Discussion:
Piper-Chefin: "Kulturgut Lesen vom Aussterben bedroht"
(zu alt für eine Antwort)
Kapitän Ehrhardt
2017-10-09 11:33:32 UTC
Permalink
Kurz vor der diesjährigen Frankfurter Buchmesse hat Piper-Verlegerin
Felicitas von Lovenberg vor einem Aussterben des "Kulturgutes Lesen"
gewarnt. "Uns allen brechen die Leser weg. Noch 2012 hat sich jeder
Mensch hierzulande statistisch gesehen mindestens einmal pro Jahr ein
Buch gekauft. Diese Reichweite hat sich praktisch halbiert", sagte
Lovenberg dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe).

Es gehe "gar nicht mehr so sehr um die Frage Papier oder digital,
sondern um die Vermittlung von Inhalten, von Wissen generell". Das Buch
verlange "einen Leser, der bereit ist, sich in einen Stoff zu
versenken".

Auf die Frage, ob die Digitalisierung nicht auch helfen könnte, warnte
Lovenberg vor zu viel Optimismus: "Ganz ehrlich: In den vergangenen
Jahren haben viele Verlage in digitale Geschäftsfelder Unsummen von Geld
investiert, das sie eher nicht mehr wiedersehen werden. Und diese
Erkenntnis ereilt uns zu einem Zeitpunkt, da wir merken: Käufer und
Leser kommen uns in erschreckendem Maß abhanden", so die Verlagschefin.

http://www.epochtimes.de/feuilleton/kultur/piper-chefin-kulturgut-lesen-vom-aussterben-bedroht-a2235631.html


Große Buchketten machen ihr Geschäft bereits überwiegend mit
Deko-Artikeln. Der Dummdeutsche schafft sich ab!

KE
Dorothee Hermann
2017-10-09 12:13:34 UTC
Permalink
Am 09.10.2017 um 13:33 schrieb Kapitän Ehrhardt:
http://www.epochtimes.de/feuilleton/kultur/piper-chefin-kulturgut-lesen-vom-aussterben-bedroht-a2235631.html
Post by Kapitän Ehrhardt
Kurz vor der diesjährigen Frankfurter Buchmesse hat Piper-Verlegerin
Felicitas von Lovenberg vor einem Aussterben des "Kulturgutes Lesen"
gewarnt. "Uns allen brechen die Leser weg. Noch 2012 hat sich jeder
Mensch hierzulande statistisch gesehen mindestens einmal pro Jahr
ein Buch gekauft. Diese Reichweite hat sich praktisch halbiert",
sagte Lovenberg dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe).
"Das "Kulturgut Lesen" stirbt aus – das meinte die Piper-Verlegerin
Felicitas von Lovenberg. Das habe mit dem heutigen chronische Druck zu
tun, wegen dem die Menschen keine Muße mehr zum Lesen eines Buches
finden können, meinte die Verlegerin".

Dazu Zitat von der Frankfurter Buchmesse
|Buch und Buchhandel in Zahlen 2016 (2015)
|Die Bedeutung des Buches
|Das Buch belegt 2015 einen guten vierzehnten Platz im Ranking der
|häufigen Freizeitbeschäftigungen der Deutschen, das 51 Aktivitäten
|erfasst.
|19,7 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren lesen nach Feierabend
|„häufig“ Bücher (2014: 20,4 Prozent), weitere 28,3 Prozent immerhin
|„gelegentlich“ (2014: 29,0 Prozent).
|Das Bücherlesen bleibt im Vergleich zum Vorjahr auf dem selben Rang
|(bzw. steigt einen auf, weil eine Kategorie entfallen ist).
|27,8 Prozent vertreiben sich die Zeit „selten“ mit einem Buch (wie
|im Vorjahr), 24,2 Prozent lesen „nie“ (Vorjahr: 22,8 Prozent).
|Die Zahlen zeigen damit eine leichte Verschiebung hin zu
|den Nichtlesern" *aus*
https://www.buchmesse.de/images/fbm/dokumente-ua-pdfs/2016/buchmarkt_deutschland_2016_dt.pdf_58507.pdf
Post by Kapitän Ehrhardt
Große Buchketten machen ihr Geschäft bereits überwiegend mit
Deko-Artikeln.
Seit Jahren (!) ist das u.a. so.
Post by Kapitän Ehrhardt
Der Dummdeutsche schafft sich ab!
Wieso? Hast Du früher mehr gelesen?


