Discussion:
Schutzvorkehrungen
(zu alt für eine Antwort)
Hans-Peter Diettrich
2016-04-09 06:18:57 UTC
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Kann mir jemand die Bedeutung von §69a Abs. 5 UrhG erklären?

Oder anders gefragt, was würde sich ändern, wenn dieser Absatz
gestrichen würde?

DoDi
Thomas Hochstein
2016-04-09 10:07:52 UTC
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Post by Hans-Peter Diettrich
Kann mir jemand die Bedeutung von §69a Abs. 5 UrhG erklären?
Er schließt die Anwendung von §§ 95a bis 95d UrhG auf
Computerprogramme aus.
Post by Hans-Peter Diettrich
Oder anders gefragt, was würde sich ändern, wenn dieser Absatz
gestrichen würde?
§§ 95a bis 95d UrhG wären auch auf Computerprogramme anwendbar.
Hans-Peter Diettrich
2016-04-09 11:51:58 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Hans-Peter Diettrich
Kann mir jemand die Bedeutung von §69a Abs. 5 UrhG erklären?
Er schließt die Anwendung von §§ 95a bis 95d UrhG auf
Computerprogramme aus.
Post by Hans-Peter Diettrich
Oder anders gefragt, was würde sich ändern, wenn dieser Absatz
gestrichen würde?
§§ 95a bis 95d UrhG wären auch auf Computerprogramme anwendbar.
Danke, soooo genau wollte ich das garnicht wissen ;-)

Dann formuliere ich meine Fragen mal um:

Kennt jemand die Begründung für diesen Ausschluß?
Falls nicht, was könnte die Begründung für diesen Ausschluß sein?

DoDi
Thomas Hochstein
2016-04-09 12:54:13 UTC
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Danke.
Post by Hans-Peter Diettrich
Kennt jemand die Begründung für diesen Ausschluß?
Bundesrats-Drucksache 684/02 vom 16.08.2002 [1] (Gesetzentwurf der
Bundesregierung für ein "Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft", mit dem die Vorschrift eingefügt wurde),
dort Seite 50:
| Die [durch das Gesetz umgesetzte europäische] Richtlinie selbst
| erstreckt diesen Rechtsschutz nicht auch auf den Bereich der
| Computerprogramme. Schon im Hinblick auf erhebliche Probleme im
| Verhältnis zu § 69d Abs. 2 (Erstellung einer Sicherheitskopie) und §
| 69e (Dekompilierung) ist eine über die Richtlinienumsetzung
| hinausgehende Ausdehnung des Rechtsschutzes für die genannten
| Maßnahmen auf Software nicht angezeigt.

Meistens gibt die Begründung eines Gesetzentwurfes - und ggf. dessen
Modifikation im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses mit den
dazugehörigen Begründungen - Aufschluss darüber, was sich zumindest
der historische Gesetzgeber dabei gedacht hat (oder jedenfalls
derjenige, meist ja die Regierung, die den Gesetzentwurf eingebracht
hat). Diese Begründung zu finden, ist heute sehr viel einfacher als
früher, jedenfalls für vergleichsweise neuzeitliche Änderungen: sowohl
dejure.org als auch buzer.de weisen in der Regel das letzte
Änderungsgesetz nach, und mit DIP, dem Dokumentations- und
Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge, bekommt man ab der
16. Legislaturperiode unter <http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/bt>
und zuvor (bis 2005) unter <http://dip.bundestag.de/> die ganzen
Parlamentsdokumente zusammengestellt, wenn man mit den richtigen
Suchbegriffen danach sucht; das ist manchmal etwas blöd.

