Post by Gerald GrunerWas wäre, wenn wir alle elektrisch fahren würden?
Wäre es nicht schön, wenn wir abgasfrei mobil wären? Ist das in Zukunft
möglich? Und müssen wir dann auf das Saarland verzichten?
Vince Ebert wagt einen Blick in die Zukunft.
[...]
http://www.spektrum.de/kolumne/was-waere-wenn-wir-alle-elektrisch-fahren-wuerden/1441400
[Für das Laden der E-Autos] bräuchten wir [...] eine Fotovoltaikanlage von
der Größe des Saarlands, um den zusätzlichen Strombedarf zu decken.
Zugegeben, beim Saarland denken sich viele Deutsche: "Das ist es mir wert…"
Herr Ebert ist Kabarettist. Und so ist auch sein Beitrag.
Kabarettistisch für den Effekt.
Er will nicht lösungsorientiert denken. Er will Aufmerksamkeit
erheischen, verblüffen und unterhalten. Einer sachlichen Diskussion
entzieht er sich bewusst.
Aber ich bin ja spaßbefreit und muss da natürlich reagieren: also, auf
geht's.
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Fangen wir zunächst bescheiden an und gehen von dem Wunsch der Politik
aus, dass ab 2020 eine Million Elektroautos in Deutschland fahren
sollen. Für diesen Fall sollen laut Bundesregierung moderne
Schnellladestationen von jeweils 350 Kilowatt Leistung im gesamten Land
installiert werden. Dazu ein Rechenbeispiel: Angenommen, es ist 20 Uhr,
und zehn Prozent der eine Million Elektroautobesitzer möchten ihre
Fahrzeuge aufladen. Dann wird zusätzlich zu dem normalen Strombedarf
eine Leistung von 35 000 Megawatt benötigt. Das entspräche ungefähr 23
mittleren Kohlekraftwerken oder – falls Sie es nachhaltiger haben wollen
– 35 000 Windrädern. Allerdings nur, wenn der Wind auch weht. Falls es
Sommer ist und die Sonne abends noch volle Pulle scheint, könnten Sie
die Autos auch mit einer Fotovoltaikanlage von einer Größe von 350
Quadratkilometern aufladen.
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Angenommen es sind Ferien, und alle wollen Sprit tanken? Was passiert?
Überlastung. Also was ist das Gegenmittel vorher tanken oder nachher
tanken und es über die Preisschraube regeln. => klappt.
Und genau das klappt auch für die erste Mio BEVs. 100.000
Schnellladesäulen (10% von 1 Mio) von 350 kW ist völliger Humbug.
Sondern die Fahrzeuge laden relativ langsam mit um 3-5 kW. Eine
Peakleistung von 35 GW dann umrechnen ist totaler Blödsinn!!!!
Sondern er kann mal eben 100.000 mal 4 kW ansetzen -> Dann sind das 400
MW Bedarf. So laden die die ganze Nacht (10h: 20 Uhr bis 6 Uhr). Das
sind dann z.B. 40 kWh, etwa 250 km. Und das reicht auch wieder 10 Tage
(Jahresleistung: 25*365=9125 km). Sodass pro Tag wirkich nur 10% laden
müssen.
400 MW ist schon ca. Faktor 100 kleiner als 35 000 MW.
Seine Rechnung ist also nur zahlenmäßig richtig. Aber seine Prämissen
stimmen nicht zu der Realität, wie sie kommen wird, sondern sind völlig
absurd gewählt. Und aus falschen Prämissen kann man mit richtigen
Umrechnungen jedes beliebige Ergebnis erreichen.
Stattdessen laden die Fahrzeuge aus Energie, die aus den jetzigen
Energiequellen nicht abgenommen wird. Ein Stromhandelssystem lässt den
Ladebedarf bei Energieschwemme (gerade aus Sonne und Wind) steigen
(günstigere Preise) und bei EE-Energieknappheit sinken (höhere Preise,
weniger Leute laden).