Dorothee
Werner Tann
2017-10-10 07:54:58 UTC
Permalink
Post by Dorothee Hermann
"Das "Kulturgut Lesen" stirbt aus – das meinte die Piper-Verlegerin
Felicitas von Lovenberg. Das habe mit dem heutigen chronische Druck zu
tun, wegen dem die Menschen keine Muße mehr zum Lesen eines Buches
finden können, meinte die Verlegerin".
Das Argument mit dem "chronischen Druck" entpuppt sich als Unsinn,
wenn es stimmt, dass Deutsche im Schnitt täglich 223 Minuten
fernsehen. Wo ist denn da der Druck? Im übrigen gilt die
Bauernweisheit, wofür man Zeit haben *will*, dafür nimmt man sich die
Zeit. Das andere ist eher Ausrede.
http://www.tagesspiegel.de/medien/mediennutzung-deutsche-schauen-taeglich-223-minuten-fern/13455208.html

Es ist IMO nicht der "Druck", sondern eine aufgrund der
Reizüberflutung und Beschleunigung unserer Zeit vollkommen veränderte
Wahrnehmung. Immer weniger sind in der Lage, sich zwei Stunden mit
einem Buch hinzusetzen und sich auf es einzulassen. Beim Lesen wird
man nicht bedient wie beim Fernsehen, man muss sich den Text aktiv
aneignen. Auch ist Lesen - von der Wahrnehmungsseite her - eine recht
reizarme, monotone Beschäftigung: eine endlose Wüste schwarzer Lettern
will bewältigt werden. Beim Fernsehen kommt alle paar Sekunden ein
anderes buntes Bild, Leute quatschen, streiten, raufen ... Ohne diese
"Abwechslung" wird den meisten Konsumenten sofort fad. In Büchern
entsteht diese Abwechslung im Kopf, in der Phantasie des Lesers. Dazu
ist der Zeitgenosse aber nicht mehr in der Lage.
Juergen Barsuhn
2017-10-10 21:31:43 UTC
Permalink
Post by Werner Tann
Post by Dorothee Hermann
"Das "Kulturgut Lesen" stirbt aus – das meinte die Piper-Verlegerin
Felicitas von Lovenberg. Das habe mit dem heutigen chronische Druck zu
tun, wegen dem die Menschen keine Muße mehr zum Lesen eines Buches
finden können, meinte die Verlegerin".
Das Argument mit dem "chronischen Druck" entpuppt sich als Unsinn,
wenn es stimmt, dass Deutsche im Schnitt täglich 223 Minuten
fernsehen. Wo ist denn da der Druck?
.....
Post by Werner Tann
Es ist IMO nicht der "Druck", sondern eine aufgrund der
Reizüberflutung und Beschleunigung unserer Zeit vollkommen veränderte
Wahrnehmung. Immer weniger sind in der Lage, sich zwei Stunden mit
einem Buch hinzusetzen und sich auf es einzulassen. Beim Lesen wird
man nicht bedient wie beim Fernsehen, man muss sich den Text aktiv
aneignen. Auch ist Lesen - von der Wahrnehmungsseite her - eine recht
reizarme, monotone Beschäftigung: eine endlose Wüste schwarzer Lettern
will bewältigt werden. Beim Fernsehen kommt alle paar Sekunden ein
anderes buntes Bild, Leute quatschen, streiten, raufen ... Ohne diese
"Abwechslung" wird den meisten Konsumenten sofort fad. In Büchern
entsteht diese Abwechslung im Kopf, in der Phantasie des Lesers. Dazu
ist der Zeitgenosse aber nicht mehr in der Lage.
Deine Darstellung suggeriert, dass es in der Vergangenheit besser war.
Doch in Wahrheit gab es in den meisten Arbeiterfamilien um 1900 gar
keine Bücher. In "Das verborgene Wort" schildert Ulla Hahn die Kindheit
der Hilla Palm in einer einfachen katholischen Arbeiterfamilie in der
Nachkriegszeit. Es gibt dort nur wenige Bücher, nicht viel mehr als eine
Geschichte des grausamen Foltertods wichtiger Heiliger. Ihr erwachendes
literarisches Intresse findet wenig Verständnis in der Familie. Als dann
eines Tages ein Schwarzweißfernseher angeschafft werden kann, erweitert
sich der Blick der Eltern ein wenig, Bücherlesen gab es nicht und konnte
daher durch das neue Medium nicht verdrängt werden. Der für die
Entwicklung Hillas bedeutende Großvater ist Analphabet, ihm erschließt
sich die "endlose Wüste schwarzer Lettern" nicht, vielmehr regen in die
"Buchsteine", besonders auffällig gemusterte Kieselsteine aus dem Rhein,
zum Erzählen von Fantasiegeschichten an.

