Post by Werner TannPost by J J PanuryPost by Werner TannWas daran jetzt biologistisch sein soll, ist mir nicht klar.
Biologistisch - im Gegensatz zu "biologisch" - ist, biologische
("physische") Taxa zu überdehnen: ins Soziologische, Politische,
Religiöse ...
Und was wird, wenn man einen Neger Neger nennt, bitteschön ins
Soziologische, Politische, Religiöse überdehnt?
Post by J J PanuryIch habe mich noch nie so genannt ("angeredet") werden erlebt.
Vermutlich weil du dich meistens/immer in Europa herumtreibst? In
Thailand kann es dir passieren, "Farang" genannt zu werden,
Wenn sich da ein Kleinkind vor mir aufbaut, mit dem Finger auf mich
zeigt und "Farang" kräht ...
Aber ansonsten erlebe ich nicht, dass man mich wie auch immer *nennt*.
Und ich selbst komme selten in die Lage, jemanden (also eine bestimmte
Person) irgendwie zu "nennen" in einem anderen Sinne als dem, seinen
_Eigennamen_ auszusprechen.
Wenn es eine unbegannte Person ist, sage ich eben ein Passepartout,
wie 'jemand' oder 'einer' oder sowas, oder, wenns etwas sachlicher,
"amtlicher sein soll, auch sowas wie "Insasse", "Reisender",
"Besucher" - also Bezeichnung über eine aktuelle Situation.
Post by Werner Tannin Japan
"Gaijin". Warum soll mich das aufregen, wenn dabei der Sprecher nicht
mit den Augen rollt und mir mit dem Küchenmesser nachrennt, wenn also
der mich abwertende Kontext fehlt?
Du bist in der ganze Frage noch nicht einmal auf der Stufe des
Nichtverstehens. Du denkst in eine völlig verkehrte Richtung,
abseitig, - schriebst Du was von Tante Ernas Dackel, es wäre nicht
abseitiger.
Post by Werner TannPost by J J PanuryWas soll 'bezeichnen', genau, heißen?
Meinst Du etwas in Richtung _beschreiben_ - oder was?
In einem denkbaren fachlichen - medizinisch, physiologisch ... -
Zusammenhang mögen diese Wörter ("europid", "caucasian-white")
nützlich und korrekt sein. Aber sonst?
Zum Beispiel können sich Europäer in asiatischen Datingportalen nur
als "weiße Kaukasier" selbstkategorisieren.
Dating .... Portal ... hmnjaaa - - also, wiesagich . .?
Gut möglich, dass da - verabredungsgemäß - das Körperliche von
Bedeutung ist, oder? Und *wenn* das so ist, dann ist doch die
Beschreibung eben von *KÖRPER*merkmalen angezeigt und richtig,
sachichmal.
Das ist also wieder ein Beleg, dass Du den eigentlichen Punkt, das
"Nennen" an sich, nicht erkennst.
Post by Werner Tann"Weiß" allein oder
"Europäer" scheinen in der Rollliste nicht auf.
Post by J J PanuryWas bedeutet das "Aussehen"? Mache ich das "Aussehen" eines Menschen
ausdrücklich, dann haben wir eine _Beschreibung_, eine Nennung
ausgewählter Merkmale (Merkmal ist vorderhand, was jemand bemerkt,
also nenneswert findet; in der Wissenschaft (zumal der
strukturalistischen) gibt es Merkmal-Vereinbarungen, Kataloge usw..).
Ist ein Bezug aufs Äußerliche aber nur konnotativ bzw. gar assoziativ,
ist das auf jeden Fall unzivilisiert, und da gibt es diverse
Spielarten, deren die rassistische eine ist.
Beschreiben heißt Feststellen von Unterschieden.
Nein.
Post by Werner TannDiese sind
notwendigerweise Konstruktionen, weil, was für den einen einen
Unterschied macht, dem anderen Jacke wie Hose ist.
Das ist in meiner Formulierung
"Merkmal ist vorderhand, was jemand bemerkt, also nenneswert findet"
gemeint.
Post by Werner TannDeswegen sind diese
Konstruktionen aber kein Mumpitz, anders sind wir nicht in der Lage,
Welt zu erfassen.
Die Frage ist aber, was wann "erfasst" werde, - und was von diesem
Erfassten _kommuniziert_ werde!
