Post by Frank BokelmannAlso mal ehrlich: das Urteil wäre ein Riesengewinn,
wenn sich nur alle VG auf diese Rechtsprechung einigen
könnten.
Ist es das? Man mag es bezweifeln.
Post by Frank BokelmannDenn niemand - auch ich nicht - würde behaupten, dass
die Benutzung vieler außerörtlicher Radwege keinen
signifikanten Sicherheitsgewinn bieten.
Ich halte mich für einen solchen Niemand.
Post by Frank BokelmannAlle Probleme, die innerorts das Radfahren auf
Radwegen zum Russischen Roulette machen
(Kampfparker, Idioten-Fußgänger, Rechtsabbieger,
...) sind außerorts doch deutlich seltener.
Dafür ist die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen
Radfahrer und Kfz-Verkehr deutlich höher.
... und es gibt neue Gefahren, die es innerorts in der Weise nicht gibt,
abgesehen davon, daß die Oberfläche von außerörtlichen Radwegen
spätestens ein halbes Jahr nach Inbetriebnahme signifikant schlechter
ist als die der Fahrbahn, von der Führung derselben ganz zu schweigen.
Es scheint ein unseliges Gesetz zu sein, neben jedem außerörtlichen
Radweg Bäume pflanzen zu müssen, die man hinterher als Radfahrer
hoppel-hoppel-hoppel an ihren Wurzeln bereits mit dem Hintern erkennt.
Ich habe an solchen Stellen schon Radfahrer stürzen sehen. Auf der
danebenliegenden Fahrbahn wäre das (da glatt) nicht passiert.
Die Fahrbahn ist außerörtlich breit genug, daß ein entgegenkommendes
Fahrzeug (egal welcher Art) kein Problem darstellt. Für außerörtliche
Radwege gilt das nicht, die sind in aller Regel zu schmal für
Gegenverkehr. Es gibt dort aber Gegenverkehr -- der dort eine
zusätzliche Gefährdung darstellt, die es auf der Fahrbahn nicht gibt.
Eine neue Gefährdung sind Querungen, die nur deswegen nötig sind, weil
der Radweg eigentlich keinen Platz neben der Fahrbahn hatte und daher
zwischen den Ortschaften fröhlich von links nach rechts hüpft und
umgekehrt. Und an solchen (nur durch die Konstruktion der Radwege
nötigen Querungen) gibt es immer wieder schwere Unfälle auch mit Toten.
Ich komme gerade aus dem Urlaub zurück von einer Gegend, wo es vor
Fahrrädern nur so wimmelt. Dort ist die Verkehrsdichte auf Radwegen
erheblich dichter als auf der Fahrbahn, dazu kommen die Fußgänger, die
aus Sicherheitsgründen mit den Radfahrern im Gegenverkehr die 1,80 m
Hoppelasphalt teilen.
Post by Frank BokelmannBei der Verteilung der toten Radfahrer relativ zur Nutzung steht
Radfahren außerorts auch nicht gut da.
-v, bitte.
Post by Frank BokelmannKeinen Sicherheitsgewinn durch Radwegebenutzung kann man da nur bei
Straßen fast ohne Kfz-Verkehr haben.
Aber, und da liegt das Problem, fast alle Behörden sagen sich,
wenn die Benutzungspflicht notwendig, dass die Beachtung der
Vorschriften für die Radwege unnötig sei.
Das sagen die Behörden nicht. Die Behörden sagen: Der Lolli ist das
Entscheidende, alles andere ist egal. Wo Lolli, da Rad weg. Klappe zu,
Affe tot.
Post by Frank BokelmannUnd damit kommen sie außerhalb einiger weniger Gerichtsbezirke
(z.B. Dresden und Hannover) auch noch durch.
Ex falso quodlibet.
Post by Frank BokelmannDass läßt derzeit bundesweit die Ziele der "Fahrradnovelle von
1997" in unerreichbare Ferne rücken. Die nicht notwendigen
Benutzungspflichten werden immer mehr abgebaut
???
Post by Frank Bokelmann(was aber die tatsächliche Benutzung der Radwege kaum mindert).
Die Radwege, deren Benutzung notwendig ist, sind dagegen - mit
dem Segen der VG(!) - teilweise in einem Zustand der
Verwahrlosung, der eher an Bilder aus einer Kleptokratie
oder einem gescheiterten Staat als an deutsches Verwaltungshandeln
denken läßt, weil die Richter vor der Konsequenz ehrlicher
Urteile zurückschrecken.
Schönes Wortgeklingel. Ich bin anderer Meinung.
Erstmal gibt es keine Radwege, deren Benutzung "notwendig" ist, wohl
aber deutlich zuviele, bei denen behördlich ohne großes Nachdenken
Benutzungspflicht angeordnet wird. Die behördliche Benutzungspflicht
resultiert normalerweise nicht aus einer Güterabwägung, sondern aus
einem unbedingten Reflex, der da heißt: "Fahrrad? Benutzungspflicht."
Den Bogen zwischen Kleptokratie und deutschem Verwaltungshandeln schaffe
ich gedanklich nicht.
Post by Frank BokelmannIn Hamburg macht sich die StVB nicht mal mehr die Mühe von
Widerspruchsentscheidungen, die auch nur den Anschein der
Begründung einer Ermessensentscheidung wahren, oder irgendwelche
Reparaturen vor dem Termin der mündlichen Verhandlung. Da stehen
die Richter dann vor einer unbenutzbaren Kraterlandschaft und
weisen die Klagen ab.
Hier fährt man besser ohne VG-Urteil auf der Fahrbahn und macht
die Sache mit dem Amtsgericht ab. Kostet nix, hilft aber
dem Rechtsfrieden auch nicht. Da läuft außerhalb Hannovers
einiges schief.
Und innerhalb Hannovers?
Post by Frank BokelmannUnd die Urteile aus Berlin und Schleswig-Holstein, wo mitunter
die Benutzung von völlig verwahrlosten Radwegen einfach für
nicht notwendig erklärt wird, die aber tatsächlich in der
Hauptverkehrszeit sogar mit schweren Motorrädern benutzt
werden, hilft auch nur bedingt, weil das Problem nicht
benannt wird.
Und?
Ich habe mal einen Text gelesen, in dem sinngemäß stand: Der Staat tut
nichts für mich als Radfahrer, seine Vorschriften gängeln mich, aber sie
schützen mich nicht. Warum sollte ich mich seinen Vorschriften
unterwerfen?