Gruß
Jürgen
Werner Tann
2017-10-11 06:52:32 UTC
Permalink
Post by Juergen Barsuhn
Deine Darstellung suggeriert, dass es in der Vergangenheit besser war.
Doch in Wahrheit gab es in den meisten Arbeiterfamilien um 1900 gar
keine Bücher.
Die Beschreibung und Interpretation von Entwicklungstendenzen ist
immer problematisch. Ich habe grundsätzlich vom "bürgerlichen"
Haushalt nach dem 2. WK gesprochen, von der Zeit, die ich größtenteils
selber miterlebt habe. Klar, dass buchferne Schichten zu keiner Zeit
wirkliche Leser waren, die dem Markt nun abgehen würden. Das ist aber
der Punkt. Welche Konsumenten hat der Buchhandel verloren? Doch kaum
die ALDI-Kassiererin, eher den mittleren Angestellten, der früher mehr
gelesen hat, in den letzten Jahren aber mehr im Internet unterwegs
ist, surft, einen gestreamten Film schaut oder die Social Media
abgrast. Weil er das Lesen zunehmend als anstrengend und mühsam
empfindet. Es kommt ihm dabei zuwenig "zurück", Stichwort Web 2.0, wo
jede Aktion eine Reaktion erzeugt, im Idealfall von anderen Menschen.
Das Buch redet nicht mit einem oder auf eine ganz andere Art und
Weise. Mir gefällt das ja, immer mehr Leute finden aber mit dem Buch
und mit sich und ihrer Vorstellungskraft nicht mehr das Auslangen. Sie
brauchen Theater rundherum.
Andreas Mattheiss
2017-10-12 17:56:41 UTC
Permalink
Hallo,
Welche Konsumenten hat der Buchhandel verloren? Doch kaum die
ALDI-Kassiererin, eher den mittleren Angestellten, der früher mehr
gelesen hat, in den letzten Jahren aber mehr im Internet unterwegs ist,
surft, einen gestreamten Film schaut oder die Social Media abgrast.
Vielleicht sind doch mehr "Schichten" betroffen, als man meint. Und es ist
ja nicht nur die "hohe" Literatur. Die Sache mit den Heftromanen ist
vielleicht ganz interessant: Perry Rhodan gibt es seit den späten 60ern.
Gut 60 Seiten, einmal die Woche. Nun ist PR literarisch nicht wirklich
wertvoll, aber großes Kopfkino, und als Kolportageroman mit einem
Handlungsbogen, der durchaus fesseln kann. Da gab es also früher eine
durchaus beachtliche Menge an Lesern, die am Freitag an den Kiosk
geschlappt sind und sich am Freitag Abend/Wochenende ein paar Stunden zum
Lesen zurückgezogen haben. PR erschien damals in bis zu vier Auflagen
gleichzeitig, meine ich. Heute gibt es PR immer noch, aber nur in einer
Auflage, und es ist lange, lange her, seit ich jemanden mit so etwas in
der Hand begegnet bin.

mfg
Andreas
--
LISTER: Shouldn't this plug into something?
HOLLY: Oh yeah, that joins up with the white cable.
LISTER: The white cable?
HOLLY: Yeah.
Werner Tann
2017-10-13 07:53:14 UTC
Permalink
Post by Andreas Mattheiss
Vielleicht sind doch mehr "Schichten" betroffen, als man meint. Und es ist
ja nicht nur die "hohe" Literatur.
Wie gesagt sind Beschreibung und Interpretation schwierig, man müsste
klären, von welchen Menschen aus welcher Zeit man spricht, mit welchen
man sie vergleicht (und warum) und was "weniger lesen" überhaupt
bedeutet usw. Jürgen geht z. B. gar bis zur Arbeiterfamilie um 1900
zurück.

