Post by HC AhlmannPost by Jörg "Yadgar" BleimannPost by HC AhlmannArbeit außer Haus muss man suchen und wird man auch finden; "erfunden"
werden die Ausreden, es nicht zu tun.
...in der heilen Wirtschaftswunder-Wünschdirwas-Welt, wo einem die Jobs
hinterher geworfen werden!
Der Unterschied zwischen "suchen" und "hinterherwerfen" ist nicht zu
übersehen. Wie funktioniert Arbeitsuche?
Indem du sehr viel Glück hast oder / und ein Haufen Leute kennst und
gute Beziehungen hast. Eine Arbeit zu finden ist nicht leicht, das weiß
ich aus eigener Erfahrung. Vor allem, wenn du keine guten Beziehungen
hast (oder herstellen kannst). Die Qualifikation spielt dabei eigentlich
keine große Rolle.
Dabei wäre doch gerade Arbeitslosigkeit so eine verdammte Chance.
Endlich Arbeitslos zu sein! Endlich die Zeit zu haben, 'mal mit dem
Fahrrad quer durch Europa zu strampeln! Etwas zu sehen! Viel zu lernen!
Und ganz nebenbei vielleicht auch noch eine Arbeit zu finden. Oder eine
Frau. Oder einen Elefanten.
Man hat aber das Problem, dass man dabei gegen gewisse gesellschaftliche
Regeln anrennen wird. Denn wie soll z. B. das mit der Krankenkasse
funktionieren, wenn man nicht arbeitet, kein Geld hat, aber auch keinen
festen Wohnsitz und damit kein Geld vom Staat beziehen kann? Denn genau
das ist ja das große Problem: die Leute werden vom Staat nach Vorschrift
dazu gezwungen, dass sie zuhause rumsitzen müssen, damit sie Geld
bekommen. Grade soviel Geld, dass sie damit irgendwie über die Runden
kommen. Aber daheim werden sie doch niemals eine Arbeit finden! Ich
finde das alles daher irgendwie unlogisch und falsch.
In meinem Großglockner-Tourenbericht vom letzten Jahr habe ich
geschrieben (er ist noch immer nicht fertig, oh Schande über mein Haupt):
/ ZITAT ANFANG /
Meine Großmutter stammte aus den salzburgerischen Bergen her (Gföll /
Unken). Am Frühstückstisch hatte ich mit ihr oft über die
Großglockner-Hochalpenstraße geredet, war sie aber nie gefahren. Mein
Großvater meinte immer, für Radfahrer wäre sie nichts.
[ Teil ausgelassen... ]
Beim Anfahren am nächsten Tag hatte ich dann plötzlich kehrt gemacht und
bin in der Dunkelheit wieder zurück Richtung Fusch gerollt. Ich spürte
meine Hüften noch mehr. Nach einigen hundert Metern blieb ich dann
abermals stehen und lauschte: es war völlig still. Kein Verkehr. Ich
überlegte.
Schließlich kehrte ich wieder um. Statt jetzt hochzuradeln, schob ich
das Fahrrad halt. Sollten die Leute denken, was sie wollten. Immerhin
hatte ich vier vollgepackte Ortlieb-Taschen samt Zelt dabei. Das war
nicht ohne.
Das größte Problem beim Rad fahren ist der eigene Kopf. Sich zu trauen.
Sich zu überwinden. Weil man Zweifel hat. Ob man es schafft. Oder
überhaupt kann. Bequeme Ausreden gibt es genug. Wie das Auto.
Denn das damit verbundene Problem ist die menschliche Gesellschaft.
Die meisten Menschen richten sich nach anderen Menschen. Das ist zwar
einfach und bequem. Denn man sieht an den anderen, dass es funktioniert.
Viel besser wäre es jedoch, wir alle würden uns hauptsächlich nach der
Wahrheit richten.
Denn wer sich nach der Wahrheit richtet, tut sich nicht weh. Oder weiß
zumindest, wann er sich weh tun wird. Falls er die Wahrheit nicht
verkennt.
