Post by Jakob AchterndiekPost by Roland Franzius"Der Stammbaum ist für alte Männer das, was in der Kindheit der
Weihnachtsbaum war".
Der "Stammbaum" gehört auch zu den hierzugruppe schon erwähnten
Wortschlampereien, indem er gar zu häufig mit der "Ahnentafel"
verwechselt wird.
Der Artikel <https://de.wikipedia.org/wiki/Stammbaum> weist darauf
hin, daß diesen Fehler sogar der Duden begeht. Der leistet sich dann
auch noch den Knüller, "Stammbaum" und "Ahnentafel" expressis verbis
zu *Synonymen* zu erklären. - Schlimmer geht's nimmer!
Das kannst du nicht dem Duden anlasten, denn in Wörterbüchern werden schon
seit langem "Stammbaum" und "Ahnentafel" in direkte Verbindung gebracht. In
Band 40 der Digitalen Bibliothek, "Grammatisch-kritisches Wörterbuch" von
Johann Christoph Adelung, von 1793 bis 1801 erschienen, heißt es:
"Die Ahnentafel, plur. die -n, die Tafel, oder das genealogische Register
der Ahnen eines Geschlechtes; das Geschlechtregister, der Stammbaum."
[Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch: Die Ahnentafel. Adelung:
Wörterbuch, S. 1647
(vgl. Adelung-GKW Bd. 1, S. 187)]
Jakob Heinrich Kaltschmidt schreibt im "Kurzgefaßten vollständigen stamm-
und sinnverwandtschaftlichen Gesammt-Wörterbuch" von 1834:
"die *Ahnentafel,* der Stammbaum, das Geschlechtsregister"
Theodor Heinsius meint im "Vollständigen Wörterbuch der Deutschen Sprache"
von 1840:
"die *Ahnentafel*, Geschlechtsregister, Stammbaum"
Johann Baptist Weyh vermerkt im "Praktischen Handwörterbuch des Deutschen
Sprachgebrauchs" von 1843:
"*Ahnentafel*, Stammbaum"
Im "Deutschen Wörterbuch", begonnen von Jacob und Wilhelm Grimm, steht:
"ahnentafel, f. geschlechtsregister, stammbaum."
(http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&lemid=GA02261)
Ich konnte in keinem Wörterbuch aus dem 19. Jahrhundert, das ich zu Rate
zog, einen Eintrag finden, bei dem zwischen "Ahnentafel" und "Stammbaum"
unterschieden wird. Erst in einem ausführlichen Lexikonartikel wird das
Ganze genauer ausgeführt, so geschehen in "Meyers Großem Konversations-
Lexikon" von 1905, das mir als Band 100 der Digitalen Bibliothek vorliegt:
"Die genealogischen Tafeln zerfallen in zwei Hauptarten: Stammtafeln und
Ahnentafeln. Die Stammtafeln weisen die von einem Elternpaar abstammenden
Nachkommen nach; sie hatten früher meist die Gestalt eines Baumes (daher
Stammbaum, arbor consanguinitatis). Das Elternpaar steht an der Wurzel; die
Nachkommen verbreiten sich in die Zweige, doch so, daß jede Linie einen
Zweig bildet. Neuerdings werden die Stammtafeln so eingerichtet, daß das
Elternpaar oben steht, und die Deszendenzverhältnisse, die durch Striche
und Klammern bezeichnet werden, so deutlicher hervortreten. Die Ahnentafeln
(s. Ahnen) gehen von einem Individuum aus und weisen in aufsteigender
Linie dessen sich mit jedem Abstammungsgrade verdoppelnden Eltern- und
Vorelternpaare nach.
[Genealogie. Meyers Großes Konversations-Lexikon (1905), S. 68457
(vgl. Meyer Bd. 7, S. 548)]
Eine solch ausführliche Erklärung kann ein Wörterbuch nicht liefern.
Gruß
Manfred.