Du hast durchaus recht, der sog. Groschenroman hatte einige Jahrzehnte
lang massenhaft Leser. Genauso gab es Zeiten, in denen Comics eine
Massenverbreitung hatten.
Fix und Foxi: insgesamt 750 Millionen verkaufter Hefte. Erstmals
eingestellt 1994, danach mehrere gescheiterte Relaunch-Versuche.
Micky Maus: seit 66 Jahren am Markt, schwächelt aber zunehmend, seit
heurigem August wurde von wöchentlichem auf 14-tägliches Erscheinen
umgestellt.
Juergen Barsuhn
2017-10-14 23:55:04 UTC
Permalink
Am 12.10.2017 um 19:56 schrieb Andreas Mattheiss:

.....
Post by Andreas Mattheiss
Vielleicht sind doch mehr "Schichten" betroffen, als man meint. Und es ist
ja nicht nur die "hohe" Literatur. Die Sache mit den Heftromanen ist
vielleicht ganz interessant: Perry Rhodan gibt es seit den späten 60ern.
Gut 60 Seiten, einmal die Woche. Nun ist PR literarisch nicht wirklich
wertvoll, aber großes Kopfkino, und als Kolportageroman mit einem
Handlungsbogen, der durchaus fesseln kann. Da gab es also früher eine
durchaus beachtliche Menge an Lesern, die am Freitag an den Kiosk
geschlappt sind und sich am Freitag Abend/Wochenende ein paar Stunden zum
Lesen zurückgezogen haben. PR erschien damals in bis zu vier Auflagen
gleichzeitig, meine ich. Heute gibt es PR immer noch, aber nur in einer
Auflage, und es ist lange, lange her, seit ich jemanden mit so etwas in
der Hand begegnet bin.
Ja, gerade weil die PR-Welt trotz realistischen Anstrichs so
physikalisch völlig unmöglich war, bot so ein Heft Entspannung. Ein
Leser hat das mal in die Worte gefasst
"erdenschwere nicht erlebt, wer mit Perry Rhodan schwebt"

Gruß
Jürgen
Juergen Barsuhn
2017-10-14 23:39:09 UTC
Permalink
Post by Werner Tann
Post by Juergen Barsuhn
Deine Darstellung suggeriert, dass es in der Vergangenheit besser war.
Doch in Wahrheit gab es in den meisten Arbeiterfamilien um 1900 gar
keine Bücher.
Die Beschreibung und Interpretation von Entwicklungstendenzen ist
immer problematisch. Ich habe grundsätzlich vom "bürgerlichen"
Haushalt nach dem 2. WK gesprochen, von der Zeit, die ich größtenteils
selber miterlebt habe.
Ich kann da leider auch nicht mit Zahlen aufwarten. Mich stört aber die
Tendenz zur Behauptung, früher sei es einmal besser gewesen.
Post by Werner Tann
Klar, dass buchferne Schichten zu keiner Zeit
wirkliche Leser waren, die dem Markt nun abgehen würden. Das ist aber
der Punkt. Welche Konsumenten hat der Buchhandel verloren? Doch kaum
die ALDI-Kassiererin, eher den mittleren Angestellten, der früher mehr
gelesen hat, in den letzten Jahren aber mehr im Internet unterwegs
ist, surft, einen gestreamten Film schaut oder die Social Media
abgrast. Weil er das Lesen zunehmend als anstrengend und mühsam
empfindet. Es kommt ihm dabei zuwenig "zurück", Stichwort Web 2.0, wo
jede Aktion eine Reaktion erzeugt, im Idealfall von anderen Menschen.
Das Buch redet nicht mit einem oder auf eine ganz andere Art und
Weise. Mir gefällt das ja, immer mehr Leute finden aber mit dem Buch
und mit sich und ihrer Vorstellungskraft nicht mehr das Auslangen. Sie
brauchen Theater rundherum.
Früher konnte manein Buch entweder im Buchladen kaufen oder in einer
Leihbücherei entleihen. Heute kommen mit E-Books und Hörbüchern neue
Darbietungsformen hinzu, bei denen dann die Leser- bzw- Hörerzahl nur
schwierig abzuschätzen ist.
Was nir trotz aller neuer Medien fehlt, ist die Möglichkeit, mit einem
Leser zu sprechen, der gerade dasselbe Buch wie ich gelesen hat. In
dieser Hinsicht ist diese newsgruppe leider tot.

