Post by Stefan RamPost by WolfgangMan muss schon Papst sein, damit einem dieser Unterschied
[zwischen verschiedenen Phonemen]
Post by Wolfganggleichgültig sein kann.
Für mich war die Aussprache ein Punkt, dessen ich mir lange
Zeit einfach nicht bewußt war.
Als ich Italienisch als Autodidakt nach Büchern lernte,
unterschied ich «dove» und «dov'è», indem ich beim zweiten
versuchte, das «e» stärker zu betonen, aber ich verwendete
den gleichen Klang. Ich war mir des Unterschiedes einfach
nicht bewußt. Viele Lehrbücher gehen auch nicht sehr
ausführlich oder gar nicht darauf ein. Oft liest man über
italienische Aussprache nur, daß «c»/«g» vor «i» und «e»
"weich" gesprochen würden und ansonsten alles so gesprochen
werde "wie man es schreibt".
Dadurch, daß ich in der Schule kein Französisch gewählt
hatte, war ich vielleicht auch noch weniger für das Thema
sensibilisiert.
Das Französische nutzt einem wenig, gar zu weit hat es sich von
seinen Ursprüngen entfernt. Latein ist da deutlich hilfreicher.
Aber die meisten Schüler kümmern sich im Lateinunterricht kaum um
die Länge der Vokale, obwohl in den Wörterverzeichnissen die langen
Vokale einen deutlich sichtbaren Überstrich tragen. Später macht
sich beim Lesen von Hexametern dieser Mangel schmerzhaft bemerkbar.
Post by Stefan RamErst im Laufe vieler Jahre habe ich langsam das Thema
"Aussprache" entdeckt. Man muß sich schon bemühen, gute
Quellen dazu zu finden. Viele normale Lehrbücher einer
Sprache vernachlässigen es, vielleicht auch viele Lehrer?
Auch ich habe das Thema «Aussprache» erst entdeckt, als ich schon
einigermaßen fließend Italienisch sprach und mir mein erstes
einsprachiges Wörterbuch zu kaufen wagte, einen Sansoni. Nächtelang
saß ich darüber und schlug alle möglichen mir schon längst bekannten
Wörter nach, die ein betontes «e» oder «o», ein intervokalisches «s»
oder ein «z» enthielten, um zu prüfen ob die genannten Vokale offen
oder geschlossen bzw. die genannten Konsonanten stimmhaft oder
stimmlos sind. Wäre ich doch nur sorgfältiger beim anfänglichen
Lernen vorgegangen! Allerdings hatte auch ich nicht das
entsprechende Lehrmaterial zur Verfügung gehabt.
Übrigens erwies sich ein Teil meiner nächtlichen Bemühungen als
überflüssig, als ich entdeckte, dass auch den meisten Italienern die
genannten Ausspracheunterschiede in vielen - aber nicht allen! -
Fällen gleichgültig sind. Aber ich will das nicht weiter ausführen,
um die Leser, die des Italienischen nicht mächtig sind, nicht gar zu
sehr zu langweilen.
Post by Stefan RamSo etwas könnte ich mir bei Papst auch vorstellen. Er hat
die Sprache mit einem Buch oder einem Lehrer gelernt, das
beziehungsweise der - wie üblich - der Aussprache keine
besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht hat. Als sei das
Geschriebene die eigentliche Sprache und, als sei die Frage,
ob man das nun muttersprachlich aussprechen kann, irrelevant
Dann muß man aber auch sagen, daß es Zeit und Raum (im
Gehirn) kostet, die Aussprache einer Fremdsprache gut zu
lernen (falls man sie als Erwachsener lernt). Ein Papst hat
vielleicht einfach andere Prioritäten. Es könnte auch eine
bewußte Entscheidung sein, die Aussprache nicht zu verbessern.
Sein Italienisch ist seiner Meinung nach vielleicht einfach
"gut genug" für seine Zwecke.
Das klingt alles plausibel, nur dass der Papst im Gegensatz zu uns
beiden sein Leben seit drei Jahrzehnten in einer italophonen
Umgebung verbracht hat. Aber vielleicht war diese Umgebung viel
germanophoner, als sich Sergio, du und ich uns das vorstellen. Seine
persönlichen Mitarbeiter waren womöglich alle oder fast alle
Deutsche, so dass das Italienische in seinem Alltag nur eine
marginale Rolle spielte und noch spielt.
Post by Stefan RamIch verbringe einige Zeit meines Lebens mit dem Erlernen der
italienische Aussprache (und beherrsche sie noch lange nicht),
was eigentlich totalmente pazzo ist, da ich das in meinem
Leben überhaupt nicht brauche. Der Papst ist da vielleicht
einfach vernünftiger als ich.
Ich halte jedes Interesse an sprachlicher Perfektion niemals für
verrückt sondern für letztlich vernünftiger als den schieren
Pragmatismus, den du dem Papst unterstellst.
Ciao,
Wolfgang