Post by Helmut RichterIn diesem Thread werden gleichzeitig mehrere Themen verhandelt, die man
auseinanderhalten muss.
Christian Weisgerbers Thema war: Diese Nomenklatur, alles Mögliche
Pronomen zu nennen, ist unglücklich, weil manche Pronomen ein Nomen
ersetzen (wie Personalpronomen) und andere es begleiten (wie
Possessivpronomen). Man nennt daher jetzt nur die ersteren "Pronomen"
und die letzteren "Artikelwörter". Vorteil: Unterschiedliche
syntaktische Funktion => unterschiedliche Bezeichnung. Nachteil: Manche
Pronomen(alt) treten in beiden syntaktischen Positionen auf: wechseln
sie dann die Wortart oder nur die Verwendung? Oder ist "solche" anstelle
von "solche Wörter" einfach eine Ellipse und "solche" bleibt ein
Artikelwort?
Das ist oft nicht klar zu entscheiden, genau wie bei 'der kleine' und
'der Kleine'. Ich würde übrigens nicht formulieren, dass sie in beiden
syntaktischen Positionen auftreten, sondern dass es sich um Homonyme
handelt, die zwei syntaktische Funktionen ausüben. Solches ist etwa bei
der Kasusflexion gängig, 'solche Wörter' kann Nominativ oder Akkusativ
sein, was genau es ist, ergibt sich aus der syntaktischen Analyse des
gesamten Satzes.
Post by Helmut RichterPost by Ralf JoerresNominales Genitivattribut. Vor einem Nomen kann allerhandlei stehen,
nicht nur ein Artikel. Dieses Max' hat in Deinem Beispiel dieselbe
Funktion, wie ein Artikel, nämlich die Determination, also die mal
genaue mal sehr vage Bestimmung, um welche Katze es sich handelt. In
diesem Fall ist die Bestimmung sehr genau und bezeichnet (unter
Beiziehung des Kontexts) genau ein Katzenindividuum. Man nennt diese
Artikel oft auch 'Determinanten', diese Bezeichnung fände ich noch
treffender, und wenn man dann auch noch das 'Possessiv' durch
'Zugehörigkeit' oder 'Zuordnung' ersetzen würde, käme man mit
'Zuordnungs-Determinant' dem tatsächlichen Sachverhalt recht nahe.
Auch Dein 'Max' ' ist ein solcher Zugehörigkeits-Bezeichner.
Diese Kombination der Determination mit der Bezeichnung von
Zugehörigkeit gibt es in vielen Sprachen, aber sie ist nicht zwingend.
Im It verwendet man beide parallel: "la mia sorella" (die meine
Schwester) und es wäre logisch, wenn auch "una mia sorella" die
Bedeutung "eine meiner Schwestern" hätte (m.W. nicht der Fall, oder?).
Scheint so zu sein. Kombinationen von Determinanten sind selten,
kommen aber vor: ein solcher, welch ein usw.
Post by Helmut RichterAber auch im De ist das nicht immer so. "Das ist *mein* Auto (also nicht
das von jemand anderem)" betont die Besitzverhältnisse sehr stark und
die Determination gar nicht -- die steckt im "das" und möglicherweise im
Finger, der auf das Auto zeigt, über das man spricht.
Ja, der ausgestreckte Finger beschreibt bildlich recht schön, um was es
bei der Funktion 'Determination' geht. Nun heißt der Satz aber nicht
'das ist ein Auto', es geht also nicht um eine Kategorienzuordnung oder
Klassenbildung, so wie man einem Kind den Unterschied zwischen einem
Wauwau und einem Hottemax erklärt, sondern er geht mit 'mein Auto'. Das
kann, muss aber nicht possessiv sein, es ist einfach das Auto, mit dem
ich gekommen bin, das kann auch gemietet, von Freunden geliehen oder
geklaut sein. Es geht hier nur um eine Personenzuordnung inklusive
dem Weltwissen, dass personenbezogene Zuordnungen sich nicht mit
beliebigen nominal repräsentierten Begriffen veranstalten lassen
('meine Straße' geht = die, in der ich wohne, mit 'meiner Erdatmosphäre'
stünde man kurz vor der Einweisung). Es geht bei 'mein', soweit ich das
jetzt überblicke, immer um so etwas wie Individuation. Der von Dir
genannte Satz steht in Konkurrenz zu
das ist Max' Auto
das ist unser Auto
das ist kein Auto
das ist das neue Auto (von dem wir die Tage gesprochen haben)
das ist (nur) irgendein Auto
das ist ein beliebiges Auto
und andere
In jedem dieser Sätze geht es um einen Grad von Fokussierung: Auf welches
oder auf was genau soll ich bei meiner Interpretation scharf einstellen?
Post by Helmut RichterDeswegen kann kann
man den Satz auch indefinit verwenden, wo man sonst "das ist eines
meiner Autos" hätte sagen müssen.
Das verstehe ich jetzt nicht wirklich, ist aber vielleicht nicht wichtig?
Post by Helmut RichterIch kenne allerdings keine Sprache, in der Determination und
Zugehörigkeitsbezeichnung völlig getrennt sind.
Das scheint mir in der Natur der Sache zu liegen. Schon in der Höhle
der Frühmenschen dürfte es eine Rolle gespielt haben, wer sich welchen
Stein als Waffe gesucht hatte und wem ein besonders aufwendig gefer-
tigter Speer 'gehört'. Wenn wir losstürmen, um das Mammut zu jagen,
darf ich mir nicht 'das nächstbeste' schnappen, was gerade herumliegt.
Ralf Joerres