Gruß
Jürgen
Werner Tann
2017-10-15 08:13:10 UTC
Permalink
Post by Juergen Barsuhn
Was nir trotz aller neuer Medien fehlt, ist die Möglichkeit, mit einem
Leser zu sprechen, der gerade dasselbe Buch wie ich gelesen hat. In
dieser Hinsicht ist diese newsgruppe leider tot.
Die Newsgroup ist tot, weil das Usenet (fast) tot ist. Stattdessen
gibt es etliche Literaturforen im Web. Weil die Benutzer sich dort
verteilen, sind die Chancen nicht besonders, in einem oder zwei
regelmäßig besuchten Foren einen Gesprächspartner für ein bestimmtes
Buch zu finden. Und auf Kommentare der üblichen Labertaschen, die zu
allem etwas posten, ohne das Buch gelesen zu haben, kann man
verzichten. Treffen tatsächlich einmal Leser des gleichen Buchs
aufeinander, wird meist auf Grundschulniveau diskutiert.
"Was wollte der Autor eigentlich mit diesem Buch?"
"Was meinst du damit?"
"Na, welche Idee er verfolgte?"
"Also, z. B. bei ... gibt es auch keine Idee, das stört mich nicht."

Usw. 8-)
Sebastian Will
2017-10-15 12:13:37 UTC
Permalink
Post by Kapitän Ehrhardt
http://www.epochtimes.de/feuilleton/kultur/piper-chefin-kulturgut-lesen-vom-aussterben-bedroht-a2235631.html
Post by Kapitän Ehrhardt
Kurz vor der diesjährigen Frankfurter Buchmesse hat Piper-Verlegerin
Felicitas von Lovenberg vor einem Aussterben des "Kulturgutes Lesen"
gewarnt. "Uns allen brechen die Leser weg. Noch 2012 hat sich jeder
Mensch hierzulande statistisch gesehen mindestens einmal pro Jahr
ein Buch gekauft. Diese Reichweite hat sich praktisch halbiert",
sagte Lovenberg dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe).
Mich würde interessieren, ob das überhaupt stimmt. Der Umsatz jedenfalls
steigt seit 30 Jahren kontinuierlich. Und auch die Anzahl an
verschiedenen Titeln, die pro Jahr veröffentlicht werden. Vielmehr
findet wohl eher eine Marktverschiebung statt, die bei der o.g. Aussage
keine Berücksichtigung findet. Ich glaube, das ist wie in der
Filmbranche: jammern auf hohem Niveau.
Post by Kapitän Ehrhardt
"Das "Kulturgut Lesen" stirbt aus – das meinte die Piper-Verlegerin
Felicitas von Lovenberg. Das habe mit dem heutigen chronische Druck zu
tun, wegen dem die Menschen keine Muße mehr zum Lesen eines Buches
finden können, meinte die Verlegerin".
Interessant und bezeichnend, dass das Aussterben des "Kulturguts Lesen"
an Verkaufszahlen von neuen Büchern festgemacht wird. Man müsste jetzt
wissen, wie sich der Gebrauchtmarkt entwickelt hat, die ganzen
Selfpublishing-Sachen, usw. Nur weil innerhalb des traditionellen
Kommerzsystems weniger Bücher verkauft werden, heißt das nicht
automatisch, dass das "Kulturgut Lesen" ausstirbt.
--
Sebastian
Dorothee Hermann
2017-10-15 14:13:35 UTC
Permalink
Post by Sebastian Will
Post by Kapitän Ehrhardt
Kurz vor der diesjährigen Frankfurter Buchmesse hat
Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg vor einem Aussterben des
"Kulturgutes Lesen" gewarnt.
Mich würde interessieren, ob das überhaupt stimmt. Der Umsatz
jedenfalls steigt seit 30 Jahren kontinuierlich. Und auch die Anzahl
an verschiedenen Titeln, die pro Jahr veröffentlicht werden. Vielmehr
findet wohl eher eine Marktverschiebung statt, die bei der o.g.
Aussage keine Berücksichtigung findet. Ich glaube, das ist wie in der
Filmbranche: jammern auf hohem Niveau. Interessant und bezeichnend,
dass das Aussterben des "Kulturguts Lesen" an Verkaufszahlen von
neuen Büchern festgemacht wird.
Diese Gedanken von Dir hatte ich mir ja genauso gemacht.
Deshalb zitierte ich ja:
https://www.buchmesse.de/images/fbm/dokumente-ua-pdfs/2016/buchmarkt_deutschland_2016_dt.pdf_58507.pdf
"Das Buch belegt 2015 einen guten vierzehnten Platz im Ranking der
häufigen Freizeitbeschäftigungen der Deutschen, das 51 Aktivitäten
erfasst. 19,7 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren lesen nach
Feierabend „häufig“ Bücher (2014: 20,4 Prozent), weitere 28,3 Prozent
immerhin „gelegentlich“ (2014: 29,0 Prozent)".
Post by Sebastian Will
Man müsste jetzt wissen, wie sich der Gebrauchtmarkt entwickelt hat,
die ganzen Selfpublishing-Sachen, usw. Nur weil innerhalb des
traditionellen Kommerzsystems weniger Bücher verkauft werden, heißt
das nicht automatisch, dass das "Kulturgut Lesen" ausstirbt.
Dazu werden sich keine Zahlen finden. Auch nicht darüber, wie viele
'ererbte' Bücher(sammlungen) in den Besitz der Nachkommen übergehen und
somit zwar gelesen - aber nicht gekauft wird.
Außerdem Bücher-Flohmärkte, Lese-Cafes, überhaupt Aktionen gibt es viele
und teilweise überaus rege angenommene. Als Beispiel mal:
https://www.welt.de/icon/service/article161079569/Diese-20-Buecher-sollten-sie-2017-lesen.html
http://www.vorlesetag.de/
https://www.stiftunglesen.de/programme/schule/sekundarstufe/welttag-des-buches