Der "Gruppenzwang" aber richtet genug Schaden an. Weil sich nur langsam
wenn denn überhaupt jemals etwas verbessert. Da jeder nur den anderen
nachafft.
Leider ist es nun einmal viel schwieriger und auch oft viel unbequemer,
sich nach der Wahrheit zu richten und sich nicht an anderen Menschen zu
orientieren. Denn man sieht so oft keine Richtwerte. Hat keine
Orientierung. Das bedeutet, sich diese erst aneignen zu müssen. Das aber
ist Arbeit. Und das heißt auch oft, eigene Wege gehen zu müssen. Weshalb
man dann von den anderen blöd angeschaut wird. Oder eben auch bewundert.
Wie ein Held.
In meinem Fall war es so, dass es genug Menschen gab, welche mit dem
Auto oder Motorrad die Hohen Tauern auf der Großglockner-Hochalpenstraße
überwandten. Das also schien für einen Beobachter kein Problem zu sein.
Radfahrer begegneten mir unterwegs auch einige, jedoch bereits viel
weniger als motorbetriebene Fahrzeuge. War das also schwierig?
Und ein Radfahrer mit so viel Gepäck wie ich, der tagelang an den
Großglockner herangeradelt war, begegnete mir unterwegs überhaupt
keiner. Also unmöglich?
Ich musste an die Worte meines Großvaters denken.
Wenn es aber unmöglich war, wieso hatte ich es dann geschafft?
Es war etwas anstrengend gewesen. Mehr nicht. Die Erfahrung. Da hatte
ich schon weitaus Schlimmeres erlebt.
Der Mut kommt mit der zunehmenden Erfahrung. Weil man allmählich lernt
und auch sieht, was man alles kann. Und dass es oft gar nicht so schlimm
ist. Vertrauen zu sich selbst und der Welt. Vertrauen in Gott. Aber
nicht naiv. Daher kann Rad fahren mitunter auch das Selbstbewusstsein
stärken.
/ ZITAT ENDE /
Man hat so seine Gewohnheiten. Diese sind wie Autobahnen. Da kommt man
nur ganz schwierig wieder davon los. Aber man sollte es mal probieren.
Einfach alles irgendwie anders zu machen. Mut. Man wird viel Neues dabei
entdecken.
Bei Kindern ist das noch einfach. Diese haben noch keine Autobahnen. 2/3
seines Lebens kommt man an, 1/3 seines Lebens geht man wieder weg.
Kinder haben den Kopf noch frei für alles und entdecken die Welt, nehmen
diese in sich auf. Bei alten Leuten ist das anders. Diese tragen ihre
Erinnerungen mit sich herum und sehen die Welt um sich herum nicht mehr
so "wach".
Yadgar muss für sein Tun unmittelbare Belohnungen bekommen, die er sieht
und wahrnimmt. Die ihm gut tun. Dann wird er es wieder und wieder tun.
Und andere Dinge lassen. Wie ständig was in sich reinzufuttern. Oder
sich zuhause zu verkriechen.
Wenn er schon mit dem Fahrrad herumfährt, so soll er doch dorthin
radeln, was er noch nicht kennt. Und dann zum nächsten, das er noch
nicht kennt. Usw. Aber nicht wieder zurück. Ich habe da auch lange
gebraucht dazu. Weil die Leute immer dagegengeredet haben. Wie mein
Großvater. Das ist immer das Problem.
Yadgar muss selbst die Erfahrung machen. Neue Dinge ansteuern. Er wird
erst mit steigender Erfahrung allmählich da rauskommen. Weil er dann
sieht, dass es doch geht. Problem ist halt immer der Kopf. Gewohnheiten
ablegen. Andere Straßen nehmen als die üblichen. Andere Ortschaften
ankurbeln als die bisherigen. Sich die Zähne mal mit der anderen Hand
putzen als sonst. Einfach alles anders machen. Wieder und wieder. Aber
das kann nur er selber.
A.
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