht mehr
Willsens ist, eine neue Auflage zu veranstalten, kann der Autor vom
Vertrag zurücktreten.
Die Rechte gehen dann wieder an den Autor und der kann sein Werk nun
anders veröffentlichen.

Das würde ich mal bei Lammert vermuten, denn Dissertationen sind
normalerweise keine Brüller im Verkauf.

Zahlreiche Dissertationen verkaufen sich nicht ein einziges mal, aber
zum einen konnte man in der Prä-Internet-Zeit entweder 150 Exemplare
drucken und der Unibibliothek zur Verteilung übergeben oder man fand
einen Verlag, der zusicherte, diese Menge zu drucken und zu verkaufen.
Das konnte günstig sein, wenn der Verlag die Diss zwar verfügbar machte,
aber nur bei Bedarf druckte.
Außerdem konnte der angehende Doktor so einige Exemplare für Freunde und
Verwandte erwerben, dazu die Hoffnung, dass der Name eines Verlages auf
der Diss ihren Autor bei der Bewerbung interessanter machen würde.
Frank Mueller
2013-08-15 16:53:27 UTC
Permalink
Post by Tom Schneider
Post by Frank Mueller
Er ist zwar der Verfasser der Arbeit, aber das Copyright liegt beim
Eichholz-Verlag. Dieser existiert heute nicht mehr. Die mit diesem wohl
1982 fusionierte "Bonner Werbe GmbH"[1] existiert heute auch nicht mehr
(wenngleich sich noch einige Artefakte im Netz finden lassen).
Das Verlagsgesetz stellt dazu Regeln auf: Wenn der Verleger nicht mehr
Willsens ist, eine neue Auflage zu veranstalten, kann der Autor vom
Vertrag zurücktreten.
1. Wenn der Verlag nicht mehr existiert - wem gegenüber?

2. Wenn es doch einen Rechtsnachfolger des Verlags geben sollte, hätte
er den sicherlich nicht innerhalb von Stunden ausfindig machen, bei
ihm bzgl. einer weiteren Auflage anfragen und eine Antwort erhalten
können.
Tom Schneider
2013-08-17 08:58:00 UTC
Permalink
Post by Frank Mueller
Post by Tom Schneider
Post by Frank Mueller
Er ist zwar der Verfasser der Arbeit, aber das Copyright liegt beim
Eichholz-Verlag. Dieser existiert heute nicht mehr. Die mit diesem wohl
1982 fusionierte "Bonner Werbe GmbH"[1] existiert heute auch nicht mehr
(wenngleich sich noch einige Artefakte im Netz finden lassen).
Das Verlagsgesetz stellt dazu Regeln auf: Wenn der Verleger nicht mehr
Willsens ist, eine neue Auflage zu veranstalten, kann der Autor vom
Vertrag zurücktreten.
1. Wenn der Verlag nicht mehr existiert - wem gegenüber?
Dann hat sich das Problem doch schon erledigt. Der Vertragspartner ist
einfach verschwunden. Der verschwundene Vertragspartner kann keine
Leistungen mehr erbringen, also warum soll sich der Autor noch zu seinem
eigenen Nachteil noch daran binden?
Post by Frank Mueller
2. Wenn es doch einen Rechtsnachfolger des Verlags geben sollte, hätte
er den sicherlich nicht innerhalb von Stunden ausfindig machen, bei
ihm bzgl. einer weiteren Auflage anfragen und eine Antwort erhalten
können.
Vielleicht hat er das ja getan. Lammert könnte auch wegen Nichtausübung
des Verlagsrechts den Rücktritt vom Vertrag erklären.

Wenn wir uns den Ablauf einer Rechtsnachfolge vorstellen, dann ist es
sicher so, dass die Autoren kaum einen Einblick in den Vorgang haben.
Andererseits sollte der Rechtsnachfolger erst mal gegenüber den Autoren
belegen, dass er vom unbeteiligten Dritten zum Rechtsnachfolger
aufgestiegen ist, jetzt das Verlagsrecht hat und dieses auch ausüben
oder zurückgeben möchte.

Also hätte sich doch der Verlag melden müssen?
Hans-Peter Diettrich
2013-08-17 11:31:36 UTC
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Post by Tom Schneider
Wenn wir uns den Ablauf einer Rechtsnachfolge vorstellen, dann ist es
sicher so, dass die Autoren kaum einen Einblick in den Vorgang haben.
Andererseits sollte der Rechtsnachfolger erst mal gegenüber den Autoren
belegen, dass er vom unbeteiligten Dritten zum Rechtsnachfolger
aufgestiegen ist, jetzt das Verlagsrecht hat und dieses auch ausüben
oder zurückgeben möchte.
Also hätte sich doch der Verlag melden müssen?
Wenn der sich meldet, dann vermutlich mit einer Abmahnung :-]