Post by Werner TannFreilich ist der Alltagsmensch kein Wissenschaftler,
er muss, wenn er einen Schwarzen sieht, nicht die strukturalistischen
Merkmal-Vereinbarungen aufsagen können. Er darf einfach den
Dunkelhäutigen mit dem schwarzen Kraushaar und den Wulstlippen "Neger"
nennen,
Und *wieder*: "nennen"!
Himmelnochmal, ist das denn dermaßen knifflig zu begreifen!?
MAN NENNT NICHT!
Das kann zumindest erstmal als Faustregel gelten, deren Befolgung
einem _eine Menge_ Irritation, Missmut und Verblödung erspart.
Und wenn man doch zu "nennen" hat, dann eben mit dem _NAMEN_, und das
ist bei Menschen nun mal der _EIGENNAME_! Anders bei Tieren (nicht
pets, auch die bekommen ja einen Eigennamen - - -warum wohl?): Man
sagt nicht "Löwe lief über die Straße", sondern "Ein Löwe lief über
die Straße", was meint: Ein Exemplar dessen, was die zoologische
Wissenschaft als Art "Löwe" beschreibt.
Nun stehen aber Bezeichner wie "Frau", "Langer", "Schwarzer" (oder
"Neger"), "Braunäugiger" strukturell *nicht* auf derselben Ebene wie
Tierart-Bezeichner wie "Krähe", "Ameise" oder "Pinguin" - - oder ist
das nicht klar?
Auf dieser Ebene steht der Bezeichner "Mensch". Deshalb ist es auch
möglich (und korrekt), den unbestimmten Artikel zu verwenden. ein
Mensch, was heißt: ein _Exemplar_ dieser Art.
Wenn (*wenn*!) es nun als nötig empfunden wird, die Körperlichkeit
eines Exemplars (eben "eines Menschen") _genauer zu beschreiben_ -
warum und zu welchem Ende auch immer -, müssen die üblichen
Beschreibungsformulierungen verwendet werden - - - und eben NICHT
irgendwelche, wie zoologische Gattungs- oder Artnamen klingende,
Gruppenbildungs-Bezeichner!
Also: nicht "ein Braunäugiger" sondern "jemand mit braunen Augen";
nicht "ein Schwarzhaariger" sondern "einer mit schwarzem Haar"; nicht
"ein Schwarzer" ("Dunkelhäutiger", "Neger" ...) sondern "eine Person
mit dunkler Haut(farbe)" usw.usf. Jetzt verstanden?
Post by Werner Tannwie es ihm die Umwelt irgendwann und mehrfach vorgesagt hat.
Mit Konnotation, Assoziation oder gar Unzivilisiertheit hat das
notwendigerweise gar nichts zu tun, eher mit Spracherwerb und
Tradition.
Konnotationen und auch Assoziationen *gehören* zum Spracherwerb, zur
"Tradition".
Post by Werner TannDass inzwischen als Gegenreaktion zur politischen
Korrektheit manche Neger sagen, z. B. ich, um bewusst zu provozieren,
ist ein sekundäres Phänomen, hat aber noch immer nichts mit Rassismus
zu tun.
Es ist schlicht kindisch.
Post by Werner TannPost by J J PanuryNotabene: Die implizite Spekulation aufs Ressentiment ist ein
antizivilisatorischer Betrieb mit sprachlichen Mitteln.
Die implizite Unterstellung, wer Neger sagt, tue dies aus
rassistischem Antrieb, ist auch nicht besonders zivilisiert.
Es stusso quodlibet.
Was, nebenbei, soll denn "rassistischer Antrieb" sein??
Es geht hier um den _traditionellen_ Rassismus, um den, der sich gar
nichts dabei denkt, einfach weil er von so lang schon etabliert und
üblich ist. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, wie bewusst und
sozusagen virulent rassistisch jemandes "Einstelung" ist. Tatsache
ist, dass diese Art Tradition (es gibt überhaupt keine Tradition, die
nicht von dieser™ Art wäre) Akzeptanz und Reproduktion schafft,
nämlich des tätigen, täglichen, mörderischen Rassismus, der die
fundamentale Bedingung unseres Schlaraffendaseins ist.
Freilich haben wir für diesen tätigen, täglichen, mörderischen
Rassismus unsere Leute, möglichst fern - und nicht in den
Schlagzeilen, - und wir bezahlen sie *gut*!
Ja, tut mir leid, kleiner, harmloser ist das alles nicht zu haben.
Sich dessen bewusst werden ist immer schon mal ein Anfang. Anfang
wessen? Der Revolution, - was denn sonst?