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Würden wir nun alle 60 Millionen Verbrennungsmotoren in Deutschland
durch Batterien ersetzen und annehmen, dass jeder Fahrzeugbesitzer sein
Auto nur alle zwei Tage für jeweils eine halbe Stunde auflädt; und
nehmen wir weiterhin an, die Aufladevorgänge könnten durch ein smartes
System gleichmäßig über die gesamten zwei Tage verteilt werden, so
bräuchten wir sogar knapp 140 neue Kraftwerke oder 220 000 Windräder
oder eine Fotovoltaikanlage von der Größe des Saarlands, um den
zusätzlichen Strombedarf zu decken. Zugegeben, beim Saarland denken sich
viele Deutsche: "Das ist es mir wert …"
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Stimmt doch auch nicht. Gleiches Prinzip: oben Schrott-Prämissen, dann
an sich richtige Umformungen. Aber eben die Prämissen falsch.
So sieht seine Rechnung aus (mal rückwärts):
140 * 1,5 GW = 210 GW (in Kohlekraftwerken)
220.000 mal 1 MW = 220 GW (alternativ in Windrädern)
Die laufen 2 Tage, also 48h: 10.560 GWh
durch 60 Millionen sind 176 kWh
Also: er rechnet immer noch mit den 350 kW und dann 30 min laden jeden
2. Tag.
Er geht also immer noch von 350 kW Schnellladesäulen aus. Und das ist
sein Fehler. An denen bekomme ich in 30 min 175 kWh - (das sind aber ca.
1000 km Reichweite!). Wie will ich das denn in 2 Tagen schon wieder
abgefahren haben? Das wären ja 180.000 km im Jahr!
Realistisch über den groben Daumen:
Mittlere Jahresleistung um 12.500 km.
Siehe:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/183003/umfrage/pkw---gefahrene-kilometer-pro-jahr/
Also ca. 17 kWh/100 km * 12500 km/Jahr = 2125 kWh/Jahr
Mal 60 Mio: 127,5 TWh/Jahr.
Macht also: 14.7 GW als Dauerleistung.
Das ist Faktor 15 weniger als seine Annahme!
Also 10 Kraftwerke a 1,5 GW. Und das müssen keine neuen sein. Es kann ja
auch Kapazität aus den jetzigen sein, die heute weggeregelt wird. Oder
es kann erneuerbare Energie sein.
Kurz: Herr Ebert hat einfach mal null Schimmer. Und ich finde es eine
Schande, dass er noch seinen Diplom-Physiker mit aufführt. Ein
Diplom-Physiker macht seine Rechnungen transparent und die Annahmen
gleich mit.
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Um 30 Kilogramm Benzin zu ersetzen, brauchen Sie derzeit eine moderne
Lithiumionen-Batterie, die rund 900 Kilogramm wiegt.
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Wieder nicht stimmig.
30 kg Benzin sind etwa 40 Liter. Die bringen uns ca. 400-800 km weit
(5-10 Liter Benzin/100km Verbrauch), also sagen wir mal 600 km. Manche
schaffen auch deutlich weniger damit. Mit 15 Liter Verbrauch in der
Stadt (Mittelklasse, Automatik, Saugbenziner, Winter oder Rush Hour):
250 km.
Aber nehmen wir mal 600 km: Mit 17 kWh/100 km * 600 km => ca. 100 kWh.
Die wiegt bei Tesla aktuell 700 kg. Nicht 900 kg. Und das ist
Zelltechnologie von vor 5 Jahren (18650er, 3450 mAh), 146 Wh/kg auf
Batteriepack-Ebene.
Mit 190 Wh/kg (auf Batteriepackebene) kommt man da bei 530 kg raus.
Etwas in die Richtung erwarte ich von Model 3 mit den Zellen der Größe
21700. Es sind schon mehrere Fahrzeuge angekündigt, die in den nächsten
2 Jahren auch auf um 190 Wh/kg kommen sollen.
Und: auch heute schon würden Autos mit 20 Liter Tanks richtig gut
funktionieren. Macht nur keiner, wenn es so leicht ist, einen 40 Liter
Tank stattdessen zu verbauen.
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"Und bei Millionen von geplanten E-Autos benötigen Sie dazu einen ganz
schönen Haufen Lithium, das zusammen mit dem ebenfalls benötigten
Seltenerdmetall Neodym nicht gerade besonders nachhaltig abgebaut wird."
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Nun das wieder. Neodym brauchen wir überhaupt nicht, wenn wir
Induktiv-E-Motoren nehmen. Und beides kann man recyclen. Die teuren
Sachen in der Batterie sind übrigens Nickel und Kobalt.