Dorothee
Waldemar Kartoffelkaefer
2017-10-15 14:42:14 UTC
Permalink
Post by Sebastian Will
Interessant und bezeichnend, dass das Aussterben des "Kulturguts Lesen"
an Verkaufszahlen von neuen Büchern festgemacht wird. Man müsste jetzt
wissen, wie sich der Gebrauchtmarkt entwickelt hat, die ganzen
Selfpublishing-Sachen, usw.
Und die E-Mails, Whatsapp, Viber, SMS, Facebook, GEZ-Mahnschreiben. Ist
das kein Lesen und kein Kulturgut?
Post by Sebastian Will
Nur weil innerhalb des traditionellen
Kommerzsystems weniger Bücher verkauft werden, heißt das nicht
automatisch, dass das "Kulturgut Lesen" ausstirbt.
Waldemar
Werner Tann
2017-10-15 16:44:24 UTC
Permalink
Post by Sebastian Will
Interessant und bezeichnend, dass das Aussterben des "Kulturguts Lesen"
an Verkaufszahlen von neuen Büchern festgemacht wird. Man müsste jetzt
wissen, wie sich der Gebrauchtmarkt entwickelt hat, die ganzen
Selfpublishing-Sachen, usw. Nur weil innerhalb des traditionellen
Kommerzsystems weniger Bücher verkauft werden, heißt das nicht
automatisch, dass das "Kulturgut Lesen" ausstirbt.
Generell ist der Schluss vom Büchererwerb aufs Lesen ein gewagter,
gleichgültig ob die Bücher geerbt wurden, man sie gekauft oder
geschenkt bekommen hat. Gerade was Börsen, Flohmärkte und Downloads
angeht, schlagen da viele Sammler zu, die dermaßen viel erwerben, dass
sie davon nur einen Bruchteil lesen können - wenn sie überhaupt lesen.
Es gibt Sammler, Sammler-Leser und Leser.

Auch sind Umfragen - wie immer - sehr mit Vorsicht zu genießen. Ich
tendiere dazu, bei jedem Zweiten, der von sich behauptet, regelmäßig
zum Buch zu greifen, Zweifel zu haben. Lesen gehört bei uns zur
Tugend, und wer schmückt sich nicht gerne mit Tugenden. Manche
glauben, was sie behaupten, selbst. Nicht wenige verwechseln den Kauf
eines Buches und die Lektüre der ersten zehn Seiten mit "Lesen". Man
sollte einmal untersuchen, wie viele Bücher nie über das erste Kapitel
hinaus gelesen werden.

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