DoDi
Tom Schneider
2013-08-17 21:08:11 UTC
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Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Tom Schneider
Wenn wir uns den Ablauf einer Rechtsnachfolge vorstellen, dann ist es
sicher so, dass die Autoren kaum einen Einblick in den Vorgang haben.
Andererseits sollte der Rechtsnachfolger erst mal gegenüber den
Autoren belegen, dass er vom unbeteiligten Dritten zum
Rechtsnachfolger aufgestiegen ist, jetzt das Verlagsrecht hat und
dieses auch ausüben oder zurückgeben möchte.
Also hätte sich doch der Verlag melden müssen?
Wenn der sich meldet, dann vermutlich mit einer Abmahnung :-]
Zunächst einmal müsste er sich melden, wenn er eine neue Auflage machen
wollte - wenn nur eine Auflage vereinbart ist, endet der Vertrag ohnehin
automatisch.

Nach §17 muss er dem Verfasser Gelegenheit für eine Überarbeitung vor
der neuen der Auflage geben.
Frank Mueller
2013-08-17 17:09:41 UTC
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Post by Tom Schneider
Post by Frank Mueller
Post by Tom Schneider
Post by Frank Mueller
Er ist zwar der Verfasser der Arbeit, aber das Copyright liegt beim
Eichholz-Verlag. Dieser existiert heute nicht mehr. Die mit diesem wohl
1982 fusionierte "Bonner Werbe GmbH"[1] existiert heute auch nicht mehr
(wenngleich sich noch einige Artefakte im Netz finden lassen).
Das Verlagsgesetz stellt dazu Regeln auf: Wenn der Verleger nicht mehr
Willsens ist, eine neue Auflage zu veranstalten, kann der Autor vom
Vertrag zurücktreten.
1. Wenn der Verlag nicht mehr existiert - wem gegenüber?
Dann hat sich das Problem doch schon erledigt. Der Vertragspartner ist
einfach verschwunden. Der verschwundene Vertragspartner kann keine
Leistungen mehr erbringen, also warum soll sich der Autor noch zu seinem
eigenen Nachteil noch daran binden?
Praktisch gibt es dazu keinen Grund (wo kein Kläger, da kein Richter),
aber wäre eine unautorisierte öffentliche Zugänglichmachung nicht
trotzdem rechtswidrig, wenn er dem Vertragspartner eine exklusive und
zeitlich unbegrenzte Verwertung der Dissertation eingeräumt haben
sollte? Dann würde er sich ja nicht mehr vertragstreu verhalten.

Soweit ich sehe, trifft das Verlagsgesetz für den Fall des Erlöschens
eines Verlages auch keine spezielle Regelung.
Hans-Peter Diettrich
2013-08-17 18:19:36 UTC
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Post by Frank Mueller
Post by Tom Schneider
Post by Frank Mueller
1. Wenn der Verlag nicht mehr existiert - wem gegenüber?
Dann hat sich das Problem doch schon erledigt. Der Vertragspartner ist
einfach verschwunden. Der verschwundene Vertragspartner kann keine
Leistungen mehr erbringen, also warum soll sich der Autor noch zu seinem
eigenen Nachteil noch daran binden?
Praktisch gibt es dazu keinen Grund (wo kein Kläger, da kein Richter),
aber wäre eine unautorisierte öffentliche Zugänglichmachung nicht
trotzdem rechtswidrig, wenn er dem Vertragspartner eine exklusive und
zeitlich unbegrenzte Verwertung der Dissertation eingeräumt haben
sollte? Dann würde er sich ja nicht mehr vertragstreu verhalten.
Soweit ich sehe, trifft das Verlagsgesetz für den Fall des Erlöschens
eines Verlages auch keine spezielle Regelung.
Zum Verlagsrecht kann ich nichts sagen (IANAL), aber im UrhG wird die
Weitergabe von eingeräumten Nutzungsrechten an mehreren Stellen explizit
geregelt, siehe insb. §34 III UrhG. Ich nehme an, daß sie beim Untergang
eines Verlags wie dessen sonstiges Vermögen von Dritten erworben werden
können.

DoDi
Tom Schneider
2013-08-17 21:05:58 UTC
Permalink
Post by Frank Mueller
Praktisch gibt es dazu keinen Grund (wo kein Kläger, da kein Richter),
aber wäre eine unautorisierte öffentliche Zugänglichmachung nicht
trotzdem rechtswidrig, wenn er dem Vertragspartner eine exklusive und
zeitlich unbegrenzte Verwertung der Dissertation eingeräumt haben
sollte? Dann würde er sich ja nicht mehr vertragstreu verhalten.
Der Verlag ist kein normaler Nutzer, der das Werk lesen möchte. Der
Verlag hat die Aufgabe, Leser zu finden und daher hat es der Gesetzgeber
offenbar für nötig befunden, das Verhältnis zwischen Autor und Verleger
besonders zu regeln.
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