Post by IVPost by Jens Kallupunter ln oder auch log (auf Taschenrechnern) kann man den common 10er
Logaritmus verstehen.
steht doch im Text - klein "ln" - 10ner Basis = dekadisch groß "Ln" -
natürlich - in e = 2.71
ln/log auf Taschenrechnern: Irgendwo habe ich gelesen, daß solche
falschen Funktionssymbole auf Taschenrechnern oftmals von den
Marketingabteilungen vorgegeben werden - aus falschem oder fehlendem
mathematischem Verständnis.
Ich möchte aber wissen, wie die Konventionen in der Mathematik sind. Da
ist log_2 = ld, log_10 = lg, und log_e = ln. Aber darum gehr es hier nicht.
ln und Ln haben zwar denselben Wertebereich, aber unterschiedliche
Definitionsbereiche. Ist also der kleingeschriebene Logarithmus ln in
einer Gleichung mit komplexem Definitionsbereich immer die
Logarithmus-Funktion?
Es wär' nett wenn Ihr dazu antworten könntet. Meine Mathematikbücher und
Recherchestichwörter geben das nicht her.
Kleiner Ausflug in die Mathematik:
Definition des log als Stammfunktion von 1/x mit Wert 0 in x=1
log(x) = int_1^x du/u, x > 0
Als Logarithmus zur Basis b wird der Quotient
log(b,x) = log(x)/log(b), x>0, b>0
bezeichnet.
Der Wertebereich des natürlichen log auf der poitiven reellen Achse ist
-oo <log(x) <oo
denn
log(1/x) = int_1^(1/x) du/u, x > 0
mit Substitution u->1/v, du -> -1/v^2 dv (1<u<x) -> (1/x <v <1)
log(1/x) = int_1^(1/x du/u, x > 0
= - int_1^x dv/v
= -log(x)
Die Produktregel ergibt sich durch Auftrennung des Integrationsweges
1->ab = 1->a + a->ab
a,b,ab >0:
log (a b) = int_1^a*b du/u
= int_1^a du/u + int_a^ab du/u
= log(a) + int_1^b (d (a u)/(a u))
= log (a) + log (b)
Die letzte Gleichung ist falsch auf Wegen in der komplexen Ebene, wenn
der zusammengesetze Weg aus den Wege 1-> a b und 1->a + a -> ab, den
Nullpunkt umrundet.
Die Umkehrfunktion heißt exp:
exp(log x) = x x>0 reell
log(exp(x)) = x -oo < x < oo
Die allgemeine Potenz wird für positive Basis b über die
Exponetialfunktion definiert
b^x = exp(log (b) x) = exp(log(b))^x
und damit erklärt sich auch die Definition von lg x = log(x)/log(10)
b^(log(b,x)) = exp(log(x)) = x
Da der Integrand 1/x nur einen einfachen Pol in x=0 hat, hat man
Eindeutigkeit des log, wenn die komplexe Ebene zB auf der negativen
reelen Achse aufgeschnitten wird, so dass kein Integrationsweg den
Nullpunkt um 2^pi oder mehr umrunden kann.
Die Exponentialfunktion ist zunächst auf der ganzen reellen Achse
definiert. Dort ist sie unendlich oft differenzierbar wegen
exp' = (log'o exp)^(-1) = (exp^(-1))^(-1) =exp
Daraus resultiert trivialerweise ihre reelle Taylor-Reihenentwicklung
exp x = sum_k 1/k! x^k
Die Reihe konvergiert für jedes komplexe z und erbt von log das
Additionstheorem
log(a b) = log(a) + log(b) -> a b = exp(log(a)+log(b)) = exp(log(a))
exp(log (b))
oder mit weglassen von log
exp(a) epx(b) = exp (a+b)
Die Taylorreihe des log ist trivialerweise das Integral der
geometrischen Reihe
1/(1-x) = sum x^n (-1<x<1)
int_0^x (1/(1-u)) du = int_1^(1/(1-x)) du/u = -log(1-x) (0<x<1)
-log(1-x) = sum_k x^(k+1)/(k+1)
log(x) = -sum (1-x)^(1-x)/(k+1)
die ebenso wie die geometrische Reihe nur auf (-1<x<1) konvergiert.
Um den komplexen Logarithmus zu konstruieren, wird jedem Punkt in der
komplexen Ebene die Menge aller Wege von z=1 nach z = x+iy mit dem Wert
des Integrals über dz/z auf diesem Weg zugeordnet. Der Wert ist abhängig
von der Zahl der Umrundungen des Nullpunkt z=0 durch den Integrationsweg C
log_C ( x + i y) = int_C dz/z =
int_gradenWeg dz/z + 2pi i Windungszahl
Bezeichnet mit man phi=arctan (y/x) den Winkel des Strahls(0,0)->(x,y)
gegen die x-Achse, dann hat man
= int_1^(r e^(i phi)) dz/z + 2 n pi i
= log(r e^(i phi) + 2 n pi i
= log(r) + i ( phi + 2n pi )
Umgekehrt ist der arctan nichts anderes als ein log
arctan x = int_0^x du/(1+u^2) =
1/2 (int_0^x du/(1+iu) + int_0^x du/(1-iu)) =
i/2 (log (1-i x) -log(1+i x) = i/2 log((1-i x)/(1+i x))
mit der Taylorreihe, wieder aus der geometrischen Reihe gewonnen
int dx/(1+x^2) = int sum (-1)^n x^(2n) = int sum (-1)^n/(2n+1) x^(2n+1)
mit zwei Polen bei x=+-i
Nun setzt Berhard Riemann die Riemannsche Fläche als Definitonsbereich
des log zusammen. Er nimmt ein von -oo bis +oo durchnummeriertes
numeriertes Deck von Bättern identischer Exemplare der offenen komplexen
Ebene, aus der die Punkte z=0 und z=oo entfernt werden.
Die Blätter werden jeweils längs der negative Halbachse x+iy, x<0, y=0
aufgeschnitten und benachbarte Blätter paarweise n an n+1 bei positivem
Umlauf um den Nullpunkt längs des Schnitts verklebt. Der Wert des
Logarithmus ist der Wert auf Blatt n ist der Wert im Blatt 0 + 2pi i*
Nummer des Blatts.
Damit ist die Umkehrfunktion der exp-Funktion, die die Periodizität
exp(z + 2 pi i n) = exp(z) und damit über der komplexen Ebene nicht
global umkehrbar ist, auf der Riemann-Fläche des log eine eindeutige
Umkehrung.
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Roland Franzius