Grüße,
-thh

[1] <http://dipbt.bundestag.de/doc/brd/2002/D684+02.pdf>
--
Ressourcen für eine fruchtbringende Diskussion in de.soc.recht.ALL:
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Hans-Peter Diettrich
2016-04-09 13:54:45 UTC
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Post by Thomas Hochstein
Danke.
Post by Hans-Peter Diettrich
Kennt jemand die Begründung für diesen Ausschluß?
Bundesrats-Drucksache 684/02 vom 16.08.2002 [1] (Gesetzentwurf der
Bundesregierung für ein "Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft", mit dem die Vorschrift eingefügt wurde),
| Die [durch das Gesetz umgesetzte europäische] Richtlinie selbst
| erstreckt diesen Rechtsschutz nicht auch auf den Bereich der
| Computerprogramme. Schon im Hinblick auf erhebliche Probleme im
| Verhältnis zu § 69d Abs. 2 (Erstellung einer Sicherheitskopie) und §
| 69e (Dekompilierung) ist eine über die Richtlinienumsetzung
| hinausgehende Ausdehnung des Rechtsschutzes für die genannten
| Maßnahmen auf Software nicht angezeigt.
Danke, auch für die Links :-)

Es war also nicht die Absicht, Programme weniger zu schützen als andere
Werke.

DoDi
Martin Bienwald
2016-04-11 09:13:27 UTC
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Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Thomas Hochstein
Danke.
Post by Hans-Peter Diettrich
Kennt jemand die Begründung für diesen Ausschluß?
Bundesrats-Drucksache 684/02 vom 16.08.2002 [1] (Gesetzentwurf der
Bundesregierung für ein "Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft", mit dem die Vorschrift eingefügt wurde),
| Die [durch das Gesetz umgesetzte europäische] Richtlinie selbst
| erstreckt diesen Rechtsschutz nicht auch auf den Bereich der
| Computerprogramme. Schon im Hinblick auf erhebliche Probleme im
| Verhältnis zu § 69d Abs. 2 (Erstellung einer Sicherheitskopie) und §
| 69e (Dekompilierung) ist eine über die Richtlinienumsetzung
| hinausgehende Ausdehnung des Rechtsschutzes für die genannten
| Maßnahmen auf Software nicht angezeigt.
Danke, auch für die Links :-)
Es war also nicht die Absicht, Programme weniger zu schützen als andere
Werke.
Jein. Es war anscheinend die Absicht, in denjenigen Fällen, in denen
Programme bereits vorher bewusst weniger geschützt waren, dies auch
beizubehalten.

... Martin
Hans-Peter Diettrich
2016-04-11 12:08:01 UTC
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Post by Martin Bienwald
Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Thomas Hochstein
Danke.
Post by Hans-Peter Diettrich
Kennt jemand die Begründung für diesen Ausschluß?
Bundesrats-Drucksache 684/02 vom 16.08.2002 [1] (Gesetzentwurf der
Bundesregierung für ein "Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft", mit dem die Vorschrift eingefügt wurde),
| Die [durch das Gesetz umgesetzte europäische] Richtlinie selbst
| erstreckt diesen Rechtsschutz nicht auch auf den Bereich der
| Computerprogramme. Schon im Hinblick auf erhebliche Probleme im
| Verhältnis zu § 69d Abs. 2 (Erstellung einer Sicherheitskopie) und §
| 69e (Dekompilierung) ist eine über die Richtlinienumsetzung
| hinausgehende Ausdehnung des Rechtsschutzes für die genannten
| Maßnahmen auf Software nicht angezeigt.
Danke, auch für die Links :-)
Es war also nicht die Absicht, Programme weniger zu schützen als andere
Werke.
Jein. Es war anscheinend die Absicht, in denjenigen Fällen, in denen
Programme bereits vorher bewusst weniger geschützt waren, dies auch
beizubehalten.
Ähm, ja, so klingt das besser :-)

DoDi
Matthias Frank
2016-04-11 09:33:06 UTC
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Post by Hans-Peter Diettrich
Post by Thomas Hochstein
Danke.
Post by Hans-Peter Diettrich
Kennt jemand die Begründung für diesen Ausschluß?
Bundesrats-Drucksache 684/02 vom 16.08.2002 [1] (Gesetzentwurf der
Bundesregierung für ein "Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft", mit dem die Vorschrift eingefügt wurde),
| Die [durch das Gesetz umgesetzte europäische] Richtlinie selbst
| erstreckt diesen Rechtsschutz nicht auch auf den Bereich der
| Computerprogramme. Schon im Hinblick auf erhebliche Probleme im
| Verhältnis zu § 69d Abs. 2 (Erstellung einer Sicherheitskopie) und §
| 69e (Dekompilierung) ist eine über die Richtlinienumsetzung
| hinausgehende Ausdehnung des Rechtsschutzes für die genannten
| Maßnahmen auf Software nicht angezeigt.
Danke, auch für die Links :-)
Es war also nicht die Absicht, Programme weniger zu schützen als andere
Werke.
Na ja, meines Wissens ist doch eher die Grundsatzfrage ob ein
technisches Programm überhaupt ein Werk sein kann, ähnlich
eines Romans oder Gedichts und wie hoch die Schöpfungshöhe
überhaupt ist.

Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, ist ein Computerprogramm
doch eher eine Ansammlung technischer Routinen und
Algorithmen.

Wenn man das Ganze früher in Hardware gelöst hat, z.b. Steuerung
komplexer Vorgänge mit Pneumatikmodulen, dann war daran ja
auch nichts schützenswert im Sinne des Urheberrechts.

Nur mal so als Einwurd, vielleicht irre ich ja auch :-)
Ulrich Maier
2016-04-11 10:53:07 UTC
Permalink
Post by Matthias Frank
Na ja, meines Wissens ist doch eher die Grundsatzfrage ob ein
technisches Programm überhaupt ein Werk sein kann, ähnlich
eines Romans oder Gedichts und wie hoch die Schöpfungshöhe
überhaupt ist.
Dein Diskussionsbeitrag kommt zu spät!

Lies: § 69 a III UrhG und beachte insbes. den zweiten Satz:
"Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem
Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung
ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine
anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische,
anzuwenden."

Ulrich
Hans-Peter Diettrich
2016-04-11 12:55:37 UTC
Permalink
Post by Matthias Frank
Na ja, meines Wissens ist doch eher die Grundsatzfrage ob ein
technisches Programm überhaupt ein Werk sein kann, ähnlich
eines Romans oder Gedichts und wie hoch die Schöpfungshöhe
überhaupt ist.
Stimmt, Programme sind ganz besondere Exoten im Zoo der Werke.

Bei der Schöpfungshöhe hielt man es wie bei Fotos: keinerlei Ansprüche,
schon alleine um die abzusehenden Streitereien erst garnicht aufkommen
zu lassen.
Post by Matthias Frank
Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, ist ein Computerprogramm
doch eher eine Ansammlung technischer Routinen und
Algorithmen.
Genau so wie ein Gedicht eine Ansammlung von Worten oder ein Bild eine
Ansammlung von Pixeln ist. Das Ganze ist halt doch mehr als nur die
Summe seiner Teile.
Post by Matthias Frank
Wenn man das Ganze früher in Hardware gelöst hat, z.b. Steuerung
komplexer Vorgänge mit Pneumatikmodulen, dann war daran ja
auch nichts schützenswert im Sinne des Urheberrechts.
Dafür gab es ja schon das Patentrecht etc. Nur für die
Schaltkreis-Topologie schien anscheinend ein neuer Paragraph notwendig.
Post by Matthias Frank
Nur mal so als Einwurd, vielleicht irre ich ja auch :-)
Du willst doch nicht etwa nochmal einen Sonderfall "technische
Programme" konstruieren? ;-)


Mich stört bei Programmen - aber nicht nur da - mehr das überhaupt nicht
mehr zeitgemäße Alimentationsprinzip im Urheberrecht. Wenn schon keine
Schöpfungshöhe verlangt wird, wieso kann man dann nicht bei
Auftragsarbeiten die Rechte auf den Auftraggeber übertragen, und auf
weitere Ansprüche verzichten? Wem ist denn gedient, wenn man
Programmierer erst einstellen und tarifvertraglich entlohnen muß, und
nach Beendigung eines Projekts wieder feuert, nur um dem Gesetz Genüge
zu tun und sich so gegen Nachforderungen abzusichern?

DoDi
Ulrich Maier
2016-04-11 16:10:58 UTC
Permalink
Bei der Schöpfungshöhe hielt man es wie bei Fotos: keinerlei Ansprüche...
Du irrst.
Wenn schon keine Schöpfungshöhe verlangt wird...
Sie wird aber ausdrücklich verlangt, wenn auch nicht besonders hoch
(kleine Münze).


Ulrich

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