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Zudem kam das Fraunhofer-Institut für Bauphysik zu dem Schluss, dass
sich die Herstellung und das Recycling einer modernen Batterie auf die
Gesamtökobilanz im Vergleich zum Verbrennungsmotor in negativer Weise
auswirken.
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Keine Zahlen, keine Falsifizierbarkeit.
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Von den organisatorischen Problemen gar nicht erst zu reden. Denn selbst
wenn der benötigte Strom zum massenhaften Aufladen ökologisch korrekt
zur Verfügung stünde, stelle man sich nur einmal das Verkehrschaos vor,
wenn im Sommer Millionen Deutsche gleichzeitig mit ihren Elektroautos in
den Urlaub aufbrechen und an der Raststätte Spessart die Zapfsäule eben
nicht mal schnell für zwei Minuten, sondern jeweils eine Stunde blockieren.
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Angebot und Nachfrage => das regelt sich über Preise. Millionen Deutsche
gleichzeitig zu befördern, schaffen schon die Autobahnen nicht. Dafür
sind z.B. die Ferien gestaffelt.
Und dort an den Raststätten, da sollen die 150-350 kW Lader hin. Die
lassen die Autos nach 15-40 min weiterfahren. Aber nicht 10% des ganzen
Bestandes gleichzeitig.
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Die Politik suggeriert, dass das Fahren mit Elektroautos sauber und ohne
nennenswerte Umweltbelastungen möglich ist.
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Wenn typisch 1,2 Menschen in einem Auto sitzen, ein Mensch um 50-130 kg
wiegt, aber ein Auto/BEV um 800 bis 2500 kg, dann ist sofort klar, dass
Autofahren eine dicke Hypothek draufpackt - auch ein BEV.
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Aber um ein Fahrzeug von Punkt A nach Punkt B zu bewegen, benötigt man
nun mal eine gewisse Energiemenge. Und die muss man erzeugen. Egal ob
mit Strom, Benzin oder Muskelkraft.
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Herr Ebert, das ist nun der Tiefpunkt.
Fahren in der Ebene braucht (egal für welche Masse!) bei
Vernachlässigung von Reibung null Energie. E_pot bleibt gleich. E_kin,
was man erst reinsteckt, kommt beim Abbremsen zurück. Mit dem Wissen,
ein paar Hebelgesetzen und Muskelkraft haben selbst die Ägypter
Pyramiden gebaut.
Also: man braucht nur etwas gegen die Fahrwiderstände (diese sind genau
die Reibung). Dort kann man schon mal ne Menge machen, z.B. langsam
fahren (geringer Luftwiderstand). Leichte Fahrzeuge für geringen
Rollwiderstand, niedriges cw*A für wenig Luftwiderstand. Und genau
deshalb funktionieren auch Rennräder (das sind ja auch Fahrzeuge!) so
prima, selbst mit Muskelkraft.
Das Auto selbst (egal ob ICE oder BEV) ist also der erste dicke Klotz am
Bein des Transportgutes (menschliche Insassen, Fahrgäste). Ja, diesen
Teil löst such auch ein Tesla oder e-Golf nicht. Aber z.B. ein Twike.
Und mit Strom und einem E-Motor bekommt man nen hohen Wirkungsgrad. Und
kann noch rekuperieren beim Bremsen.
Beim Benziner ist der mech. Wirkungsgrad nur um 10 bis 35% - je nach
Arbeitspunkt. Und er hat nur doofe Reibbremsen, wo die Bremsenergie in
Wärme geht.
Die nötigen Energiemengen sind also erheblich unterschiedlich!
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Wenn man den Benziner durch das E-Auto ersetzt, verlagert man also
allenfalls die Ressourcen- und Umweltprobleme. Nutzbare Energie gibt es
leider nicht kostenlos. Man muss immer einen Preis dafür zahlen. Die
Sonne schickt uns zwar keine Rechnung. Aber dafür der Solarstromanbieter.
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Beim Sonomotors Sion nicht mal mehr der Solarstromanbieter.
Und Segelschiffer wissen, dass es nutzbare Energie kostenlos gibt. Nur
nicht immer planbar oder zuverlässig.
Und: "braucht immer Energie" sowie "kostet immer einen Preis" sind ja
nun Sinnlos-Argumente sondergleichen.
Grüße,
Ralf